Lebensdaten
1885 – 1952
Geburtsort
Regensburg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Architekt
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117452629 | OGND | VIAF: 69082971
Namensvarianten
  • Sörgel, Hans Otto Hermann
  • Sörgel, Herman
  • Sörgel, Hans Otto Hermann
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Sörgel, Herman, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117452629.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (Hans) Rr. v. S. (1848–1910, bayer. Personaladel 1901), aus Schwesendorf b. Regnitzlosau b. Hof, Min.dir., 1903–09 Vorstand d. bayer. Obersten Baubehörde (s. Schärl), S d. Johann Georg (1811–87);
    M Cäcilie (1846–1921), T d. Andreas Unterholzner (1816–72), Brauerei- u. Realitätenbes. in Neuötting (Oberbayern);
    1) London 1914 1921 Babette (* 1892), T d. Georg Ritz, 2) 1926 (?) Irene (1895–1955), Kunsthändlerin, T d. August Villányi (1864–1939), Kunstmaler, u. d. Fredy Idel (* 1863);
    1 Taus 1).

  • Biographie

    S. besuchte das Maximilians-Gymnasium in München und studierte an der dortigen TH Architektur,. Nach kurzzeitiger Tätigkeit als Regierungsbaumeister, u. a. beim Neubau des Dt. Museums, war er 1911–14 Hauptlehrer an der Meisterschule für Bauhandwerker in Bamberg. In dieser Zeit entstand seine Dissertation über „Neue Wege zur ästhetischen Betrachtung der Architektur“, die ebenso abgelehnt wurde wie eine Abhandlung über konkave Räume in der Architektur. S. kehrte nach München zurück und wurde Architekt und freier Publizist. Seine erste größere Veröffentlichung war eine Einführung in die „Architektur-Ästhetik“ (1918, ³1921). Zeitweise arbeitete er für die Zeitschrift „Baukunst“ und als Herausgeber des „Handbuchs der Architektur“. In mehreren bildungspolitischen Schriften, u. a. einem „Reformentwurf zur einheitlichen Organisation der Hochbauschulen“ (1921), sprach er sich gegen eine Trennung der Ausbildung in einen technischen und künstlerischen Zweig aus. Starken Einfluß hatte eine USA-Reise 1925, die sich in bewundernden Artikeln in der „Baukunst“ niederschlug.

    Seit Ende 1927 entwickelte S. das „Panropa-Projekt“, das er später in „Atlantropa“ umbenannte. Ausgehend von der Beobachtung des Geographen Otto Jessen (1891–1951), daß das Mittelmeer ein Verdunstungsmeer sei, plante S. die Umgestaltung des gesamten Mittelmeerraums. Mit einem geschwungenen 35 km langen Damm bei Gibraltar wollte S. das Mittelmeer vom Wasserzufluß aus dem Atlantik und durch einen weiteren an den Dardanellen vom Schwarzen Meer absperren. Ein dritter Damm sollte zwischen Sizilien und Tunis gebaut werden und so das Mittelmeer in zwei Teile aufspalten; allerdings sollte dieser nach den Vorstellungen S.s erst nach 100–200 Jahren begonnen werden. S. errechnete, daß durch natürliche Verdunstung der Wasserspiegel im westlichen Teil des Mittelmeeres im Laufe eines Jahrhunderts um bis zu 100 m, im östlichen um 200 m abgesenkt würde. Nach seinen Plänen könnte durch die Mittelmeer-Absenkung sukzessive eine Landfläche von der Größe Frankreichs gewonnen werden. An dem West- bzw. Ostdamm sollten gewaltige Kraftwerke ganz Europa mit Strom versorgen. Für Afrika plante S. seit etwa 1935 künstliche Binnenmeere zur kontinentalen Wasserverteilung, so einen riesigen Tschadsee, durch Aufstauung des Kongo ein „Kongomeer“ und einen Stausee an den Viktoriafällen. Durch einen, von diesen Staubecken nach Norden führenden „zweiten Nil“ sollte zusätzlich die Sahara bewässert und fruchtbar gemacht werden.

    In mehr als 1000 Veröffentlichungen und mehreren Ausstellungen warb S. zeitlebens für seine Idee. Während er für die Gestaltung der technischen Bauwerke und die geplanten Stadtneubauten in Tanger, Genua usw. renommierte Architekten wie Erich Mendelsohn (1887–1953), Hans Döllgast (1891–1974), Hans Pölzig (1869–1936), Fritz Höger (1877–1949), Peter Behrens (1868–1940) oder Emil Fahrenkamp (1885–1966) gewinnen konnte, blieb ihm Unterstützung aus Politik und Wirtschaft versagt. Obwohl er sich nach 1933 an die „Lebensraumpolitik“ der Nationalsozialisten annäherte, erfuhr er auch von diesen keine wesentliche Förderung. Nach 1945 setzte S. seine Planungen fort. Eine von ihm für 1951 projektierte Ausschreibung zum Bau des Gibraltarstaudamms mit errechneten Kosten von 17,5 Mrd. Mark wurde nicht verwirklicht.

    1952 kam S. bei einem Verkehrsunfall in München ums Leben. Das Atlantropa-Institut blieb noch bis 1958 bestehen, jedoch ohne größere Bedeutung zu erlangen.

    S.s Atlantropa-Projekt und seine übrigen Pläne reihen sich ein in die technokratischen Ansätze zur Veränderung der Welt durch technische Maßnahmen, die seit den 1920er Jahren aufkamen. S. selbst sprach in seinen Veröffentlichungen mehrfach vom „Weltbauen“ am Mittelmeer. Als praktischer Architekt trat S. nicht in Erscheinung; er lebte vermutlich von der väterlichen Erbschaft und den Einkünften seiner zweiten Ehefrau.

  • Werke

    Baukunst, Über ihr Wesen, ihre Gesch. u. ihre Stile, o. O., o. J.;
    Einf. in d. Architektur-Ästhetik, Prolegomena zu e. Theorie d. Baukunst, 1918, ³1921 (erweiterte Fassung);
    Entwurf z. Erziehungsreform d. Gymnasions, 1921;
    Reformentwurf z. einheitl. Organisation d. Hochbauschulen, 1921;
    Wohnhäuser, 1927;
    Das Haus fürs Wochenende, 1927, ²1930;
    Mittelmeer-Senkung, Sahara-Bewässerung, 1929;
    Atlantropa, 1932;
    Neugestaltung d. Erdoberfläche durch d. Ing., 1935;
    Die drei gr. „A“, Großdtld. u. ital. Imperium, die Pfeiler Atlantropas, 1938;
    Atlantropa ABC, Kraft, Raum, Brot, 1942;
    Atlantropa, Wesenszüge e. Projekts, 1948;
    Idee u. Macht, Ein Sang v. Atlantropa, 1950;
    Hg. d. Zs. Atlantropa-Mitt., 1946–52;
    Atlantropa 1951–52;
    Nachlaß:
    Archiv d. Dt. Mus. München (Korr. u. etwa 400 Zeichnungen).

  • Literatur

    W. Voigt, Atlantropa, Weltbauen am Mittelmeer, Ein Architektentraum d. Moderne, 1998, ²2007 (mit DVD) (P);
    A. Gall, Das Atlantropa-Projekt, Die Gesch. e. gescheiterten Vision, H. S. u. d. Absenkung d. Mittelmeers, 1998;
    Dokumentarfilm v. M. Morales u. H. Rauser, Der Traum vom neuen Kontinent, Atlantropa, WDR 2004.

  • Autor/in

    Wilhelm Füßl
  • Zitierweise

    Füßl, Wilhelm, "Sörgel, Herman" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 535-536 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117452629.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA