Apel, Erich
- Dates of Life
- 1917 – 1965
- Place of birth
- Judenbach (heute Föritztal, Südwestthüringen)
- Place of death
- Berlin-Ost
- Occupation
- SED-Wirtschaftspolitiker ; Minister
- Religious Denomination
- vermutlich evangelisch, seit 1955 konfessionslos
- Authority Data
- GND: 123044030 | OGND | VIAF
- Alternate Names
-
- Apel, Erich Hans
- Apel, Erich
- Apel, Erich Hans
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Apel, Erich Hans
1917 – 1965
SED-Wirtschaftspolitiker, Minister
Erich Apel, von Mitte der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre einer der einflussreichsten Wirtschaftspolitiker der DDR, war Verantwortlicher für Wirtschaft in der SED-Spitze und ab 1963 Vorsitzender der Staatlichen Plankommission. Als Ingenieur war er technokratisch und pragmatisch orientiert und prägte die Wirtschaftsreform der 1960er Jahre in ihren Anfangsjahren entscheidend.
Dates of Life
Erich Apel, BArch / Bildarchiv (InC) -
Author
→André Steiner (Potsdam)
-
Citation
Steiner, André, „Apel, Erich“ in: NDB-online, URL: https://www.deutsche-biographie.de/123044030.html#dbocontent

Ausbildung
Apel besuchte die Volksschule in Neuhaus am Rennweg und absolvierte anschließend die Realschule in Sonneberg und Steinach bei Sonneberg, die er 1932 mit der Mittleren Reife abschloss. 1932 begann er in der Porzellanfabrik in Neuhaus am Rennweg eine Lehre als Werkzeugmacher, legte 1935 die Gesellenprüfung ab und arbeitete hier von 1935 bis 1937 in seinem erlernten Beruf und als technischer Zeichner im Werkzeugkonstruktionsbüro. Von Anfang 1937 bis 1939 studierte er an der Ingenieurschule Ilmenau, legte hier 1938 die Werkmeisterprüfung ab und schloss das Studium 1939 als Maschinenbauingenieur ab. Während des Studiums war er Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds.
Kriegsdienst und NS-Zeit
Im September 1939 wurde Apel als Soldat zum Infanterie-Ersatz-Bataillon 451 in Gotha eingezogen, im Dezember 1939 zur Heeresversuchsstelle Peenemünde (Usedom) abkommandiert und in einem Konstruktionsbüro eingesetzt. Im August 1940 folgte seine Entlassung aus dem Kriegsdienst und Verpflichtung als Angestellter in der Heeresversuchsstelle Peenemünde, wo unter der Leitung von Wernher von Braun (1912–1977) die V1- und V2-Raketen entwickelt wurden. Apel stieg rasch auf: Im November 1940 wurde er Assistent eines Betriebsdirektors, im Frühjahr1943 leitete er einen Entwicklungsbetrieb. Im April 1943 wurde er zu den Linke-Hoffmann-Werken (LHW) in Breslau (Niederschlesien, heute Wrocław, Polen) abkommandiert, wo er die Fertigung von in Peenemünde entwickelten Zulieferungen für die Raketen betreute und seit April 1944 als Oberingenieur und Assistent des technischen Direktors arbeitete. Im Dezember 1944 übernahm Apel die technische Leitung der Verlagerung des Werks nach Nordhausen (Harz) unter dem Namen Peterbau G.m.B.H., dem in Kleinbodungen bei Bleicherode gelegenen Betrieb Nr. 3 der Mittelwerke. Apel war nicht Mitglied der NSDAP, war aber als sich unpolitisch gebender Techniker durch den Einsatz von ca. 250 KZ-Häftlingen aus dem Lager Mittelbau-Dora in dem von ihm geleiteten Unternehmen in NS-Verbrechen verstrickt.
Arbeit für die Sowjetunion seit 1946
Bei Kriegsende setzte sich Apel in den Thüringer Wald ab, war bis Dezember 1945 als Landarbeiter tätig und arbeitete seit Januar 1946 als Lehrer, bis Mai 1946 als kommissarischer Schulleiter der Berufsschule für Metallberufe in Steinach bei Sonneberg. 1946 trat er der SPD bei, ließ sich aber im April 1946 bei deren Vereinigung mit der KPD zur SED nicht in diese umschreiben. Von der sowjetischen Besatzungsmacht wurde Apel im Juni 1946 dienstverpflichtet im Institut Nordhausen, das als leitendes Forschungs- und Entwicklungszentrum für Rekonstruktion und Nachbau der V2 (A4) dem Sonderkomitee beim Ministerrat der UdSSR in Deutschland unterstellt war; hier war er als Hauptingenieur für die Fertigung der V2-Triebwerke im Objekt Montania in Nordhausen (Werk Nr. 2) zuständig.
Im Oktober 1946 wurde Apel im Rahmen der Aktion Ossawakim in die Sowjetunion verbracht, wo er bis Juni 1952 als Oberingenieur und Leiter einer Versuchswerkstatt auf der Insel Gorodomlja im Seligersee arbeitete und an der Entwicklung und Überführung der R1, der sowjetischen Variante der V2, in die Serienproduktion beteiligt war. Apel galt als ein Vertrauensmann der Sowjets, der sich ausdrücklich dem Wiederaufbau der Sowjetunion zur Verfügung stellte.
Karriere in der DDR
Nach seiner Rückkehr 1952 begann Apels schnelle Karriere im Partei- und Staatsapparat der DDR, was anfangs wohl mit seinem Organisationstalent, seiner Durchsetzungsfähigkeit und dem Vertrauen der Sowjets in ihn zu erklären ist. Im Oktober 1952 wurde er Abteilungsleiter im Ministerium für Maschinenbau, wenige Monate später technischer Leiter einer Hauptverwaltung, im November 1953 stellvertretender Minister für Maschinenbau und im Mai 1955 Minister für Schwermaschinenbau. Im Juni 1954 wurde er als Kandidat, 1957 als Mitglied in die SED aufgenommen. Apel erkannte die Schwerfälligkeit der DDR-Wirtschaftsbürokratie und suchte in seinem Verantwortungsbereich mit undogmatischer und technokratischer Herangehensweise die Planung zu vereinfachen und wirtschaftliche Anreize zu verstärken. Sein Vorgehen stieß auf Kritik, gleichwohl fanden seine Überlegungen zur Reorganisation der Leitung der Volkswirtschaft schließlich die Zustimmung der SED-Spitze unter Walter Ulbricht (1893–1973).
Mit Ulbrichts Unterstützung wurde Apel, der wegen seiner kurzen Parteizugehörigkeit noch nicht in das höchste Parteigremium einrücken konnte, im Februar 1958 durch seine Berufung zum Leiter der eigens geschaffenen Wirtschaftskommission beim SED-Politbüro faktisch Verantwortlicher für die Wirtschaft in der SED-Spitze. Damit besaß er inoffiziell alle Kompetenzen des Sekretärs für Wirtschaft des Zentralkomitees (ZK) der SED in Nachfolge Gerhart Zillers (1912–1957). Im Juli 1958 wurde er zum Kandidaten, im Juli 1960 zum Mitglied des ZK der SED gewählt. 1958 Abgeordneter der Volkskammer, hatte er bis 1963 hier den Vorsitz des Ständigen Ausschusses für Wirtschafts- und Finanzfragen sowie des Wirtschaftsausschusses inne. Im Juli 1961 wurde Apel zum Sekretär für Wirtschaft des ZK der SED und als Kandidat in das Politbüro des ZK der SED gewählt.
Wirtschaftspolitiker der DDR
In den folgenden Jahren bestimmte Apel entscheidend die SED-Wirtschaftspolitik, die von dem Versuch, die Bundesrepublik zu überholen („Ökonomische Hauptaufgabe“, 1958), der auch daraus resultierenden Wirtschaftskrise 1960/61 und der wirtschaftlichen Absicherung des Mauerbaus 1961 („Störfreimachung“) geprägt war. 1960 wurde er zum Dr. rer. oec. promoviert mit einer Arbeit zum Chemieprogramm der DDR, an dessen Ausarbeitung Apel ebenfalls beteiligt war. Innerhalb der Parteiführung war er auf dem Gebiet der Wirtschaft der durchsetzungsfähigste, aber auch flexibelste Funktionär mit einem technokratisch-pragmatischen Wirtschaftsverständnis.
Im August 1962 wechselte Apel wieder vom Parteiapparat in die Regierung und erhielt eine Schlüsselstellung als Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrats und Mitglied von dessen Präsidium. Apel übernahm im Ministerrat die Verantwortung für die Bereiche Forschung und Entwicklung, Industrie, Verkehrs- und Bauwesen, wurde als Sekretär für Wirtschaft in der SED-Spitze durch Günter Mittag (1926–1994) ersetzt, blieb aber als Kandidat des Politbüros im innersten Führungszirkel der SED. Apel war praktisch die gesamte Wirtschaftsbürokratie nachgeordnet. Damit wurde das für die Anfangszeit und Konzeption der späteren Reform wichtige Duo Apel und Mittag an zentralen Schaltstellen platziert.
Chef der Staatlichen Plankommission
Anfang Januar 1963 wurde Apel Chef der für die Reform zentralen Staatlichen Plankommission (SPK), in die er ausgewiesene Reformer wie Walter Halbritter (1927–2003) holte. Das unter dem Namen „Neues ökonomisches System der Planung und Leitung“ propagierte Konzept zielte auf mehr Eigenständigkeit der Betriebe und Branchen und deren Lenkung durch wirtschaftliche Anreize, um Marktwirtschaft zu simulieren, ohne die Planwirtschaft und ihre Grundlagen abzuschaffen, blieb aber widersprüchlich und begrenzt. Apel übernahm im Mai 1963 auch die Leitung der neu gebildeten Ökonomischen Kommission beim Präsidium des Ministerrats zur Beratung der Reformfragen, in Zusammenarbeit mit dem Büro für Industrie und Bauwesen beim SED-Politbüro unter der Leitung Mittags. Apel hatte in seiner Schlüsselstellung Weisungsrecht auch gegenüber allen Chefs zentraler Wirtschaftsinstanzen und berichtete direkt an Ulbricht, blieb als Kandidat des Politbüros zugleich in die Disziplin der SED-Spitze eingebunden.
Politischer Abstieg und Suizid
Der Reform standen Teile der SED-Spitze wie Alfred Neumann (1909–2001) von Beginn an kritisch gegenüber. Zugleich wuchsen die Probleme u. a. bei der Erstellung des mittelfristigen Plans, auch wegen komplizierter Wirtschaftsverhandlungen mit der Sowjetunion, weshalb seit dem Frühsommer 1965 selbst Ulbricht und Mittag die SPK und Apel vehement kritisierten. Die Vorwürfe und Intrigen gegen ihn kulminierten in einer Politbürositzung Anfang Dezember 1965, worauf er sich am folgenden Tag in seinem Dienstzimmer erschoss. Entscheidend dafür waren wohl seine Isolierung innerhalb der SED-Spitze und der schwindende Rückhalt bei Ulbricht. Daneben sah Apel die Gefahr, dass seine Vergangenheit als Raketenspezialist in Peenemünde bei der Suche nach Belastungsmaterial gegen Bundespräsident Heinrich Lübke (1894–1972) publik werden könnte. Sein Tod schwächte die Reformer in der SED-Spitze erheblich, wenngleich die Reformen insbesondere von Ulbricht und Mittag weiter verfolgt wurden.
1959 | Vaterländischer Verdienstorden in Silber (1964 in Gold) |
1963 | Banner der Arbeit |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, SAPMO Kaderakte DY30/8 8658.
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Büro Günter Mittag im ZK der SED, DY 3023/175. (weiterführende Informationen)
Das Chemieprogramm der Deutschen Demokratischen Republik. Ein wichtiger Faktor im ökonomischen Wettbewerb zwischen Sozialismus und Kapitalismus, 1960. (Diss. oec.)
Aktuelle Aufgaben zur Erhöhung der Qualität der Leitung der Volkswirtschaft durch die Verbesserung der komplexen Planung, insbesondere durch die Beachtung der Wechselwirkung zwischen Organisation und Technik und die Ausarbeitung der Pläne „Neue Technik“, 1961.
Neue Fragen der Planung. Zur Rolle und zu den Aufgaben der zentralen staatlichen Planung im neuen ökonomischen System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft, 1963.
Erich Apel/Günter Mittag, Wissenschaftliche Führungstätigkeit. Neue Rolle der VVB, 1964.
Erich Apel/Günter Mittag, Planmäßige Wirtschaftsführung und ökonomische Hebel, 1964, 51965, russ. 1966.
Aktuelle Fragen der ökonomischen Forschung, 1964.
Erich Apel/Günter Mittag, Ökonomische Gesetze des Sozialismus und neues ökonomisches System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft, 1964, 51965.
Erich Apel/Günter Mittag, Fragen der Anwendung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft bei der Vorbereitung und Durchführung der Investitionen, 1965.
André Steiner, Die DDR-Wirtschaftsreform der sechziger Jahre. Konflikt zwischen Effizienz und Machtkalkül, 1999.
Matthias Uhl, Stalins V 2. Der Technologietransfer der deutschen Fernlenkwaffentechnik in die UdSSR und der Aufbau der sowjetischen Raketenindustrie 1945 bis 1959, 2001.
Rainer Karlsch/Agnes Tandler, Ein verzweifelter Wirtschaftsfunktionär? Neue Erkenntnisse über den Tod Erich Apels 1965, in: Deutschland Archiv 34 (2001), S. 50–64.
Jörg Roesler, Zwischenfall unterwegs oder Vorbote vom Ende? Erich Apels Tod und das Schicksal des NÖS, in: Detlef Nakath (Hg.), DDR-Geschichte. Bilder & Zerrbilder. Siegfried Prokop zum 70. Geburtstag, 2010, S. 186–210.
Stefanie Palm, Karrieremuster eines Technokraten. Erich Apels Weg in die Staatliche Plankommission, 2014. (ungedr. Masterarbeit Universität Potsdam)
Lexikonartikel:
Monika Kaiser/Helmut Müller-Enbergs, Art. „Apel, Erich Hans“, in: Helmut Müller-Enbergs (Hg.), Wer war wer in der DDR, Bd. 1, 52010. (Onlineressource)
Artikel zu Erich Apel in: Neues Deutschland, Organ des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands. (zugangsbeschränkt)
Schuß im Büro, in: Der Spiegel v. 14.12.1965. (Damalige westliche Mutmaßungen)
Opposition in der SED, 20.12.1965, SWR Retro, in: ARD Mediathek. (Damalige westliche Mutmaßungen)
Fotografien, 1957–1964, Digitales Bildarchiv des Bundesarchivs. (Onlineressource)