Lebensdaten
1827 – 1901
Geburtsort
Hirzel (Kanton Zürich)
Sterbeort
Zürich
Beruf/Funktion
Schriftstellerin ; Jugendschriftstellerin
Konfession
protestantisch?
Normdaten
GND: 118616455 | OGND | VIAF: 76323123
Namensvarianten
  • Spyri, Johanna Louise
  • Heusser, Johanna (geborene)
  • Spyri, Johanna
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Zitierweise

Spyri, Johanna, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616455.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Jakob (1783–1859), aus Hombrechtikon, Landarzt in H. (s. HLS), S d. Hans Jakob Heusser (1740–1818), Bauer, Naturarzt in d. Weisserlen (Gde. Schönenberg, Kt. Zürich), u. d. Katharina Hofmann (1751–90);
    M Meta (1797–1876), pietist. Lyrikerin (s. NDB IX; HLS), T d. Diethelm Schweizer (1751–1824), seit 1896 Pfarrer in H. (s. HLS), u. d. Anna Gessner (1757–1836), aus alter Zürcher Fam.;
    Ur-Gvm Kaspar Gessner (1720–90) Pfarrer in Dübendorf (Kt. Zürich);
    Gr-Om Georg Gessner (1765–1843, 1] Barbara, T d. David Schulthess, 1729–78, Seidenfabr., s. NDB 23 Fam.art., u. d. Barbara [Bäbe] Schulthess-Wolf, 1743–1818, Freundin v. Goethe u. Lavater, 2] Anna, T d. Johann Caspar Lavater, 1741–1801, phil.-theol. Schriftst., ref. Theol., s. NDB 13), Prof. d. Theol. in Z., Antistes ebd. (s. ADB IX);
    Tante-m Elisabeth Wichelhausen-Gessner, in Z.;
    2 B u. a. Jakob Christian Heusser (1826–1909), Dr. phil., PD f. Mineral. an d. Univ. in Z., emigrierte 1856 nach Brasilien, seit 1859 Geol., Vermessungsing. u. Grundbes. in Argentinien, Erbe d. Doktorhauses in H. (s. HLS), 3 Schw;
    Wollishofen (heute Gde. Zürich) 1852 Johann Bernhard Spyri (1821–84), aus Thurgauer Fam., seit 1854 Bürger v. Z., Jur., RA, Redaktor, seit 1868 Stadtschreiber in Z. (s. Kosch, Biogr. Staatshdb.; Zürcher Personenlex.), S d. Färbermeisters Johann Bernhard Spyri (1784–1851) u. d. Anna Katharina Lingenbohls (1791–1824);
    1 S Bernhard Diethelm (1855–84), cand. iur.; N d. Ehemanns Emilie (Emily) Kempin-S. (1853–1901), Dr. iur. utr., erste habilitierte Juristin in d. Schweiz, emigrierte 1888 in die USA u. gründete 1889 in New York e. Rechtsschule f. Frauen, 1891 PD an d. Univ. in Z., 1895–97 Rechtsberaterin in Berlin (s. L).

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volksschule und der „Repetierschule“ sowie einer privaten Sekundarschule (im Pfarrhaus) auf dem Hirzel lebte S. 1843/44 bei ihrer Tante Elisabeth Wichelhausen-Gessner in Zürich, wo sie Hausunterricht in Fremdsprachen und Musik erhielt. 1844/45 verbrachte sie mehr als ein Jahr in Yverdon (Kt. Waadt) bei einer Arztfamilie und lernte Französisch, um nach ihrer Rückkehr nach Hirzel die jüngeren Schwestern zu unterrichten. In dieser Zeit wandte sie sich mit Leidenschaft der Literatur zu, v. a. den Werken Goethes und Annette v. Droste-Hülshoffs. Nach ihrer Heirat mit Johann Bernhard Spyri, einem Freund des ältesten Bruders Dr. med. Theodor (1822–93), zog S. in die Stadt Zürich. Jahrelange Depressionen, unter denen sie seit der Geburt des einzigen Kindes gelitten hatte, überwand sie erst mit der Übersiedlung in die Amtswohnung ihres Mannes im Stadthaus 1868. In ihrer Eigenschaft als „Frau Stadtschreiber“ übernahm sie seitdem soziale Aufgaben, z. B. in der Aufsichtskommission der „Höheren Töchterschule“ (1875–92). Einschneidende Erlebnisse waren die Krankheit und der frühe Tod ihres Sohnes und wenig später ihres Ehegatten 1884. Als finanziell unabhängige Witwe zog sich S. 1884 in die „Escherhäuser“ in Zürich zurück, reiste viel und lebte jährlich mehrere Wochen in Montreux.

    S. begann schon als Kind Gedichte und kleine Theaterspiele zu schreiben. Später publizierte sie in der von ihrem Ehemann redigierten „Eidgenössischen Zeitung“ Gedichte; inspirierend wirkte vor und nach ihrer Hochzeit ein literarischer Frauenkreis in Chur. 1853 verfaßte sie für eine Feier zum 40. Geburtstags Richard Wagners einen anonym vorgetragenen Festgesang. Wichtig für ihre Integration in die Zürcher Gesellschaft wurde der enge Austausch mit der Familie Conrad Ferdinand Meyers. Erst 1871 begann ihre Tätigkeit als Erzählerin, angeregt von dem Bremer Pastor Cornelius Rudolf Viëtor; als erstes erschien die Geschichte „Ein Blatt auf Vrony's Grab“, die sofort Erfolg hatte; 1872/73 folgten vier weitere autobiographisch geprägte Erzählungen für Erwachsene. Nach dem Tod der dichtenden Mutter 1876 begann S., Erzählungen für Kinder zu schreiben, als erstes „Am Silser- und am Gardasee“, publiziert in dem Band „Heimathlos“ (1878). In rascher Folge entstanden 48 Erzählungen, davon 32 für Kinder, elf für Erwachsene, fünf für „junge Mädchen“. Besonders die Geschichten in S.s Kinder- und Jugendbüchern sind meistens in ländlicher Umgebung, hoch über dem Zürichsee oder in den Alpen angesiedelt. Wiederkehrende Themen sind die große lebhafte Kinderschar im elterlichen Arzthaus, die Gegenwart einer|„frommen“ Großmutter, die Liebe zu den Bergen, Krankheiten und soziale Mißstände, der Gegensatz von Stadt und Land sowie zwischen der Schweiz und Deutschland und nicht zuletzt das Vertrauen auf einen Gott, der in der Natur zu finden ist. Charakteristisch für S.s Geschichten ist auch eine Vielzahl zitierter Kirchenliedstrophen.

    Im Sommer 1879 verfaßte S. in wenigen Wochen das Erfolgsbuch „Heidi's Lehr- und Wanderjahre“ (1880), die archetypische Geschichte des naturverbundenen Waisenkinds, das nach der traumatischen Heimwehkrankheit in Frankfurt/M. zurückfindet zur Geborgenheit in den Bergen und bei Gott. Der flüssige Erzählstil, die spannungsreiche, auf eine überraschende und friedliche Lösung hin tendierende Handlung zeichnen S.s Bücher aus und verhalfen v. a. „Heidi“ weltweit zu millionenstarken Auflagen sowie mehrfacher Vertonung, Verfilmung und Inszenierung als Musical. S. ist wegen dieses Erfolgs eine der meistgelesenen Schriftstellerinnen der Welt und gilt heute oft als berühmteste Schweizerin, v. a. in Japan, wo 1974 die erfolgreiche Trickfilmserie „Heidi, the girl of the Alps“ von Isao Takahata produziert wurde.

    Kritik erfuhren S.s Schriften schon zu ihren Lebzeiten v. a. wegen der darin vertretenen religiös-konservativen Positionen sowie ihrer gegen die Frauenemanzipation gerichteten Tendenz (z. B. in „Sina“, 1884). Beide Punkte werden heute differenzierter diskutiert, desgleichen S.s Schilderung sozialen Elends, das jeweils eine wunderbare Wendung nimmt, nicht aber in eine politische Perspektive gerückt wird.

  • Werke

    Weitere W Verirrt u. gefunden, 5 Gesch., 1873;
    Aus Nah u. Fern, 2 Gesch., 1879;
    Verschollen, nicht vergessen, 1879;
    Im Rhonethal, 1880;
    Aus unserem Lande, 2 Gesch., 1880;
    Am Sonntag, 1881;
    Heidi kann brauchen, was es gelernt hat, 1881;
    Ein Landaufenthalt v. Onkel Titus, 1881;
    Kurze Gesch. f. Kinder u. auch f. Solche, welche d. Kinder lieb haben, 2 Bde., 1882/86;
    Wo Gritlis Kinder hingekommen sind, 1883;
    Gritlis Kinder kommen weiter, 1884;
    Zwei Volksschrr., 2 Bde., 1884/91;
    Aus d. Leben e. Advocaten, 1885;
    Was soll denn aus ihr werden?, 1887;
    Arthur u. Squirrel, 1888;
    Was aus ihr geworden ist, 1889;
    Aus d. Schweizer Bergen, 3 Gesch., 1889;
    Cornelli wird erzogen, 1890;
    Keines zu klein, Helfer zu sein, 3 Gesch., o. J. (1890);
    Schloß Wildenstein, 1892;
    Einer vom Hause Lesa, 1894;
    Die Stauffer-Mühle, 1901;
    H. u. R. Zeller (Hg.), J. S., Conrad Ferdinand Meyer, Briefwechsel 1877–1897, 1977 (s;
    L);
    Bibliogr.:
    J. S. u. ihr Werk, Lesarten, 2004 (s. L);
    Nachlaß:
    J. S.-Archiv im Schweizer. Inst. f. Kinder- u. Jugendmedien, Zürich, Hss.abt. d. Zentralbibl. Zürich;
    Ausst.:
    J. S.Mus., Hirzel.

  • Literatur

    | H. u. R. Zeller (Hg.), J. S., Conrad Ferdinand Meyer, Briefwechsel 1877–1897, 1977 (Komm. u. Einl.);
    M. Heusser-Schweizer, Hauschronik, hg. v. K. Fehr, 1980;
    J. Winkler, „Ich möchte dir meine Heimat zeigen“, Biographisches zu J. S. u. ihren Hirzler Vorfahren, 1982 (W, P;
    Nachdr. u. d. T.: J. S., Aus d. Leben d. „Heidi“-Autorin, 1986);
    R. Fröhlich u. J. Winkler, J. S., Momente e. Biogr., Ein Dialog, 1986 (P);
    R. Schindler, J. S., Spurensuche, 1997 (W, P);
    dies., J. S.s Rel. d. Großmütter, in: H. F. Rupp u. a. (Hg.), Denk-Würdige Stationen d. Rel.päd., 2005, S. 199–219;
    dies., Die Memorabilien d. Meta Heusser-Schweizer (1797–1876), 2007 (W, L, P, mit CD-ROM u. Stammtafeln);
    dies., J. S. (1827–1901), Neue Entdeckungen zu e. bekannten Autorin (in Vorbereitung);
    J. Villain, Der erschriebene Himmel, J. S. u. ihre Zeit, 1997 (P);
    M. v. Wartburg, Lichte Höhen, dunkles Tal, Das Leben d. J. S., Roman, 2000 (P);
    E. Halter (Hg.), Heidi, Karrieren e. Figur, 2001 (P);
    G. Escher u. M.-L. Strauss, J. S., 2001 (P);
    Schweizer. Inst. f. Kinder- u. Jugendmedien (Hg.), J. S. u. ihr Werk, Lesarten, 2004 (W, L, Abdruck v. Briefen);
    D. Stump u. a., Dt.sprachige Schriftstellerinnen in d. Schweiz, 1994;
    Zürcher Personenlex.;
    Schweizer Lex.;
    HLS;
    Frankfurter Biogr.;
    Lex. d. 1000 Frauen;
    Doderer I (Art. Heidi), III (Art. Spyri);
    Killy, Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    zu Emilie Kempin-Spyri: M. Delfosse, E. K.-S. (1853–1901), Das Wirken d. ersten Schweizer Juristin unter bes. Berücksichtigung ihres Einsatzes f. d. Rechte d. Frau im schweizer. u. dt. Privatrecht, Diss. Zürich 1994;
    Juristinnen.

  • Porträts

    Fotos u. Ölgem. (J. S. im Alter v. etwa 21 J.) v. A. Fries (J.-S.-Archiv, Zürich).

  • Autor/in

    Regine Schindler
  • Zitierweise

    Schindler, Regine, "Spyri, Johanna" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 772-773 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616455.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA