Lebensdaten
1896 – 1959
Geburtsort
Essen
Sterbeort
Bad Godesberg (heute Bonn-Bad Godesberg)
Beruf/Funktion
Geschäftsführer ; Bankier ; Politiker ; Bundesminister
Konfession
römisch-katholisch
Normdaten
GND: 119507234 | OGND | VIAF: 8199527
Namensvarianten
  • Blücher, Franz
  • Blücher, Franz

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Blücher, Franz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119507234.html [19.03.2024].

CC0

  • Franz Blücher trug als zweiter Bundesvorsitzender der Freien Demokratischen Partei erheblich zum organisatorischen Aufbau der 1948 gegründeten FDP-Dachorganisation bei. Seit 1949 Minister und Vizekanzler, war der überzeugte Wirtschaftsliberale mit Konflikten innerhalb seiner Partei und zwischen dieser und Kanzler Konrad Adenauer (1876–1967) überfordert, was 1954 zum Rückzug aus der Parteiführung führte. In der Regierungskrise 1955/56 blieb Blücher gegenüber Adenauer loyal. Nach dem dann erfolgten Bruch der CDU/CSU/FDP-Koalition konnte er seine politische Karriere nur noch ein gutes Jahr fortsetzen.

    Lebensdaten

    Geboren am 24. März 1896 in Essen
    Gestorben am 26. März 1959 in Bad Godesberg (heute Bonn-Bad Godesberg)
    Grabstätte Friedhof Bredeney in Essen
    Konfession römisch-katholisch
    Franz Blücher, BArch / Bildarchiv (InC)
    Franz Blücher, BArch / Bildarchiv (InC)
  • Lebenslauf

    24. März 1896 - Essen

    1902 - 1914 - Essen

    Schulbesuch (Abschluss: Notabitur)

    Volksschule; Königliches Gymnasium (heute Burggymnasium)

    1914 - 1920 - Westfront

    Kriegsfreiwilliger (1915 Leutnant der Reserve); August 1916 franz. Kriegsgefangenschaft

    Deutsches Heer, Reserve-Infanterie-Regiment 56

    1920 - 1926 - Essen

    kaufmännische Lehre; Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen

    1926 - 1935 - Berlin; Essen

    Abteilungsleiter

    Gemeinnützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGfAH)

    1933 - 1945

    Mitglied

    Deutsche Arbeitsfront (DAF); NS-Volkswohlfahrt (NSV)

    1935 - 1938 - Essen

    Abteilungsleiter; Prokurist

    Hochtief AG

    1938 - 1943 - Düsseldorf

    Prokurist

    Bankhaus J. H. Vogeler

    1943 - 1946 - Essen

    Direktionsmitglied

    Essener Nationalbank

    1945 - 1956 - Essen

    Mitglied

    FDP

    1946 - 1946 - Essen

    Kreisvorsitzender

    FDP-Kreisverband

    1946 - 1948

    Mitglied, ab Mai 1946 Vorsitzender des Zonenvorstands

    FDP-Verband für die britische Zone

    1946 - 1949 - Hamburg

    Mitglied

    Zonenbeirat britische Zone

    1946 - 1947 - Düsseldorf

    Finanzminister

    Landesregierung Nordrhein-Westfalen

    1947 - 1947 - Düsseldorf

    Abgeordneter der FDP

    Landtag Nordrhein-Westfalen

    1947 - 1949 - Frankfurt am Main

    Mitglied und FDP-Fraktionsvorsitzender

    Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebiets

    1948 - 1950 - Bonn

    stellvertretender Bundesvorsitzender

    FDP

    1949 - 1958 - Bonn

    Abgeordneter der FDP

    Deutscher Bundestag

    1949 - 1953 - Bonn

    Vizekanzler und Bundesminister für Angelegenheiten des Marshall-Plans

    Bundesregierung

    1950 - 1954 - Bonn

    Bundesvorsitzender

    FDP

    1953 - 1957 - Bonn

    Vizekanzler und Bundesminister für wirtschaftliche Beziehungen

    Bundesregierung

    1955 - 1957 - Paris

    stellvertretender Präsident

    Ministerrat der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC)

    1956 - 1957 - Bonn

    Mitglied

    Freie Volkspartei

    1957 - 1959 - Bonn

    Mitglied

    Deutsche Partei

    1958 - 1959 - Luxemburg

    Vizepräsident

    Hohe Behörde der Montanunion

    26. März 1959 - Bad Godesberg (heute Bonn-Bad Godesberg)
  • Genealogie

    Vater Franz Blücher 1851–1917 Bergmann, Schießmeister
    Großvater väterlicherseits Franz Blücher gest. vor 1879 Tagelöhner
    Großmutter väterlicherseits Anna Maria Blücher, geb. Stroetgen
    Mutter Anna Maria Blücher, geb. Hegenkamp geb. 1859
    Großvater mütterlicherseits Theodor Hegenkamp Bergmann
    Großmutter mütterlicherseits Anna Katharina Hegenkamp, geb. Ufer
    Schwester Anna Emilie Blücher 1879–1881
    Schwester Maria Blücher geb. 1884
    Schwester Juliane Erna Blücher geb. 1886
    Schwester Alma Blücher geb. 1888
    Schwester Catharina Anna Blücher 1893–1926
    Schwester Johanna Blücher 1902–1902
    Heirat 9.2.1925 in Essen
    Ehefrau Paula Bernhardine Blücher, geb. Grohse-Frie (später Grosse-Frie) 1896–1981 Buchhalterin
    Schwiegervater Gerhard Heinrich Grohse-Frie Klempner
    Schwiegermutter Maria Elisabeth Grohse-Frie, geb. Dalinghoff
    Kinder keine
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    Blücher, Franz (1896 – 1959)

    • Vater

      Franz Blücher

      1851–1917

      Bergmann, Schießmeister

      • Großvater väterlicherseits

        Franz Blücher

        gest. vor 1879

        Tagelöhner

      • Großmutter väterlicherseits

        Anna Maria Blücher

    • Mutter

      Anna Maria Blücher

      geb. 1859

      • Großvater mütterlicherseits

        Theodor Hegenkamp

        Bergmann

      • Großmutter mütterlicherseits

        Anna Katharina Hegenkamp

    • Schwester

      Anna Blücher

      1879–1881

    • Schwester

      Maria Blücher

      geb. 1884

    • Schwester

      Juliane Blücher

      geb. 1886

    • Schwester

      Alma Blücher

      geb. 1888

    • Schwester

      Catharina Blücher

      1893–1926

    • Schwester

      Johanna Blücher

      1902–1902

    • Heirat

      in

      Essen

      • Ehefrau

        Paula Bernhardine Blücher

        1896–1981

        Buchhalterin

  • Biografie

    Blücher, Sohn eines in das Kleinbürgertum aufgestiegenen Bergmanns, konnte ein Essener Elitegymnasium besuchen und meldete sich nach dem Notabitur 1914 freiwillig zum Fronteinsatz. Als Leutnant d. R. nach franzöischer Kriegsgefangenschaft 1920 in seine Heimat zurückgekehrt, schlug er aus finanziellen Gründen anstelle des geplanten Studiums eine kaufmännische Laufbahn ein und machte in mittelständischen und gemeinnützigen Unternehmen eine Karriere, die ihn ab 1938 in die Direktion zweier Essener Privatbanken führte.

    Bis dahin politisch nicht hervorgetreten, allerdings Sympathisant der Zentrumspartei und nach 1933 nur formales Mitglied in der DAF und der NSV, gehörte Blücher 1945 in Essen zu den Gründern der Freien Demokratischen Partei (FDP). Diese entsandte ihn Anfang 1946 in den Vorstand ihres neuen Dachverbandes für die britische Zone. Dort löste er Mitte 1946 den Altliberalen Wilhelm Heile (1881–1969) als Vorsitzenden ab und richtete den Verband wirtschaftsliberal aus. Kurzzeitig erster Finanzminister des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen und Landtagsabgeordneter in Düsseldorf, gab Blücher beide Positionen für den Vorsitz der FDP-Fraktion im Frankfurter Wirtschaftsrat auf, wo er die treibende Kraft für eine Zusammenarbeit seiner Partei mit den Christdemokraten war, bei denen er v. a. in wirtschaftspolitischer Hinsicht Übereinstimmung sah. Auf dieser Linie betrieb er auch die Einsetzung Ludwig Erhards (1897–1977) als Direktor für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets und unterstützte dessen Umsetzung einer Währungsreform, die Mitte 1948 eine zunächst sehr umstrittene Rückkehr zur Marktwirtschaft brachte.

    Blücher, der sich als Vorsitzender eines der drei liberalen Zonenverbände für eine Führungsrolle in der Ende 1948 gegründeten FDP-Bundesorganisation anbot, wurde zum Stellvertreter des Vorsitzenden Theodor Heuss (1884–1963) gewählt und war in dieser Funktion bereits zuständig für die Parteiorganisation, bevor Heuss nach der ersten Bundestagswahl im September 1949 zum Bundespräsidenten gewählt wurde und auf alle Parteiämter verzichtete. Blücher wurde bei dieser Wahl über die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Bundestag gewählt und führte in Vertretung von Heuss die Verhandlungen, die seinem Wunsch gemäß in eine „bürgerliche“ Koalition unter Kanzler Konrad Adenauer (1876–1967) mündeten. In dessen Kabinett übernahm Blücher das – allerdings nicht zentrale – Ministerium für Angelegenheiten des Marshall-Plans und wurde Stellvertreter des Bundeskanzlers, dessen Kompetenzen aber unklar waren. Da sein Ministerium internationale Kontakte und Auslandsaufenthalte mit sich brachte, sah Blücher darin die Vorstufe für ein späteres Außenministerium. Seine Ambitionen darauf wurden im März 1951 zerstört, als Adenauer die Position des Außenministers in Personalunion mit dem Kanzleramt antrat. Als Chimäre erwies sich in ähnlicher Weise die Kanzler-Stellvertretung, da Adenauer dieser so gut wie keinen Raum und keine Kompetenzen gab. Anfangs zuständig für die Planung und Umsetzung des Marshall-Plans, dann ab 1953 für „wirtschaftliche Beziehungen“, führte Blücher v. a. Verhandlungen mit überseeischen Wirtschaftspartnern wie den USA, später Indien und Pakistan, wobei er sich im In- und Ausland Anerkennung erwarb.

    Zunächst in der Parteiführung unangefochten, kam Blücher im Zuge der Programmdiskussion 1952 in der FDP in Bedrängnis, da sein konzilianter Führungsstil keinen Ausweg im Konflikt der zwei großen innerparteilichen Lager wies. Der Streit zwischen den Anhängern einer Ausrichtung der FDP als liberaler Mittelpartei, für die v. a. die süddeutschen Landesverbände standen, und den Verfechtern einer Profilierung als „nationaler Sammelbewegung“, die ihr Zentrum in Blüchers nordrhein-westfälischem Landesverband hatte, wurde vertagt und dann mittelbar durch die Aufdeckung neo-nationalsozialistischer Umtriebe in der FDP an Rhein und Ruhr entschieden. Als die FDP im Gegensatz zur CDU bei der Bundestagswahl 1953 Verluste hinnehmen musste, wurde innerparteilich dafür auch Blüchers mangelndes Profil verantwortlich gemacht. Blücher räumte darauf den Parteivorsitz für den bisherigen Justizminister Thomas Dehler (1897–1967), der v. a. in der Deutschlandpolitik eine stärkere Abgrenzung gegenüber der CDU verfolgte. Über die Frage der Zukunft des Saarlandes entsprang daraus 1955 eine sich verschärfende Koalitionskrise, bei der Blücher entgegen der Parteilinie Adenauer unterstützte. Als Anfang 1956 die Regierungskoalition endgültig zerbrach, traten die vier FDP-Bundesminister, darunter Blücher, und etliche Abgeordnete aus der FDP-Fraktion aus. Ihr Versuch, mit der Gründung der Freien Volkspartei (FVP) eine neue gemäßigt-liberale Partei zur Unterstützung Adenauers zu etablieren, scheiterte ebenso wie deren baldige Fusion mit der Deutschen Partei (DP). Gleichwohl blieb Blücher bis zur Bundestagswahl 1957 in seinen bisherigen Regierungsfunktionen.

    Zwar kehrte Blücher 1957 als in Göttingen direkt gewählter Abgeordneter der DP nochmals kurz in den Bundestag zurück, wurde aber als Minister nicht mehr berücksichtigt. Sein Anfang 1958 angetretenes Amt bei der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl übte er nur noch ein gutes Jahr aus.

  • Auszeichnungen

    1954 Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
    1954 Dr. iur. h. c., Freie Universität Berlin
    1957 Dr. h. c., Punjab Universität Lahore (Indien)
  • Quellen

    Nachlass:

    Bundesarchiv, Koblenz, N 1080.

    Archiv des Liberalismus, Gummersbach A 3 u. N 37 (Depositum Franz Blücher), N 14 (Depositum Erika Fischer).

    Gedruckte Quellen:

    Lothar Albertin/Hans F. W. Gringmuth (Bearb.), Politischer Liberalismus in der britischen Besatzungszone 1946–1948. Führungsorgane und Politik der FDP, 1995.

    Udo Wengst (Bearb.), FDP-Bundesvorstand. Die Liberalen unter dem Vorsitz von Theodor Heuss und Franz Blücher. Sitzungsprotokolle 1949–1954, 1990. (P)

    Helmut Löttel (Bearb.), Adenauer und die FDP, 2013.

    Volker Stalmann (Bearb.), Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag. Protokolle 1949–1969, 2 Bde., 2016.

  • Werke

    Die Probleme der deutschen Zahlungsbilanz gegenüber der Europäischen Zahlungsunion, 1950.

    Zur Problematik des internationalen Lohnvergleichs, 1954.

    Über die Meinungsforschung, 1955.

    Bundesregierung und Parlament, 1955.

    Marshall-Plan als Förderer der Europäischen Einheit, in: ERP-Fibel mit ERP-Wörterbuch. Hg. v. Minister für den Marshall-Plan, 1950, S. 7–10. (P)

  • Literatur

    Monografien und Aufsätze:

    Karsten Schröder, Die FDP in der britischen Besatzungszone 1946–1948. Ein Beitrag zur Organisationsstruktur der Liberalen im Nachkriegsdeutschland, 1985.

    Friedrich Hen­ning, Franz Blü­cher. Ein Por­trät, in: Ge­schich­te im Wes­ten 11 (1996), S. 216–233. (P)

    Dirk van Laak, Franz Blücher, in: Torsten Oppelland (Hg.), Deutsche Politiker 1949–1969, Bd. 1, 1999, S. 117–128. (P)

    Anne Rüther, Blücher als Marshallplan-Minister und Parteivorsitzender. Mitstreiter für eine liberale Wirtschaftsordnung, in: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 20 (2008), S. 59–82.

    Lexikonartikel:

    Erwin Dickhoff, Art. „Blücher, Franz“, in: Essener Köpfe: Wer war was?, 1985, S. 25 f.

    Robert K. Furtak, Art. „Blücher, Franz“, in: Udo Kempf/Hans-Georg Merz (Hg.), Kanzler und Minister 1949–1998. Biografisches Lexikon der deutschen Bundesregierungen, 2001, S. 143–146.

    Dirk van Laak, Art. „Franz Blücher“, in: Rudolf Vierhaus/Ludolf Herbst (Hg.), Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002, Bd. 1, 2002, S. 76.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Fotografie, Franz Blücher im ersten Kabinett von Rudolf Amelunxen, 1946. (Onlineressource)

  • Autor/in

    Jürgen Frölich (Bonn)

  • Zitierweise

    Frölich, Jürgen, „Blücher, Franz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2022, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119507234.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA