Lebensdaten
1743 – 1807
Geburtsort
Herrnhaag (Wetterau)
Sterbeort
Wiesbaden
Beruf/Funktion
Kunstschreiner ; Kunsttischler ; Möbelfabrikant
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118601954 | OGND | VIAF: 54310487
Namensvarianten
  • Roentgen, David

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Zitierweise

Roentgen, David, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118601954.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Abraham (s. 1);
    M Susanne Marie Bausch;
    Sundhofen (Elsaß) 1773 Katharina Dorothea (1749–1825, 2] Johann Heinrich Stobwasser, 1740–1829, Lackwarenfabr. in Braunschweig, s. ADB 36; ThB; Braunschweig. Biogr. Lex.), T d. Emanuel Scheurer, Pfarrer in Sundhofen;
    6 S (3 früh †) Philipp Jakob (1777–1855, Henriette Stobwasser, * 1778), gründete in Gnadenfeld (Oberschlesien) zwei pietist. Erziehungsanstalten, August v. R. (1781-1865, preuß. Adel 1824/26, Carolina Olivia v. Trepka), Dr. iur., nassau. Beamter, Dipl. u. a. beim Wiener Kongreß, 1833 nassau. u. braunschweig. BT-Gesandter, Justizrat, ghzgl. bad. u. hzgl. nassau. Min.resident im Haag (s. ADB 29), Heinrich (1787–1811), Biologe, führte Forschungsreisen durch Afrika durch (s. Henze, Enz. d. Erforscher u. Entdecker; H. Plischke, Johann Friedrich Blumenbachs Einfluß auf d. Entdeckungsreisenden seiner Zeit, 1937, S. 42-47, P);
    2 T (beide früh †).

  • Biographie

    Nach einer Schreinerlehre bei seinem Vater arbeitete R. seit ca. 1760 zunächst als Schreinergeselle in der Manufaktur des Vaters, dürfte jedoch bereits um 1767 in der Werkstatt weitgehend bestimmend gewesen sein, da Abraham aufgrund der Absatzprobleme nach dem Siebenjährigen Krieg zunehmend resignierte. 1768 beantragte R. zur Rettung des Unternehmens in Hamburg einen Lotterieverkauf für seine Produkte, worauf er aus der Gemeine ausgeschlossen wurde. Die am 29.5.1769 ausgespielte Lotterie wurde ein voller Erfolg, die Erlöse entschuldeten das Unternehmen und machten es v. a. weithin bekannt. In die folgende Zeit der Neuorganisation der Manufaktur, die R. 1772 offiziell übernommen hatte, fiel der Übergang zum Klassizismus (1771 lieferte R. Möbel nach Entwürfen v. Friedrich Wilhelm v. Erdmannsdorff für Schloß Wörlitz u. um 1772 e. Zylinderbureau f. d. Mannheimer Schloß). Es wurden neue Möbeltypen wie der secrétaire à abattant und ein Roll- und Zylinderbureau entwickelt, außerdem neue Furniertechniken in Chiaroscuro-Manier angewandt und die Verarbeitungsmethoden rationalisiert. Gezielte Marktstrategien wie Ausstellungen, Annoncen in Zeitungen, eine Dependence in Paris und zahlreiche Schüler, die an die Höfe gesandt wurden, machten den Namen Roentgen bis zum Ende des Ancien Régime zum Begriff für „rare Kunst- und Cabinettstücke“ in ganz Europa.

    Die Grundlage des Aufstiegs zur marktbeherrschenden Manufaktur in Mittel-, West- und Osteuropa bildete 1774 ein fürstl. wiedisches „Fabriken Privilegium“, das R. Zunft- und Steuerfreiheit sowie die freie Wahl der Mitarbeiter sicherte. 1775 begannen große Lieferungen an den Statthalter in Brüssel, Hzg. Karl v. Lothringen, 1779 begab sich R. nach Paris, wo der franz. Hof zahlreiche Möbel ankaufte und R. 1780 in die Zunft der „Menuisiers-Ebénistes“ aufgenommen wurde. Den Höhepunkt seines Schaffens erreichte R. in den 80er Jahren, als er zwischen 1783 und 1789 allein siebenmal in Rußland war und Katharina II., den russ. Adel und die Hofbeamten belieferte.

    R. hatte nicht nur ein weitgefächertes Vertriebsnetz, sondern seit den 70er Jahren auch einen spezialisierten Mitarbeiterstab aufgebaut. Neben den festen Mitarbeitern der Manufaktur lieferte die Gravierwerkstatt des Elie (Elias) Gervais(e) Vorlagen und Entwürfe für jene Blumen-Marketerien, die den Roentgen-Möbeln der 70er Jahre ihr Gepräge gaben. Der Koblenzer Hofmaler Januarius Zick (1730–97) machte Entwürfe für Chinoiserien und andere figürliche Marketerien, die in der von R. entwickelten Technik „à la mosaique“ erstmals ohne Gravuren auskamen, während Uhren und andere technische Konstruktionen in Zusammenarbeit mit dem Uhrmacher Peter Kinzing (1745–1816) entstanden. Im Zusammenwirken mit anderen Künstlern perfektionierte R. die Serienbauweise seiner Möbel und entwickelte jene „mechanischen Wunder“ wie Musikautomaten oder Zylinderschreibtische mit Schubladen und Geheimfächern, die sich auf Knopfdruck öffneten.

    R. war nicht der kreative Handwerker, der sein Vater gewesen war, und seine Möbel konnten mit der Eleganz franz. Stücke nicht konkurrieren, doch war er ein genialer Erfinder und Unternehmer, der die Ethik des Herrnhutertums mit der Rationalität kapitalistischer Wirtschaftsweise verband.

    Am Ende des Ancien Régime in hohem Ansehen stehend, wurde R. mit hervorragenden Ehrungen bedacht, doch führte die Franz. Revolution 1789 zu einem Einbruch, von dem sich das Unternehmen nicht mehr erholte. Zwar wurde R. 1791 wieder in die Gemeine aufgenommen, nachdem er seine Geschäfte mit dem russ. Hof abgewickelt hatte; die folgenden Jahre waren jedoch aufgrund der Revolutionskriege von wirtschaftlichem Niedergang geprägt. Mehrfach zur Flucht gezwungen und zeitweilig in anderen Herrnhuter-Gemeinden lebend, schloß R. die Neuwieder Werkstatt und verlagerte Einrichtungen sowie Vorräte. Ein Versuch, sich in Preußen niederzulassen, scheiterte 1799, weshalb R. 1801 nach Neuwied zurückkehrte, wo er sich bis zu seinem Tod neben seinem Engagement in der Gemeine um den Verkauf geretteter Möbel und die Eintreibung ausstehender Schulden bemühte.|

  • Auszeichnungen

    Fürstl. Wied. KR (1782);
    Ebéniste mécanicien du roi et de la reine (1785);
    Preuß. GKR (1791).

  • Werke

    Schreibschrank, 1779 (Berlin, Kunstgewerbemus.);
    Kommode, nach 1779 (London, Victoria & Albert-Mus.);
    Pultschreibtisch, 1783;
    Rollschreibtisch, 1786 (beide St. Petersburg, Eremitage);
    Rollschreibtisch, um 1785 (Paris, Musée du Louvre);
    Schreibtisch mit Aufsatz, 1780/90 (Kassel, Schloß Wilhelmshöhe);
    Standuhr, 1780/90 (Weimar, Staatl. Kunstslgg.).

  • Literatur

    s. 1), außerdem: H. Huth, Gebrauchsmöbel v. D. R., in: Der Cicerone 18, 1926, S. 10-14;
    ders., Möbel v. D. R., 1955;
    ders., R. u. Gluck, in: FS f. H. Swarzenski, 1973, S. 503-10;
    M. Stürmer, Luxus, Leistung u. Liebe zu Gott, 1993;
    Nassau. Biogr.;
    M. Doderer-Winkler, A. u. David R., in: Rhein. Lb. 17, 1997, S. 57-77 (P);
    ThB;
    Dict. of Art.

  • Porträts

    Öl/Lwd., anonym, 1780/90 (Neuwied, Heimatmus.).

  • Autor/in

    Peter Prange
  • Zitierweise

    Prange, Peter, "Roentgen, David" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 731-732 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118601954.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA