Lebensdaten
1775 – 1829
Geburtsort
Gießen
Sterbeort
Darmstadt
Beruf/Funktion
Jurist ; hessischer Minister
Konfession
lutherisch?
Normdaten
GND: 119408163 | OGND | VIAF: 67275328
Namensvarianten
  • Grolman, Carl Ludwig Wilhelm von
  • Grolmann, Carl Ludwig Wilhelm von
  • Grolman, Karl Ludwig Wilhelm von
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Zitierweise

Grolman, Carl von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119408163.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Adolf Ludw. G. (1722-95), Geh. Reg.rat in G., S d. Melchior Dettmar G. (1668-1722), Prof. d. Rechte u. Univ.kanzler in G. (s. Strieder V) (S d. Georg, Kaufm. u. Rentmeister in Bochum), u. d. Maria Klara (T d. Bernh. Ludw. Mollenbeck, 1658–1720, Prof. primarius u. Univ.kanzler in G., s. ADB 22);
    M Anna Sophie (1744–1827), T d. Obersten u. Forstmeisters Frdr. Wilh. v. Rauen;
    Kleve 1798 Emilie (1775–1828), T d. Joh. Adam Leonh. van de Wall, Geh. Reg.rat in Kleve, u. d. Joh. Christina Bilgen;
    5 S (2 früh †), 5 T (1 früh †), u. a. August (1805–48), Prof. d. Rechte in G. (s. ADB IX), Eduard (1812–90), hess. Gen.-Lt. u. Kriegsmin., Wilhelmine ( Friedrich v. Hombergk zu Vach, 1858, Hofgerichtspräs. in D.).

  • Biographie

    Nach Privatunterricht (unter anderem später auch bei seinem angeheirateten mütterlichen Onkel Renatus Carl Freiherr von Senckenberg) und dem Besuch des Gießener Gymnasiums, bei dem er sich mehrfach ausgezeichnet hatte, studierte G. seit 1791 in Gießen und Erlangen Philosophie, Naturwissenschaften, Geschichte und vor allem Rechtswissenschaft und gehörte der Landsmannschaft Franconia an. Noch 1795 wurde er Privatdozent der Rechtswissenschaft an der Universität Gießen. Seine strafrechtlichen Vorlesungen hatten von Anfang an besonderen Zuspruch. Schon 1797 gab er eine Zeitschrift heraus, an der auch Feuerbach Mitarbeiter war, mit dem ihn seit 1798 Freundschaft verband. Im nächsten Jahr veröffentlichte er seine grundlegende Zusammenfassung des Stoffes in den „Grundsätzen der Criminalwissenschaft“ (Gießen 1798), die bis zu seinem Tod in 5 Auflagen erschienen ist. Im Jahr 1798 wurde er außerordentlicher Professor (ordentlicher Professor 1800). Seine Stellung in der Rechtswissenschaft ist durch die sogenannte Spezialpräventionstheorie, das heißt eine Theorie, die auf die Person des Verbrechers abgestellt ist, gekennzeichnet, die zwar Ch. K. Stübel begründet, aber G. besonders eindrucksvoll dargestellt hat. – Von seinen vielen Äußerungen zur Strafrechtstheorie sei das 1799 erschienene Werk „Über die Begründung des Strafrechts und der Strafgesetzgebung“ genannt. Als sein Hauptwerk gilt „Die Theorie des gerichtlichen Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach den gemeinen deutschen Gesetzen“ (1800, ⁵1825). Rufe nach Landshut, Erlangen und Moskau, später welche nach Preußen, Württemberg und Hannover lehnte er ab. Seit 1803 hat er 5 Jahre in einer Kommission für die Reform der Strafgesetzgebung mitgearbeitet. Auch in die Gesetzgebungskommission für das neue Zivil- und Kriminalgesetzbuch berief man ihn. Mittlerweile war das französische Recht in den Mittelpunkt seines Gesichtskreises gerückt. 1807 hielt er zuerst Vorlesungen über den Code Napoleon. Mit H. B. Jaup gehörte er einer Kommission an, welche die etwa einzuführenden Änderungen des Rechts prüfen sollte, nachdem man die Einführung des französischen Rechts doch für unzweckmäßig gehalten hatte. Auch Nassau und das Großherzogtum Frankfurt beteiligten sich an den Beratungen. Vor allem riet man zur Einführung des Notariats, der Standesämter und der Hypothekenbewahrer wie zur Aufhebung des Retraktrechts, der Leibeigenschaft, der Fronden und der Bannrechte, der Lehensverfassung sowie der Stamm- und Bauerngüter. 1810 erschien der 1. Band des ausführlichen Handbuchs über den Code Napoleon von G., das sich durch objektive Einstellung in seiner dogmatisch-exegetischen Bearbeitung der Titel auszeichnete.

    1810-12 führte G. das Rektorat der Universität Gießen. Neben der Verbesserung der Professorenbesoldung, der Vermehrung der Stipendien und dem Kampf gegen die Landsmannschaften und sonstige verbotene Studentenverbindungen im Sinne der Rheinbundpolitik galt seine Fürsorge der Ordnung und Verwaltung der Universitätsfonds.

    1819 wurde G. als Nachfolger des verstorbenen Freiherrn von Lichtenberg zunächst zum alleinigen Staatsminister berufen. Im März 1820 erschien das Patent über die Berufung des 1. Landtags. Es kam nicht nur zur Mitwirkung der Landstände in bezug auf die Finanzen, sondern auch bei der Gesetzgebung. Nach der Neuordnung der obersten Verwaltung übernahm G. 1820 zugleich als Präsident der vereinten Ministerien das Ministerium des Innern und der Justiz, während Du Bos du Thil kurz darauf das Auswärtige und die Finanzen übertragen wurden. Eine wichtige Neuerung in seiner Amtszeit war die Durchführung der Trennung von Verwaltung und Justiz auch in der unteren Instanz sowie die Verhandlung um die Gründung der Oberrheinischen Kirchenprovinz. G. wurde durch die Großherzogin und den Prinzen Emil gestützt, dem er wohl zum guten Teil seine Berufung zum Minister zu verdanken hatte. In scharfen politischen Gegensatz war er zu E. E. Hoffmann geraten – im Prozeß gegen diesen wandte sich die Heidelberger Fakultät in einem Gutachten gegen ihn – und zu Jaup, den er zum Kassationshof und zur Gesetzgebungskommission, deren Leiter er wurde, abgeschoben hatte. Die Bundesbeschlüsse über die Presse und die Universitäten führte G. korrekt durch.

    Die Erfolge seiner Regierungszeit, soweit sie von längerer Dauer gewesen sind, sind mehr Du Bos du Thil zuzuschreiben. Die Verwaltungsorganisation wurde schon 1832 geändert, die die allzugroße Rücksichtnahme auf die alte Ämtereinteilung dann aufgegeben hat. Die Regelung der Beziehungen zur katholischen Kirche vollzog sich in ihren letzten Stufen erst nach G.s Tod. Geblieben ist für beinahe drei Jahrzehnte sein Verfassungswerk, in dem die Krönung seiner staatsmännischen Bemühungen zu sehen ist. Daß ihm auf gesetzgeberischem Gebiet wegen der Verschiedenheit der Verhältnisse im Lande, die sich auch in der politischen Haltung widerspiegeln, so wenig Erfolg beschieden war, gerade ihm, dem vortrefflichen Kenner des Rechts, muß als tragisch angesehen werden. Seine Energie vermochte nicht über die Schwierigkeiten Herr zu werden.

  • Literatur

    ADB IX;
    K. Esselborn, K. L. W. v. G. in Gießen, in: Archiv f. hess. Gesch., NF 5, 1907, S. 406-61;
    ders., in: Hess. Biogr. III, 1934, S. 152-60 (W);
    Eberh. Schmidt, Einführung in d. Gesch. d. dt. Strafrechtspflege, ²1951;
    Ersch-Gruber II, 92, S. 67-72;
    NND VII, S. 171-80;
    Zeitgenossen, neue R. 3, 1823, S. 2-46;
    Strieder 18, S. 184;
    Stintzing-Landsberg III, 2.

  • Porträts

    in: Genealog. Hdb. d. Adels 36, 1965.

  • Autor/in

    Friedrich Knöpp
  • Zitierweise

    Knöpp, Friedrich, "Grolman, Carl von" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 122-123 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119408163.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Grolmann: Karl Ludwig Wilhelm v. G., Jurist, wurde geboren den 23. Juli 1775 zu Gießen, wo sein Vater landgräflich hessen-darmstädtischer Geh. Regierungsrath war, studirte in Gießen und Erlangen, habilitirte sich 1795 zu Gießen ("De donatione propter nuptias"), wurde 1798 außerordentlicher Professor, 1800 ordentlicher Professor der Rechte. Als Schüler Klein's und Kleinschrod's wandte er sich besonders dem peinlichen Recht zu, wobei er in einige Collisionen mit Geheimrath und Professor Koch gerieth. Er erwarb sich Verdienste durch die grundlegende Arbeit: „Versuch eines Entwurfes der rechtlichen Natur des Ausspielgeschäfts", 1797, die Herausgabe der „Bibliothek für die peinliche Rechtswissenschaft und Gesetzeskunde", Herb. und Hadam. 1798, 1799, Gött. 1800, Gieß. 1804, sowie das „Magazin für die Philosophie (und Geschichte) des Rechts und der Gesetzgebung“, Gieß., Darmst. 1798—1807 (mit Löhr: „Neues Magazin“, Gießen 1820. 44) und das „Journal zur Aufklärung|über die Rechte und Pflichten des Menschen und Bürgers", Hadam. 1799, namentlich aber durch seine „Grundsätze der Criminalwissenschaft", 1798, 4. A. 1825. In diesem letzteren Werke begründete er die Präventionstheorie, als deren Hauptvertreter er gelten kann und vertheidigte dieselbe in der Schrift: „Ueber die Begründung des Strafrechts und der Strafgesetzgebung nebst Entwurf der Lehre von dem Maßstabe der Strafen und der juridischen Imputation“, 1799. Als sein vortrefflichstes Werk gilt: „Theorie des gerichtlichen Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, nach gemeinem deutschen Rechte entworfen“, 1800, 3. A. 1818, daneben sein nur bis zum 3. Bde. erschienenes „Ausführliches Handbuch über den Code Napoléon zum Behufe wissenschaftlich gebildeter deutscher Geschäftsmänner“, 1810—12, schließlich die Arbeit: „Ueber olographische und mystische Testamente“, 1814. In Anerkennung seiner Leistungen, namentlich auch als akademischer Lehrer, wurde er 1804 neben seiner Professur zum großherzoglichen Oberappellationsgerichtsrath ernannt und 1806 mit Abfassung eines Strafgesetzbuchs betraut. Während seines Rectorats 1810 trat er streng gegen die Landsmannschaften auf, gehörte aber, durch den König von Preußen für sich und seine Nachkommen wieder geadelt, von 1813 an zu den Gegnern Napoleons. Im J. 1816 nach Darmstadt behufs Abfassung eines neuen Gesetzbuchs berufen, gab er als Vorsitzender der Commission den Anstoß zum Erlaß des die Trennung der Justiz von der Verwaltung in Aussicht stellenden Gesetzes vom 1. December 1817, das 1821 bei der neuen Landesorganisation zu Grunde gelegt wurde. Nach dem Tode des Freiherrn v. Lichtenberg wurde er 1819 Staatsminister, in welcher Stellung er manches Gute wirkte, aber den verschiedenen Parteien natürlich nicht in gleicher Weise Rechnung tragen konnte. Das erste Verfassungsedict vom 18. März 1820 mußte er wegen großer Mißbilligung im Lande umarbeiten und so entstand die mehr befriedigende Verfassungsurkunde vom 17. December 1820. Nach pflichttreuester Verwaltung, die ihn trotz großer Geschäftslast auch die geringsten Einzelheiten seiner vielen Dienstzweige übersehen ließ, starb er am 14. Febr. 1829 zu Darmstadt.

    • Literatur

      Zeitgenossen, N. R., Bd. III., Leipz. 1823, S. 1 ff. — Neuer Nekrolog 1829 (VII), Ilm. 1831, S. 171—180. —
      Pallmann in Ersch und Gruber, Thl. 92, S. 67—72. —
      Welcker. Die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe, Gieß. 1813, S. 231—237. —
      v. Holtzendorff, Handbuch des deutschen Strafrechts I. (1871), 261, 262. —
      Wächter, Beilagen, Stuttgart 1877, S. 25—28. — v. Ziegler im Gerichtssaal 1862 (XIV), 24—37.

  • Autor/in

    Teichmann.
  • Zitierweise

    Teichmann, "Grolman, Carl von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 713-714 unter Grolmann, Karl Ludwig Wilhelm von [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119408163.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA