Lebensdaten
erwähnt um 1432 , gestorben 15. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Maler
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118737120 | OGND | VIAF: 27866517
Namensvarianten
  • Moser, Lucas
  • Lucas, Moser
  • Moser, Lukas

Orte

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Zitierweise

Moser, Lucas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737120.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Trotz der Inschrift: „+ schri · kvnst · schri · vnd · klag · dich · ser · din · begert · iecz · niemen · mer · so · o · we · 1432 · /+ LVCAS · MOSER · MALER · VON · WIL · MAISTER · DEZ · WERX · BIT · GOT · VIR · IN ·“ auf den vertikalen Schriftbändern, die das Mittelbild des Maria-Magdalenen-Retabels in der Pfarrkirche in Tiefenbronn Kr. Pforzheim rahmen, gelang bisher keine überzeugende Identifizierung des herausragenden Künstlers mit einer archivalisch belegbaren Persönlichkeit. Der Vorname könnte auf eine Familientradition des Malerhandwerks verweisen, war der hl. Lukas doch Patron der Maler. Möglich, doch nicht beweisbar ist eine Verbindung zu dem in Ulm zwischen 1407 und 1442 urkundlich faßbaren Maler Hans Moser. Ungeklärt bleibt weiter, welcher Ort mit „wil“ gemeint ist; Weil der Stadt und Rottweil kämen unter anderen in Frage.

    Die Wappen der Eheleute Bernhard v. Stein zu Steinegg und Agnes Maiser v. Berg auf der Predella weisen das Altarwerk als lokale Stiftung aus. Offen bleibt allerdings der Stiftungszusammenhang mit der aufgemalten Ablaßformel. Auch die Dedikationsinschrift auf den horizontalen Schriftbändern läßt sich nicht gänzlich mit den überlieferten Patrozinien der Tiefenbronner Kirche in Einklang bringen. Dennoch kann davon ausgegangen werden, daß sich das Maria-Magdalenen-Retabel noch heute an seinem ursprünglichen Platz befindet, nachdem die 1969 von G. Piccard vorgebrachten Zweifel an der Originalität der Inschriften durch materialtechnische Untersuchungen ausgeräumt werden konnten. Zwar wurden sämtliche Inschriften (mit Ausnahme der Nimbeninschriften auf den Innenseiten der Flügel) überarbeitet, doch kam es nicht zu bestandsverändernden Eingriffen. Die Untersuchungen bestätigten außerdem die Ursprünglichkeit der so ungewöhnlichen Spitzbogenform des Retabels: M. hielt sich offenbar genau an die Form des um 1400 entstandenen Altarfreskos, vor dem sein Retabel aufgestellt wurde. Veränderungen wurden allerdings am Mittelschrein vorgenommen, der ehemals noch stärker in das Rahmensystem der Schriftbänder eingepaßt war. Gegen 1520 wurde er vergrößert, was auch Anstückungen der beweglichen Flügel zur Folge hatte, um die größere Schnitzgruppe der von Engeln erhobenen Maria Magdalena aufzunehmen, die sich noch heute dort befindet. Trotz dieser, vor allem bei geöffneten Flügeln wahrnehmbaren Veränderungen erwiesen sich die Gemäldefelder auch dank ihrer hervorragenden technischen Qualität als ausgezeichnet erhalten. Alle bemalten Seiten der Eichenholztafeln sind in einer aufwendigen Technik mit Pergament überzogen und dann mit ungewöhnlich hohem materiellen Aufwand und Einsatz der besten Werkstoffe (Vergolderarbeiten, Punzierungen, Lüstertechnik) geradezu verschwenderisch ausgeführt. M. beherrschte nicht nur die technischen Ausdrucksmöglichkeiten seiner Zeit, sondern meisterte ebenso auch alle künstlerischen Herausforderungen. So gelang es ihm, die drei Szenen der Maria-Magdalenen-Legende (Schiffahrt, Ankunft in Marseille, Letzte Kommunion der Heiligen) in der Mittelzone des geschlossenen Retabels in einen durchgängigen Landschafts- bzw. Architekturprospekt einzubetten, wofür es nur in der Kunst des in Tournai tätigen Robert Campin Vorbilder gibt. Bestens bekannt mit der zeitgenössischen frankofläm. Kunst, vor allem der Buchmalerei, deutete und verarbeitete M. deren Bildmotive außerordentlich selbständig. Für die detailreiche Schilderung der Hafenlandschaft könnten Anklänge an die Topographie von Marseille eingeflossen sein. In Süddeutschland jedenfalls gehört M., ebenso wie Konrad Witz und Hans Multscher, zu den frühesten Vertretern des aufkommenden Naturalismus westlicher Prägung. Sicherlich bedingt durch den spärlichen Materialbestand, lassen sich, abgesehen von einem fraglichen Fragment im Basler Museum, keine weiteren Werke für M. beanspruchen. Eine Tätigkeit als Buchmaler kann nur erwogen werden. Wohl nicht von ihm stammen die Entwürfe für die Glasgemälde der Bessererkapelle am Ulmer Münster; sie liefern lediglich ein weiteres Zeugnis für die frühe Aufnahme niederländ. Einflüsse im schwäb. Raum.

  • Literatur

    ADB 22;
    Lb. Schwaben I, 1940;
    K. Bauch, Der Tiefenbronner Altar d. L. M., 1940;
    W. Boeck, Der Tiefenbronner Altar v. L. M., 1951;
    H. May, L. M., 1967;
    G. Piccard, Der Magdalenenaltar d. „L. M.“ in Tiefenbronn. Ein Btr. z. europ. Kunstgesch., mit e. Unters. „Die Tiefenbronner Patrozinien u. ihre Herkunft“ v. W. Irtenkauf, 1969;
    A. Stange, Die dt. Tafelbilder vor Dürer, Krit. Verz., II, 1970, Nr. 553 (L);
    R. Haussherr, Der Magdalenenaltar in Tiefenbronn, Ber. üb. d. wiss. Tagung am 9. u. 10.3.1971 im Zentralinst. f. Kunstgesch. in München, in: Kunstchronik, 24. Jg., 1971, H. 7, S. 177-212;
    W. Köhler, Rez. v. G. Piccard, Der Magdalenenaltar d. „L. M.“ in Tiefenbronn, in: Zs. f. Kunstgesch. 35, 1972, S. 228-49;
    C. Sterling, Observations on Moser's Tiefenbronn altarpiece, in: Pantheon 30, 1972, S. 19-32;
    R. E. Straub u. a., Der Magdalenenaltar d. L. M., Eine techn. Studie, in: H. Althöfer, R. E. Straub, E. Willemsen, Btrr. z. Unters. u. Konservierung ma. Kunstwerke, 1974, S. 9-46;
    P. Strieder, schri kunst schri, Kunst u. Künstler an d. Wende v. MA z. Renaissance, in: Anz. d. German. Nat.mus., 1983, S. 19-26;
    R. Neumüllers-Klauser, Die Inschrr. d. Enzkreises bis 1650, 1983, S. 34-36, Nr. 65;
    C. Reisinger, Flandern in Ulm, Glasmalerei u. Buchmalerei, Die Verglasung d. Bessererkapelle am Ulmer Münster, 1985;
    M. Pfister-Burkhalter, Die hl. Witwe v. L. M., Fragment e. Altarflügels mit d. hl. Brigitta v Schweden, in: Zs. f. schweizer. Archäol. u. Kunstgesch. 43, H. 2, S. 187-94;
    H. Scholz, Tradition u. Avantgarde, Die Farbverglasung d. Bessererkapelle als Arbeit e. Ulmer „Werkstatt-Kooperative“, Dt. Glasmalerei d. MA, 1992;
    ThB;
    KML.

  • Autor/in

    Isolde Lübbeke
  • Zitierweise

    Lübbeke, Isolde, "Moser, Lucas" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 201-202 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737120.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Moser: Lukas M., Maler um 1431 zu Weil der Stadt in Württemberg. Von ihm rührt der Hochaltar der Stiftskirche zu Tiefenbronn (bei Calw) her, der deshalb eine Wichtigkeit in der Geschichte der altdeutschen Kunst einnimmt, weil er zu den wenigen Werken gehört, die, in die Zeit vor dem flandrischen Einflusse fallend, genau datirt sind. Es ist ein mit Schnitzwerk und Malerei ausgestatteter Flügelaltar zur Verherrlichung der heiligen Maria Magdalena. Die Erhöhung derselben ist im Mittelschreine in Holzschnitzerei dargegestellt, die Flügel, Predelle, Lünette bestehen aus Malerei, als deren Verfertiger (eine Merkwürdigkeit für diese Zeit in Deutschland) sich Lukas M. nennt, zugleich mit einem Stoßseufzer über die schlechten Zeiten für die Kunst. Die Inschrift lautet: „Lucas Moser. Maler von Wil, Maister des werx bit got vir in — Schrie kunst schrie und klag dich ser din begert jecz niemen mer. so o. we 1431“. Das Werk fällt noch vor den directen Einfluß der Gebrüder van Eyck, ist also noch nicht in Oel gemalt. Die deutsche Kunst war übrigens damals schon in einem Uebergang von der idealisirenden Weise des 14. Jahrhunderts zu größerer Realistik begriffen, und diesen Uebergang zeigt Moser's Malerei deutlich. Auf der einen Seite Streben nach charakteristischer Darstellung, nach Verkürzungen, die freilich noch nicht recht gelingen, auf der andern noch die weichen Falten, der holdselige Ausdruck in den Frauenköpfen etc. Der annähernde Zeitgenosse des Meisters Stephan ist hier sehr deutlich, doch entbehrt das Werk bei aller Verwandtschaft zu dem Kölner doch der Süßigkeit der Empfindung desselben, es ist roher. Die gleichzeitigen Werke in Oberdeutschland stehen darin überhaupt gegen Köln zurück (Bilder in Nürnberg, Bamberger Altar von 1429 in München u. s. w.), und es ist wol fraglich, ob Meister Lukas in der heiligen Stadt am Niederrhein gelernt hat, ob in ihm nicht vielmehr ein echter Schwabe zu erkennen ist. Am ersten dürfte man wol an Ulm als die Heimath seiner Kunstweise denken. Das kleine Reichsstädtchen Weil, drei Stunden südlich von Tiefenbronn gelegen, konnte ihm wol kaum die nöthige Ausbildung gewähren. Was übrigens seine Beschwerde über die mißlichen Kunstzustände betrifft, so bemerkt Schnaase (Geschichte der bild. Künste im Mittelalter VI, 471) mit Recht: „Da diese Klage im Ganzen gewiß ungegründet und das Ansehen der Kunst im Steigen war, wird sie wol nur aus den engen Verhältnissen seines Wohnortes zu erklären sein, ist aber jedenfalls bemerkenswerth als ein Zeichen des wachsenden Selbstgefühls der Künstler“. Reproducirt ist der Altar in Lichtdruck von J. Bückmann in Karlsruhe.

  • Autor/in

    Wilh. Schmidt.
  • Zitierweise

    Schmidt, Wilhelm, "Moser, Lucas" in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 383 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737120.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA