Bastian, Gert

Dates of Life
1923 – 1992
Place of birth
München
Place of death
Bonn
Occupation
Offizier ; Friedensforscher ; Pazifist ; Politiker
Religious Denomination
konfessionslos
Authority Data
GND: 118507087 | OGND | VIAF
Alternate Names

  • Bastian, Gerd
  • Bastian, Gert
  • Bastian, Gerd

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Citation

Bastian, Gert, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118507087.html [02.10.2025].

CC0

  • Bastian, Gert (Gerd)

    1923 – 1992

    Offizier, Friedensforscher, Pazifist, Politiker

    Gert Bastian, Angehöriger der Aufbaugeneration der Bundeswehr seit 1956, schied nach seiner militärischen Karriere 1980 im Konflikt über den NATO-Doppelbeschluss und die Nuklearisierung der Verteidigung aus dem aktiven militärischen Dienst aus. Er wurde führender Protagonist der Friedensbewegung der 1980er Jahre, Mitinitiator des „Krefelder Appells“ und Mahner für eine Ost-West-Verständigung. Von 1983 bis 1987 war er Bundestagsabgeordneter der Grünen, er war Lebensgefährte von Petra Kelly (1947–1992).

    Dates of Life

    Geboren am 26. März 1923 in München
    Gestorben am wohl 1. Oktober 1992 (Suizid) in Bonn
    Grabstätte Nordfriedhof in München
    Konfession konfessionslos
    Gert Bastian, Imago Images (InC)
    Gert Bastian, Imago Images (InC)
  • 26. März 1923 - München

    1929 - 1941 - München

    Schulbesuch (Abschluss: Kriegsabitur)

    Grundschule; Altes Realgymnasium

    1939 - 1941 - München

    Mitglied

    SA-Reitersturm

    August 1941 - 1943 - München; Ostfront; Dessau-Rosslau

    freiwillige Meldung als Offizieranwärter; April 1942 Gruppenführer; Kriegseinsatz; Teilnehmer am 11. Offizieranwärterlehrgang; Dezember 1942 Leutnant

    Pionier-Ersatz-Bataillon 7; Pionier-Bataillon 81 der 45. Jägerdivision; Pionierschule

    1943 - 1945 - Ostfront; Invasionsfront (Normandie)

    Zugführer

    3. Panzer-Pionier-Bataillon 86; Panzer-Pionier-Bataillon 80

    1942 - 1945 - Warschau; Tutzing am Starnberger See; Garmisch-Partenkirchen; München; Bad Tölz

    Verwundungen; Lazarettaufenthalte

    Lazarette

    1945 - 1946 - Regensburg

    US-amerikanische Kriegsgefangenschaft

    Camp Regensburg

    1946 - 1948 - München

    Buchbinderlehre; Buchbindergeselle

    Buchbinderei Holm; Buchbinderei Konrad

    1949 - 1949 - München

    selbstständiger Buchbinder

    1949 - 1956 - München

    Verwaltungsangestellter

    Versorgungsamt München II

    April 1956 - 1959 - Hannover; München

    Dienstantritt als Oberleutnant; Hörsaaloffizier; 1957 Hauptmann

    Heeresoffizierschule I und III der Bundeswehr

    1959 - 1961 - Hamburg

    Teilnehmer; 1960 Major

    3. Generalstabslehrgang der Führungsakademie der Bundeswehr

    1961 - 1961 - Traunstein

    Kompaniechef

    Ausbildungskompanie 4/8

    1961 - 1964 - Garmisch-Partenkirchen

    Stabsoffizier

    1. Gebirgsdivision der Bundeswehr

    - bis 1963

    Mitglied

    CSU

    1964 - 1965 - Hamburg

    Hörsaaloffizier

    Führungsakademie der Bundeswehr

    1965 - 1968 - Koblenz

    Stabsoffizier; 1966 Oberstleutnant

    III. Korps der Bundeswehr

    1968 - 1971 - Köln

    Referent; 1970 Oberst

    Führungsstab des Heeres

    1971 - 1974 - Göttingen

    Kommandeur

    Jägerbrigade 4

    1974 - 1976 - Köln

    stellvertretender Amtschef und Chef des Stabs; 1974 Brigadegeneral

    Heeresamt

    1976 - 1980 - Veitshöchheim bei Würzburg

    Kommandeur; 1976 Generalmajor

    12. Panzerdivision der Bundeswehr

    1980 - 30.9.1980 - Bonn

    stellvertretender Inspekteur des Heeres Zur besonderen Verwendung; nach § 44.3 SG aus dem Dienst entlassen

    Bundeswehr

    1980 - 1983 - München

    freier Publizist; Pazifist; Friedensforscher

    1980

    Mitinitiator des „Krefelder Appells“ und der Krefelder Initiative

    1981

    Mitgründer

    Gruppe „Generale für den Frieden“

    1982 - 1992

    Mitglied

    Die Grünen

    1983 - 1987 - Bonn

    Abgeordneter der Grünen (1984–1986 fraktionslos)

    Bundestag

    Mai 1983 - Alexanderplatz, Berlin-Ost; Mutlangen bei Stuttgart

    Teilnehmer

    Protestaktion „Schwerter zu Pflugscharen“

    1980 - 1992 - Bonn; München

    Zusammenarbeit mit Petra Kelly (1947–1992)

    wohl 1. Oktober 1992 (Suizid) - Bonn

    alternativer text
    Gert Bastian (links), Imago Images (InC)

    Bastian stammte aus einer national eingestellten und dem Nationalsozialismus nahestehenden Familie und meldete sich nach Schulbesuch und Kriegsabitur 1941 in München freiwillig zum Kriegseinsatz, nachdem er von 1939 bis 1941 Mitglied des SA-Reitersturms gewesen war. Nach Abschluss des Offizierslehrgangs 1942 wurde er im Rang eines Leutnants als Zug-, später Kompanieführer an der Ostfront, dann in der Normandie eingesetzt. Er wurde dreimal verwundet, mehrfach ausgezeichnet und geriet bei Kriegsende in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung 1946 kehrte er nach München zurück, wo er eine Buchbinderlehre absolvierte und kurz in diesem Beruf arbeitete, ehe er 1950 als Verwaltungsangestellter im Münchner Versorgungsamt unterkam.

    Kurz nach Bekanntwerden einer Wiederbewaffnung der Bundesrepublik bewarb sich Bastian als Offizier, wurde 1956 als Oberleutnant eingestellt und absolvierte 1959/60 den 3. Generalstabslehrgang Heer. Von seinen Vorgesetzten exzellent beurteilt, machte Bastian als Generalstabsoffizier Karriere. Nach Truppenverwendungen und herausgehobenen Tätigkeiten u. a. als Hörsaalleiter an der Bundeswehr-Führungsakademie kam er 1968 zum Führungsstab des Heeres, wo er im Kontext der veränderten NATO-Doktrin an der Überarbeitung der Heereskonzeption mitwirkte. Von 1971 bis 1974 kommandierte er die Jägerbrigade 4 in Göttingen, seit 1974 war er als Brigadegeneral stellvertretender Amtschef des Heeresamts in Köln. Als Generalmajor übernahm er am 1. Oktober 1976 das Kommando über die 12. Panzerdivision in Veitshöchheim bei Würzburg.

    1979 äußerte Bastian erstmals öffentlich Kritik an der bundesdeutschen Verteidigungspolitik und an der fehlenden Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Anfang 1980 stellte er sich öffentlich gegen die von Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918–2015) geforderte atomare Nachrüstung der NATO und zeigte zugleich Verständnis für sowjetische Sicherheitsbedürfnisse. In Unionskreisen kam es zu einer scharfen Kampagne gegen Bastian, dessen sofortige Ablösung der bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß (1915–1988) forderte. Bastian suchte nach der Veröffentlichung der Entschließung des NATO-Rats vom 12. Dezember 1979 (Doppelbeschluss) bei Bundesverteidigungsminister Hans Apel (1932–2011) um Entlassung aus dem aktiven Dienstverhältnis nach und wurde, offiziell aus gesundheitlichen Gründen, im Juni 1980 in den Ruhestand versetzt.

    1980 war Bastian Mitinitiator des pazifistischen „Krefelder Appells“ 1980 und begegnete der Friedensaktivistin und Grünen-Politikerin Petra Kelly (1947–1992), mit der er eine enge politische und persönliche Verbindung einging; 1982 wurde er Mitglied der Grünen. Bastian gründete 1981 mit ehemaligen Soldaten die Gruppe „Generale für den Frieden“, die von der Staatssicherheit der DDR mitfinanziert wurde, was er nicht wusste. Der Verdacht, dass Bastian als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) arbeitete, ist widerlegt. Das MfS hielt ihn stattdessen für gefährlich, weil er für blockübergreifende Kooperation eintrat, sich, wie andere Grünen-Politiker, für die unabhängige Friedensbewegung in der DDR engagierte und z. B. im Mai 1983 mit Kelly an einer Protestaktion auf dem Alexanderplatz in Berlin-Ost teilnahm.

    Als Bundestagsabgeordneter der Grünen von 1983 bis 1987, zeitweilig fraktionslos, da er wie Kelly die „Rotation“ ablehnte, nahm Bastian häufig an Demonstrationen teil, so auch an der sog. Prominentenblockade am 1. September 1983 in Mutlangen bei Stuttgart. 1984 distanzierte er sich vom „Krefelder Appell“ aufgrund der starken kommunistischen Beteiligung. Mit Kelly, der er nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag als Assistent, Fahrer und Begleiter diente, reiste er häufig ins westliche Ausland und in Staaten des Warschauer Pakts, so im Februar 1987 auf Einladung von Michail Gorbatschow (1931–2022) nach Moskau, und machte sich Kellys Initiative für die Freiheit Tibets zu eigen. Als 1990 die westdeutschen Grünen bei der Bundestagswahl an der 5%-Hürde scheiterten, sahen sich Bastian und Kelly politisch im Abseits. Am 1. Oktober 1992 tötete Bastian im gemeinsamen Bonner Haus Kelly im Schlaf und anschließend sich selbst.

    Nachlass:

    nicht bekannt.

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv-Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, PERS 1/9 6410 Bastian, Gert, und PERS 1/103 839 Bastian, Gert. (Personalakten) (P)

    Gedruckte Quelle:

    Till Bastian, Die Finsternis der Herzen. Nachdenken über eine Gewalttat, 1994.

    Vorwort, in: Heinz Artzt, Mörder in Uniform. Organisationen, die zu Vollstreckern nationalsozialistischer Verbrechen wurden, 1979, S. 9–15.

    Offiziere gegen Atomkriegsgefahr, 1981.

    Atomtod oder europäische Sicherheitsgemeinschaft. Abrüstung statt Abschreckung. Reden und Schriften zur Kritik der „Nachrüstung“ und zur Friedensbewegung, 1982.

    Frieden schaffen! Gedanken zur Sicherheitspolitik, 1983.

    Petra K. Kelly/Gert Bastian (Hg.), Tibet, ein vergewaltigtes Land. Berichte vom Dach der Welt, 1988.

    Gert Bastian/Petra K. Kelly (Hg.), Guernica und die Deutschen. Dokumentation einer gescheiterten Wiedergutmachung, 1992.

    Lukas Beckmann/Lew Kopelew (Hg.), Gedenken heißt erinnern. Petra K. Kelly, Gert Bastian, 1993.

    Alice Schwarzer, Eine tödliche Liebe. Petra Kelly und Gert Bastian, 1993, 22001.

    Saskia Richter, Die Aktivistin. Das Leben der Petra Kelly, 2010.

    Clemens Range, Kriegsgedient. Die Generale und Admirale der Bundeswehr, 2013, S. 51 f.

    Jens Giesecke/Andreas Bahr, Die Staatssicherheit und die Grünen, 2016.

    Spielfilm:

    Kelly Bastian. Geschichte einer Hoffnung, ARD 2001, Drehbuch: Wolfgang Menge/Alice Schwarzer, Regie: Andreas Kleinert.

    Fotografien, 1982–1990, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs. (Onlineressource)

  • Author

    Philipp Gassert (Mannheim)

  • Citation

    Gassert, Philipp, „Bastian, Gert“ in: NDB-online, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118507087.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA