Lebensdaten
1862 – 1936
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Kolonialpolitiker ; Diplomat ; Indologe ; Orientalist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118748777 | OGND | VIAF: 29844539
Namensvarianten
  • Solf, Wilhelm Heinrich
  • Solf, Wilhelm
  • Solf, Wilhelm Heinrich
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Porträt(nachweise)

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Zitierweise

Solf, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118748777.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus im 17. Jh. n. Worbis (Eichsfeld) zugezogener Fam.;
    V Hermann (kath.), aus Frankfurt/Oder, kaufmänn. Ausbildung in Stettin, Bes. d. Braunkohlenzeche „Bruderzeche Solf“ in Meuselwitz (Sachsen-Altenburg), S e. Tischlers u. Straßenzolleinnehmers in Lebus (Prov. Brandenburg);
    M Augusta Peters (ev.), aus B.;
    Ur-Gr-Om Philipp Wackernagel (1800–77), Hymnol., Päd., Mineral., Wilhelm Wackernagel (1806–69), Germanist (beide s. ADB 40);
    6 Geschw u. a. 5 B Hermann (1856–1909), Architekt in B., Mitgl. d. Ak. d. Bauwesens (s. BJ 14 Tl.; ThB; Baumeister, Architekten, Stadtplaner, hg. v. W. Ribbe u. W. Schäche, 1987), Otto, KR, Arnold, Kunsthist., Ernst, Bankier, 1 Schw;
    1908 Johanna (Hanna) (1887–1954), aus Neuenhagen b. B., führte in B. e. Salon, in dem u. a. Gen. v. Hammerstein, Gf. Bernstorff, Gördeler u. a. Mitglieder d. späteren Widerstandsbewegung verkehrten, verhalf NS-Verfolgten z. Emigration, 1944/45 in d. KZ Sachsenhausen u. Ravensbrück inhaftiert (s. Munzinger; Lex. Widerstand), T d. Georg Leopold Dotti (1853–1915), Fabr. in B., Gutsbes., u. d. Elisabeth Maria Therese Weygoldt (1858–1913), aus Lichtenberg;
    3 S Hans-Heinrich (1910–87), Dr. iur., Wilhelm Hermann (1915–83), Otto Isao (1921–89), 1 T Lagi (So'oa'emalilagi) (1909–55, 1] 1932 Wolfgang Mohr, Ing. in Schanghai, 2] 1940 Hubertus Gf. v. Ballestrem, 1910–95).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums in Anklam (Pommern) und der Reifeprüfung 1881 in Mannheim studierte S. an verschiedenen Universitäten oriental. Sprachen (1885 Examen in ind. Philologie, Sanskrit u. Philos. in Halle). 1888 erfolgte der Eintritt in den Staatsdienst als Sekretär, zunächst am ksl. Generalkonsulat Kalkutta. Anschließend studierte S. Jura in Jena (1892 1. iur. Staatsexamen, Referendardienst in Weimar, Eisenach u. Jena, anschließend Assessor). 1896 trat er wieder in die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes ein. Erfahrungen im|Auslandsdienst sammelte er 1898/99 als Bezirksrichter in Daressalam (Dt.-Ostafrika, heute Tansania) und 1899/1900 als Präsident der Munizipalität in Apia (Samoa). 1900–11 war er erster Gouverneur der Samoa-Inseln. Als Vertreter des aufgeklärten Kolonialismus betrieb er eine für die damalige Zeit gemäßigte und möglichst gewaltfreie Politik gegenüber der indigenen Bevölkerung. Er versuchte, die europ. Kultur und Staatsorganisation mit traditionellen Wert- und Glaubensvorstellungen zu verbinden, förderte eine begrenzte Selbstverwaltung der Samoaner, schützte ihre Sprache und wandte sich gegen die rücksichtslose Ausbeutung der Kolonie, blieb jedoch auf der Grundlage der strikten Rassentrennung.

    S. galt und gilt „unter allen dt. Kolonialbeamten unumstritten als der beste und intimste Kenner einheimischer Kulturen“ (Hiery). 1911–18 erhielt er als Nachfolger Friedrich v. Lindequists (1862–1945) die Leitung des Reichskolonialamtes. Als einziger Staatssekretär des RKA bereiste er alle vier Afrikakolonien (1912/13), um sich selbst ein Bild der Zustände vor Ort zu machen. Aufgrund seiner Erfahrungen aus Samoa verbot er die Mischehen und ordnete die Kinder aus solchen Ehen rechtlich den Müttern zu. Als Staatssekretär des Auswärtigen Amtes (Okt.-Dez. 1918) war S. 1918 maßgeblich an den Waffenstillstandsverhandlungen beteiligt. 1920–28 war S., seit 1919 Mitglied der DDP, dt. Botschafter in Tokio, wo er sich durch seine erfolgreichen Bemühungen um die Förderung der kulturellen Beziehungen mit Japan großes Ansehen erwarb.

    Dem Aufstieg Hitlers und der NSDAP stand S. ablehnend gegenüber. Seit Beginn der 30er Jahre traf er sich mit Kritikern und Gegnern des Nationalsozialismus in seiner Berliner Wohnung zu Teegesprächen. Nach seinem Tode 1936 führten seine Frau Johanna und seine Tochter Lagi Gfn. v. Ballestrem den „Solf-Kreis“ weiter. Mitglieder waren u. a. Albrecht Gf. v. Bernstorff, Karl Ludwig Frhr. v. und zu Guttenberg und Elisabeth v. Thadden, die alle Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen pflegten und Unterstützung und Fluchthilfe für Verfolgte, besonders für Juden organisierten. Obwohl es Verbindungen zu den Widerstandskämpfern des 20. Juli und zum Kreisauer Kreis gab, gingen vom Solf-Kreis keine konkreten Pläne zum aktiven Widerstand aus. Durch einen Spitzel der Gestapo wurde der Solf-Kreis 1943 zerschlagen. Während die meisten Mitglieder hingerichtet wurden, überlebten Johanna S. und ihre Tochter Lagi dank mehrfacher Verschiebung ihrer Gerichtsverhandlung bis zum Kriegsende.

  • Auszeichnungen

    preuß. Kronen-Orden (1901);
    Großkreuz d. Verdienstordens v. Hl. Michael (1918);
    Dr. rer. pol. h. c. (Heidelberg 1929);
    Dr. theol. h. c. (Göttingen 1930);
    Großkreuz d. Ordens d. aufgehenden Sonne (1935).

  • Werke

    Eingeborene u. Ansiedler auf Samoa, 1908;
    Die Lehren d. Weltkrieges f. unsere Kolonialpol., 1916;
    Die Zukunft Afrikas, 1917;
    Kolonialpol., Mein pol. Vermächtnis, 1919;
    Afrika f. Europa, Der koloniale Gedanke d. 20. Jh., 1920;
    Der dt. koloniale Gedanke, in: H. Zache (Hg.), Die dt. Kolonien in Wort u. Bild, 1926, S. 12–19;
    Gegen d. Unvernunft, Der Briefwechsel zw. Paul Gf. Wolff Metternich u. W. S. 1915–1918 mit zwei Briefen Albert Ballins, hg. v. E. v. Vietsch, 1964 (P);
    Übers. aus d. Engl.:
    F. Kielhorn, Grammatik d. Sanskrit, 1888.

  • Literatur

    E. v. Vietsch, W. S., Botschafter zw. d. Zeiten, 1961 (P);
    J. A. Moses, The S. Regime in Western Samoa, Ideal and Reality, in: The New Zealand Journal of Hist. 6, 1972, S. 42–56;
    E. Friese, Weltkultur u. Widerstand, W. S. 50 J. †, in: J. Kreiner (Hg.), Japan u. d. Mittelmächte im Ersten Weltkrieg u. in d. zwanziger J., 1986, S. 139–53;
    H. Schwalbe u. H. Seemann (Hg.), Dt. Botschafter in Japan, 1974;
    H. J. Hiery (Hg.), Die Dt. Südsee 1884–1914, Ein Hdb., 2001, ²2002;
    B. Kundrus, Das Reichskolonialamt zw. nat. Geltungsbewußtsein u. Weltbürgertum, Die Staatssekretäre Friedrich v. Lindequist u. W. S., in: U. van der Heyden u. J. Zeller (Hg.), „. . . Macht u. Anteil an d. Weltherrschaft“, Berlin u. d. dt. Kolonialismus, 2005, S. 14–21;
    P. J. Hempenstall u. P. T. Mochida, The Lost Man, W. S. in German History, 2005;
    Rhdb. (P);
    Wi. 1935;
    Jeserich-Neuhaus;
    BBKL X;
    Nachlaß:
    BA Koblenz (N 1053);
    zu Johanna:
    M. Schad, Frauen gegen Hitler, Schicksale im NS, 2001.

  • Autor/in

    Ralph Erbar
  • Zitierweise

    Erbar, Ralph, "Solf, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 549-550 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118748777.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA