Lebensdaten
1886 – 1978
Geburtsort
Elberfeld
Sterbeort
Rom
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Pazifist
Konfession
keine Angabe
Namensvarianten
  • Wegner, Armin Theophil, Tarik, Ömer (Pseudonym)
  • Uhlen, Klaus (Pseudonym)
  • Wilk, Herbert (Pseudonym, Selbdritt, Johannes/Pseudonym)
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Zitierweise

Wegner, Armin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139573.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus preuß. Beamtenfam.;
    V Gustav Friedrich Richard (1851–1921), Reichsbahnbaurat 1884 in Gelsenkirchen, 1886 in Wuppertal, 1890 in Berlin, 1894 in Glogau, 1901 in Düsseldorf u. 1903 in Breslau, S d. Richard (1815–94), Verw.jur., 1851 Landrat d. Kr. Schwetz (Prov. Preußen), 1875 Reg.vizepräs. d. Reg.bez. Posen, 1882–87 Reg.präs. d. Reg.bez. Stettin;
    M Marie Apollonia Pauline (1859–1920), Frauen- u. Friedensaktivistin, Journ., 1910–12 Hg. d. Zs. „Die Frau im Osten, Organ f. d. Interessen d. Frauenbewegung in d. östl. Provinzen“, u. 1912–19 v. „Die Frau in d. Gegenwart“, T d. N. N. u. d. Theophilia Witt, geb. Meissner (1840–1922);
    Ov Armin Wegner (1850–1917), Architekt, preuß. Baubeamter;
    2 B Richard Nikolaus (1884–1967), Prof. f. vgl. Anatomie in Greifswald, Paläontol., Anthro-|pol., Med.hist. (s. Schumacher u. Wischhusen, Anatomia Rostochiensis, 1970, S. XIII–XVI), Heinrich Gustav (1892–1916, Flugunfall), Photogr. in Ausbildung;
    1) Rheinsberg 1920 1939 (getrennt seit 1937) Leonore (Lola) (1892–1990, jüd., 1] Siegfried [Fried] Marck, 1889–1957, Philos.), Dichterin, Vf. e. Autobiogr. (s. W, L), T d. Theodor Landau (1861–1932), Gynäkol. in Berlin (s. Pagel; BLÄ), u. d. Philippine Clara Fulda (1869–1964), 2) Rom 1945 Irene Kowaliska (1905–91), Malerin u. Keramikerin 1931 in Vietri sul Mare (Italien), 1940 Textildesignerin in Positano u. Rom, T d. Mirosław Kowalski, Vertr. f. Champagner;
    2 Stief-S aus 1) Andreas Marck (1916–97), emigrierte 1935 / 36 n. Palästina, Mitgründer d. Moshav Shitufi Moledet b. Afula, Alfons Marck (später Alf March) (1918–95), emigrierte n. Australien, später Photogr. in England, 1 T aus 1) Sibylle Anusch Stevens (1923–2016), lebte auf d. Isle of Wight, 1 S aus 2) Michael Donatello (Michele, Mischa) (* 1941), Architekt, Bauuntern. in Rom u. auf Stromboli.

  • Biographie

    W. wuchs, geprägt von der pazifistischen Tätigkeit seiner Mutter, in Berlin, Glogau und Breslau auf. Nach dem Besuch des Ev. Gymnasiums in Glogau, des Realgymnasiums am Zwinger und der Privatschule Gutenatz in Breslau legte er 1908 das Abitur am Realgymnasium in Striegau ab und studierte 1908–10 Jura und Nationalökonomie in Breslau, wo er erste Lyrik und lyrische Prosa veröffentlichte. 1910–13 setzte er sein Studium in Berlin fort. Hier kam er in Kontakt mit dem Pazifisten Kurt Hiller (1885–1972) und dem Expressionismus. Ein Jahr lang besuchte er die Schauspielschule Max Reinhardts (1873–1943). 1914 wurde W. mit der Dissertation „Der Streik im Strafrecht“ bei Xaver Gretener (1852–1933) und Rudolf Leonhard (1851–1921) in Breslau zum Dr. iur. promoviert, bevor er als freiwilliger Krankenpfleger am Winterfeldzug in Polen teilnahm. 1915 war er in der Türkei zunächst einfaches Mitglied der Dt.-Ottoman. Sanitätsmission, später Sanitätsleutnant im Stab der 6. Armee. Einen Urlaub im Juli/ Aug. 1915 nutzte W. zu einer Reise nach Kleinasien. Dort und bei seiner Rückreise Ende 1916 wurde er Zeuge des Völkermords an den Armeniern. Trotz strengster Verbote machte er Photographien von der Deportation und der Situation in den Lagern. Der danach drohenden Versetzung an die Ostfront entging er durch die Verpflichtung zur „Nachrichtenstelle für den Orient“ in Berlin.

    W.s Band „Das Antlitz der Städte“, eine Sammlung expressionistischer Großstadtgedichte, wurde 1917 wegen „unsittlicher Texte“ verboten und erschien erst 1918. 1918 / 19 war W. Mitglied in dem von Hiller gegründeten „Aktivistenbund“, veröffentlichte Aufrufe und Manifeste gegen Krieg und Gewalt (ges. in „Der Ankläger“, 1921) und arbeitete an einem geistigen Revolutionsprogramm mit, aus dem das Programm des „Politischen Rats geistiger Arbeiter“ hervorging (Mitgl. d. KPD bzw. d. Spartakusbunds, kurzzeitig 1919, d. Schutzverbands dt. Schriftst., d. KPD, kurzzeitig 1932, u. d. Reichsverbands dt. Schriftst. 1934–36). Mit Helene Stöcker (1869–1943), Magnus Schwantje (1877–1959) und anderen gründete er den „Bund der Kriegsdienstgegner“ (seit 1921 die dt. Sektion d. „Internationale der Kriegsdienstgegner“), dessen geschäftsführender Sekretär er 1920–27 war, und profilierte sich mit seiner Ablehnung jeglicher Gewalt. Wiederholt trat er in Reden und Vorträgen für das armen. Volk ein, schrieb im Jan. 1919 einen Offenen Brief an den Präsidenten der USA und veröffentlichte im selben Jahr als erste literarische Bearbeitung seiner Erlebnisse in der Türkei „Der Weg ohne Heimkehr, Ein Martyrium in Briefen“. 1920 folgte „Im Hause der Glückseligkeit, Aufzeichnungen aus der Türkei“, 1921 „Der Knabe Hüssein, Türkische Novellen“ und das Vorwort zu dem stenographischen Bericht „Der Prozeß Talaat Pascha“, in dem W. den Mord an dem ehemaligen türk. Innenminister und Hauptverantwortlichen des Völkermords als verdiente Strafe und den Freispruch des armen. Täters als Sieg der Gerechtigkeit bezeichnete.

    1920 zog W. mit Lola Landau nach Neuglobsow am Stechlinsee. 1925 mieteten sie eine Wohnung in Berlin und verbrachten die Sommer in Neuglobsow. 1927 zu den Zehnjahresfeiern der Oktoberrevolution nach Moskau eingeladen (Fünf Finger über dir, Bekenntnisse e. Menschen in dieser Zeit, 1930), setzte er die Reise nach Armenien, in den Kaukasus bis nach Persien fort. 1929 reiste er mit seiner Frau nach Palästina, um sich ein Bild von den jüd. Siedlungen zu machen (Jagd durch d. tausendjährige Land, 1932). Im April 1933 setzte sich W. in einem persönlichen Brief an Hitler für die in zunehmendem Maße verfolgten Juden ein. Sein Name befand sich aufgrund seiner pazifistischen Aufrufe und Aktivitäten auf den ersten „Schwarzen Listen“, seine Schriften wurden auf den Index unerwünschten Schrifttums gesetzt, er selbst am 16. 8. 1933 verhaftet und im Columbia-Haus schwer mißhandelt. Danach war er bis Ende 1933 in den KZ Oranienburg, Börgermoor und auf der Lichtenburg interniert. Lola Landau emigrierte 1936 mit der gemeinsamen Tochter nach Palästina. W. übersiedelte im selben Jahr nach Italien, wo er in Positano ein Haus mietete und seit 1941 mit der Künstlerin Irene Kowaliska zusammenlebte. 1941–43 war|er als Lektor für dt. Sprache und Literatur an der dt. Akademie in Padua tätig. In den Nachkriegsjahren unternahm W. zahlreiche Reisen und schrieb Aufsätze und Hörspiele. 1956 verlegte er seinen Wohnsitz von Positano nach Rom und im Sommer auf die Insel Stromboli.

    W. wird hauptsächlich als Vertreter der expressionistischen Großstadtlyrik und des „seelisch-sympathetischen“ Reiseberichts rezipiert. Sein Einsatz gegen Krieg und Gewalt und für die Menschenrechte sowie seine unermüdlichen „Rufe in die Welt“ machen ihn noch heute zur Leitfigur für Pazifisten und Menschenrechtsaktivisten. W.s Briefe, Photographien und Notizen aus der Türkei gelten als wichtige und glaubwürdige Zeugnisse zur Bekanntmachung des armen. Völkermords nach dem 1. Weltkrieg. Wegen dieser Leistung und des „Briefs an Hitler“ (dreisprachig, mit e. Vorw. v. W. Thierse, 2002), den er gebeten hatte, dem „schändlichen Treiben“ Einhalt zu gebieten und die Juden zu schützen, ist W. nicht nur in Armenien, sondern auch in Israel hochangesehen.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Internat. PEN Clubs, d. Ass. della Stampa Estera in Italia;
    E. K. II. Kl. (1915);
    Ehrenpreis d. Preuß. Ak. d. Künste zu Berlin, Sektion f. Dichtkunst (1926);
    BVK 1. Kl. (1956);
    Eduard-v.-d.-Heydt-Preis d. Stadt Wuppertal (1962);
    Ehrenmünze d. Gerechtigkeit v. Yad Vashem (1968);
    Orden d. Hl. Georg d. Sowjetrep. Armenien in Jerewan (1968);
    – A. T. W. Ges. (2002);
    A. T. W. Soc. of USA (2003).

  • Werke

    W-Ausg. (bislang erschienen): Der Knabe Hüssein u. a. Erzz., hg. v. V. Weidermann, 2012;
    Rufe in d. Welt, Manifeste u. Offene Briefe, hg. v. M. Esau u. M. Hofmann, 2015;
    Anthologien: Fällst du, umarme auch d. Erde oder Der Mann, d. an d. Wort glaubt, Prosa, Lyrik, Dok., 1974;
    Odyssee d. Seele, Ausgew. Werke, hg. v. R. Steckel, 1976;
    Am Kreuzweg d. Welten, Lyrik, Prosa, Briefe, Autobiographisches, hg. v. R. Greuner, 1982;
    Die Austreibung d. armen. Volkes in d. Wüste, Ein Lichtbildervortr., hg. v. A. Meier, 2011;
    Fragmente: Menschengeschlechter ziehen vorüber wie Schatten vor d. Sonne, T. I: Der Schatten Gottes, Epos über d. Schicksal d. armen. Volkes;
    I Die Mühle Gottes/ II Die Nacht d. Ger., Roman d. Schicksals e. dt. Dorfes im Dritten Reich;
    Das armen. Totenlied, Flucht u. Leiden d. Knaben Mihran Hamparzun oder Der Untergang e. Volkes in d. syr. Wüste;
    Bibliogr.: H. Bieber, A. T. W., Bibliogr., 1974;
    Nachlaß: DLA Marbach (lit. Nachlaß);
    Städt. Bibl. Wuppertal (Arb.zimmer u. Bibl.);
    zu Lola Landau: Die zärtl. Buche, Prosa u. Gedichte, 1980;
    Vor dem Vergessen, Meine drei Leben, 1987;
    Positano oder d. Weg ins Leben, 1995;
    Welt vorbei, Die KZ-Briefe 1933 / 34, 1999.

  • Literatur

    |J. Wernicke-Rothmayer, A. T. W., Ges.erfahrung u. lit. Werk, 1982 (P);
    dies. (Hg), A. T. W., Schriftst., Reisender, Menschenrechtsaktivist, 2011 (P);
    R. M. G. Nickisch, Ein Dichter gegen d. Macht, Grundlinien e. Biogr. d. Expressionisten u. Weltreporters A. T. W. (1886–1978), 1982 (P);
    M. Rooney, Leben u. Werk A. T. W.s (1886–1978) im Kontext d. soziopol. u. kulturellen Entwicklung in Dtld., 1984;
    M. Tamcke, A. T. W. u. d. Armenier, Anspruch u. Wirklichkeit e. Augenzeugen, ²1996;
    B. Samsami, Die Entzauberung d. Ostens, Der Orient b. Hesse, W. u. Schwarzenbach, 2011;
    P. Böthig, Im Haus d. sieben Wälder, Lola Landau u. A. T. W. in Neuglobsow, 2012 (P);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Killy;
    Demokrat. Wege (P);
    Lex. d. Gerechten unter d. Völkern, S. 281 f. (P);
    BHdE II;
    BBKL 13;
    Munzinger;
    lit. Biogr.: T. Hartwig, Die Armenierin, 2014;
    zu Lola Landau: B. Hamann, L. L., Leben u. Werk, Ein Bsp. dt.-jüd. Lit. d. 20. Jh. in Dtld. u. Palästina, Israel, 2000 (P);
    Heuer.

  • Autor/in

    Johanna Wernicke-Rothmayer
  • Zitierweise

    Wernicke-Rothmayer, Johanna, "Wegner, Armin" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 548-550 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139573.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA