Dates of Life
1698 – 1767
Place of birth
Weißenfels
Place of death
Berlin
Occupation
Schwärmer ; evangelischer Theologe
Religious Denomination
mehrkonfessionell
Authority Data
GND: 118528882 | OGND | VIAF: 36760
Alternate Names
  • Edelmann, Johann Christian
  • Edelmann, Joh. Christian
  • Edelmann, Johann C.
  • more

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Citation

Edelmann, Johann Christian, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118528882.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Gottlob, sachsen-weißenfelsischer Kammermusiker.

  • Biographical Presentation

    E. studierte in Jena 1720-24 Theologie, war dann Kandidat in Eisenach, Hauslehrer in Österreich auf dem Lande und in Wien, lernte dort die Mönche kennen und wegen ihrer Unwissenheit verachten, kehrte nach Sachsen zurück, von tiefer Abneigung gegen die offizielle Kirche erfüllt und darin durch die Lektüre von G. Arnolds „Unpartheyischer Kirchen- und Ketzerhistorie“ (1699) bestärkt. Auf der Suche nach echten Christen reiste er 1735 nach Herrnhut, wozu ihm Graf Zinzendorf selbst das Reisegeld geschickt hatte. 1736 trennte er sich von den Brüdern und ging in die Hochburg des antikirchlichen Spiritualismus nach Berleburg (Westfalen), wo er an der mystischen Bibelerklärung (Berleburger Bibel) mitarbeitete (2. Timotheus, Titus, Philemon). Auch hier hielt er es nicht lange aus und wanderte über verschiedene Stationen in die religiöse Freistatt Neuwied/Rhein, inzwischen innerlich an die Grenze des Nihilismus gelangt, nachdem ihm der wahre Sinn von Johannes 1,1 aufgegangen sei: „Im Anfang war die Vernunft“. Das Glaubensbekenntnis, das er dem Grafen von Neuwied einreichen mußte, wurde entstellt verbreitet, deshalb gab er es selbst 1746 in Druck. Es zeigt im Vordergrund einen platten Rationalismus und einen blinden Haß gegen die Pfarrer (die nur als „Pfaffen“ erscheinen). Ihm drohte der Prozeß wegen Gotteslästerung; da begab er sich in die zweite Freistatt Altona, arbeitete als Handwerker, vor allem als Weber, wurde von der Jugend als Sonderling verspottet und wandte sich 1749 nach Berlin, wo er sich gegen das Versprechen, nichts mehr drucken zu lassen, aufhalten durfte. – Geistesgeschichtlich ist E. unmittelbar von Spinoza und dem englischen Deismus, besonders Toland abhängig gewesen, mittelbar haben ihn die Stoa und Plotin beeinflußt, dazu trat ein ursprüngliches Verlangen nach einer echten Nachfolge Jesu, den er mit Vorliebe als den Märtyrer der Pfaffenherrschaft seiner Zeit verstand, darüber hinaus aber als die Inkarnation der unmittelbar göttlichen menschlichen Vernunft und als den Befreier von der Ursünde, dem Aberglauben, auffaßte. E. ist so ein Vorläufer der Aufklärung und neben J. C. Dippel das bedeutendste Bindeglied zwischen dem Pietismus und ihr. Unausgereifte Ansätze verhindern eine völlig zutreffende Einreihung und Charakteristik.

  • Works

    (alle o. O.) Unschuldige Wahrheiten…, 1735-43; Moses mit aufgedecktem Angesicht v. zwei ungleichen Brüdern Lichtlieb u. Blindling beschauet, 1740 (Popularisierung v. Spinozas Tractatus theologico-politicus);
    Die Göttlichkeit d. Vernunft, 1741;
    Die Begierde nach d. vernünftigen lautern Milch, 1744;
    Abgenötigtes, jedoch andern nicht wiederaufgenötigtes Glaubens-Bekenntnis, 1746;
    Das Evangelium St.-Harenbergs, 1747;
    Selbstbiogr., 1752, hrsg. v. W. Klose, 1849;
    Bibliogr. b. J. H. Pratje, Hist. Nachrr. v. J. Ch. E.s Leben, 1753, ²1755; möglicherweise v. E. auch: Hauptsumme d. theol. Grundlehren Christiani Democriti [J. C. Dippel], v. e. unparthey. Liebhaber d. Wahrheit aus dessen Schrr. extrahiret: v. d. Auctore selbst approbiret u. f. d. seine erkannt, 1733.

  • Literature

    ADB V;
    B. Bauer, Der neueröffnete E., 1847;
    ders., Der Einfluß d. engl. Quäkertums auf d. dt. Kultur, 1878;
    K. Mönckeberg, Herm. Sam. Reimarus u. J. Ch. E., 1867;
    J. Guden, E., 1870;
    E. Altkirch, Maledictus, 1924;
    E. Barnikol, J. Ch. E., in: Zs. f. KG 46, 1927, S. 1-34;
    Ersch-Gruber I, 31, S. 59 ff.Qu.: Mss. in Staatsbibl. Hamburg.

  • Author

    Martin Schmidt
  • Citation

    Schmidt, Martin, "Edelmann, Johann Christian" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 308 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118528882.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Edelmann: Johann Christian E., geb. 9. Juli 1698 zu Weißenfels, 15. Februar 1767 zu Berlin. Meist wird er nur der „berüchtigte“ genannt, wie schon zu seinen Lebzeiten einer seiner verhältnißmäßig tolerantesten Gegner vor seinen Ohren über seine drei Namen als ebenso viele Gegensätze des wirklichen Manns predigte. Ruhig und nüchtern betrachtet ist er nur das echte Kind seiner Zeit, nicht ohne Geist, nicht ohne tiefen Wahrheitstrieb und Herz, aber durch und durch zerfahren, bis zum Wahnsinn leidenschaftlich und dadurch in Wahrheit ziemlich bedeutungslos, soviel Lärm er unter seinen Zeitgenossen machte.

    Nach einer durch Armuth gedrückten und verbitterten Jugend und kümmerlichem theologischem Studium in Jena trieb er sich zuerst, zum Prediger bestimmt, aber nicht disponirt, als Hauslehrer in Oesterreich und Sachsen um, seine weitere Lebenszeit aber verbrachte er als Litterat, bald da, bald dort auf kurze Zeit seßhaft, immer wieder unstet und flüchtig, sei es durch Schulden oder andere Nöthe; sei es durch drohende Verfolgung der ihm bitter seindlichen Geistlichkeit, deren Hand die meisten seiner Schriften wenigstens in etlichen aufgegriffenen Exemplaren dem Feuertod überantwortete.

    Von streng religiöser Erziehung herkommend wurde er von der fixen Idee geplagt, daß „die Wiedergeborenen nicht mehr fündigen". Mit der Laterne dieses abstracten Canons suchte er nun allerorts nach Heiligen, die er begreiflicher Weise unter den Orthodoxen so wenig oder noch weniger fand, als unter den Pietisten und Herrnhutern oder endlich den Sectirern der verschiedenen Farben. Ausdruck gab er dieser verunglückten Idee und Suche nach ihrer Realisirung in den „Unschuldigen Wahrheiten", begonnen 1724 und lange fortgesetzt, worin er neben grimmem Haß gegen die Geistlichen als „Kehlsorger“ die Gleichgültigkeit d. h. Gleichbedeutung aller Religionen predigte. Sein bekanntestes, theologisch-philosophisches Buch aber ist der seltsame „Moses mit aufgedecktem Angesicht“ von 1740 an, zunächst eine historisch-kritisch sein sollende Analyse der alttestamentlichen Berichte und des kirchlichen Inspirationsbegriffs überhaupt (angeregt durch Spinoza's Tractatus theologico-politicus), im weiteren aber eine Kritik der metaphysischen Grundanschauungen des christlichen Theismus, den er, allmählich stark in Spinoza’schen Pantheismus sich versenkend, mit dem bittersten Spott gegen die allzu irenische Leibnitz-Wolff’sche Philosophie ("die Schandhure aller theologischen Secten") in leidenschaftlichster mehr, als irgend tieferer Weise bekämpft. Polemik war sein Lebensinhalt; die Freistätte aber, die Friedrich d. Gr. ihm endlich zum dort Wohnen und Sterben (nicht Schreiben!) in Berlin gewährte, „weil er ja so viele Narren in seinem Lande habe“, war ihm, einer an sich nicht unedlen Natur, zu gönnen.

    • Literature

      Joh. Heinr. Pratje, Historische Nachrichten von Joh. Chr. Edelmann's, eines berüchtigten Religionsspötters Leben, Schriften und Lehrbegriff, wie auch von den Schriften, die für und wider ihn geschrieben worden. 2. Aufl. Hamburg 1755. K. Chr. Lebr. Franke bei Ersch u. Gruber, I. Sektion 31. Bd. S. 59 ff. Autobiographie, herausgeg. von Klose. Mönckeberg, Reimarus und Edelmann.

  • Author

    Pfleiderer.
  • Citation

    Pfleiderer, Edmund von, "Edelmann, Johann Christian" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 639-640 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118528882.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA