Lebensdaten
1749 – 1841
Geburtsort
Lieben bei Prag
Sterbeort
Lieben bei Prag
Beruf/Funktion
jüdischer Aufklärungspädagoge ; Bibelforscher
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 134020626 | OGND | VIAF: 52893856
Namensvarianten
  • Homberg, Herz
  • Homberg, Naphtali Herz
  • Homberg, Herṣ
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Zitierweise

Homberg, Herz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd134020626.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Henriette N. N. aus Fürth;
    5 S, 3 T (fast alle noch zu H.s Lebzeiten getauft).

  • Biographie

    H., erst Talmudstudent in Prag, wurde nach Lektüre von Rousseaus „Emile“ zum Aufklärer und Pädagogen. 1779-82 lebte er als Hauslehrer in Moses Mendelssohns Haus in Berlin und verfaßte dort den hebräischen Kommentar zu Deuteronomium für Mendelssohns Pentateuchübersetzung. In den Toleranzedikten Kaiser Josephs II., die auch eine Erziehungsreform zur Eindeutschung der österreichischen Juden vorsahen, sah H. Zeichen einer neuen Zeit und die Möglichkeit einer Karriere. Mit Empfehlungen von Mendelssohn reiste H. 1782 nach Wien. Zunächst wurde er Lehrer an den neugegründeten jüdischen Normalschulen in Triest und Görz. 1784 bestand er als erster Jude eine philosophische Prüfung an der Wiener Universität. Doch statt einer erstrebten Universitätsstelle in Prag erhielt er die eines Oberaufsehers der deutschen israelitischen Schulen für Ostgalizien in Lemberg. Galizien mit seinen damals 200 000 Juden war erst 1772 österreichisch geworden. Die dortigen Juden, die die neue Bewegung des Chassidismus erfaßt hatte und die von der in Deutschland bereits verbreiteten Aufklärung noch unberührt waren, lohnten die josefinische Politik und ihren jüdischen Protagonisten H. völlig ab. Die „Toleranzpolitik“, die die Angleichung der Juden an die übrige Bevölkerung Österreichs erstrebte, hatte die Zerbrechung der in der polnischen Zeit weitgehenden jüdischen Gemeindeautonomie zur Folge. Ihre auf Berufsumschichtung gerichteten Zwangsmaßnahmen hatten Tausende von Juden brotlos gemacht. Und die deutschen Schulen, an deren Besuch unter anderem die Heiratserlaubnis geknüpft war, erschienen ihnen als ein Versuch, sie gewaltsam ihren Sitten, ihrer Kultur und ihrer Religion zu entfremden.

    H. übersah in seinem Aufklärungsfanatismus diese sozialen und psychologischen Implikationen. Er war nicht nur Exekutivorgan dieser Politik, sondern war auch an ihrer Formulierung aktiv beteiligt. Leider war H. auch nicht die ethische Persönlichkeit, die für ein neues Kulturwerk hätte begeistern können. So hat er zum Beispiel an der 1797 eingeführten Steuer auf Kerzen für religiösen Gebrauch mitgewirkt und soll auch an ihr finanziell beteiligt gewesen sein. Auf den allgemeinen|Widerstand reagierte H. mit zunehmendem Haß auf die Juden Galiziens und ihre Traditionen. Die von ihm geforderten Maßnahmen gingen sogar der Regierung zu weit. Er wurde abberufen, und 1806 wurden die Normalschulen in Galizien aufgehoben. Gegen H. wurde eine Untersuchung wegen Amtsmißbrauchs, Nepotismus und Bestechlichkeit eingeleitet, allerdings nie zu Ende geführt. Nach einigen Jahren in Wien erhielt er eine ähnliche Stellung wie in Galizien: In Prag wurde er Schulrat, Zensor und außerordentlicher Lehrer der religiösen Moral.

    Erfolgreicher war seine literarische Tätigkeit. Von seinen Religionslehrbüchern wurde das deutsche „Bne Zion“ (deutsch 1812, ³1837) Pflichtbuch für jüdische Schulen und offizielles Prüfungsbuch für jüdische Brautpaare. Es erhielt sogar die Approbation des orthodoxen Nikolsburger Oberrabbiners, Markus Benedikt.

  • Werke

    Weitere W Verteidigung d. jüd. Nation gegen d. in d. Provinzbll. enthaltenen Angriffe, 1785;
    Sendschreiben an d. Rabbiner u. jüd. Gemeindevorsteher in Galizien, 1788 (hebr. u. dt.);
    Imre Schefer, 1802 (Lehrb., hebr. u. dt.) Neuaufl. 1895;
    Ben Jakir (Abriß v. Bne Zion), 1814, 1820, 1826, poln. Übers. v. J. Tugendhold, 1824, 1834;
    Hakorem, 1816 (Slg. v. H.s hebr. Bibelkommentaren).

  • Literatur

    ADB 13;
    M. Mendelssohn, Ges. Schrr., hrsg. v. G. B. Mendelssohn, 1843-45, Bd. 5 (15 Briefe an H.);
    M. Kayserling, Moses Mendelssohn, s. Leben u. Wirken, ²1888, S. 314-19;
    G. Wolf, Die Versuche z. Errichtung e. Rabbinerschule in Österreich, in: Zs. f. d. Gesch. d. Juden in Dtld. (alte Folge), 5, 1892;
    ders., Lehrerseminare in Galizien, ebd.;
    H. M. Graupe, Die Entstehung d. modernen Judentums, Geistesgesch. d. dt. Juden 1650-1942, 1969;
    Jewish Enc;
    Enc. Jud.;
    M. Balaban, H. H. in Galizien, in: Jb. f. jüd. Gesch. u. Lit. 19, 1916.

  • Autor/in

    Heinz M. Graupe
  • Zitierweise

    Graupe, Heinz Mosche, "Homberg, Herz" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 584-585 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd134020626.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Homberg: Herz H., Pädagog und Bibelforscher, geb. im September 1749 in Lieben bei Prag, am 23. Aug. 1841 in Prag. Seine Eltern, die 1756 nach Prag übersiedelten, widmeten ihn frühzeitig dem Talmudstudium, in welchem er bald so bedeutende Fortschritte machte, daß er schon in seinem zehnten Lebensjahre die talmudischen Vorlesungen des R. Ezechiel Landau besuchen|konnte. Erst im Alter von 18 Jahren war es ihm möglich, sich mit der deutschen Sprache bekannt zu machen und zwar hatte ihm ein Zufall Wolf's Mathematik zugeführt, aus welchem Buche er das Rechnen erlernte, indem er zugleich dasselbe zu deutschen Leseübungen benutzte. In Hamburg, wo er nach vorübergehendem Aufenthalte in Breslau und Berlin sich niedergelassen, wurde er durch die Lecture von Rousseau's Emil auf den Gedanken gebracht, sich mit der Erziehungswissenschaft zu beschäftigen, auf deren Felde er zeitlebens thätig war. 1776 berief ihn Mendelssohn nach Berlin, wo er sechs Jahre hindurch die Erziehung seiner Kinder leitete. Als Kaiser Joseph II. das Toleranzedict für die Juden erließ (1782), kehrte H. nach Oesterreich zurück, wo er, nachdem er vorläufig in Wien keinen Wirkungskreis gefunden hatte, zunächst in Görz seinen Aufenthalt nahm. Im J. 1784 wurde er zum Aufseher der jüdischen Schulen in Galizien mit dem Sitze in Lemberg ernannt, in welcher Stellung er bis zum J. 1806 verblieb. Sein Austritt aus derselben war nicht sehr rühmlich. Er lebte nun in Wien in ärmlichen Verhältnissen: seine Glaubensgenossen hatten wegen der Verbindungen, die er mit der Staatsregierung unterhielt, ein gewisses Mißtrauen gegen ihn gefaßt. Gesetzentwürfe, die er im Auftrage der Regierung verfaßte, wie z. B. ein Censurgesetz (1811), waren eben nicht geeignet, ihn bei denselben beliebt zu machen; auch erfreuten sich seine Religionslehrbücher keines besonderen Beifalls. Aus letzterem Grunde wurde ihm die Stelle eines jüdischen Religionslehrers in Wien, obzwar Kaiser Franz II. sie ihm zugedacht hatte, nicht ertheilt. Vom J. 1818 bis zu seinem Tode lebte er als Censor hebräischer Bücher und Schulaufseher in Prag. Seine hebräischen Adnotationen zum Pentateuch ("Hakorem“, verfaßt 1816) konnten zwar bei Kennern keinen sonderlichen Beifall finden (vgl. Reggio, Briefe, Thl. I. S. 13—19), doch sind sie von größerem Werthe als seine sonstigen Schriften.

    • Literatur

      Biographie in Fränkel's Sulamit, III. 1, S. 258—64 (wo 1759 als Geburtsjahr angegeben ist); Kayserling, Moses Mendelssohn, S. 310—15; Wurzbach, Biogr. Lexikon; Wolf, Gesch. d. Juden in Wien, S. 120—25; Jost's Annalen, 3, Jahrg., S. 300.

  • Autor/in

    Brüll.
  • Zitierweise

    Brüll, Adolf, "Homberg, Herz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 38-39 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd134020626.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA