Lebensdaten
1888 – 1953
Geburtsort
Mönchengladbach
Sterbeort
Bad Königstein (Taunus)
Beruf/Funktion
Politiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 129966150 | OGND | VIAF: 35549592
Namensvarianten
  • Spiecker, Carl
  • Spiecker, Karl
  • Miles Ecclesiae

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Zitierweise

Spiecker, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129966150.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Peter (* 1848), aus Erkrath, Postsekr.;
    M Katharina Schievekamp (* 1868);
    Magdelene Adelheid Nawrath (* 1896), aus Guhrau (Schlesien);
    2 S Karl (* 1916, vermißt 1942/43), Rochus (Taufname: Johann Wolfgang) (1921–68), Dr. theol., Dominikanerpater, Schriftst. (s. Kosch, Lit.-Kal., Nekr. 1936–1970; Qu), 2 T Kyrilla (Taufname: Adelheid) (* 1916), Dr. med., Benediktinerin, Oberin in Herstelle b. Beverungen (Kr. Höxter), Ursula Grass (* 1918).

  • Biographie

    Nach seiner Schulzeit im Rheinland und dem Abitur 1907 studierte S. Geschichte und Staatswissenschaften in Straßburg und Berlin, u. a. bei Martin Spahn (1875–1945). 1912–16 für die „Zentrums-Parlaments-Korrespondenz“ tätig, engagierte er sich für den Ausbau einiger kath. orientierter regionaler Zeitungen zu dezidierten Zentrumsorganen. Sein Organisationstalent, das ihn auch als Offizier seit 1916 auszeichnete, verschaffte ihm 1917 den Eintritt in die Nachrichtenabteilung des Auswärtigen Amts, in der er bis 1919 tätig war.

    1920–22 als „Bevollmächtigter des Staatskommissars für die öffentliche Ordnung“ in Oberschlesien mit den Aufgaben der sog. Stillen Propaganda betraut, hatte S. neben Staatskommissar Kurt Urbanek (1884–1973) und dem „Schlesischen Ausschuß“ in Breslau eine der wichtigsten Stellen im Abstimmungskampf für das vom Versailler Vertrag vorgesehene Plebiszit in Oberschlesien und einer der wichtigsten Gegenspieler des poln. Abstimmungskommissars für Oberschlesien, Wojciech Korfanty. 1922 wurde S. die Verlagsleitung der Zentrumszeitung „Germania“ in Berlin übertragen, im Dez. 1923 die Leitung (Min.dir.) der Presseabteilung der Reichsregierung. Mit dem Ende des Reichskabinetts Marx am 15.1.1925 schied S. aus dieser Tätigkeit aus und verfaßte die Schrift „Ein Jahr Marx – die Rettung Deutschlands“. Anschließend im Auswärtigen Amt unter Gustav Stresemann tätig, rief S. den „Reichsdienst der dt. Presse“ ins Leben.

    S., ein entschiedener Verteidiger der Weimarer Republik, wurde 1928 in den Vorstand des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ und in die Leitung des „Republikanischen Reichsbundes“ und der „Vereinigung Republikanische Presse“ gewählt. Reichskanzler Brüning ernannte ihn 1930 zum Sonderbeauftragten im Reichsministerium des Innern für die Bekämpfung des Nationalsozialismus. Daher mußte S. 1933 Deutschland fluchtartig verlassen. In Paris hielt er Kontakte zur Volksfront, aber auch zur christl. dt. Opposition um Johannes Hoffmann (1890–1967); 1936/37 gehörte er zu den Gründern der „Deutschen Freiheitspartei“. Diese unterhielt mit seiner Hilfe Kontakte ins Reich, v. a. zu den Kirchen, aber auch zu Wirtschaft, Reichswehr und den Universitäten. Über ein|von ihm eingerichtetes Kuriersystem schleuste S. noch bis 1939 die „Deutschen Freiheitsbriefe“, das größtenteils von ihm selbst verfaßte oder redigierte Organ der Deutschen Freiheitspartei, nach Deutschland. Er wollte v. a. die Wehrmacht als einzige mächtige Gegenkraft zu Hitler ansprechen. Für die parallel zu den „Deutschen Freiheitsbriefen“ (Paris) seit 1938 in England mit Hans Albert Kluthe (1904–70) herausgegebene Monatsschrift „Das wahre Deutschland, Auslandsblätter der Deutschen Freiheitspartei“ konnte S. auch August Weber (1871–1957) als Mitherausgeber und politischen Karikaturisten gewinnen.

    Infolge des dt. Einmarschs in Frankreich 1940 floh S. nach London, wo er, z. T. von Fischereifahrzeugen im Ärmelkanal aus, einen „Freiheitssender der Deutschen Freiheitspartei“ in Gang setzte. In diesen Sendungen „Hier spricht Deutschland auf Welle 30,2 Meter“, deren Funkmanuskripte erhalten sind, versuchte S. bis März 1941, den Widerstand gegen Hitler zur Pflicht zu erklären und v. a. den Militärs die Notwendigkeit einer Ausschaltung Hitlers vor Augen zu führen. Seine Aufrufe waren von luzider Klarheit und schneidender Schärfe, so wenn er, wie im Okt. 1940 nach den Judenverfolgungen in Polen, Hitler und seine Schergen als „Verbrecherpack“ bezeichnete, das in der Geschichte „auf ewige Zeiten“ gebrandmarkt sein werde. Im März 1941 wurde S. die Möglichkeit weiterer Rundfunktätigkeit in London genommen. Im Frühjahr 1941 ging S. nach Kanada, wo er keine politische Tätigkeit mehr ausüben durfte.

    1945 nach Deutschland zurückgekehrt, erhielt S. im selben Jahr von der brit. Besatzungsmacht die Lizenz zur Gründung der „Rhein-Ruhr-Zeitung“ in Essen. 1946 beteiligte er sich führend an der Wiedergründung der Zentrumspartei, wurde deren stellv. Vorsitzender und am 20.4.1947 in den Landtag von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf gewählt. Schon zuvor Mitglied des Zonenbeirats der Brit. Zone in Hamburg, war er Vertreter im bizonalen Wirtschaftsrat in Frankfurt/M., gehörte dort zunächst dem Exekutivausschuß, dann auch dem Länderrat der Bizone an. S. war zudem Vorsitzender der „Gesellschaft Imshausen“, in der 1947/48 Publizisten, Wissenschaftler und Politiker, darunter Walter Dirks, Alfred Kantorowicz, Eugen Kogon, Theodor Steltzer, Helene Wessel und Carl Friedrich v. Weizsäcker, über Fragen des europ. und dt. Wiederaufbaus berieten. Seit Dez. 1948 Vorsitzender der Zentrumspartei, arbeitete S. für deren Zusammengehen mit der CDU, mußte aber, weil er hierfür im Zentrum keine ausreichende Gefolgschaft fand, auf dem Bundesparteitag in Oberhausen am 31.1.1949 zurücktreten und wurde aus der Partei ausgeschlossen. S. trat in die CDU ein, wurde 1949 Bevollmächtigter des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bundesrat und 1950 Minister für Bundesangelegenheiten der Landesregierung. In dieser Zeit engagierte er sich, v. a. 1950/51, für eine Ratifizierung des Schuman-Plans im Bundesrat unter Wahrung der Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen und war offizieller Verbindungsmann des Bundesrats zur Hohen Behörde.

  • Werke

    W zu Kyrilla: Zerreißproben, Nazihaft – Ärztin im Kriegseinsatz – Klosteralltag, 1996, ³1997.

  • Literatur

    P. Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen u. d. Entstehung seiner parl. Demokratie, 1973;
    D. Hüwel, Karl Arnold, Eine pol. Biogr., 1980;
    W. M. Schwiedrzik, Träume d. ersten Stunde, Die Ges. Imshausen, 1991;
    S. Karski, Der Abstimmungskampf in Oberschlesien, in: Oberschles. Jb. 12, 1996, S. 137–62;
    H. Küppers, Joseph Wirth, Parl., Min. u. Kanzler d. Weimarer Rep., 1997;
    G. Hitze, Carl Ulitzka (1873–1953) oder Oberschlesien zw. d. Weltkriegen, 2002;
    M. Lau, Pressepol. als Chance, Staatl. Öff.keitsarb. in d. Ländern d. Weimarer Rep., Diss. FU Berlin 2002;
    U. Heitger, Vom Zeitzeichen z. pol. Führungsmittel, Entwicklungstendenzen u. Strukturen d. Nachrr.progrr. d. Rundfunks in d. Weimarer Rep., 1923–1932, 2003;
    K. Düwell, „Hier spricht Dtld. auf Welle 30,2 Meter“, C. S. als Stimme d. dt. Widerstands in d. brit. Geheimsendern 1940/41, in: J. Hentzschel-Fröhlings u. a. (Hg.), Ges. – Region – Pol., 2006, S. 395–414;
    BHdE I;
    Lex. Christl. Demokratie;
    Nordrhein-Westfalen;
    Teilnachlaß:
    Nordrhein-Westfäl. HStA Düsseldorf, Bestand Nr. 1469;
    Qu
    Akte Dr. Rochus Spiecker im Provinzarchiv d. Dominikanerprovinz Teutonia, Köln.

  • Porträts

    Photogr. (Düsseldorf, Bildarchiv d. LT Nordrhein-Westfalen).

  • Autor/in

    Kurt Düwell
  • Zitierweise

    Düwell, Kurt, "Spiecker, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 677-678 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129966150.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA