Lebensdaten
1902 – 1993
Geburtsort
München
Sterbeort
Dresden
Beruf/Funktion
Tänzerin ; Tanzpädagogin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118739093 | OGND | VIAF: 30332111
Namensvarianten
  • Paluka, Margarethe (eigentlich)
  • Bienert, Margarethe (verheiratete, geschiedene)
  • Palucca, Gret
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Zitierweise

Palucca, Gret, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118739093.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Max Paluka (1872–1915), Apotheker, Pharmazeut in M., 1906-09 in San Francisco, S d. Wilhelm u. d. Rosa Lacker;
    M Rosa (1880–1925), T d. Karl Merfeld u. d. Mathilda N. N.;
    Dresden 1924 ( 1930) Friedrich (Fritz) (1891–1969), Prokurist in d. väterl. Fa. in Dresden, S d. Erwin Bienert (1869–1930), Mühlenindustr. in D. (s. Wenzel), u. d. Ida Suckert; Gvv d Ehemanns Traugott Bienert (1813–95), Mühlenindustr. (s. NDB II); kinderlos.

  • Biographie

    P., deren Familie 1906 nach San Francisco übersiedelte, aber 1909 nach Deutschland zurückkehrte, erhielt ihren ersten Tanzunterricht 1914-16 bei dem Solotänzer Heinrich Kröller (1880–1930) in Dresden. Seit 1918 war sie Ballettelevin am Hof- und Nationaltheater in München, nachdem Kröller als Choreograph dorthin gewechselt hatte. Entscheidend für P.s künstlerische Entwicklung wurde 1919 die Begegnung mit Mary Wigman (1886–1973) in Dresden. Bei ihr setzte sie 1920-23 ihre Ausbildung fort und trat der 1921 gegründeten „Kammertanzgruppe Mary Wigman“ bei; mehrere Tourneen führten sie ins In- und Ausland. Seit 1924 gab sie Solotanzabende.

    Ihre Tänze besaßen keine narrativen Inhalte, bezogen sich allein auf Struktur und Ausdruck der Musik und wurden auch als „Absoluter Tanz“ bezeichnet (Behrens, Wille). Zu den Charakteristika der Tänze P.s gehörten Leichtigkeit, Heiterkeit, Natürlichkeit, Klarheit, Geschlossenheit und vor allem die kraftvolle Gestaltung der Sprünge und Schwünge. Die optimistische Ausstrahlung ihres leidenschaftlichen Temperaments und ihre virtuose Beherrschung der Technik wurden besonders gerühmt. Ihren ersten Tanz gestaltete sie 1922 nach der Komposition „Golliwog's Cake Walk“ von C. Debussy. Ihm folgten mehr als 200 Tänze, von denen einige wie die „Hellen Tänze“ (1930) nach Musik von J. S. Bach, die Händel-„Suite“ (1932), die „Gluck-Suite“ (1937) oder die „Herbst-Gesänge“ (1940) nach Chopin-Etüden in kurzen Suiten zusammengefaßt wurden. Zu ihren bekanntesten Tänzen zählten die „Serenata“ (1931) nach der Musik von I. Albéniz, der „Rosenkavalier-Walzer“ von R. Strauss (1927/33) und ihre tänzerische Interpretation der „Mondscheinsonate“ von Beethoven (1942). P. beschloß ihre Auftritte oft mit Tanz-Improvisationen, wobei sie auch spontan auf Themenwünsche des Publikums reagierte. Aus der Bekanntschaft mit Bildhauern und Malern (G. Kolbe, E. L. Kirchner), insbesondere aus der engen Freundschaft zu Künstlern des Bauhauses (Kandinsky, Klee, Moholy-Nagy) schöpfte sie für ihre Arbeit wesentliche Impulse. „Mit Schwung“ (1925, nach portugies. Volksmusik), „Geführt“ (1925, Musik: B. Bartók), „Gesteigert“ (1925, Musik: B. Bartók), „Gehalten“ (1926, Musik: H. Trantow), „Gebunden“ (1926, Musik: I. Albéniz), „Stark betont“ (1926, nach Volksmusik) waren wichtige Tänze dieser Zeit. Nur die wenigsten davon sind überliefert (z. B. durch Filmaufnahmen wie „Serenata“, 1933), da P. ihre Tänze nicht auf andere Tänzer/innen übertrug. Neben ihren öffentlichen Auftritten wirkte sie von Anfang an auch als Pädagogin. 1925 gründete sie die „Palucca Schule Dresden“ (Zweiginstitute wurden 1927 in Berlin und 1931 in Stuttgart eröffnet). Seit 1939 war P. aufgrund ihrer jüd. Abstammung das Unterrichten untersagt. Sie erhielt allerdings eine Sondergenehmigung, die es ihr gestattete, außerhalb der von NSDAP und Staat organisierten Veranstaltungen weiterhin regelmäßig öffentlich aufzutreten. Bis August 1944 unternahm sie Tourneen in Deutschland und im sog. neutralen Ausland. 1945 konnte P. ihre Schule wiedereröffnen; sie wurde 1949 als Fachschule verstaatlicht und erhielt 1993 Hochschulstatus. P. unterrichtete im Neuen Künstlerischen Tanz (NKT) sowohl Technik als auch Gestaltung. Entsprechend der Tradition der reformpädagogischen Bewegung suchte sie das individuelle kreative künstlerische Potential in jedem Schüler zu wecken und zu fördern. Eine entscheidende Rolle spielte hierbei die Improvisation. Zu ihren Schülern gehörte u. a. Ruth Berghaus; viele Absolventen der Palucca Schule Dresden wurden auch als Choreographen bekannt, z. B. Joachim Ahne, Holger Bey, Lotte Goslar, Dore Hoyer, Enno Markwart, Irina Pauls, Birgit Scherzer, Dietmar Seyffert, Arila Siegert, Stephan Thoß, Marianne Vogelsang, Hanne und Harald Wandtke sowie Ilse Lore Wöbke.|

  • Auszeichnungen

    Gründungsmitgl. d. Dt. Ak. d. Künste (1950, Vizepräs. 1965–70);
    Mitgl. d. Dt. Ak. d. Darstellenden Künste Hamburg (1965);
    Nat.-preise d. DDR (II. Kl. 1960 u. 1976, I. Kl. 1981);
    Prof. (1962);
    Vaterländ. Verdienstorden d. DDR in Gold (1972);
    Martin-Anderson-Nexö-Kunstpreis d. Stadt Dresden (1972);
    Ehrenbürgerin v. Dresden (1979);
    Stern (1980) u. Gr. Stern d. Völkerfreundschaft d. DDR (1987);
    Dt. Tanzpreis d. Dt. Berufsverbandes f. Tanzpädagogik (1983);
    BVK mit Stern u. Schulterband (1992). – Palucca-Archiv mit umfassender Slg. v. Dok. zu P.s Leben u. Werk in: Stiftung Archiv d. Ak. d. Künste Berlin-Brandenburg.

  • Literatur

    F. R. Behrens, in: Der Deutsche, 1926;
    H. Wille, in: 8-Uhr-Abendbl., 1928;
    O. Rydberg [eigtl. W. Grohmann], Die Tänzerin P., 1935 (P);
    E. Krull u. W. Gommlich, P., 1964;
    G. Schumann. P., 1972 (W, P);
    P., hg. v. d. Ak. d. Künste d. DDR, 1987 (P);
    Künstler um P., Ausst.kat. Dresden 1987 (P);
    E. Winkler u. P. Jarchow, Neuer Künstlerischer Tanz, 1996 (P);
    P. Jarchow u. R. Stabel, P., 1997 (W, P);
    P., FS Dt. Tanzpreis, 1983 (P);
    E. Sutter. in: Ausdruckstanz, 1992, S. 116-22 (P);
    Hedwig Müller, in: tanzdrama, 1992, Nr. 18, S. 20-25 (P);
    R. Stabel, Zur Gesch. d. P. Schule Dresden, 2000 (P);
    Otto Schneider, Tanzlex., 1985, S. 384;
    Wer war Wer in d. DDR. 1994, ³1995;
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR;
    Munzinger.

  • Porträts

    Fotos v. Ch. Rudolph, 1922–45, H. Erfurth, 1925–28, S. Enkelmann, 1930-38 (alle: Palucca-Archiv);
    I. Ebel, P. auf Hiddensee, 1950-92;
    E. Höhne u. E. Pohl, Fotos aus d. Unterricht, 1960-1983 (beides: Palucca Schule Dresden u. Palucca-Archiv). – W. Kandinsky, Paralleler Aufbau aus e. Punkt unten, Zwei parallellaufende Linien auf e. geraden Winkel gestützt, Drei Gebogene, die sich in e. Punkt treffen. Nach oben strebende Gerade auf einfache Gebogene gestützt, alle 1925, Feder in Tusche, zu Fotos v. Ch. Rudolph (Dresden, Staatl. Kunstslgg., Kupf.-Kab.);
    Porträtbüste, Bronze, v. G. Kolbe, 1925/6 (Palucca Schule Dresden);
    5 Tanzstud., lavierte Bleistiftzeichnungen v. dems., 1926 (Berlin, Georg Kolbe-Mus.);
    Ölgem. (Tanzender Frauenakt) v. E. L. Kirchner, 1929/30 (Privatbes., Schweiz);
    Kopf- u. Tanzstudien v. G. Jonas, 1935/37 (Palucca-Archiv);
    Ölgem. v. J. Heisig, 1991 (Palucca Schule Dresden).

  • Autor/in

    Ralf Stabel
  • Zitierweise

    Stabel, Ralf, "Palucca, Gret" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 24-25 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118739093.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA