Lebensdaten
1714 – 1800
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
preußischer Staatsmann ; Diplomat
Konfession
reformiert?
Normdaten
GND: 118687239 | OGND | VIAF: 5725178
Namensvarianten
  • Fink von Finkenstein, Karl Wilhelm Graf
  • Finckenstein, Karl Wilhelm Graf Finck von
  • Finkenstein, Karl Wilhelm Graf Fink von
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Zitierweise

Finck von Finckenstein, Karl Wilhelm Graf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118687239.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Albrecht Konrad s. (1);
    1743 Sophie Henr. Susanne (1723–62), T d. Karl Reinhold Gf. F. a. d. H. Gilgenburg (1694–1725, E d. Ernst [s. Einl.]) u. d. Sophie Charl. v. Dobrzenska;
    3 S, 3 T, u. a. Karl (s. Einl.), Elis. Amalie Charl. (1749–1813, Alex. Frdr. George Gf. v. der Schulenburg, 1745–90, preuß. Staatsmin.), Marie Sus. Karol. (1751-1828, Otto Karl Frdr. v. Voß [ 1823], preuß. Staatsmin.);
    E (S d. Karl) Karl (1772–1811), preuß. Gesandter in Wien u. Dresden.

  • Biographie

    Das nahe Verhältnis, in dem seine Eltern zur Familie Friedrich Wilhelms I. standen, ließ F. als Gespielen Kronprinz Friedrichs aufwachsen, daraus entwickelte sich ein nie getrübtes freundschaftliches Vertrauensverhältnis, wie es zwischen keinem anderen leitenden Staatsmann und Friedrich dem Großen lebenslang bestand. Das Elternhaus, der Kreis der Berliner Hugenotten, das Studium in Genf und eine Kavalierstour durch Frankreich und Holland vermittelten ihm mit feiner französischer Bildung auch die festen reformierten Grundsätze, welche dem ernsten Glauben F.s, bei aller mit den Jahren zunehmenden Toleranz, das Gepräge gaben. Entgegen der Meinung von F.s Vater vertraute der König dem 21jährigen Legationsrat bereits die erste außerordentliche Gesandtschaft an, nach Schweden (1735). Friedrich II. berief nach seiner Thronbesteigung F. sofort zurück, um ihn im Herbst 1740 (bis 1742) als bevollmächtigten Minister an den dänischen Hof zu entsenden. Eine 2jährige Verwendung im Ministerium wurde durch F.s äußerst schwierige Mission nach Hanau an den Hof des im Felde stehenden Königs von England unterbrochen, durch welche Preußen sich zugunsten Kaiser Karls VII. in die Friedensverhandlungen einschalten wollte (Juli-November 1743). 1744 begleitete F. die mit dem schwedischen Thronfolger vermählte Prinzessin Ulrike als Gesandter an den Hof zu Stockholm. Hier erlangte er großes Ansehen und bedeutenden Einfluß auf die Innen- und Außenpolitik Schwedens, dessen Abhängigkeit von Rußland er lockern und dessen Bündnis mit Preußen er vorbereiten konnte. Seine Berichte erfuhren nach Form und Inhalt eine so hohe Schätzung, daß sie noch lange jungen Diplomaten als Muster vorgelegt wurden. 1747 übertrug der König F. unter Ernennung zum Staatsminister den damals schwierigsten Posten, die Gesandtschaft zu Sankt Petersburg. F.s scharfer Beobachtungsgabe und eindringendem Urteil gelang es, das gefährliche System des Großkanzlers Bestušev zu durchschauen und Friedrich jede Illusion zu nehmen, als ob Bestuševs Preußenfeindlichkeit mit Englands Subsidienzahlung aufhören oder der Einfluß des Großkanzlers auf die Kaiserin vermindert werden könnte. Unter dem Deckmantel einer Privatreise wurde F. im Frühjahr 1749 in geheimer Mission nach Frankreich gesandt, um ein Bündnis mit Preußen zustandezubringen.

    Die Korrespondenz F.s mit dem König hatte sich längst zu einem Gedankenaustausch über die gesamte preußische Außenpolitik entwickelt. Noch im Frühsommer 1749 ernannte Friedrich den 35jährigen als Nachfolger des verstorbenen A. Freiherr von Mardefeld zum Kabinettsminister. Er überflügelte in der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten bald seinen Kollegen im Kabinett, H. Graf Podewils, der im Sommer 1756 dann weitgehend in den Hintergrund trat; seit dessen schwerer Erkrankung (1759) und Tod (1760) war F. alleiniger Kabinettsminister, bis ihm nach dem Hubertusburger Frieden E. F. Hertzberg an die Seite gestellt wurde. Wir wissen, daß Friedrich seinem engsten Mitarbeiter seine innersten Gedanken und Sorgen eröffnete und mit ihm diskutierte; leider hat der verschwiegene F. keinerlei Aufzeichnungen hinterlassen. Der Briefwechsel in seinem Amtliches und Privates umgreifenden Charakter gibt von dem Austausch der Gedanken und Gesinnungen doch nur ein unvollkommenes Bild. So hat der „Philosoph von Sanssouci“ dem Freunde in einem Briefe seinen Glauben an Gott dargelegt. In der berühmten Geheiminstruktion vom 10.1.1757 überantwortet der „erste Diener seines Staates“ für den Fall seines Todes oder seiner Gefangennahme dem leitenden Minister die Lenkung des Staatsschiffs. Und als der „König-Connétable“ nach der Niederlage von Kunersdorf alles verloren glaubte, war es F., dem er die erste Nachricht von der Katastrophe gab, ihm „Adieu für immer“ sagend; gleichwohl hat der Minister nicht einen Augenblick seine überlegene Ruhe und Geistesgegenwart verloren, wie ein Augenzeuge berichtet, sondern alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, den Hof und die Behörden dem feindlichen Zugriff zu entziehen und die Fortführung der Geschäfte und des Krieges sicherzustellen. Wie schon mehrmals erfüllte er auch den König wieder mit neuem Mut.

    In den Jahren nach dem 7jährigen Kriege drängte sich der unruhigere und phantasievollere Hertzberg wiederholt vor. Uneigennützig, lediglich dem Interesse des Staates hingegeben, stand F. dem Ehrgeiz des Jüngeren, mit dem er loyal zusammenarbeitete, in vornehmer Zurückhaltung gegenüber. Indes behielt der erste Kabinettsminister das uneingeschränkte Vertrauen des Monarchen und das große politische Gewicht, das seiner einsichtsvollen Erfahrung und seiner bis ins Detail peinlich genauen Pflichterfüllung zukam. Dem immer einsamer werdenden „alten Anachoreten“ in Potsdam blieb er als einer der wenigen alten Freunde und Gesprächspartner unentbehrlich. Selbst die ungerechtfertigte Absetzung von F.s Sohn Karl hat das persönliche Verhältnis nicht beeinträchtigen können.

    Auch die folgenden beiden Könige legten großen Wert auf sein – ihm selbst weniger erwünschtes – Bleiben im Amt. Galt er doch nachgerade als der letzte große Vertreter des echten Friderizianismus. Freilich die engen Beziehungen zum Monarchen wie zu den Kollegen im Kabinett bestanden nicht mehr. So schwand sein Einfluß auf die Geschäfte mit zunehmendem Alter, eine früher nicht gekannte ängstliche Behutsamkeit und eine gewisse Pedanterie machten sich gelegentlich bemerkbar. Doch selbst als der Greis anläßlich seines 50jährigen Ministerjubiläums um seine Entlassung nachsuchte, bat ihn Friedrich Wilhelm III., ihm seinen Rat weiterhin zur Verfügung zu stellen. So blieb F. bis zu seinem Tode im Amt.

    Unter der Selbstregierung eines genialen Monarchen blieb es F. versagt, ein Staatsmann von überragender Bedeutung zu werden. Und doch war er mehr als ein bloßer Gehilfe, als ein Werkzeug des großen Königs; er war ihm eine notwendige Ergänzung. Entschlossener und für die Pläne Friedrichs verständnisvoller als Podewils, stetiger, besonnener und von tieferem Verantwortungsbewußtsein erfüllt als Hertzberg, milderte F.|oft die einseitige Schärfe, zügelte das Temperament des gelegentlich unbedachten Königs und wußte ihn in schweren Krisen zu trösten und durch die eigene Unerschütterlichkeit wiederaufzurichten. Wenn auch der Monarch alles selbst entschied, fragte er doch stets F. um seinen Rat, den er nicht zuletzt um des Freimuts willen so hoch schätzte, mit dem F. seine abweichenden Meinungen zur Geltung brachte. Man wird sich hüten müssen, den Einfluß F.s auf die Politik Friedrichs II. und seine Bedeutung für die Behauptung Preußens als Großmacht zu unterschätzen. Wenn freilich die Epigonen vermeinten, mit der Beibehaltung F.s im Ministeramt auch den Geist und die Erfolge der friderizianischen Zeit in einer veränderten Welt bewahren zu können, so überschätzten sie damit offenbar die Möglichkeiten einer einzelnen Persönlichkeit, zumal eines Greises.

  • Literatur

    K. L. v. Woltmann, Sämtl. Werke X, 1820, S. 113 ff. (Biogr. F.s);
    M. Klinkenborg, Materialien z. Gesch. d. Geh. Staatsrain. Gf. K. W. F., in: FBPG 28, 1915, S. 563-74;
    E. Joachim u. M. Klinkenborg (s. o.) I, S. 135 f., 234, 250-77, 286 ff., 309 ff., 449 ff. (P);
    Pol. Korr. Frdr. d. Gr., 46 Bde., 1879-1931;
    H. Wallis, Die pol. Tätigkeit d. Gf. Finckenstein als Gesandter… nach s. Briefwechsel… 1740-48, Diss. Greifswald 1938 (L, Qu.);
    Rößler-Franz.

  • Porträts

    Ölgem. (Bonn, H. W. Gf. Finckenstein).

  • Autor/in

    Lothar Graf zu Dohna
  • Zitierweise

    Dohna, Lothar Graf zu, "Finck von Finckenstein, Karl Wilhelm Graf" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 152-154 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118687239.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Finkenstein: Karl Wilhelm Graf Fink v. F., geb. 11. Februar 1714, 3. Januar 1800, wurde als Gespiele und Jugendfreund des Kronprinzen Friedrich, dessen Gouverneur Karl Wilhelms Vater, der Feldmarschall Graf F., war, dem Könige Friedrich Wilhelm I. schon frühzeitig und vortheilhaft bekannt. Kaum war er daher nach zu Genf vollendeten Studien von einer Reise durch Frankreich und Holland in die Heimath zurückgekehrt, als der König den Einundzwanzigjährigen, trotz der Einsprache des eigenen Vaters, der ihn für zu jung hielt, zum Legationsrath machte und in außerordentlicher Mission, doch ohne öffentlichen Charakter, 1735 nach Stockholm sandte, wo er nach des Königs Ansicht, ohne etwas zu hazardiren, viel lernen und sich für die Geschäfte vorbereiten konnte. Den König trog seine Ansicht nicht. F. versah die ihm anvertraute Stellung so gut, daß ihn der König, trotz mehrmaliger Absicht, ihn anderweit zu verwenden, doch bis zu seinem Tode (1740) am schwedischen Hofe beließ. Der Regierungsantritt Friedrichs II., der seinem Jugendgefährten bis zum Tode ein unerschütterliches freundschaftliches Wohlwollen bewahrte, änderte seine Stellung. Gleich den meisten andern auswärtigen Vertretern Preußens nach Berlin zurückgerufen, ward er während des nächsten Jahrzehnts zu vier verschiedenen diplomatischen Sendungen von immer steigender Bedeutung verwendet. Im Herbst 1740 wurde er zunächst mit dem Rang eines geheimen Legationsraths als bevollmächtigter Minister an den dänischen Hof gesandt, um die zwischen diesem und Preußen bestehenden guten Beziehungen zu pflegen und zu fördern. In rühmlichster Weise entledigte er sich des Auftrages und verließ, von Friedrich zurückberufen, Copenhagen im Herbst 1742 nach fast zweijährigem Aufenthalt daselbst. Im Sommer des folgenden Jahres (1743) erhielt er den schwierigen Auftrag, die Interessen Preußens bei Georg II, von England, der damals am Rhein mit Oesterreich und Kaiser Karl VII. über ein Verständniß unterhandelte, zu vertreten. Es gelang ihm, der beabsichtigten Ausschließung Preußens von den Verhandlungen geschickt vorzubeugen und noch im Herbst dieses Jahres kehrte er an den Hof zurück. Im folgenden Sommer (1744) geleitete er des Königs Schwester Louise Ulrike nach Stockholm zur Vermählung mit ihrem Verlobten, dem schwedischen Thronfolger und blieb dort bis zum Herbst 1746. Seine Berichte gefielen dem König ebenso gut, wie seine Persönlichkeit dem schwedischen Hof; auch gelang es ihm, die 1747 zu Stande kommende Allianz zwischen Preußen, Schweden und Rußland anzubahnen.

    Es galt in jenem Augenblick den Gesandtschaftsposten zu Petersburg, der durch Mardefeld's Berufung ins Cabinetsministerium an Stelle des eben abgelebten Borcke, erledigt war — den wichtigsten und schwierigsten von allen — neu zu besetzen. Friedrichs Wahl fiel auf F., dessen Creditif vom 25. Februar 1747 gleichzeitig mit seiner Ernennung zum wirklichen geheimen Staatsminister datirt. Die Erhebung des jungen, dreiunddreißigjährigen Diplomaten zum höchsten Beamtenrange war, äußerlich betrachtet, eine Folge des Umstands, daß Graf Keyserlingk, der Vertreter Rußlands in Berlin, eben diesen Rang hatte; doch wünschte ihm Friedrich dadurch gleichzeitig einen Beweis seiner Anerkennung und|seines hohen Vertrauens zu geben, wie er denn in dem bezüglichen Handschreiben an Podewils sagt, daß das Verdienst und die frühreifen Talente Finkenstein's ihn bewögen, demselben einen für sein Alter vorzeitigen Rang zu geben. Sagt ihm, schließt er, daß er Minister sei, da er dessen würdig ist und mir zu dienen fortfahre, wie er es bisher gethan. Ende 1748 aus Rußland zurückberufen, um des eben verblichenen Mardefeld's Stelle im Cabinet zu übernehmen, wurde F. nach der Rückkehr von einer Urlaubsreise nach Frankreich am 5. Juni 1749 zum Cabinetsminister bestallt, eine Stellung, die er mehr als 50 Jahre ununterbrochen inne hatte. Sein Correspondenz mit dem König trägt gleich der Podewils', seines Amtsgenossen, neben dem offiziellen, einen privaten Charakter. Es spiegelt sich darin das Verhältniß zweier gleichgestimmter Seelen, die über alle Angelegenheiten des Lebens ihr Herz einander auszuschütten geneigt und gewöhnt sind. In hervorragendem Maß tritt dies zuerst in der Zeit kurz vor Ausbruch des siebenjährigen Krieges, Sommer 1756, hervor, wo der König an der freudig entschlossenen, zustimmenden Haltung seines Ministers einen Halt fand. Die wechselreichen Jahre 1757—60 boten dem Monarchen mehr als einmal Gelegenheit, dem Minister seine Stimmungen und Gefühle ohne Rückhalt zu offenbaren, diesem aber seinem Herrn Beweise seiner unbedingten Ergebenheit und unermüdlichen Thätigkeit zu geben. Nach dem Schlag von Kollin (1757) suchte F. den Bekümmerten durch seine Trost- und Hoffnungsworte aufzurichten; er ist's, dem der König vor seinem Abgang ins Feld am 10. August 1758 jene berühmte geheime Instruction übergibt, in der er Vorkehrungen traf für den Fall, daß er nicht mehr lebend zurückkehrte; er ist's, der bei Podewils' Kränklichkeit in den Jahren 1758—60 den größten Theil der Geschäfte auf seinen Schultern trägt, mit dem Könige in dessen Winterquartieren persönlich zu konferiren, dessen Züge auf dem Felde mit den seinen in der Politik zu secundiren hat. Er ist's auch, der nach dem Unglückstage von Kunersdorf (12. August 1759) mit derselben unerschütterlichen Geistesruhe wie der König aus dem Schiffbruch zu retten suchte, was zu retten war, und der in den letzten Kriegsjahren, wo er, seit Podewils' Tod bis zu Hertzberg's Eintritt (1760—63) allein die Geschäfte des Cabinets versah, in fast ununterbrochener Uebereinstimmung mit dem Könige durch eine kühne und geschickte Politik den Frieden, der durch Friedrichs Siege ermöglicht wurde, sichern half. Als öfteres Zeichen seiner Erkenntlichkeit verlieh ihm der König noch vor dem förmlichen Friedensschluß eine einträgliche Domherrnstelle zu Halberstadt und die höchste Ordensdecoration des Staates, den Orden vom schwarzen Adler (1762).

    Wenngleich F. in der zweiten Hälfte von Friedrichs Regierung hinter dem unternehmenderen und vielseitigen Hertzberg, dem Unterhändler zu Hubertusburg, dem Verfasser der Deductionen von Preußens Anrechten auf Polnisch-Preußen, dem eifrigsten Förderer des Fürstenbunds etwas zurücktritt, so blieb ihm doch das Vertrauen des Königs unvermindert. Dies zeigte sich besonders zur Zeit des bairischen Erbfolgekriegs, wo Finkenstein's Ansichten vom Könige nicht nur vorher verlangt und für richtig befunden wurden, sondern während dessen der König mit ihm auch in ständiger, sei es mündlicher oder schriftlicher Correspondenz verblieb und ihm seine geheimsten Sachen, so die Correspondenz mit Joseph II., mittheilte. Auf Grund der von ihm Nov. 1778 zu Breslau dem Könige eröffneten Ideen kam dann im Mai des folgenden Jahres der Friede von Teschen zu Stande. Auch in der Angelegenheit des Fürstenbunds wirkte F. nach Kräften mit, wie denn die Correspondenz der letzten sechs Jahre von Friedrichs Regierung gutentheils von diesem Gegenstand erfüllt ist. Bis in den Herbst 1779 gehen die ersten Eröffnungen des Königs an F. darüber zurück. Seit dem Herbst 1783 wurde die Correspondenz darüber lebhafter und in dem|Jahre vor dem Abschluß, 1784— Sommer 1785, vergeht fast kein Tag ohne Mittheilungen darüber von der einen oder andern Seite. F. war es beschieden, die Verträge mit Hannover und Sachsen wie mit den kleineren deutschen Fürsten am 23. Juli 1785, den mit Kurmainz am 18. Okt. desselben Jahres zu unterzeichnen.

    Auch Fr. Wilhelm II., mit dem F. noch als jener Kronprinz war gelegentlich der Vorbereitungen für den Fürstenbund in ein näheres Verhältniß getreten war, brachte dem Minister aufrichtig freundschaftliche Gesinnungen und volles Vertrauen entgegen. Er bethätigte dies gleich bei dem ersten Zwischenfall in seiner Regierung, seinem Verhalten gegenüber den holländischen Wirren, wo er Hertzbergs Vermittlungsvorschläge F. zur Ansicht unterbreitete, und erst dann sich schlüssig machte. Seit der Zurdispositionsstellung Hertzbergs (1791) und der Reorganisation des Kabinetsministeriums, dem Eintritt Schulenburgs und Alvenslebens nahm die frühere persönliche Correspondenz ab, doch blieb die officielle mit dem Kabinet in alter Weise bestehen. Bis zum Ende dieser Regierung bleibt F. von Einfluß auf die Geschäfte, wenngleich er denselben mit seinen Collegen theilt und das persönliche Band, das den Minister mit dem großen Friedrich verknüpfte, dem hoher Achtung unter seinen Nachfolgern wich.

    Faßt man die Periode des vorwaltenden Einflusses von F. mit einem Blick zusammen, so wird man seinen politischen Einfluß nicht hoch genug anschlagen können. Wenngleich sein Gebieter sich seine Aufgabe und den Plan zu ihrer Lösung selbst gezeichnet hatte und nicht gemeint war, darin der Directive Anderer zu folgen, so wußte er den Werth gewissenhafter, ergebener und klar und ruhig denkender Berather nicht nur zu würdigen — sie waren ihm geradezu unentbehrlich, um das Feuer seines Temperamentes zu mildern, ihn in Zeiten des Glücks vor zu großem Wagniß, denen des Mißgeschicks vor der Verzweiflung zu wahren. F. begriff seine Aufgabe als Minister eines solchen Gebieters, den er als Herrscher verehrte und zugleich als Freund liebte, vollkommen. Indem er sich stets als ein eifriger und genauer Ausführer der Befehle des Königs bewies, trug er doch nie, so oft sein Rath vorher in Anspruch genommen wurde, oder die Stimme des Gewissens es ihm sonst zu gebieten schien, einen Augenblick Bedenken, dem Könige mit seiner — oft abweichenden — Meinung entgegenzutreten. Das Verhältniß gegenseitiger Hochachtung und Liebe war der Grund, auf dem sich ihr enges geschäftliches Verhältniß erhob; und gerade des Ministers edlen Freimuth stellte der König als eine seiner vorzüglichsten Eigenschaften hin, an die er öfters zumal in besonders schwierigen Fragen direkt appellirte. Der Umstand, daß F. in den gefährlichsten Zeiten des siebenjährigen Kriegs den König mit Muth und Zuversicht zu erfüllen, die preußische Politik mit untadelhafter Sicherheit und Entschlossenheit zu leiten gewußt, genügt, ihm für immer ein dankbares Andenken als Staatsmann zu bewahren. — Seine persönlichen Eigenschaften scheinen ihm ebenso sehr die Liebe und das Vertrauen der Mitlebenden gewonnen zu haben. Er wird als eine einnehmende Persönlichkeit, von freundlich-mildem Gesichtsausdruck und feinster Sitte geschildert, die jeden, der zu ihr in Beziehungen trat, angenehm berührte und ihre geistige und körperliche Frische — die Folgen einer gesunden Constitution und eines musterhaften Lebens — bis in's höchste Alter unvermindert bewahrte. So war es ihm. als Einzigem, beschieden, wenige Monate vor seinem Tode, im Juni 1799, sein 50jähriges Jubiläum als Kabinetsminister zu feiern, dem schon zwei Jahre früher das als Staatsminister vorangegangen war. Dieselbe Frische bewog ihn, seinem Amt bis zum letzten Athemzuge vorzustehen. Erst sein am 3. Januar 1800 erfolgender Tod machte hier seinem Wirken ein Ende.

    • Literatur

      Vgl. Klaproth, Abriß des Lebens von Graf Finkenstein, Manuscript im K. Geh. Staats-Archiv zu Berlin; Cosmar und Klaproth, Gesch. des Kgl.Preuß. Staatsraths 425 ff.; A. Schmidt, Gesch. der preuß.-deutschen Unionsbestrebungen; Droysen, Gesch. der Pr. Politik V, 2; v. Ranke, die deutschen Mächte und der Fürstenbund.

  • Autor/in

    Isaacsohn.
  • Zitierweise

    Isaacsohn, Siegfried, "Finck von Finckenstein, Karl Wilhelm Graf" in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 22-25 unter Finkenstein [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118687239.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA