Lebensdaten
1430 oder 1435 – 1498
Geburtsort
in Südtirol
Sterbeort
Salzburg
Beruf/Funktion
Maler ; Bildhauer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118591088 | OGND | VIAF: 121832379
Namensvarianten
  • Pacher, Michael
  • Michael, Pacher
  • Pacher, Michele

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Zitierweise

Pacher, Michael, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118591088.html [18.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Der als Maler und Bildhauer gleich bedeutende P. zählt neben Martin Schongauer und Niclas Gerhaert zu den führenden mitteleuropäischen Künstlern der zweiten Hälfte des 15. Jh. Weder Datum noch Ort seiner Geburt sind bekannt, und ebenso liegt die Zeit seiner Ausbildung im Dunkeln. Seit 1467 ist P. als Bürger und Meister einer der leistungsfähigsten Altarbauwerkstätten jener Zeit in Bruneck im Pustertal nachweisbar. In den letzten drei Lebensjahren lebte und arbeitete er in Salzburg.

    Bereits das Frühwerk läßt Einflüsse und Anregungen aus der Kunst Tirols und Oberitaliens erkennen. P. kannte die Werke Mantegnas sowie die in Padua entstandenen Werke Filippo Lippis und Donatellos wohl aus eigener Anschauung, möglicherweise auch jene der Florentiner Frührenaissance, in denen die Gesetze der Perspektive angewandt waren. Er selbst ist im Norden einer der ersten, der diese Möglichkeiten für sich fruchtbar macht. Gleichzeitig ist P. in seinem Stil, was Körperhaltungen, Faltenbildung, das „Verzahnen“ der Figuren mit dem Umraum betrifft, der zeitgenössischen Kunst des Nordens – vor allem Niclas Gerhaert und dem Meister E. S. – verpflichtet. Das Verhältnis zu diesen Vorbildern ist jedoch nicht als Nachahmung zu sehen, vielmehr griff P. solche Anregungen auf, um sie sich in individueller Weise anzuverwandeln.

    Der signierte oder archivalisch dokumentierte Teil seines Œuvres umfaßt eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Werken. Das früheste dokumentierte Werk ist das um 1462/63 entstandene Altarretabel von St. Lorenzen bei Bruneck im Pustertal, von dem allerdings nur Teile – eine skulptierte Madonna mit Kind (in situ) und gemalte Tafeln mit Szenen aus dem Marienleben und der Laurentiuslegende (Wien, Österr. Gal.; München, Alte Pinakothek) – erhalten sind. P. bediente sich hier erstmals der Gesetze der Perspektive. Die Skulptur des hl. Michael (München, Bayer. Nat.mus.) und die „Wiltener“ Predellenflügel (Wien, Österr. Gal.; Innsbruck, Tiroler Landesmus. Ferdinandeum; USA, Privatbes.) gelten als zum Retabel gehörig. Es folgte 1465 der Altaraufsatz von Ried bei Bozen, von dem nichts erhalten blieb. 1471 unterzeichnete er die Verträge für die Retabel in Bozen-Gries und St. Wolfgang. Vom Grieser Altar, wohl um 1475 fertiggestellt, sind am Ort noch Fragmente, der Schrein mit der szenischen Darstellung der Marienkrönung, flankiert von Heiligen, und zwei Flügelreliefs mit der Verkündigung und der Geburt zu sehen. Der einzige, vollständig erhaltene doppelflügelige Altaraufsatz P.s ist das für St. Wolfgang wohl 1475/81 geschaffene Retabel, in dem im Plastischen fortgeführt und zur Vollendung gebracht wird, was in Gries angelegt worden war. Wie dort, gibt es im Schrein eine von Heiligen flankierte Marienkrönung, die, asymmetrisch aufgelöst, zu einem dialoghaften Geschehen wird. Die dynamische Formverknüpfung und Durchflechtung sowohl zwischen Figuren und Rahmen als auch zwischen Figuren und Raum erfuhr hier noch eine zusätzliche Steigerung. Auf den gemalten Flügeln des Altares sind Szenen aus dem Marienleben, Wundertaten Christi und Szenen aus dem Leben des hl. Wolfgang dargestellt. Um 1470/75 ist der nur in gemalten Teilen überlieferte, möglicherweise aber in dieser Form komplette Kirchenväteraltar aus Neustift bei Brixen anzusetzen (München, Alte Pinakothek), auf dessen Innenseite die vier Kirchenväter und auf den Außenflügeln Szenen aus dem Leben des hl. Augustinus dargestellt sind. Die reduzierte Farbigkeit ist innerhalb der gleichzeitigen spätgotischen Malerei ungewöhnlich. In die Zeit von 1481-84 fällt die Entstehung eines Michaelsaltares für die Bozener Pfarrkirche, von dem nichts erhalten ist. Das monumentalste Werk P.s war wohl der 1484-98 entstandene Hochaltar für die ehemalige Pfarrkirche (heute Franziskanerkirche) in Salzburg, von dem sich jedoch nur Reste, die Skulptur einer Madonna (in situ) und Fragmente der Flügel (Wien, Österr. Gal.), erhalten haben. An der Ausführung der Arbeiten waren zum Teil eine Reihe von Gehilfen und Mitarbeitern beteiligt, wobei aber Persönlichkeiten innerhalb der Werkstatt schwer zu unterscheiden sind. Die Frage der Eigenhändigkeit entspricht letztlich einem dem 15. Jh. nicht adäquaten Denken.

    Im Werk P.s verschmelzen knapp an der Wende zur neuzeitlichen Kunstauffassung die verschiedenen Kunstgattungen und Techniken noch einmal zu einer Einheit optischer und haptischer Phänomene. Die mittelalterliche Zeichensprache wird bereits mit Distanz und der Reflexion eines Künstlers gesehen, die vom Bewußtsein des neuzeitlichen Bildes zeugt, in dem Figur und Raum neu definiert werden.

  • Werke

    (P. u. Werkstatt, bzw. Umkreis) Statue eines hl. Laurentius (?), um 1460 (Innsbruck, Tiroler Landesmus. Ferdinandeum);
    Zwei Tafeln mit Szenen aus d. Leben d. Thomas Becket, auf d. Rückseite Evangelistensymbole, um 1475/80 (Graz, Joanneum);
    Thronende Madonna zwischen hl. Michael u. einem hl. Bf., um 1480/90 (London, Nat. Gallery);
    Fragmente eines Altarflügels, hl. Antonius Abbas u. hl. Florian, um 1475/85 (Bozen, Stadtmus.);
    Flügel einer Altarpredella, Verkündigungsengel, um 1495/98 (Salzburg, St. Peter);
    Maria mit Kind zwischen hll. Margarethe u. Katharina, um 1498 (Madrid, Fundación Thyssen-Bornemiza).

  • Literatur

    H. Semper, M. u. Friedrich P., 1911;
    R. Stiaßny, M. P.s St. Wolfganger Altar, 1919;
    O. Pächt, Österr. Tafelmalerei d. Gotik, 1929;
    ders., Die hist. Aufgabe M. P.s, in: Kunstwiss. Forsch. 1, 1931, S. 95-132;
    W. Pinder, Die dt. Plastik v. ausgehenden MA bis z. Ende d. Renaissance, 1929;
    E. Hempel, M. P., 2 Bde., 1931;
    D. Frey, M. P.-Stud., in: Wiener Jb. f. Kunstgesch. 15, 1953, S. 23-100;
    A. Rosenauer, M. P. u. Italien, Beobachtungen zu einigen seiner Bildkompositionen, ebd. 50, 1997, S. 119-30;
    O. Demus, Stud. zu M. P.s Salzburger Hochaltar, ebd. 16, 1954, S. 87-118;
    Cultura atesina, rivista trimestrale, Kultur d. Etschlandes, 20, 1966, S. 13-44;
    N. Rasmo, M. P., 1969 (W, L);
    Th. Müller, Got. Skulptur in Tirol, 1976;
    G. Goldberg, Zu M. P.s Kirchenväteraltar in d. Alten Pinakothek, in: Pantheon 37, 1979, S. 263-67;
    M. Baxandall, The Limewood Sculptors of Renaissance Germany, 1980;
    M. Koller, N. Wibiral u. a., Der Pacheraltar in St. Wolfgang, Unters., Konservierung u. Restaurierung 1969-1976, 1981;
    P. Thurmann, Symbolsprache u. Bildstruktur, M. P., Der Trinitätsgedanke u. d. Schrr. d. Nikolaus v. Kues, 1987;
    Ch. Trepesch, Stud. z. Dunkelgestaltung in d. dt. spätgot. Skulptur, 1994;
    M. P. u. sein Kreis, Ausst.kat. Neustift – Brixen 1998 (Bibliogr.);
    M. Koller, Der Flügelaltar v. M. P. in St. Wolfgang, 1998;
    ThB;
    Lex. MA;
    KML;
    Dict. of Art;
    DBE.

  • Autor/in

    Cornelia Plieger
  • Zitierweise

    Plieger, Cornelia, "Pacher, Michael" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 748-749 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118591088.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA