Dates of Life
gestorben Ende 14. Jahrhundert
Occupation
fahrender Sänger ; Spruchdichter
Religious Denomination
katholisch
Authority Data
GND: 118619810 | OGND | VIAF: 287190919
Alternate Names
  • Sͧchensinn
  • Suchensinn
  • Sͧchensinn
  • more

Objekt/Werk(nachweise)

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Citation

Suchensinn, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118619810.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographical Presentation

    Nach Auskunft der Quellen war S. ein fahrender Berufssänger und -dichter, vermutlich mit Bayern und Franken als Zentren seines Wirkens. 1386 zahlte der Rat der Stadt Nürnberg dem „singer“ S. das stattliche Honorar von 10 fl.; 1389 und 1392 erhielt S. Entlohnungen für Dienste am Hof Hzg. Albrechts II. von Bayern in Straubing, dem er eine Zeit lang wohl enger verbunden war und wo er zu den „Varendläut“, also den Fahrenden, gezählt wurde.

    Von S. sind 25 Lieder überliefert, davon 12 in „Fichards Liederbuch“ (um 1450) und neun (mit Melodien) in der Kolmarer Liederhandschrift (um 1460). Außerdem finden sich jeweils ein bis zwei Lieder in sechs weiteren Handschriften des 15. Jh. und ein Reimpaargedicht von 124 Versen in der Liedersaalhandschrift (Karlsruhe, Landesbibl., Cod. Donaueschingen 104). S.s Hauptthemen sind das Lob und die Belehrung der Frau, v. a. der Ehefrau, die er als „rein“, „trut“, „saelic“ und „biderbe“ (ohne Makel, lieb, wohlgeartet, tüchtig) idealisiert. Die Würde der gepriesenen Frau wird dabei v. a. mit religiösen Argumenten begründet. Die Minnethematik gibt Anlaß zu didaktischen oder allegorischen Ausführungen. Als poetische Mittel werden Stereotypen der Minnerede und des Minnesangs – Natureingang, Spaziergang, Dialog – benutzt; wiederholt inszeniert S. sich selbst als Dialogpartner von Rollenfiguren. Die drei- bis fünfstrophigen Lieder, stets im gleichen Ton, zeigen die einfache Bauform einer 13zeiligen, metrisch wenig variierten Kanzone mit drittem Stollen, wobei S. der für den Meistergesang des 15. Jh. verbindlichen Ungeradzahligkeit der Strophen noch nicht folgt. S.s Reimpaargedicht „Von Frauen und Jungfrauen“ thematisiert einen Streit über den Vorrang von „wib“ oder „maget“.

    Während die unmittelbare Nachwirkung von S.s Dichtung begrenzt blieb (vier fünfstrophige Lieder in S.s Ton und thematischer Nähe in der frühen Meisterliederhandschrift Basel, Univ.bibl., Cod. O IV 28, um 1430), hat sich sein Ansehen unter den Meistersängern erhalten: In einer politischen Rede des Konrad Silberdrat, um 1423, ist „her Sůchensinn“ neben Regenbogen, Neidhart und Frauenlob als Vertreter des Meistergesangs erwähnt; ebenso führen ihn die Meistersingerkataloge von Hans Folz (um 1450–1513) und Konrad Nachtigall († 1484/85) auf.

  • Works

    T. Cramer (Hg.), Die kleineren Liederdichter d. 14. u. 15. Jh., Bd. 3, 1982, S. 292–329, 329–32 (Reimpaargedicht), 333–39, Bd. 4, 1985, S. 327–34.

  • Literature

    ADB 37;
    F. Schanze, Meisterl. Liedkunst zw. Heinrich v. Mügeln u. Hans Sachs, Bd. 1, 1982, S. 137–45, Bd. 2, 1983, S. 26–28;
    J. Rettelbach, Variation, Derivation, Imitation, Unterss. zu d. Tönen d. Sangspruchdichter u. Meistersinger, 1993, S. 213–22;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex. ³ (L);
    Vf.-Lex. MA² (L).

  • Author

    Norbert H. Ott
  • Citation

    Ott, Norbert H., "Suchensinn" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 664-665 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118619810.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Suchensinn, fahrender Sänger des ausgehenden 14. Jahrhunderts, empfing am Rupertstage des Jahres 1392 von Wolfhard Helttampt, dem Landschreiber Herzog Albrecht's des Jüngern von Niederbaiern, für sich und seine Gesellen die Summe von vier Pfund. Die ungewöhnliche Höhe der Gabe, die in Helttampt's Rechnungsbuche unter der langen Rubrik 'Nota Varender läuten' ihres Gleichen nicht hat, deutet wohl darauf hin, daß S. das geschätzte Haupt eines ganzen Kreises von Fahrenden war. Natürlich war er nicht der adelige 'Herr', den Konrad Silberdrat aus ihm macht, sondern höchstens 'Meister'; so bezeichnet ihn die Kolmarer Liederhandschrift. Wie ihn jener authentische Nachweis in Niederbaiern zeigt, so weisen auch die, nicht zahlreichen, Spuren seines Dialekts nach Baiern, und in dieses Land, das in seiner Geschmacksrichtung der alten höfischen Tradition mit zäher altfränkischer Treue anhing, paßt auch Suchensinn's dichterische Physiognomie allein hinein. Schon in der überraschenden Sauberkeit seiner Form, in gewissen archaischen Zügen seiner Technik, die z. B. zweihebig stumpfe Reime noch genau so verwendet, wie die mittelhochdeutsche Blüthezeit, in seinen traditionellen, meist sehr reinen Reimen, in seiner einzigen Strophenform, die identisch ist mit der zweiten Weise Gösli's von Ehenhein und ganz ähnlich Konrad's von Würzburg Nachtweise, in all diesen Dingen verräth er das Studium der alten höfischen Poesie, und es ist kein Wunder, daß man ihn im 15. Jahrhundert mit Neidhart, Frauenlob und Regenbogen in einem Athem glaubte nennen zu dürfen. Aber auch der Inhalt seiner mit Vorliebe vier-, sonst drei- und fünfstrophigen Lieder verräth den Schüler der mittelhochdeutschen Lyrik. Nachtigall rühmt ihm mit Recht nach: 'Der Suchensinn sang lobeleich von Frawen rein'. Er ist so etwas wie ein Minnedichter, besingt nur die Frauen, weiter nichts. Freilich, darin zahlt er der Zeit seinen Zoll, daß er nicht die Geliebte, sondern die Frauen im allgemeinen feiert; über das Lob trägt oft Lehre und Warnung den Sieg davon, und er zieht sich wohl gar weiblichen Tadel zu, daß er nie auf Männer schelte, daß er die Frauen zu stark mitnehme: in einem freien Geleit verspricht er denn auch einmal, seinen Ton zu mildern. Die Frauen sind sein einziges Thema; der barock mit allerlei bürgerlichen Bildern und Phrasen vergröberte Ton des höfischen Minnepreises und der höfischen Minnelehre meldet sich selbst, wenn der Dichter auf andre Stoffe einzugehn sich geneigt zeigt. So weiß er eine Ermahnung an die Juden unterzubringen in einem Liede, das die Frauen als fruchtbare, schöpferische Wesen mit Gott vergleicht, und, wie vor ihm Friedrich von Sunburg, scheut er sich nicht, in das Lob der Jungfrau Maria grob erotische Elemente, bedenkliche Vorstellungen des Minnedienstes einzumischen, die uns in diesem Zusammenhange nicht nur frivol, sondern fast blasphemisch erscheinen. Daß die Zeit anders empfand, geht auch daraus hervor, daß Suchensinn's jüngerer Landsmann Muscatblüt sich hierin, wie auch sonst zuweilen, dem ältern Sänger nachahmend anschloß. Wie S. in das geistliche Lied, das bei ihm natürlich nur der Himmelskönigin gilt, minnigliche Töne fügt, so schmückt er das Lob der irdischen Frau mii den üppigen Farben der hymnischen Bildersprache. Eine Jungfrau, die findet, er bevorzuge zu sehr diu wîp (d. i. die Ehefrauen), beruft sich auf die Jungfrau Maria. S. ist Richter in einem Wettstreit zwischen Priester und Weib, welcher 'Orden' höher stehe: dies, auch von Rosenplüt erwogene Problem, wird von S. selbstverständlich zu Gunsten der Frauen entschieden, denen selbst Gott hofire. Auch die Natur mit all ihren Blumen, Vögeln und Wurzen ist ihm nichts gegen den Reiz der Frau, die tausendmal mehr Freuden gibt; die|sechs Farben, die den Anger schmücken, findet er schöner bei ihr wieder. Er liebt den Natureingang: aber alle Wege führen ihn immer wieder zu seinem Ein und Alles. Er trifft etwa auf dem Morgenspaziergang durch die schöne Natur eine Dame, mit der er plaudert; oder auf eine Klage über den hereinbrechenden Winter mahnt ihn eine Frau, er solle lieber klagen, wenn ein junges Weib seine Ehre vergesse; oder er trifft im Grünen den Waidmann auf der Hirschjagd, den Fischer, der Reusen stellt, und diese entpuppen sich als Allegorien, die nach der weiblichen Tugend jagen und fischen; oder aber das ganze Naturbild selbst wird Allegorie: so bedeutet etwa der Wald das Weib, der Winter die falschen Zungen, die dem Walde sein Laubgewand, der Frau ihr Ehrenkleid rauben. Die ausgeführte Allegorie der beliebten erotischen Jagdgedichte klingt von ferne an, wenn der Dichter seinen nach ihm selbst benannten Hund 'Suche' ausschickt, daß er ihm das Liebste ausfindig mache. Aber die eigentlich minniglichen Züge sind bei ihm ganz selten: die Quälereien, die sich die übermüthige Dame im Minnedienst erlaubt, verwirft er streng; Kuß und Umarmung zwischen Jüngling und Dame kommt nur einmal vor; lieber ist dem Dichter selbst zwischen Knaben und Töchterlein ein moralisch Gespräch. Denn Frau Ehre ist des Weibes beste Patronin, das Ehrenkleid ihr schönster Schmuck: sie soll das Ehrenbanner aufrichten, sich vor der Schanden Schwert hüten, dann blüht ihr der Ehre Rose, dann soll sie in der Ehre Burg thronen. Aber Frau Ehre hat hier doch schon etwas sehr Bürgerliches an sich: Suchensinn's höchstes Ehrgebot lautet: Hab Got liep und dînen êman! Das führt in seiner braven Ehrbarkeit weit ab vom alten ritterlichen Minne- und Ehrencodex. Und doch dichtet S. deutlich für ein ritterliches Publicum. Er redet die bairischen Herren frume oder stolze helde an, eine alte volksmäßige Wendung, die gerade bei bairischen Dichtern von jeher beliebt ist, aber einen etwas unhöfischen Beigeschmack hat. S. mahnt mit der Wünschelgerte seiner Zunge die Frauen, diesen stolzen Helden, die freilich keine Hofschranzen sind, aber Leib und Gut aufs Spiel gesetzt haben, nicht die 'Sprenzler' vorzuziehen; er mahnt aber auch die Ritter, den Damen zu huldigen: ir frumen helde, geloubet mir, ir wært reht als ein wildez tier, und wær niht wîp mit stæter gir ein gnâdenrîche sunne. S. erkennt mit schöner Klarheit den bildenden, idealisirenden Einfluß der Frau, und empfindet ihn um so mehr als nöthig, da die rauhe Zeit gegen solchen Einfluß immer spröder wurde. So ist ihm das Frauenlob eine dichterische Culturaufgabe, und er tröstet sich wiederholt mit der Ueberzeugung: 'sô Suochensin begraben leit, noch wirt von vrauwen gesungen'. Wie in diesen Schlußzeilen zweier Lieder, nennt er sich auch sonst in seinen sämmtlichen Gedichten bei Namen, meist in der letzten Strophe und gerne in mahnender Selbstanrede. Ohne originell zu sein, gehört der Dichter durch die überzeugte Einseitigkeit seiner Stoffwahl, durch den heiligen Ernst, der sich schon in der reinlich gepflegten Form ausprägt, durch seinen Glauben an abwelkende, aber darum nicht minder rühmliche Ideale zu den erfreulichsten und charakteristischsten Erscheinungen der in den Meistergesang überlenkenden Kunstlyrik seiner Tage.

    • Literature

      Suchensinn's Dichtungen sind gedruckt in Fichard's Frankfurtischem Archiv für ältere deutsche Litteratur und Geschichte, Th. III, S. 223—248 (XXIII u. XXIV sind ein Lied); im Liederbuch der Klara Hätzlerin, hsg. von Haltaus, S. 92 f. Nr. 120. 121; in den Meisterliedern der Kolmarer Handschrift, hsg. von Bartsch, S. 562—578; in der Erlösung, hsg. von Bartsch, S. 192; im Deutschen Kirchenlied, hsg. von Phil. Wackernagel II, 483. — Der urkundliche Nachweis in v. Freyberg's Sammlung historischer Schriften u. Urkunden Stuttgart u. Tübingen 1829, II, 148.

  • Author

    Roethe.
  • Citation

    Roethe, Gustav, "Suchensinn" in: Allgemeine Deutsche Biographie 37 (1894), S. 103-104 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118619810.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA