Lebensdaten
1894 – 1964
Geburtsort
Braunschweig
Sterbeort
Berlin-Ost
Beruf/Funktion
Politiker ; Ministerpräsident der DDR ; Buchdrucker
Konfession
evangelisch-lutherisch, seit 26.9.1919 konfessionslos
Normdaten
GND: 118542680 | OGND | VIAF: 109847500
Namensvarianten
  • Grotewohl, Otto Franz Emil
  • Grotewohl, Otto
  • Grotewohl, Otto Franz Emil
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Zitierweise

Grotewohl, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118542680.html [19.03.2024].

CC0

  • Der Sozialdemokrat Otto Grotewohl wirkte nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich an der Zwangsvereinigung von SPD und KPD mit, außerdem an der innerparteilichen Verfolgung ehemaliger Sozialdemokraten und der Entwicklung der SED zu einer kommunistischen Kaderpartei. Seine Wandlung vom ursprünglichen Kritiker einer Zwangsvereinigung der beiden Arbeiterparteien zum linientreuen SED-Parteisoldaten ist bis in die Gegenwart umstritten.

    Lebensdaten

    Geboren am 11. März 1894 in Braunschweig
    Gestorben am 21. September 1964 in Berlin-Ost
    Grabstätte Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde
    Konfession evangelisch-lutherisch, seit 26.9.1919 konfessionslos
    Otto Grotewohl, Imago Images (InC)
    Otto Grotewohl, Imago Images (InC)
  • Lebenslauf

    11. März 1894 - Braunschweig

    1900 - 1908 - Braunschweig

    Schulbesuch

    Volksschule

    1908 - 1912 - Braunschweig

    Ausbildung zum Buchdrucker

    1908 - 1914 - Braunschweig

    Mitglied

    Sozialistische Arbeiterjugend

    1912 - 1914 - Braunschweig

    Buchdrucker

    1912 - 1918 - Braunschweig

    Mitglied

    SPD

    1914 - Braunschweig

    Büroassistent

    Allgemeine Ortskrankenkasse

    1914 - 1918 - West- und Ostfront

    Kriegsdienst

    1918 - 1922 - Braunschweig

    Mitglied

    USPD

    1919 - 1921 - Braunschweig

    Angestellter

    Allgemeine Ortskrankenkasse

    1921 - 1925 - Braunschweig

    Abgeordneter der USPD, ab 1922 der SPD

    Braunschweigischer Landtag

    25.11.1921 - 22.5.1922 - Braunschweig

    Volksbildungsminister

    Regierung Freistaat Braunschweig

    1922 - 1933 - Braunschweig

    Mitglied

    SPD

    28.2.1923 - 23.12.1924 - Braunschweig

    Justiz- und Innenminister

    Regierung Freistaat Braunschweig

    1925 - 1933 - Berlin

    Abgeordneter der SPD

    Reichstag

    1928 - 1933 - Braunschweig

    Präsident

    Landesversicherungsanstalt

    1933 - 1938 - Hamburg

    Übersiedlung; Handelsvertreter

    Herdfabrik Heibacko, Braunschweig

    1938 - 1945 - Berlin

    Übersiedlung; Handelsvertreter; Kontakt zur Widerstandsgruppe um Erich Gniffke (1895–1964)

    Herdfabrik Heibacko, Braunschweig; Hallenbäderbau GmbH

    16.8.1938 - 4.3.1939 - Braunschweig

    Untersuchungshaft; Vorbereitung einer Anklage vor dem Volksgerichtshof; Einstellung des Verfahrens und Entlassung

    8.11.1939 - Januar 1940 - Berlin

    Untersuchungshaft

    1945 - Berlin-Ost

    Vorsitzender

    Zentralausschuss der SPD

    1946 - 1954 - Berlin-Ost

    KO-Vorsitzender der SED

    1948 - 1949 - Berlin-Ost

    Vorsitzender

    Verfassungsausschuss des Deutschen Volksrats

    1949 - 1964 - Berlin-Ost

    Ministerpräsident bzw. Vorsitzender

    Ministerrat

    21. September 1964 - Berlin-Ost
  • Genealogie

    Vater Heinrich Friedrich Wilhelm Grotewohl geb. 27.8.1852 Arbeiter, später Händler
    Großvater väterlicherseits Christian Wilhelm Konrad Grotewohl 25.7.1825–1902 Arbeiter
    Großmutter väterlicherseits Johanna Grotewohl, geb. Kötz 25.3.1828–14.2.1899
    Mutter Louise Wilhelmine Grotewohl, geb. Helwich geb. 26.4.1870 Schneiderin
    Schwester Wilhelmine Margarete Mathilde Grotewohl 12.1.1887–26.2.1914
    Bruder Wilhelm Friedrich Heinrich Grotewohl geb. 14.1.1891 Friseur
    Schwester Else Marie Elise Grotewohl 23.10.1895–24.4.1897
    Schwester Hedwig Margarete Marie Grotewohl 9.10.1896–22.8.1898
    Bruder Friedrich Wilhelm Heinrich Grotewohl 16.7.1898–5.9.1898
    Bruder Kurt Friedrich Wilhelm Grotewohl 25.8.1901 – 1.10.1901
    1. Heirat 20.12.1919 in Braunschweig
    Ehefrau Marie Martha Luise Grotewohl, geb. Ohst 1894–nach 1976
    Schwiegervater August Friedrich Wilhelm Ohst
    Schwiegermutter Sophie Wilhelmine Elisabeth Ohst, geb. Wegener
    ein Kind N. N. geb. 1921 früh verstorben
    Sohn Hans Grotewohl 11.7.1923–1999 Architekt
    Scheidung 13.10.1949 in Berlin
    2. Heirat 22.10.1949 in Berlin
    Ehefrau Johanna Auguste Luise Grotewohl , geb. Danielzig, verh. Schumann 1.5.1909–4.7.1976 bis zu ihrer Heirat mit Grotewohl dessen Sekretärin
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Grotewohl, Otto (1894 – 1964)

    • Vater

      Heinrich Grotewohl

      geb. 27.8.1852

      Arbeiter, später Händler

      • Großvater väterlicherseits

        Christian Grotewohl

        25.7.1825–1902

        Arbeiter

      • Großmutter väterlicherseits

        Johanna Grotewohl

        25.3.1828–14.2.1899

    • Mutter

      Louise Grotewohl

      geb. 26.4.1870

      Schneiderin

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Schwester

      Wilhelmine Grotewohl

      12.1.1887–26.2.1914

    • Bruder

      Wilhelm Grotewohl

      geb. 14.1.1891

      Friseur

    • Schwester

      Else Grotewohl

      23.10.1895–24.4.1897

    • Schwester

      Hedwig Grotewohl

      9.10.1896–22.8.1898

    • Bruder

      Friedrich Grotewohl

      16.7.1898–5.9.1898

    • Bruder

      Kurt Grotewohl

      25.8.1901 – 1.10.1901

    • 1.·Heirat

      in

      Braunschweig

      • Ehefrau

        Martha Grotewohl

        1894–nach 1976

    • 2.·Heirat

      in

      Berlin

      • Ehefrau

        Martha Grotewohl

        1894–nach 1976

  • Biografie

    Grotewohl besuchte bis 1908 die Volksschule und absolvierte anschließend eine Lehre zum Buchdrucker. Diesen Beruf übte er bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs aus, an dem er als einfacher Soldat teilnahm. Kurz vor Weihnachten 1918 zurück in Braunschweig, nahm er eine Berufstätigkeit bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse auf. Als Sohn eines ungelernten Arbeiters hatte er seine Sozialisation im späten Kaiserreich erfahren und begann 1921 eine klassische sozialdemokratische Politikerkarriere mit einem raschen Aufstieg in der USPD bzw. SPD; innerhalb der deutschen Sozialdemokratie gehörte er zum linken Parteiflügel. Als einer der jüngsten Landesminister in der Weimarer Republik übernahm er von 1921 bis 1924 in Braunschweig Regierungsverantwortung und stellte nicht nur seine administrativen Fähigkeiten unter Beweis, sondern setzte in der heftig umkämpften Schulpolitik eigene Akzente: Mit dem nach ihm benannten Schulerlass 1922, der Schulgebete außerhalb des Religionsunterrichts untersagte und die Entkirchlichung beschleunigen sollte, erzielte er in der Arbeiterbewegung breite Zustimmung. 1925 bis 1933 war er Reichstagsabgeordneter der SPD, 1928 wurde er Präsident der Landesversicherungsanstalt Braunschweig. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 arbeitete er als Handelsvertreter für einen Braunschweiger Hersteller von Grudeherden. Als früherer Reichstagsabgeordneter geriet er in das Visier der Gestapo und befand sich 1938/39 mehrere Monate in Untersuchungshaft, ein anvisierter Hochverratsprozess kam nicht zustande. Nach dem misslungenen Attentat Georg Elsers (1903–1945) auf Adolf Hitler (1889–1945) im Münchner Bürgerbräukeller am 8. November 1939 wurde Grotewohl erneut für acht Wochen in Untersuchungshaft genommen. Anschließend arbeitete er als Handelsvertreter in Berlin, wo er 1945 das Kriegsende erlebte.

    In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) entwickelte sich Grotewohl als Vorsitzender des Zentralausschusses der SPD im Herbst 1945 vom Skeptiker zum Befürworter des Zusammenschlusses der beiden Arbeiterparteien SPD und KPD. Mit der Konferenz von Wennigsen am 5./6. Oktober 1945 war klar geworden, dass Kurt Schumacher (1895–1952) und die West-SPD die Bildung einer gesamtdeutschen sozialdemokratischen Partei nicht unterstützen würden. Von entscheidender Bedeutung war der wachsende Druck der sowjetischen Besatzungsmacht auf den Zentralausschuss unter Grotewohls Vorsitz und die SPD-Funktionäre. Mit der Ende Dezember 1945 getroffenen Entscheidung zugunsten der Zwangsvereinigung von SPD und KPD war gleichzeitig eine Zusammenarbeit mit der West-SPD und Schumacher ausgeschlossen. Grotewohl arbeitete nun mit der KPD-Führung zusammen und spielte eine zentrale Rolle bei der Vereinigung der beiden Arbeiterparteien, die am 21./22. April 1946 vollzogen wurde.Er wurde mit Wilhelm Pieck (1876–1960) bis 1954 Parteivorsitzender der SED sowie 1949 Ministerpräsident der DDR. Die Konflikte, in welche die Parteiführung in der Folgezeit mehrmals geriet – z. B. beim Volksaufstand am 17. Juni 1953 – nutzte er jedoch nicht zum Ausbau der eigenen Machtposition. Als Ministerpräsident übernahm er repräsentative Aufgaben nach innen und außen, ohne Einfluss auf den politischen Kurs der SED-Führung nehmen zu können. Ab Herbst 1960 krankheitsbedingt nur noch eingeschränkt arbeitsfähig, beauftragte er seinen Stellvertreter Willi Stoph (1914–1999) mit der Führung der Amtsgeschäfte.

    Grotewohl hatte entscheidenden Anteil am Aufbau der SED-Herrschaft: Er stimmte nicht nur der Vereinigung von SPD und KPD zu, sondern auch der nachfolgenden innerparteilichen Verfolgung ehemaliger Sozialdemokraten und der Transformation der SED in eine kommunistische Kaderpartei. Darüber hinaus unterstützte er die politische und sozioökonomische Neuordnung der SBZ/DDR, die mit den sozialdemokratischen Politik- und Wertevorstellungen vollständig brach. Diesen Weg in die Diktatur gingen schon bald zahlreiche Mitglieder und Funktionäre der SPD, die Grotewohl zunächst in die SED gefolgt waren, nicht mehr mit. Grotewohls Anpassungsstrategie an den sowjetischen Konformitätsdruck und an das SED-Regime ging einher mit einem schleichenden Realitätsverlust. So hielt er zeitweisean der Hoffnung fest, die West-SPD zum Zusammenschluss der Partei in Gesamtdeutschland bewegen zu können, was Schumacher jedoch von Anfang an kategorisch ablehnte. In den 1950er Jahren blendete der DDR-Ministerpräsident die Folgen des West-Ost-Konflikts weitgehend aus und klammerte sich an die Vision eines geeinten Deutschlands.

  • Auszeichnungen

    1953 Karl-Marx-Orden
    1954 Vaterländischer Verdienstorden in Gold
    1959 Verdienstmedaille der DDR
    1959, 1964 Held der Arbeit
    1960 Banner der Arbeit
    1964 Ehrenbürger der Stadt Dresden
    1964 Lenin-Orden
    1973 20-Mark-Gedenkmünze der DDR
    1974 10 Pfennig-Sonderbriefmarke der DDR
    zahlreiche Benennungen von Straßen und Plätzen in der DDR, nach der Wiedervereinigung großteils umbenannt
  • Quellen

    Nachlass:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, NY 4090, Nachlass Otto Grotewohl. (weiterführende Informationen)

    Weitere Archivmaterialien:

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR (SAPMO-BArch), DY 30/IV 2/11/v. 135, Kaderakte Otto Grotewohl.

  • Werke

    Dreißig Jahre später. Die Novemberrevolution und die Lehren der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, 1953.

    Im Kampf um die einige Deutsche Demokratische Republik. Reden und Aufsätze, hg. v. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, 6 Bde., 1954–1964.

  • Literatur

    Erich W. Gniffke, Jahre mit Ulbricht, 1966.

    Harold Hurwitz, Demokratie und Antikommunismus in Berlin nach 1945, 4 Bde., 1983–1990.

    Bernd Rother, Otto Grotewohl (1894–1964). Biographische Skizze seiner Braunschweiger Jahre (1894-1953), in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 28 (1992), S. 523–533.

    Beatrix Bouvier, Ausgeschaltet! Sozialdemokraten in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR 1945–1953, 1996.

    Andreas Malycha, Die SED. Geschichte ihrer Stalinisierung 1946–1953, 2000.

    Mathias Loeding, Führungsanspruch und Einheitsdrang. Der Zentralausschuss der SPD im Jahre 1945, 2002.

    Dierk Hoffmann, Otto Grotewohl (1894–1964). Eine politische Biographie, 2009.

  • Onlineressourcen

  • Porträts

    Bronzebüste v. Otto Maerker (1891–1667), 1954, Deutsches Historisches Museum, Berlin.

    Gemälde (Öl/Leinwand), 1954, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kunstfonds.

    Fotografie v. Heinz-Ulrich Röhnert (1917–1983), Deutsches Historisches Museum, Berlin.

    Gedenktafel (Bronze) v. Karla Gänßler (geb. 1954), Berlin-Pankow, Torstr. 1.

    Porträt auf 10 Pfennig-Sonderbriefmarke der DDR, Entwurf Gerhard Stauf (1924–1996), 1974.

  • Autor/in

    Dierk Hoffmann (Berlin)

  • Zitierweise

    Hoffmann, Dierk, „Grotewohl, Otto“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118542680.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA