Lebensdaten
1656 oder 1650 – 1723
Geburtsort
Graz
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Architekt ; Schriftsteller ; Kupferstecher
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 118533495 | OGND | VIAF: 100183205
Namensvarianten
  • Fischer von Erlachen, Johann Bernhard
  • Fischer von Erlach, Johann Bernhard
  • Fischer von Erlachen, Johann Bernhard
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Zitierweise

Fischer von Erlach, Johann Bernhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118533495.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Bapt. F. (1626–1702), Bildhauer, S d. Buchhändlers Simon Vischer ( 1653) u. d. Christine Vichdorn;
    M Anna Maria (1618–77), Wwe d. Bildhauers Seb. Erlacher (1609–49, s. ThB), T d. Tischlers Gg. Khrätschmayr u. d. Eva N. N.;
    1) Wien 10.4.1690 Sophia Constantia ( 1704), T d. Notars Joh. Morgner in Regensburg u. d. Maria Sidonia Winter, 2) Wien 1705 Franziska Sophia verw. Willer geb. Lochner;
    S aus 1) Jos. Emanuel s. (2).

  • Biographie

    F. gilt mit Andreas Schlüter als Begründer der spätbarocken deutschen Architektur. In dieser glänzendsten Kunstleistung seit der Dürerzeit verwirklicht sich, zugleich mit Leibnizens Auftreten in den Wissenschaften, die geistige Selbstbehauptung Deutschlands nach dem 30jährigen Kriege. Der Vorherrschaft ausländischer Baumeister wird ein Ende gemacht, Deutsche treten an ihre Stelle, in deren Schaffen sich der gesamteuropäische Barock vollendet. Diese Epoche eröffnet F. mit einer bahnbrechenden Schöpfertat. Wie Schlüter kommt er von der Bildhauerei her, ein Letzter in der von dem Renaissanceideal des „virtuosen“ Universalkünstlers beherrschten, in den römischen Großmeistern des 17. Jahrhunderts gipfelnden Tradition. Die von diesen geschaffene, bildnerisch durchformte, körperhaft bewegliche Bauform verpflanzt F. auf heimischen Boden und verbindet sie mit der klaren Grundrißbildung, der weiträumigen Aufgliederung, dem maßvollen Klassizismus des französischen Palastbaus der Jahrhundertmitte zu einer eigengeprägten deutschen Kunstsprache. Diese produktive Synthese, die eine umfassende Rezeption klassischer Elemente einschließt, steht als individuelle Leistung ebenbürtig zwischen den Wirkungen Dürers und Goethes und wird, ähnlich wie diese, wiederum vorbildlich für die Umwelt. Zu der Beherrschung aller damals in Europa vorgegebenen Spielarten baumeisterlicher Gestaltung tritt bei F. ein wegweisendes historisches Interesse. Sein Stichwerk „Entwurf einer Historischen Architektur“ bietet den systematischen Versuch anschaulicher Darstellung der klassisch-orientalischen Bautradition an Hauptbeispielen und damit die erste universal angelegte Architekturgeschichte überhaupt. Diese aktualisierende Rekonstruktion historischer Denkmäler entstammt derselben produktiven Phantasie wie das Schöpfen aus den Quellen der Gegenwart; beides nährt in Wechselwirkung die Fülle von F.s künstlerischer Erfindung. Emporgehoben zum weithin maßgebenden Vorbild wird F.s Baukunst durch ihre politische Funktion. Mit ihrem überlegenen Formenwert und emblematischen Symbolgehalt stellt sie sich als anerkannter Ausdruck des nach den Türkensiegen und im Kampfe gegen Frankreichs Vormachtstreben noch einmal unter Habsburgs Führung erstarkten Reichsbewußtseins und damit des erwachenden deutschen Nationalgefühls dar. Man hat diesen um 1700 von Wien ausstrahlenden Palast- und Kirchenbau den „Reichsstil“ genannt. Seine Träger nächst F. sind vornehmlich Hildebrandt und Prandtauer; nach der Jahrhundertwende schließen sich die Erblande und Süddeutschland sowie die Rheinlande bis nach Westfalen an, und auch auf die protestantischen Länder gehen Ausstrahlungen aus.

    F.s Lebensgang ist nur lückenhaft überliefert, besonders die Anfänge liegen im Dunkel. Doch haben sich Grundzüge seines Bildungsganges neuerdings überzeugend nachweisen lassen. 1670 kam der 14jährige nach Rom, offenbar in die Lehre der Tiroler Künstlersippe Schor, und gewann Verbindung zu Bernini, in dessen Spätwerk sich Bauliches und Bildnerisches raummächtig verbindet, bei bewegtem Pathos aber auch ein klassisch gebildeter Sinn für das Natur-|und Vernunftgemäße waltet. Die Architektur Borrominis dagegen wies F. die Wege frei imaginierter, vom Naturgesetzlichen abweichender Gestaltung. Im Kreise um die Königin Christine von Schweden muß sich F. an den gelehrten Antiquar und Theoretiker Bellori angeschlossen haben, dem er den weiten Horizont seiner künstlerischen Bildung, zumal die auffallend gründliche Kenntnis der Antike verdankt, aber auch eine normative Idee des Klassischen überhaupt. Auf das ägyptische Altertum dürfte ihn der Polyhistor Athanasius Kircher hingewiesen haben. 1684 ging F. nach Neapel, wo er für den Vizekönig 2 Medaillen auf Karl II. von Spanien anfertigte. Weitere Werke aus seiner 16jährigen italienischen Studienzeit sind noch nicht aufgefunden. 1686, nach abgewandter Türkengefahr, kehrte F. in die Heimat zurück und ging wohl sogleich nach Wien, im Besitz einer Ausbildung aus erster Hand, wie sie nur Rom am Ende seiner Blütezeit zu bieten hatte.

    Die ersten Aufträge kamen vom Hochadel. Für den Fürsten Liechtenstein entstanden nach dem Vorbild des Palazzo del Tè in Mantua der schloßähnliche Marstall in Eisgrub (1688) und ein Wiener Gartenhaus (Belvedere), für den Grafen Althan das auf hohem Felsen gleich der Vision eines antiken Rundtempels aufragende Oval des Ahnensaals beim Schlosse Frain (1688/89). Ein bildhauerisches Denkmal in der Art Berninis ist die Wiener Pestsäule. Durch Stuckdekoration ins Bewegte gewandelt wurde das Innere der Mausoleen in Entwürfe für Portale und Ziervasen, Altäre, Brunnen treten hinzu; F. zeigt sich als der vielseitige „virtuoso“. 1689 wurde er zum Lehrer des Thronfolgers Josef in der Architektur ernannt und rückte damit in die vorderste Reihe. 1690 stellte er mit zwei bei Josefs Einzug als Römischer König in Wien errichteten Ehrenpforten von neuartig reicher Form und geistvoll vorgetragener Symbolik den überholten Provinzialismus der bisher das Bauwesen beherrschenden Italiener in den Schatten. Dieser Erfolg wurde als Sieg der deutschen Sache empfunden, F. zu den höchsten Aufträgen herangezogen.

    Der 1. Entwurf zum kaiserlichen Lustschloß Schönbrunn (1690/91) löst die doppelte Aufgabe, formal Versailles zu überbieten und eine imperiale Symbolik derjenigen des Roi Soleil gegenüberzustellen. Der breite Flügelbau lagert auf einer Anhöhe, die in Terrassen mit Wasserspielen absteigt, der halbrunde Ehrenhof umfaßt eine sakrale Tempelfront. Berninis Louvreentwürfe, Versailles selbst, die italienische Villa und antike Motive sind in geschmeidiger Synthese zu einer bewegten Bühne für die Selbstdarstellung des Kaiserhofes verschmolzen. Der ausgeführte 2. Entwurf (um 1695) legte den Bau nach französischer Art zwischen Hof und Garten an den Fuß des Berges; das Gesamtwerk gab dem deutschen Schloßbau des 18. Jahrhunderts das Maß. Die 90er Jahre brachten eine Folge von Lustschloßbauten in der nach den Türkenkriegen neu besiedelten Bannmeile Wiens. An diesem relativ zweckfreien Thema entwickelt F. die Durchformung des Baukörpers zu ausdrucksvoller Beweglichkeit. Der offene französische Flügelbau Levaus, Lepautres und Marots, durchsetzt mit den dynamischen Rundungen und Schwingungen des italienischen Sakral- und Profanbaus, ergibt eine Typenreihe von erstaunlicher Variabilität. Zu den römischen Stilelementen tritt hinzu die Anregung durch das 1686 von dem Turiner Baumeister Guarini herausgegebene Stichwerk „Architettura Civile“, das die Entfaltung baulicher Gebilde aus „Raumzellen“ von vorzugsweise ovaler Form mit mathematisch geschulter Kombinatorik vorführt, das Musterbuch einer Bauweise von maximaler Beweglichkeit und eine allen älteren Architekturtraktaten überlegene Anleitung zu systematischer Behandlung formaler Motive. Methodisch und motivisch hat F. daraus Nutzen gezogen, auch wo seine Formgedanken auf andere, zum Beispiel französische Quellen zurückgehen. Mit dem Kern-oval bricht er den Baublock auf, Ovale werden als Portale eingesetzt, gebündelte Kurvenfragmente bilden den Grundriß eines Altaraufbaus (Mariazell, 1693), gebogene Treppenläufe treten auf. Man hat F.s Stil in diesem Jahrzehnt „heroisch-phantastisch“ genannt. In ihm spiegelt sich das ideale Selbstverständnis eines Hofes und Adels, erscheint der in Italien seit der Renaissance entwickelte Würdebegriff durchwirkt mit französischer Eleganz und wienerischer Empfindung, überhöht von einem träumerischen Abglanz hellenistisch-römischer Klassizität. Erhalten ist von den „Lustgebäuden“ wenig und dies nur in verbautem Zustande (Engelhartstetten, Klesheim bei Salzburg, Liblitz in Böhmen von einem Nachahmer); die bei einem massigen Frühbarock stehengebliebene deutsche Bauweise aber empfing von den publizierten Entwürfen entscheidende Antriebe. Gleichzeitig löst F. auch die Fassade des Wiener Stadtpalastes aus ihrer harten Flächigkeit. Risalite treiben kurvig gerahmte Portale hervor, im reizvollen Widerspiel zur zarten Reliefbehandlung der Flächen selbst (Palais Batthyány 1699 und andere). Die Treppenhäuser werden durch Brechung der Läufe, Auflösung des Gewändes in Atlanten und anderes Figurenwerk, Wölbung und Lichtführung in|die organisch empfundene Fluktuation des Bauganzen einbezogen. Vielfältige, zum Teil zurückliegende Ansätze aus dem italienischen Palast- und Gartenbau sind aufgenommen, aber bereits das Stiegenhaus im Palast des Prinzen Eugen (um 1695) läßt alles bis dahin Geleistete hinter sich. Seit 1693 arbeitete F. für den Erzbischof von Salzburg und legte damit die Hand auch auf den zweitgrößten Aufgabenkreis Österreichs. Nächst der Marstallfront mit einem aus Borromini und Michelangelo entwickelten geschwungenen Portal und der davor liegenden Schwemme entstanden hier 4 Kirchen aus dem gleichen Ideenkreise wie die „Lustgebäude“, dem Zusammenspiel konkav-konvexer Schwingung mit der ebenen Fläche als Funktion entsprechender stereometrischer Körper. Das überkuppelte Tiefenoval der Dreifaltigkeitskirche (1694) tangiert eine zwischen Flügelblöcken queroval eingeschwungene Front; die mächtig vorgebauchte Fassade der Kollegienkirche gießt die barocke Doppelturmfront in eine viel nachgeahmte Form von würdevoll gebändigter Kraft um. Ihr Inneres zeigt das griechische Kreuz von Sankt Peter zu Rom in die Tiefe gestreckt, darüber eine hochschwebende Kuppel; der Bau ist F.s frühes Meisterwerk. Die Kirche der Ursulinerinnen (1699) formt die Spitze eines Straßenkeils, die des Johannesspitals ist nach einem frühchristlichen Vorbild innen durch eingebuchtete Ecken bewegt. Seine Architektur war von der „deutschen“ Partei am Hofe als nationale Kunst anerkannt. Doch unterbrach der Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges 1702 die größeren Arbeiten, zugleich erhob sich Hildebrandt als Rivale von zunehmendem Einfluß. 1704 reiste F. an den preußischen Hof, es gelang ihm aber trotz seines bedeutenden Projektes für ein Lustschloß nicht, dort Fuß zu fassen. Sehr wahrscheinlich ist er nach Holland und England weitergegangen; jedenfalls vollzog sich nun eine Wende in seinem Schaffen, die Auseinandersetzung mit der klassizistischen, dabei sachlicheren Bauweise Westeuropas führte seinen reifen Stil herauf. Der Regierungsantritt Josefs I. (1705) stellte ihn an die Spitze des kaiserlichen Bauwesens, ohne daß die Pläne zum Neubau der Wiener Hofburg sich verwirklichten. In dieser Wartezeit setzt die Arbeit an der „Historischen Architektur“ ein. Das Studium Palladios in Venedig 1707 wirkt auf die Fassade der Böhmischen Hofkanzlei (1708) und kreuzt sich mit der Erinnerung an Chatsworth in dem ruhigen Blockbau des Palais Trautson (1709), während ein Schlütersches Motiv das ähnlich kubisch zugeschnittene Palais Clam-Gallas in Prag (1713) bildnerisch belebt. An die Stelle der hochfliegenden Idealität des Frühstils ist ein gehaltenes Maß getreten. 1711 schlug Leibniz den Meister zum Mitglied der geplanten Wiener Akademie vor, 1712 nach erneutem Thronwechsel wurde er von Karl VI. in seinen Ämtern bestätigt, der Friede von Rastatt 1714 beendete auch äußerlich die kritische Übergangszeit.

    F.s Spätstil wird eröffnet mit der Karl-Borromäus-Kirche in Wien (seit 1715), einem kaiserlichen Votivbau. Ursprünglich frei vor der Stadt gelegen, ist er Kirche und Reichssymbol. In der Grundform des Zentralovals mit Flügeln, neu gefaßt nach einem Pariser Kirchenbau Mansarts, erscheint die römische Peterskirche und verbindet sich mit den imperialen Wahrzeichen von Tempelfront und Doppelsäulen, die wiederum an den Tempel Salomonis anspielen. Die Kuppel ist kronenförmig erhöht. Das Reich ist die „Ewige Roma“ und gebietet bis zu den Säulen des Herkules, in denen sich zugleich „Constantia“ und „Fortitudo“ des Kaisers und seines Namenspatrons verkörpern. Diese hier nur angedeutete Symbolik, eins geworden mit der machtvollen Baugestalt, bildet eine einzigartige Sakral- und Triumphalarchitektur; der innewohnende Glaube an eine Raum und Zeit umspannende welthafte Sinneseinheit schließt eine geschichtliche Epoche ab. Das verhaltenere Echo dieser Symphonie bildet die Kurfürstenkapelle am Breslauer Dom, daneben entstand um 1716 der Kaisersaal den Stiftes Herzogenburg. F.s letztes Wort ist die Wiener Hofbibliothek, deren Entwürfe bis 1716 zurückgehen, aber erst nach dem Tode des Meisters ausgeführt wurden. Das Werk steht im Zusammenhang umfassender, doch bis heute nicht aufgefundener Neubaupläne für die Hofburg. Angeregt von dem Bibliotheksbau in Wolfenbüttel, wo damals Leibniz wirkte, erhebt es sich zu einer Ruhmeshalle des Erzhauses mit Flügeln für die Wissenschaften des Krieges und Friedens. Das Äußere, ein Hufeisen mit leider entstellter Artikulation der Dächer, kleidet sich in die kühle Pilastergliederung auf feinem Quadergrund der französischen Frühklassik; die Mitte dringt mit hohem Pathos körperhaft hervor. Sie birgt das machtvolle Tiefoval, das durch Säulenpaare aus dem quergelegten Saal ausgegrenzt ist, eine feierlich schwebende Raumgruppe. F.s Spätstil gewinnt Mächtigkeit ohne Massigkeit; er bleibt dem Großen und Allgemeinbedeulenden, der „magnificenza“ und „générosite“ des 17. Jahrhunderts zugewandt.

    Die Arbeit an der „Historischen Architektur“ begann um 1705, der fertige Teil wurde dem Kaiser 1712 mit handschriftlicher Widmung überreicht, die Buchausgabe erschien 1721 und brachte es auf 6 Auflagen, davon 2 englische. Sie umfaßt auf 84 Tafeln die „Architectura sacra Salomonis“ vom Tempel in Jerusalem über die Antike bis auf die in F.s eigenen Werken erscheinende neue „Römische Baukunst“, dazu den nahen und fernen Orient. Die Gotik fehlt. Die Darstellungen beruhen auf der breitesten damals erreichbaren Quellengrundlage.

  • Autor/in

    Werner Hager
  • Zitierweise

    Hager, Werner, "Fischer von Erlach, Johann Bernhard" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 209-212 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118533495.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Fischer: Johann Bernhard F. v. Erlachen, Architekt, wurde im J. 1650 zu Prag geboren, erhielt eine treffliche Erziehung und widmete sich nach zurückgelegten Gymnasial- und Universitätsstudien dem Fache der Baukunst, für welches er schon in früher Jugend ein entschiedenes Talent gezeigt hatte. In Rom, wohin sich F. in seinem 20. Jahre begab, eignete er sich die damals durch Bernini und Borromini zur Geltung gebrachten Formen des Barokstyls an und verpflanzte dieselben nach Wien, wo er sich um 1675 häuslich niederließ und 1724 starb. Eine ungemeine Leichtigkeit im Entwerfen und ein nicht abzusprechender Sinn für Großartigkeit verschafften ihm hier eine solche Anerkennung, wie sie wenigen Künstlern in so hohem Grade zu Theil geworden. F. wurde in den Adelstand erhoben, zum kaiserlichen Rath und Oberlandbaumeister ernannt und entwickelte in dieser Stellung eine Thätigkeit, welche sich über alle Theile der österreichischen Monarchie ausbreitete. Neben mehr als zweihundert Bauten, welche unter seiner persönlichen Leitung ausgeführt wurden, hat er wenigstens für eben so viele die Pläne gefertigt und war außerdem als Vorstand des Baudepartements ununterbrochen in Anspruch genommen. Seine umfassendsten Werke befinden sich in Wien, obenan die berühmte Kirche des heiligen Carolus Borromäus, ein gewaltiger Kuppelbau mit korinthischem Portikus und zwei nebenan stehenden säulenartigen Rundthürmen, ferner die Hofbibliothek, das Reichskanzleigebäude, die Reitschule und viele große Paläste. Unter den außerhalb Wien hergestellten Baudenkmalen zeichnen sich aus das kaiserliche Schloß Schönbrunn, die Universitätskirche in Salzburg, die Pfarrkirche zu Haindorf unweit Friedland in Böhmen und das Palais des Grafen Clam-Gallas in Prag. Wenn F. in seinen frühesten Werken den Einfluß Borromini's vorwalten läßt und die abenteuerliche Formgebung dieses Meisters nur allzusehr befolgt, wußte er sich nach und nach von dieser Manier frei zu machen, indem er sich der römischen Hochrenaissance näherte. In dieser Weise sind das Schloß Schönbrunn, die Kirche in Haindorf und der Clam’sche Palast ausgeführt: letzterer Bau, 1718 vollendet, darf namentlich als sein Meisterwerk und zugleich als eine der vorzüglichsten Schöpfungen der Renaissance in Deutschland anerkannt werden. Zwei mit Giganten ausgestattete Prachtthore zeichnen die Hauptfronte aus, darüber erheben sich zierliche Balkone, dreitheilige Fenster und geschmackvolle Attiken. Dieses Werk ist oft copirt, aber nie erreicht worden: vor allen gelten die Gigantenthore und der zwar kleine, aber höchst gefällig angeordnete Hof heute noch als unübertroffene Muster derartiger Anlagen. Dabei verstand es der Meister, wie kein zweiter, alle Unregelmäßigkeiten des Terrains zu bewältigen und dem irregulärsten Bauplatze eine harmonische Anlage abzugewinnen. Auch als Schriftsteller und Kupferstecher war F. v. E. thätig, indem er unter dem Titel: „Entwürfe historischer Baukunst etc.“ eine Sammlung von Abbildungen verschiedener Denkmale des Alterthums und späterer Zeit veröffentlichte, auch mehrere Platten eigenhändig radirte oder mit dem Grabstichel ausführte. Unter den deutschen Baumeistern dieser Periode behauptet er unbestritten den ersten Rang, indem ihm nur Andreas Schlüter zur Seite gestellt werden könnte, welchen jedoch F. in Bezug auf Erfindungsgabe und constructive Kenntnisse bei weitem übertrifft. In Anerkennung der großen Verdienste, welche dieser Künstler sich um die Verschönerung der Stadt Wien erworben, wurde daselbst vor einigen Jahren sein Standbild in den neuen Anlagen neben dem des edlen Rechtslehrers Sonnenfels aufgestellt.

    Auch sein Sohn, Joseph Emanuel F. v. E., Hofbaumeister des Kaisers Karl VI., war ein vielseitig gebildeter Architekt und Mechaniker, welcher viele der von seinem Vater begonnenen Bauten vollendete, das Innere der Karl-Borromäuskirche ausstattete und sich zugleich durch den ganz nach eigenen Plänen ausgeführten fürstlich Schwarzenberg’schen Sommerpalast in Wien als genialer Künstler bewährte. Er starb nach dem Wiener Todtenprotocoll als k. k. Kammerrath und Architect am 28. Juni 1742, 47 Jahre alt.

    • Literatur

      Dobrowsky, Böhmische Litteratur. Füßli, Allgemeines Künstlerlexikon und Supplemente. Förster, Geschichte der deutschen Kunst, III. 52.

  • Autor/in

    Grueber.
  • Zitierweise

    Grueber, Bernhard, "Fischer von Erlach, Johann Bernhard" in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 82-83 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118533495.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA