Lebensdaten
1901 – 1954
Geburtsort
Hamburg
Sterbeort
Braunlage (Harz)
Beruf/Funktion
sozialdemokratischer Politiker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118678604 | OGND | VIAF: 10639911
Namensvarianten
  • Dahrendorf, Gustav
  • Dahrendorf, Gustav Dietrich Johannes

Orte

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Zitierweise

Dahrendorf, Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118678604.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Matthias Gustav, Arbeiter in Hamburg;
    M Rebecka Lucia, T des Arbeiters Barthold Umland in Kahlesand u. der Anna Rebecka Kath. Hasselbusch;
    Hamburg 1927 Lina Maria, T des Boten Ludw. Frdr. Witt in Hamburg u. der Magda Christina Sörnsen;
    2 S, u. a. Ralf (* 1929) Soziologe, FDP-Pol..

  • Biographie

    D., der in Hamburg die Volksschule besuchte und anschließend eine kaufmännische Lehre absolvierte, ist aus der sozialistischen Jugendbewegung hervorgegangen. Seine Kritik an der traditionalistischen Erstarrung der eigenen Partei führte ihn in den 1923 begründeten „Hofgeismarkreis der Jungsozialisten“, der auf Grundlage des Bekenntnisses zu Volk, Staat und Sozialismus für eine Erneuerung der Sozialdemokratie wirkte. Entscheidend für sein politisches Ethos wurde die geistige Begegnung mit Max Weber, in dessen Schrift „Politik als Beruf“ der 22jährige einen Maßstab politischen Handelns fand. Seit 1924 - wie sein Hofgeismarer Gesinnungsfreund Theodor Haubach - Redakteur des „Hamburger Echo“, wurde er 1927 in die Hamburger Bürgerschaft und im November 1932 als jüngstes Mitglied der SPD-Fraktion in den Reichstag gewählt. Nachdem er 1933 zweimal verhaftet worden war, schuf sich D. eine neue Existenz im Kohlengroßhandel (zunächst Volontär, später Prokurist und Direktor), die er zur Tarnung seiner illegalen|Verbindungen ausnutzte. Als Angehöriger des sozialistischen Widerstandskreises um Julius Leber und Wilhelm Leuschner wurde er nach dem 20. Juli 1944 - er war als Zivilkommissar für den Wehrkreis X vorgesehen - zu 7 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Befreiung spielte er eine maßgebende Rolle in der sowjetischen Besatzungszone (1. Vizepräsident der Zentralverwaltung der Brennstoffindustrie, Mitglied des Zentralausschusses der SPD) und trat zunächst warm für eine einheitliche deutsche Arbeiterpartei ein, die nach den Erfahrungen der Weimarer Zeit geboten schien, um dann zum Vorkämpfer gegen die ersten Anzeichen des neuen Totalitarismus zu werden. Als er am 11.2.1946 mit seinem Antrag, der Zwangsvereinigung von SPD und KPD durch Selbstauflösung der SPD zuvorzukommen, im sozialdemokratischen Zentralausschuß nicht durchdrang, kehrte er nach Hamburg zurück. Die Bürgerschaft, der er seit Oktober 1946 wieder angehörte, delegierte ihn 1947 in den Zwei-Zonenwirtschaftsrat, als dessen 1. Vizepräsident er bis 1949 fungierte. Sein Hauptwirkungsfeld fand er in den Konsumgenossenschaften. Nach steilem Aufstieg (1946 Geschäftsführer der „Produktion“, Hamburg; 1947 Geschäftsführer, 1949 Vorsitzender der Großeinkaufsgesellschaft deutscher Konsumgenossenschaften = GEG) verwaltete er seit 1951 die Ämter des Vorsitzenden des Zentralverbandes deutscher Konsumgenossenschaften und der GEG in Personalunion. - D. ist bis zu seinem frühen Tode der kritische, undogmatische Sozialist geblieben, als der er begonnen hat. Seine Gesamtkonzeption wurde von dem Gedanken der „dritten Kraft“ bestimmt. Außenpolitisch bedauerte er die fehlende demokratisch-sozialistische Initiative in der Europapolitik. Innenpolitisch wollte er in der SPD den Kristallisationskern der künftigen großen „Linkspartei“ sehen, die allein der Restauration Einhalt gebieten könne. Dabei erschien ihm das relative Mehrheitswahlrecht als das gegebene Mittel, die Vorherrschaft der Parteiapparate zu brechen und die „unechten“ weltanschaulichen und konfessionellen Gegensätze in der deutschen Politik zu überwinden. Wirtschaftspolitisch vertrat er sowohl den Neoliberalen als auch den Planwirtschaftlern gegenüber das Konzept einer wesentlich durch gemeinwirtschaftliche Elemente bestimmten „regulierten Marktwirtschaft“. In diesem Sinne galt ihm die Genossenschaftsbewegung - über die unmittelbare Aufgabe der Selbsthilfe hinaus - als innerhalb des kapitalistischen Systems vorgebildeter „sozialer Ordnungsfaktor“ einer neuen Wirtschaftsverfassung.

  • Werke

    Der Mensch d. Maß aller Dinge, Reden u. Schrr. z. dt. Politik 1945-1954, hrsg. u. eingel. v. R. Dahrendorf, 1955 (P).

  • Literatur

    W. G. Oschilewski, G. D., 1955 (P);
    W. Hammer, Theod. Haubach z. Gedächtnis, 1955, S. 77 ff. (P);
    ders., Hohes Haus in Henkers Hand, 1956, S. 34 f. (P);
    Reichstagshdb. VII u. VIII (Wahlperiode 1932/33).

  • Porträts

    Ölgem. v. E. Firnrohr (Bank f. Gemeinwschft., Frankfurt a. M.);
    Pastellbild v. A. Kammermeier (Konsumgenossenschaft Mannheim).

  • Autor/in

    Erich Matthias
  • Zitierweise

    Matthias, Erich, "Dahrendorf, Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 484-485 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118678604.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA