Lebensdaten
1693 – 1770
Geburtsort
Kamenz
Sterbeort
Kamenz
Beruf/Funktion
lutherischer Theologe ; Geistlicher
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 10018541X | OGND | VIAF: 7727299
Namensvarianten
  • Lessing, Johann Gottfried
  • Lessing, Gottfried
  • Lessing, Johann Gottfried
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Lessing, Gottfried, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd10018541X.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Theophilus (1647–1735), Bgm. in K., S d. Christian (um 1607- n. 1672), Bgm. u. Gerichtsschöppe in Schkeuditz, u. d. Dorothea Becker;
    M Anna Dorothea (1671–1719), T d. Gottfried Hillmann (1637–1718), Bgm. in K., u. d. Regina Wagner;
    Kamenz 1725 Justina Salome (1703–77), T d. Gottfried Feller (1674–1733), Pastor Primarius in K., u. d. Bgm.-T Anna Justina Schumann;
    10 S (4 früh †), 2 T (1 früh †), u. a. Gotthold Ephraim (s. 2), Johannes Theophilus (1732–1808), Rektor d. Gymnasiums in Chemnitz, Karl Gottheit (s. 3).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Lateinschule in Kamenz und des Gymnasium Augustum in Görlitz (seit 1707) begann L. im April 1712 mit einem kurfürstl. Stipendium das Studium der Theologie in Wittenberg. Daneben hörte er philosophische Vorlesungen und trieb orientalische sowie franz. und besonders engl. Sprachstudien. Bereits im April 1713 Magister geworden, legte er Ende 1716 das theologische Examen in Dresden ab, um die Universitätslaufbahn einzuschlagen. Ende 1717 nahm er jedoch den Ruf des Kamenzer Rates auf das neugeschaffene Amt eines Katecheten und Mittwochspredigers an (4. Geistlicher). 1724 wurde er Archidiakonus (2. Geistlicher) an der Hauptkirche St. Marien und 1733 nach dem Tod seines Schwiegervaters Pastor Primarius.

    L.s Bekenntnis zu einem starren, rechtgläubigen Luthertum und seine oft recht heftige Predigtart gegen Laster in der Stadt und gegen Schäden im Stadtregiment brachten ihm Gegner in Rat und Bürgerschaft sowie Mißhelligkeiten mit Amtskollegen und mit der Obrigkeit ein. Er wandte sich gegen Zinzendorf und die mähr. Brüdergemeine in Herrnhut, die er als „Enthusiasten“ und „Kirchenübel“ von allen ev. Pastoren der Oberlausitz wohl am schärfsten verurteilte. Den pädagogisch modernen Rektor der Kamenzer Lateinschule Johann Gottfried Heinitz, Anhänger Gottscheds und Lehrer seines Sohnes Gotthold Ephraim, der auch Theaterstücke aufführen ließ, bekämpfte er als Freigeist. Besonders erbittert war sein Streit mit Rat und Bürgerschaft von Kamenz, namentlich seit 1746. Immer wieder durch kleinliche Gehässigkeiten von deren Seite ausgelöst, hatte er seinen Grund in L.s Bemühen, seine Unabhängigkeit vom Rat der Stadt – dem Kirchenpatron – durchzusetzen. Erschwerend für ihn waren sein hitziges Temperament und sein oftmals wenig flexibles Verhalten. Bis zum Schluß blieb er verstrickt in Schulden, vornehmlich durch das Studium seiner Söhne.

    L.s literarische Tätigkeit (Katechetik, Kirchengeschichte, praktische Theologie, Stadtgeschichte, Mitarbeit an gelehrten Zeitschriften), zunächst reich und vielfältig, ließ später nach. Ohne ständigen Gedankenaustausch konnte der büchersammelnde Gelehrte in der engen Kleinstadt der Gefahr einer geistigen Vereinsamung nicht entgehen. Dem orthodoxen Luthertum und dem Polyhistorismus des 17. Jh. verhaftet, fehlte ihm weitgehend das Verständnis für die Ideen der Aufklärung wie für das dramatische Schaffen und die Toleranzideen seines Sohnes.

  • Werke

    u. a. Vindicias Reformationis Lutheri a nonnullis novatorum praejudieiis … instituet …, 1717, Neuausg. 1966, komm. v. G. Pons mit franz. Übers.;
    Rechte Gestalt vom Anfange d. Lehre Christl. Glaubens u. Lebens …, 1724, ²1743;
    Martini Lutheri Lehrreicher Trost-Brief an d. Christen zu Halle …, 1727;
    Zweyhundert-Jährige Gedächtniß-Schr. derer ersten Ev. Predigten, welche in … Camentz 1527 an Ostern gehalten|worden …, 1727. -
    Gesch. v. Kamenz (verschollen);
    Reale Bücherhist. (= theol. Litterärgesch., verschollen). - Hrsg.: Kamenzer Gesangbuch, 1729 (mit 5 selbst gedichteten Liedern), *1732. -
    Übers. u. a.: Daniel de Superville, Geistreiche Betrachtungen v. d. würdigen Gebrauche d. Hl. Abendmahls …, 1728;
    Joh. Tillotson, Glaubens-Regel …, 1731;
    ders., Aufrichtige Vorstellung v. denen Lehren u. Gebräuchen d. Rom. Kirche …, 1732. -Briefe:
    An u. v. G. E. Lessing: 59 Briefe 1746–70, in: G. E. Lessings sämtl. Schrr., hrsg. v. K. Lachmann, 3. Aufl. v. F. Muncker, Bd. 17 u. 19, 1904;
    an W. E. Bartholomäi: 31 Briefe 1737–53, auszugsweise veröff. v. B. Pick, in: Vossische Ztg., 1903 Sonntagsbeil. Nr. 15-16 (12. u. 19.4.), S. 115-17, 123-26.

  • Literatur

    ADB 18;
    K. G. Dietmann, Priesterschaft in d. Markgrafthum Oberlausitz, 1777, S. 680-90;
    Th. Distel, Von „Magister“ J. G. „Leszing“, in: Btrr. z. sächs. KG 20, 1907, S. 259;
    ders., Vater L.s fünf Lieder im Kamenzer Gesangbuche, in: Kamenzer Tagebl., 1908, Nr. 275, 278, 284, 290, 296;
    A. Buchholtz, Die Gesch. d. Fam. Lessing, 2 Bde., 1909, I, S. 89-162 (P), II, S. 526-37 (W-Verz.);
    Carl Robert Lessings Bücher- u. Hss.-Slg., 3 Bde., 1914-16, I, S. 107-10, 199-202, 367 f.;
    G. Stephan, G. E. Lessing u. seine Eltern in ihren Beziehungen zu Kamenz, 1929;
    ders., M. J. G. L. im Urteil seiner Söhne, in: Kamenzer Gesch.-Hh. 6, 1934, S. 2-6;
    C. C. D. Vail, Pastor L.s knowledge of English, in: The Germanic Review 20, 1945, S. 33-40;
    L. M. Price, English theological Works in Pastor L.s Library, in: Journal of English and Germanic Philology 53, 1954, S. 76-80;
    H. Scheller, Kamenz u. L., 1975, S. 7-20;
    PRE XI, S. 407.

  • Porträts

    Schattenriß (Gotha, Forschungsbibl., Cod. Chart. A 1047), Abb. b. Buchholtz, s. L, I, n. S. 100.

  • Autor/in

    Wolfgang Milde
  • Zitierweise

    Milde, Wolfgang, "Lessing, Gottfried" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 338-339 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd10018541X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Lessing: Johann Gottfried L. (Vater Gotthold Ephraim's), tüchtiger und gelehrter lutherischer Geistlicher, wurde am 24. November 1693 zu Kamenz geboren, wo sein Vater Theophilus L. (geb. 1647 in Schkeuditz, 1735) damals Rathsherr, später Syndikus und seit 1712 Bürgermeister war. Der vierte Vorfahre von Theophilus, Clemens Lefsigk, hatte als Pastor in der Superintendentur Chemnitz im J. 1580 das Concordienbuch unterschrieben; Theophilus, Sohn des Bürgermeisters in Schkeuditz, Christian L., hatte das Gymnasium in Merseburg besucht, dann in Leipzig studirt und hier im J. 1669 de tolerantia religionum disputirt und war seit 1682 in Kamenz Mitglied des Rathes. Sein ältester Sohn zweiter Ehe, unser Johann Gottfried L., zeichnete sich frühzeitig durch ein starkes Gedächtniß und eine besondere Neigung zum Studium der Geschichte aus. Er wurde im J. 1707 auf das Gymnasium in Görlitz geschickt, von wo er im J. 1712 die Universität Wittenberg bezog. Hier trieb er außer den theologischen Studien die orientalischen Sprachen, aber auch das Französische und Englische mit besonderem Fleiß; in der letzteren Sprache soll er sich eine für einen deutschen Gelehrten damals ungewöhnliche Fertigkeit angeeignet haben. Dabei zeichnete er sich schon gleich anfangs in Disputationen so aus, daß ihm schon im J. 1712 vom Dekan Brendel die Magisterwürde umsonst angetragen wurde. Nach vollendeten Studien machte er zwar im J. 1716 in Dresden das theologische Examen, hatte aber die Absicht, die akademische Laufbahn zu wählen. Er begab sich auch zu diesem Zwecke im J. 1717 wieder nach Wittenberg und schrieb vielleicht als Habilitationsschrift aus Anlaß des bevorstehenden Reformationsjubiläums seine „Vindiciae reformationis Lutheri a praeiudiciis novaturientium"; als aber nicht lange danach (noch im J. 1717) aus seiner Vaterstadt an ihn der Ruf in ein geistliches Amt erging, zögerte er nicht, demselben zu folgen. Mit dem Beginne des Jahres 1718 übernahm er das Amt eines Mittwochspredigers und Katecheten in Kamenz, ward sodann 1724 Archidiaconus und 1733 oder 1734 Pastor primarius daselbst. Im J. 1725 heirathete er die älteste Tochter des Pastor primarius Feller in Kamenz, aus welcher Ehe zehn Söhne und zwei Töchter stammten, von denen noch vier Söhne und eine Tochter am Leben waren, als er am 22. August 1770 im 77. Lebensjahre starb. — L. war ein fleißiger und gründlicher Gelehrter; das Studiren blieb ihm bis in sein Alter seine Freude und Erholung; und so war es ihm auch ein Lieblingsgedanke, daß seine Söhne studiren sollten, den er bei der zahlreichen Familie unter eignen Entbehrungen ausführte. Mit einer Reihe bekannter Theologen stand er in einem gelehrten Briefwechsel; doch scheint der Inhalt dieser Correspondenz nicht mehr nachweisbar zu sein. Die Gegenstände seiner Studien und zugleich den Umfang derselben lernt man aus den Titeln zahlreicher von ihm veröffentlichter Schriften und Abhandlungen kennen; sie beziehen sich u. A. auf Fragen der Dogmatik und Katechetik, auf kirchenhistorische Untersuchungen und die praktische Theologie;|mehrere Werke Tillotson's übersetzte er aus dem Englischen, Daniel Superville's Betrachtungen über den Gebrauch des heiligen Abendmahls aus dem Französischen. Als eine Theuerung Kamenz heimsuchte (? im J. 1717), dichtete er vier Trostlieder, welche Dresden 1720 unter dem Titel „Sonderbare Hausandacht“ mit einem Gebete herauskamen und hernach in das von ihm besorgte Kamenzer Gesangbuch (1729, 2. Aufl. 1732) aufgenommen wurden. Zu diesen Liedern gehört auch das mit den Worten „Mein lieber Gott soll walten“ beginnende; es kann nämlich nicht zweifelhaft sein, daß auch dieses Lied von L. herrührt, wie es denn auch im genannten Gesangbuch als von ihm gedichtet bezeichnet ist; daß es sich schon im J. 1718 in der ersten Auflage von Erdmann Neumeister's Evangelischem Nachklang (Hamburg bei Joh. Nic. Gennagel, S. 52 ff.) gedruckt findet und zwar mit Zahlreichen Abänderungen, wie Neumeister sie mit den Liedern, die nicht von ihm herstammen, vorzunehmen Pflegte, ist wahrscheinlich entweder so zu erklären, daß ein früherer Druck dieses Liedes zwar vorhanden, aber uns bisher unbekannt ist, oder daher, daß L. es Neumeister handschriftlich mitgetheilt hat, wie denn beide nachweislich in Briefwechsel gestanden haben. Die sechste Strophe dieses Liedes ist der oft citirte Vers: „Andreas hat gefehlet, Philippus falsch gezählet, wir rechnen wie ein Kind; mein Jesus kann addiren und kann multipliciren, auch da wo lauter Nullen sind.“ Dieser Vers findet sich im Neumeister’schen Nachklang ganz so durch den Druck ausgezeichnet, wie auch sonst in seinen Sammlungen von ihm nicht herrührende Zeilen oder Verstheile gedruckt wurden; es kann kein Zweifel sein, daß er wirklich, wie das ganze Lied in seiner Fassung im Kamenzer Gesangbuch, von L. gedichtet ist. In die zweite Auflage dieses Gesangbuches nahm L. noch ein fünftes eignes Lied auf, ein Lied zum Preise der Gnade Gottes: „Komm, komm, mein Heller Morgenstern"; dieses hat eine weitere Verbreitung gefunden als seine übrigen; es findet sich u. A. in den noch im Gebrauch befindlichen Gesangbüchern in Hannover und Lüneburg. Wegen seines Kamenzer Gesangbuches ward L. von den Wittenberger Theologen angegriffen; sie warfen ihm vor, daß er Lieder aus dem Freylinghausen’schen Gesangbuche, das von der Wittenberger Facultät verworfen war, und sogar Lieder mit dactylischen Versen aufgenommen habe. Der theologische Standpunkt Lessing's war der eines dem Pietismus nicht feindlichen Lutherthums; daß er auf seine Kinder dabei den Eindruck eines ganzen Mannes machte, der auch lebte, was er glaubte, ist aus den Aeußerungen Gotthold Ephraim's über seinen Vater bekannt genug.

    Johann Gottfried Lessing, Zweyhundertjährige Gedächtnißschrift derer ersten evangelischen Predigten, welche in der Sechs-Stadt Camentz 1527 an Ostern gehalten worden u. s. f., Leipzig 1727, S. 105 f. u. S. 116. — Jo. Fr. Voigtii Primae lineolae vitae a Jo. Godo. Lessingio actae. Budiss. 1768, 4°. — K. G. Lessing, Gotthold Ephraim Lessing's Leben, 1. Thl., Berlin 1793, S. 5—26. — Meusel VIII, S. 198 ff. — Wetzet, Analecta hymnica II, S. 180 f. — Otto, Lexikon der oberlaus. Schriftsteller II, S. 460. — Rotermund zum Jöcher III, Sp. 1687 f. — Bode, Quellennachweis, S. 107. — Zöllner, Das deutsche Kirchenlied in der Oberlausitz, Dresden 1871, S. 71.

  • Autor/in

    Bertheau.
  • Zitierweise

    Bertheau, Carl, "Lessing, Gottfried" in: Allgemeine Deutsche Biographie 18 (1883), S. 448-449 unter Lessing, Johann Gottfried [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd10018541X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA