Lebensdaten
1882 – 1938
Geburtsort
Potsdam
Sterbeort
Köln
Beruf/Funktion
Bankier ; Wirtschaftshistoriker
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118628801 | OGND | VIAF: 7751423
Namensvarianten
  • Wallich, Paul

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Wallich, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118628801.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (s. 1);
    M Anna Jacoby;
    1913 (?) Hildegard (1888–1989), aus Oranienstein b. Diez/ Lahn, T d. Heinrich Rehrmann (1849–1929), aus Minden, Dr. phil., 1885 (Zivil-)Lehrer an d. Kadettenanstalt Oranienstein, 1900 Ltd. Studiendir. an d. preuß. Hauptkadettenanstalt in (Berlin-)Lichterfelde, 1906–19 Oberstudiendir. b. Kommando d. Kadettenanstalten in Berlin, Geh. Reg.rat, u. d. Julie Pfaul (1856–1925), aus Braunsberg (Ostpr.);
    2 S Henry Christopher (s. 3), Walter (1918–81, Maria Barea Muji, * 1935, aus Madrid), seit 1933 in England, 1936 an d. Cambridge Univ., Neuphilol., Reporter d. BBC, 1945 / 46 brit. Presseoffz. in Berlin, 1 T Christel (1916–58, Adalbert [Adel] Körte, 1910–78, aus Königsberg, Pr., Landwirt), seit 1937 in Argentinien, Vfn. v. „Erzählungen u. Gedichte aus Argentinien“, ausgew. v. Adalbert Körte, hg. v. Hildegard Wallich, 1961, diese Vfn. v. „Erinnerungen aus meinem Leben“, 1971 (P).

  • Biographie

    W. besuchte das Internatsgymnasium Pforta in Naumburg. Nach dem Abitur begann er 1901 ein Studium der Philosophie in Freiburg (Br.). Seit 1902 absolvierte er den Militärdienst, den er 1903 als Reserveoffizier eines Kavallerie-Regiments in Posen abschloß. Im Anschluß wechselte W. zum Studium der Nationalökonomie nach München, wo er 1905 zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. Seine u. a. von Lujo Brentano (1844–1931) und Walther Lotz (1865–1941) betreute Dissertation „Die Konzentration im deutschen Bankwesen, Ein Beitrag zur Geschichte der gegenwärtigen Wirtschaftsorganisation“ (1905) galt lange als Standardwerk zur Genese des dt. Bankwesens. Parallel zu seiner Karriere als Bankier publizierte er weiter als Unternehmenshistoriker und baute eine voluminöse Privatbibliothek wissenschaftlicher und literarischer Schriften auf.

    W.s berufliche Ausbildung begann 1905 / 06 mit einer Lehre im Handelshaus „Oetling Gebrüder“ in Hamburg. 1906 kam er als Volontär zur „Deutschen Überseeischen Bank“ nach Berlin, gegründet 1886 auf maßgebliche Initiative seines Vaters Hermann als spezielles Tochterunternehmen der „Deutschen Bank AG“ zur Bedienung des Lateinamerikageschäfts. Auch seine weiteren Ausbildungsschritte wurden durch familiär-geschäftliche Kontaktkreise ermöglicht. 1907–10 sammelte er Auslandserfahrung bei „Speyer Bros.“ und in der Niederlassung der Dt. Bank in London, arbeitete einige Monate bei seinem Onkel 2. Grades Louis Cahen d’Anvers (1837–1922) im Bankhaus „Cahen d’Anvers & Co.“ in Paris sowie bei „Goldman, Sachs & Co.“ in New York. 1910 kehrte W. nach Deutschland zurück, erhielt eine Anstellung in der „Berliner Handels-Gesellschaft“ (BHG) und übernahm 1911 dort einen Direktorenposten.

    Seit 1914 leistete W. Kriegsdienst und kehrte nach Ende des 1. Weltkriegs für etwa ein Jahr auf seine Position bei der BHG zurück. Sein Verhältnis zum Seniorchef der BHG, Carl Fürstenberg (1850–1933), galt als zerrüttet. 1919 nahm er das Angebot des Frankfurter Privatbankhauses „J. Dreyfus & Co.“ an, als Teilhaber dessen neu gegründete Dependance in Berlin zu leiten. Trotz zunehmender Konkurrenz durch moderne Aktienbanken konnte W. die Privatbank erfolgreich im Konsortial-, Emissions- und Kreditgeschäft halten. Maßgeblich war er in der Weimarer Republik an der Vermittlung von Auslandsgeldern an die dt. Industrie beteiligt. Ausdruck sind zahlreiche Aufsichtsratsmandate, die er u. a. bei der „Demag AG“, Düsseldorf, „Carl Flohr AG“, „Gesellschaft für elektrische Unternehmungen – Ludw. Loewe & Co AG“, bei der „Citag – Commerical Investment Trust AG“ und der Bank des Berliner Kassen-Vereins (alle Berlin) wahrnahm. W. repräsentierte J. Dreyfus & Co. in der „Berliner Stempelvereinigung“. In der Weltwirtschafts- und Bankenkrise gelang es, das Bankhaus durch die Erweiterung des Inhaberkreises um den vermögenden Bankier und Industriellen Theodor Vogelstein (1880–1957) in Paris rasch zu stabilisieren.

    W., u. a. Mitglied des Clubs von Berlin und der Gesellschaft der Freunde, bewohnte die Villa Schöningen und den Gutsbesitz Jerchel in der Mark Brandenburg. Seine bereits 1914 verfaßten Memoiren beschreiben ein Leben zwischen antisemitischer Diskriminierung, sozialer Zurückweisung und eigenem Assimilations- und Statusstreben eines Unternehmers jüd. Herkunft. Nach der NS-Machtübernahme lehnte W. eine Auswanderung trotz massiver Beschränkungen seines Berufs- und|Privatlebens ab. Das Bankhaus erlitt bis 1937 erhebliche Einbußen im In- und Auslandsgeschäft. Im März 1938 wurde es von der Münchner Firma Merck, Finck & Co. „arisiert“. W. arbeitete zunächst als Berater der Bank weiter. Im Zuge des Novemberpogroms sollte er verhaftet werden. Auf der Flucht vor dem NS-Regime wählte er am 11. 11. 1938 in Köln aus Verzweiflung den Freitod.

    Die wissenschaftlichen Abteilungen der Privatbibliothek W.s befinden sich seit 1950 in der Baker Library der Harvard Univ. (Abt. Wirtsch.wiss.) bzw. in der Sterling Library der Univ. Yale (Abt. Preuß. Gesch.). Die literarischen Werke der Sammlung wurden von W.s Erben nach 1945 zunächst nach West-Berlin, dann in die USA verbracht. Die Bände werden heute von Allan Stypeck von der Firma Second Story Books (Rockville) verwaltet und z. T. neu aufgelegt.

  • Auszeichnungen

    |E. K. II.

  • Werke

    |Berliner Großkaufleute u. Kapitalisten, 3 Bde., 1934–39 (mit H. Rachel u. J. Papritz), Neuausg., hg. v. J. Schultze u. Henry C. Wallich, 1967;
    Lehr- u. Wanderj. e. Bankiers, in: Henry C. Wallich (Hg.), Zwei Generationen im dt. Bankwesen 1833–1914, 1978, S. 159–426 (P);
    Banco Alemán Transatlántico, Eine Reise durch Südamerika, hg. v. Henry C. Wallich, 1986.

  • Literatur

    | W. Neite, P. W., Von d. Leidenschaft d. Büchersammelns, in: Aus d. Antiquariat, H. 8, 1998, S. 572 ff.;
    M. Gebhardt, Das Fam.gedächtnis, Erinnerung im dt.-jüd. Bürgertum 1890 bis 1932, 1999, S. 40–49;
    S. Engelbourg, Henry C. Wallich, A Third Generation Banker, in: Essays in Economic and Business Hist. Soc. 19, 2001, S. 91–102;
    I. Köhler, Die „Arisierung“ d. Privatbanken im Dritten Reich, Verdrängung, Ausschaltung u. d. Frage d. Wiedergutmachung, ²2008, S. 305–12.

  • Autor/in

    Ingo Köhler
  • Zitierweise

    Köhler, Ingo, "Wallich, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 336-337 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118628801.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA