Lebensdaten
1886 – 1946
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Bern (Schweiz)
Beruf/Funktion
Musikforscher
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118568256 | OGND | VIAF: 12349163
Namensvarianten
  • Kurth, Ernst
  • Kurt, Ė.
  • Curth, Ernst
  • mehr

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Zitierweise

Kurth, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118568256.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Leopold, Kaufm. in W.;
    M Ida Sorer;
    Bern 1917 Marie-Louise (* 1892), T d. Albert Herren aus Mühleberg (1862–1920) u. d. Marie-Louise Neuenschwander;
    1 S.

  • Biographie

    Nach Absolvierung des Gymnasiums in Wien studierte K. bei Guido Adler und bei Robert Gund. 1908 promovierte er mit einer Dissertation über den Stil der Opera seria.|Vorübergehend betätigte er sich als Dirigent, wandte sich dann ganz der Musikerziehung und insbesondere der Musikwissenschaft zu. Er wirkte als Nachfolger von Aug. Halm eine Zeitlang an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf. 1912 habilitierte sich K. an der Univ. Bern, wo er 1920 zum ao. Professor und 1927 zum o. Professor für Musikwissenschaft ernannt wurde. Als akademischer Lehrer und als Forscher übte er einen nachhaltigen Einfluß auf die jüngeren Generationen von Musikwissenschaftlern aus.

    In erstaunlich kurzen Zeitabständen publizierte K. seine richtungweisenden Werke. Mit den „Grundlagen des linearen Kontrapunkts, Bachs melodische Polyphonie“ (1917, ⁵1956, Nachdr. 1977, russ. 1931) hat er seinen internationalen Ruf begründet. Der Einfluß dieses Buches auf Bachforschung und Kontrapunktlehre und insbesondere auch auf die lineare Kompositionsweise der Neuen Musik um 1920 war bedeutend. Es folgte die „Romantische Harmonik“ (1920, 1923, Nachdr. 1968), ein Werk, das aufbauend auf den Erkenntnissen der 1913 (²1973, engl. 1980) publizierten und auch heute noch aktuellen „Voraussetzungen der theoretischen Harmonik“, die Harmonik der Romantik bis hin zu Debussy behandelt. Gleichzeitig stellt diese Arbeit auch eine Art von Harmonielehre für Fortgeschrittene dar. Für K. sind Harmonien „Reflexe aus dem Unbewußten“; der Tristanakkord wird ihm zum Symbol romantischer Geisteshaltung schlechthin. In seiner Bruckner-Monographie (2 Bde., 1925, Nachdr. 1971) hat K. am Beispiel dieses Komponisten seine Gedanken zum musikalischen Formproblem entwickelt. Musikalische Form ist für ihn nicht statisches Formschema, sondern psychologisch zu begründender, innerer Formvorgang: „Man darf die Form nie vom Geiste lösen, der sie hervorgebracht hat.“ Mit solcher Formbetrachtung hat K. Gedanken seines Lehrers Adler aufgegriffen und ebenso konsequent wie fruchtbringend weitergeführt. Eine Zusammenfassung von K.s Erkenntnissen und Denkweisen stellt die „Musikpsychologie“ (1931, ²1947, Nachdr. 1969) dar, die – im Gegensatz zu der gängigen Tonpsychologie – Musik und Ton nicht als „Einbruch ins Innere“, sondern als „Ausbruch aus dem Innern“ betrachtet. Philosophische Grundlage von K.s Gedankengängen ist letzten Endes Schopenhauers Auffassung der Musik als eines selbständigen Abbildes des weltschöpferischen und kulturschöpferischen Willens. Darauf gründet K. den für seine Musikbetrachtung zentralen Begriff einer bewegungshaften psychischen Energie: „Musik ist eine Naturgewalt in uns, eine Dynamik von Willensregungen … Alles musikalische Geschehen beruht in Bewegungsvorgängen und ihrer inneren Dynamik.“ Mit diesen Gedanken hat K. nachhaltig auf die russ. Musikforschung von B. W. Assafjew gewirkt. K.s auch mit der Gestalttheorie zusammenhängenden Erkenntnisse blieben ihres Psychologismus wegen allerdings nicht unangefochten, doch haben sie der Musikwissenschaft bis heute bedeutsame neue Impulse zugeführt.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Jugendopern Glucks bis Orfeo, in: Stud. z. Musikwiss. I, 1913, S. 193-277;
    Zur Ars cantus mensurabilis d. Franko v. Köln, in: Kirchenmusikal. Jb. 1908. -
    Hrsg.: J. S. Bach, 6 Sonaten u. 6 Suiten f. Violine u. Violincello solo, 1921;
    Berner Veröff. z. Musikforschung, 1927 ff.

  • Literatur

    E. Bücken, K. als Musiktheoretiker, in: Melos 4, 1924/25;
    H. Eimert, Bekenntnis u. Methode, in: Zs. f. Musikwiss. 9, 1926/27;
    W. Schuh, in: Schweizer. Musikztg. 86, 1946;
    K. v. Fischer, in: Der Musikalm., 1948;
    W. Kreidler, in: Die Musikforschung 2, 1949;
    H. Pfrogner, Musik, Gesch. ihrer Deutung, 1954, S. 357-63;
    D. Menstell-Hsu, E. K. and the Concept of Music as Motion, in: Journal of Music Theory 10, 1966;
    I. Lieberman, Some Representative Works from Beethoven's Early Period analysed in the Light of the Theories of E. K. and K. v. Fischer, Diss. Columbia Univ. 1968;
    MGG VII (W-Verz.).

  • Autor/in

    Kurt von Fischer
  • Zitierweise

    Fischer, Kurt von, "Kurth, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 324-325 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118568256.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA