Lebensdaten
1867 – 1948
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Stockholm
Beruf/Funktion
Maler ; Zeichner
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118548034 | OGND | VIAF: 12526089
Namensvarianten
  • Heine, David Theodor (ursprünglich)
  • Heine, David
  • Heine, Thomas Theodor
  • mehr

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Zitierweise

Heine, Thomas Theodor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118548034.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Isaac (1831–1917), aus Gandersheim, Gummiwarenfabr. (Fa. Julius Marx, Heine & Co.) in L., S d. Levy aus Nienburg u. d. Johanna Bremer;
    M Esther (1837–1908), aus Manchester, T d. David Hesse (isr.) u. d. Clara Jacobs aus Bamberg;
    n. 1904 Magdalene Kirsch ( 1938), aus München; 1 vorehel. T;
    N Erich Seemann (* 1895), Verleger, Druckereibes.

  • Biographie

    H. bekam schon als Pennäler Karzer, weil er seine Lehrer karikiert hatte – sie blieben auch später Lieblingsobjekte seines Stiftes – und wurde als Untersekundaner von der Thomasschule in Leipzig verwiesen, weil er an der Zeitschrift „Leipziger pikante Blätter“ mitgearbeitet hatte. Der Vater schickte ihn 1884 auf die Akademie nach Düsseldorf, wo es ihm nicht gefiel; er vertauschte es 1887 mit München, wo ihm ebenfalls der Lehrbetrieb zu trocken war. Nach einem nochmaligen Intermezzo in Düsseldorf entschied er sich 1889 endgültig doch für München, trotz des dortigen „Lenbach-Klimas“. Er zog nach Dachau, wo er Landschaften in einem flüssigen impressionistischen Stil gemalt und in der „Sezession“ ausgestellt hat. Außerdem zeichnete er seit 1892 Dackelgeschichten für die „Fliegenden Blätter“. – Der große Einschnitt war für H. 1896 das Erscheinen des „Simplicissimus“, an dessen Gründung durch den Verleger Albert Langen er zweifellos mitgewirkt hat und für den er vom ersten Heft bis zum Frühjahr 1933 rund 2500 Zeichnungen gemacht hat, in denen der Sinn dieses Blattes sich manifestierte und die sein Abgleiten in Münchner Gemütlichkeit, harmlosen Humor oder mondäne Zweideutigkeiten immer wieder verhindert haben.

    H.s Stil zeigt viele Gesichter, aber hinter allen Variationen steht eine unheimliche nihilistische Gelassenheit, mit der er hinweist auf das Menschlich-Allzumenschliche, das Unmenschliche auch, wie es sein dunkles Auge überall erspäht. Insofern steht er in dieser noch heiteren und optimistischen Generation allein als ein drohendes Vorzeichen künftiger Katastrophen. – 1898 wurde er wegen Majestätsbeleidigung zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt, die Strafe wurde dann in Festungshaft umgewandelt, die er zusammen mit Frank Wedekind auf der Festung Königstein in Sachsen verbüßte, was aber seine angreiferische Verve nicht gedämpft hat. (Übrigens verfaßte er auch die Texte zu seinen Bildern.) Mit 66 Jahren mußte er, der Verhaßtesten einer, über Prag nach Oslo (1938) fliehen, und 1942 entkam er drohender Verhaftung durch ein Hinüberwechseln nach Schweden, wo er zu seinem 80. Geburtstag durch eine Ausstellung im Nationalmuseum geehrt wurde und wo er bis zu seinem Tode blieb. Er hat auch in der Emigration gezeichnet (unter anderem in „Söndagsnisse Strix“), Bilder gemalt und einen „Roman“ geschrieben, der genau so ist wie seine Zeichnungen.

    Die Aussagen der Kollegen über seinen Charakter variieren von „gutmütig und still“ bis „giftig und gehässig“ (Eugen Roth). Auch in seiner Kunst zeigen sich solche Gegensätzlichkeiten, jedoch wird man „Gutmütigkeit“ kaum in seinen Zeichnungen finden. Nach ihrem zeichnerischen Stil sondern sie sich in zwei Gruppen: die eine zeigt einen trockenharten, oft wie gekratzten Federstrich. Es sind dies die realistisch-kulturkritischen Darstellungen, wie die bösartigen „Bilder aus dem Familienleben“ (1898) oder „Des deutschen Michels Bilderbuch“ (1921). Die andere besteht aus farbigen, flüssig-linearen Blättern symbolhaften und politischen Inhalts, auf denen er die gleitende Jugendstillinie oft mit Biedermeier-Reminiszenzen parodistisch verbindet. Denn der damals von den Künstlern neu entdeckte Biedermeierstil hat auch H. fasziniert; Er sammelte seine Erzeugnisse bis zu Porzellanmöpsen, verwandte ihn als Tarnung auf politischen Zeichnungen, besonders aber fügte er dessen Elemente seiner sehr originellen und graziösen Ornamentik ein, – und selbst in dieser Ornamentik bleibt oft ein Schimmer von Ironie – Selbstironie (Buchschmuck schon 1895 im „Pan“, später in der „Insel“). Eine immer wiederkehrende Figur in seinem Oeuvre ist der Teufel, dem er eine einprägsame Anatomie verliehen hat: ein schmaler böser Kopf auf einem nach unten sich plump und tierisch verdickenden|Körper. Er hat ihn auch in einer großartigen Bronzeplastik geformt. Endlich sind seine eminent wirkungsvollen Plakate zu nennen, zumal sie am Anfang des neugefundenen Plakatstils stehen, so das schöne Blatt für die „Elf Scharfrichter“ (1900) oder das für die „Berliner Sezession“ (1901) und der Bullenbeißer mit der abgerissenen Kette, der dann das prägnante Symbol für den „Simplicissimus“ geblieben ist.

  • Werke

    Weitere W Torheiten, 1901;
    Das gr. Malöhr im Juni 1903, 1903, u. Die bösen Buben, 1903 (Texte v. L. Thoma);
    Die gr. Fleischnot im J. 1906, 1906;
    Gott strafe England, 1915;
    Kleine Bilder aus großer Zeit, 1917;
    Das spannende Buch, Mähr. Ostrau 1934, Neuausg. 1966;
    Die Märchen, Amsterdam 1934;
    Seltsames geschieht, 1950;
    - Ich warte auf Wunder, Stockholm 1945 (satir.-autobiogr. Roman, engl. 1947). - Buchill.: Frdr. Hebbel, Judith, 1908;
    F. Blei, Bestiarium literaricum, 1920;
    Th. Mann, Wälsungenblut, 1921. - Hrsg.: Der grüne Mops, 1910. |

  • Nachlass

    Nachlaß München, Städt. Gal.

  • Literatur

    H. Esswein, Th. Th. H., 1904 (= Moderne Illustratoren 1);
    J. Meier-Graefe, in: ders., Entwicklungsgesch. d. modernen Kunst, 1904, S. 712-20;
    J. Popp, in: Das Plakat 7, 1917, S. 265-71;
    O. Bie, Th. Th. H. als Illustrator, in: Wieland 3, 1917, H. 3, S. 9 f.;
    E. Petersen, in: Das Kunstwerk 1, 1946/47, Doppelh. 8-9, S. 72;
    „Simplicissimus“, Ausw. u. Text v. E. Roth, 1954, S. 84-87;
    Der Zeichner Th. Th. H., Geleitwort v. E. Hölscher, 1955 (P);
    A. Trübenbach, Th. Th. H., Leben u. Werk im Hinblick auf s. karikaturist. Schaffen u. s. publizist. Wollen, Diss. FU Berlin 1956 (W, L; ungedr.);
    Facs.-Querschnitt durch d. Simplicissimus, eingel. v. G. Mann, hrsg. v. Ch. Schütze, 1963;
    ThB (L);
    Vollmer (L). - Gedächtnisausstellungen: Braunschweig 1948 (Hzg.-Anton-Ulrich-Mus.);
    Bremen 1949 (Kunsthalle);
    Freiburg i. Br. 1953 (Kunstver.);
    „Aus d. Nachlaß“, München 1960 (Städt. Gal.).

  • Porträts

    2 Zeichnungen v. O. Gulbransson, Abb. in: O. Gulbransson, Maler u. Zeichner, 1959.

  • Autor/in

    Friedrich Ahlers-Hestermann
  • Zitierweise

    Ahlers-Hestermann, Friedrich, "Heine, Thomas Theodor" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 295-296 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118548034.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA