Lebensdaten
1888 – 1929
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118559753 | OGND | VIAF: 3262667
Namensvarianten
  • Kanehl, Oskar
  • Canehl, Oskar

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Kanehl, Oskar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559753.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Oskar, Volksschullehrer, Schulrektor;
    M Minna Grothe;
    1929 Eva Dinkelspiel.

  • Biographie

    K. studierte Literaturwissenschaft und Philosophie in Würzburg und Greifswald, von wo aus er 1912 in das nahegelegene Fischerdorf Wieck zog. 1913 promovierte er zum Dr. phil. mit der Arbeit „Der junge Goethe im Urteil des jungen Deutschland“. Er schrieb für Zeitschriften und gab seit August 1913 den „Wiecker Boten“ heraus, eine literarisch-politische Monatsschrift des linken Frühexpressionismus, die bei Kriegsausbruch verboten wurde. Ebenfalls seit 1913 begann K. in F. Pfemferts „Die Aktion“ antimilitaristische, von ethischem Rigorismus geprägte Gedichte und Polemiken zu veröffentlichen. Während des Krieges siedelte er nach Berlin über, wurde später eingezogen und vertrieb an der Front als Leutnant Gedichte und Flugblätter gegen den Krieg. Ob K. während der Novemberrevolution|1918 in Berlin Mitglied im „Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte“ war, ist ungewiß. Wahrscheinlich schloß er sich sehr bald der KPD an, verließ diese aber offenbar im Oktober 1919 wieder und verschrieb sich endgültig dem sogenannten Linkskommunismus. Spätestens seit Mai 1921 unterstützte er publizistisch und literarisch die „Allgemeine Arbeiter-Union, Einheitsorganisation (AAUE) “, später dann den „Spartakusbund linkskommunistischer Organisationen“. Auch in der Stabilisierungsphase der Weimarer Republik, als er als Dramaturg und Regisseur an den Berliner Rotter-Bühnen wirkte, war er ein uneingeschränkter Verfechter linkskommunistisch-antiautoritärer Politik und blieb bis zu seinem Freitod (K. stürzte sich, möglicherweise in einem Malariafieberanfall, aus dem Fenster) dem Haupt dieser Bewegung, F. Pfemfert, eng verbunden. – K. ist einer der ersten und eindrucksvollsten Vertreter sozialistischer Agitations- und Kampflyrik, die unter anderem in den Zeitschriften „Die Aktion“, „Die Erde“, „Das Forum“, „Der Prolet“, „Der Gegner“, „Die Pleite“ und „Die Einheitsfront“ veröffentlicht wurde. Diese steht in Sujetwahl, Metaphern und Sprachbehandlung zunächst der aktivistischen Lyrik nahe, geht jedoch in der ausschließlich operativpolitischen Bestimmung des Gedichts – es soll direkte klassenkämpferische Aktionen auslösen – bald über den Aktivismus hinaus. Nach den populären Gedichten der ersten Nachkriegsjahre (unter anderem „Der Prolet“, „Der Bürger“, „Die junge Garde“) wandte sich K. seit 1923/24 in vorwiegend satirischen Gedichten gegen sogenanntes Bonzentum und autoritäre Organisation in der SPD, vor allem aber in der KPD, der er außerdem Abhängigkeit von Moskau vorwarf („Völker hört die Zentrale“, 1924). 1924 und 1928 hatte er sich seiner Veröffentlichungen wegen vor Gericht zu verantworten.

    Entsprechend der politischen Funktionslosigkeit des Linkskommunismus seit 1923 sind K.s Gedichte der folgenden Jahre von realitätsfremder Schwarzweißmalerei, Resignation und Verzweiflung gekennzeichnet, die seinen Freitod als folgerichtig erscheinen lassen.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Schande, Gedichte e. dienstpflicht. Soldaten aus d. Mordsaison 1914–18, 1922;
    Steh auf, Prolet! Gedichte, 1920;
    Straße frei, Neue Gedichte, 1928;
    vgl. auch Veröff. dt. sozialist. Schriftsteller in d. revolutionären u. demokrat. Presse 1918–45, Bibliogr., bearb. v. E. Zenker, 1969, S. 239-43.

  • Literatur

    Internat. Bibliogr. z. Gesch. d. dt. Lit. II, 2, 1972, S. 352;
    E. Friedrich, O. K., Der proletar. Dichter, Sein Leben - Auszüge aus s. Werken, 1924;
    F. Albrecht, Dt. Schriftsteller in d. Entscheidung, Wege z. Arbeiterklasse 1918–33, 1970, S. 119-30;
    L. Peter, Literar. Intelligenz u. Klassenkampf, „Die Aktion“ 1911-32, 1972, S. 135-42, 211;
    W. Fähnders u. M. Rector, Linksradikalismus u. Lit., Unterss. z. Gesch. d. Sozialist. Lit. in d. Weimarer Republik, 1974, I, S. 220-43, II, S. 95-111;
    Lex. sozialist, dt. Lit., 1963, S. 274-76.

  • Autor/in

    Wolfgang Emmerich
  • Zitierweise

    Emmerich, Wolfgang, "Kanehl, Oskar" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 101-102 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118559753.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA