Lebensdaten
1756 – 1792
Geburtsort
Miltenberg/Main
Sterbeort
Stockholm
Beruf/Funktion
Komponist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11856627X | OGND | VIAF: 34643635
Namensvarianten
  • Kraus, Joseph Martin
  • Kraus, Giuseppe
  • Kraus, J. M.
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Kraus, Joseph Martin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11856627X.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joseph Bernhard (1724–1810), Stadtschreiber, 1759 kurmainz. Amtskeller in Osterburken, 1761 in Buchen, 1778 in Königstein (Taunus) u. 1783 in Amorbach, S d. Gastwirts Hubertus in Weilbach b. M.;
    M Anna Dorothea (1733–1804), T d. Jon. Martin Schmidt, Baumeister u. Ratsherr in M.;
    Schw Katharina Josepha, trat ins Franz. Kloster in Mainz ein, Marianne (1765–1838, 1795 Hofrat Gg. Lämmerhirt), Malerin; ledig;
    N Theresia Aloysia (1806–70, Wilhelm Mangold, 1796–1875, Hofkapellmeister in Darmstadt, s. MGG VIII), Sängerin;
    Groß-N Karl Lämmerhirt ( 1903), Dir. d. Dt. Phönix.

  • Biographie

    K. besuchte seit 1768 das Gymnasium und Musikseminar der Jesuiten in Mannheim; Abbé Vogler gehörte zu seinen Lehrern. 1773-77 studierte er Philosophie und Jura in Mainz, Erfurt und Göttingen, wo er mit dem „Göttinger Hain“ in Verbindung trat. Aus dieser Zeit stammen sein Trauerspiel „Tolon“ (1776) und das Pamphlet „Etwas von und über Musik fürs Jahr 1777“ (1778). Sein schwedischer Kommilitone Carl Stridsberg, Textdichter seines ersten Opernversuchs „Azire“ (1778), veranlaßte K. Übersiedlung nach Schweden im Juni 1778. 1779 wurde er Mitglied der Musik-Akademie in Stockholm, neun Jahre später Nachfolger F. A. Uttinis als 1. Hofkapellmeister. 1782-86 unternahm K. Studienreisen ins Ausland, besuchte Rom, Florenz, Neapel, Paris, nahm 1783 in Wien Verbindung mit Haydn, Gluck und Albrechtsberger auf und erlebte im Mai 1785 die Händel-Säkularfeier in London. Nach Stockholm zurückgekehrt, erregte er vor allem als Operndirigent Aufsehen, wobei das Verhältnis zu Abbé Vogler, dem neuen Direktor der königlichen Oper, gespannt war.

    Die Beziehungen zum literarischen Sturm und Drang und dem Göttinger Hainbund auf der einen, die Erziehung im Mannheimer Musikseminar auf der anderen Seite haben die Grundlagen für K. künstlerische Entwicklung gelegt. Seit seiner Göttinger Studienzeit an Problemen der Textvertonung und -deklaration interessiert, verstand sich K. als Dichtermusiker. Er trat selbst literarisch hervor und bemühte sich in seinen Opern um eine überzeugende Einheit von Text und Musik. Die dynamischen Zeichen seiner Partituren, zumal seine Vorliebe für Pianissimo, weisen deutlich nach Mannheim. Frühzeitig ist eine sichere, zugleich eigenwillige Behandlung des Sonatensatzes sowie der Sonate als Zyklus zu erkennen. Zuweilen entwickelt K. nach dem Vorbild Ph. E. Bachs und Haydns einen ganzen Satz aus einem Hauptmotiv. Auffallend ist die Vorliebe für plötzliche Kontraste. Den neuen Instrumentalstil hat K. sehr eigenwillig, bisweilen manieriert gehandhabt – in Dynamik, Form, Harmonik und Wahl der Tonart. Auf der anderen Seite finden sich in der orchestralen Behandlung der Bläser oder in der Instrumentalbehandlung der Violinsonaten herkömmliche Züge. Die Wiener Sinfonie in c-moll (1783) und deren Stockholmer Frühfassung in cis-moll gemahnen sowohl an Gluck (Beginn des 1. Satzes) als auch an Beethoven (Finale). Ein Flötenquintett von 1783 weist auf die Berührung mit der Spielfreudigkeit des Wiener Stils hin. Beeindruckend ist der Melodienreichtum in den Streichquartetten, deren langsame Sätze zu den tiefsinnigsten Äußerungen des musikalischen Sturm und Drang gehören.

    Durch Kellgren, der den Text zur Oper „Proserpin“ (1781) schrieb, gewann K. Zugang zum „Gustavianischen Theater“, außerdem zu Voltaire und zur französischen Literatur. Er selbst machte Gluck, in dessen Nachfolge seine beiden Opern stehen (Proserpin; Aeneas i Carthago – Dido och Aeneas, 1799), in Schweden populär. Durch seine Arbeiten|für die Oper und das Ballett (Fiskarena, 1789) sowie durch Einflüsse seitens Grétrys und Dittersdorfs gewann der dunkelfarbige Stil K. an melodischer Geschmeidigkeit. Die Feinfühligkeit des Rezitativs, das in „Proerpin“ noch das Secco in der Art Hasses gebraucht, die Großzügigkeit und Vielseitigkeit der Chorbehandlung, die zielbewußte Verwendung der Leit- und Erinnerungsmotivik und der Programm-Ouvertüre zeugen von einer engen Verbindung mit der Gustavianischen Oper. Das Ende seines Schaffens – eine Trauerkantate und eine Trauersinfonie für den ermordeten König – fällt mit dem Ende der Gustavianischen Ära zusammen.

    Dank seines Beitrages zum deutschen und schwedischen Lied steht K. in einer Reihe mit Reichardt, Zelter und A. P. Schulz. Mit Bellman schrieb er im Januar 1792 die heitere Kantaten-Trilogie „Fiskarstugan“ und prägte damit – vor Reichardt und H. Himmel – eine besondere Form des familiär-gesellschaftlichen Liederspiels. Bellman gewann K. für die musikalisch-mimischen Möglichkeiten des Strophenliedes und damit für die Natürlichkeit und die Unbefangenheit des Melodischen, die Voraussetzung für K.. Erfolge im Stockholmer Singspiel. 1797 gab Fredr. Samuel Silverstolpe „20 Airs et Chansons“ heraus. größtenteils Dichtungen aus dem Kreis des Göttinger Hains, die K. in Stockholm vertont hat. K. selbst ist mit „Der Abschied“, einer Dichtung in der Art Klopstocks, vertreten. Es handelt sich um eine der bedeutendsten Liedersammlungen des 18. Jahrhunderts, die durch den Versuch, Dichtung, Theater und Gesellschaft gerecht zu werden, symptomatisch ist für das Gustavianische Stockholm. Ein großer Teil der K.schen Lyrik und vor allem die Lieder zu den Texten des Matthias Claudius (ins Schwedische übersetzt) wurden zum Kern der Åhlströmschen Propaganda für die Liedweise in Schweden.

  • Werke

    fast vollst, original od. abschriftl. in d. Univ.-bibl. Uppsala, hier auch d. Oratorium „Der Tod Jesu“ (1776), Text u. Musik v. K. Die Arbeiten f. e. Musik-Lex. u. d. Entwurf e. Unterrichtsplans f. e. Musikschule in d. Bibl. d. Musik- Ak Stockholm.

  • Literatur

    F. S. Silverstolpe, Biogr. af K., 1833;
    A. Lindgren, Svenska Hofkapelle Maestars 1782-1882, 1882;
    B. Anrep-Nordin, Studier över J. M. K., 1924;
    K. F. Schreiber, Verz. d. musikal. Werke v. J. M. K., in: Archiv f. Musikwiss. 7, 1925, S. 77 ff.;
    ders., J. M. K., 1928;
    K. Meyer, Ein Musiker d. Göttinger Hainbundes, J. M. K., in: Zs. f. Musikwiss. 9, 1926, S. 468-86;
    R. Engländer. J. M. K. u. d. Gustavian. Oper, 1943;
    H. H. Eggebrecht, Das Ausdrucksprinzip im musikal. Sturm u. Drang, in: Dt. Vjschr. 29, 1955, S. 323 ff.;
    V. Bungardt, J. M. K., e. Meister d. Klass. Klavierliedes, 1973;
    R. F. Stammler, Briefe d. „bad. Mozart“ J. M. K., 1976 (P);
    MGG VII (W, L, P)

  • Porträts

    Ölgem. v. Pomaroli, 1783, Abb. in MGG VII.

  • Autor/in

    Franz Menges
  • Zitierweise

    Menges, Franz, "Kraus, Joseph Martin" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 690-691 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11856627X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA