Lebensdaten
1881 – 1936
Geburtsort
Dresden
Sterbeort
London
Beruf/Funktion
Diplomat ; Botschafter in London und Paris
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116933062 | OGND | VIAF: 776793
Namensvarianten
  • Hoesch, Leopold von
  • Hoesch, Leopold

Porträt(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Hoesch, Leopold von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116933062.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hugo (s. 2); - ledig.

  • Biographie

    H. studierte Jura in Genf, Heidelberg, München und in Leipzig, wo er 1905 das 1. juristische Staatsexamen bestand. Nach der Militärzeit bei den sächsischen Gardereitern, dem juristischen Vorbereitungsdienst und einer kurzen Volontärtätigkeit bei der Dresdner Bank in Berlin und London wurde er 1907 als Aspirant für den diplomatischen Dienst der Gesandtschaft in Peking zugeteilt und als eine „sehr gute bürgerliche Acquisition“ beurteilt. Vorübergehend aus dem diplomatischen Vorbereitungsdienst ausgeschieden, schloß er 1909 die Promotion ab und wurde anschließend als Attaché den Botschaften in Paris und Madrid sowie dem Auswärtigen Amt in Berlin zugewiesen. Nach der Prüfung für den höheren auswärtigen Dienst war er 1912-14 in London Legationssekretär und fiel auch hier auf, weil er „mondäne Qualitäten mit solidem Wissen und Fähigkeit zu harter Arbeit“ vereinte. Weitere Stationen seiner Laufbahn wurden 1915 die Gesandtschaft in Sofia und 1916 die Botschaft in Konstantinopel. Seit 1.10.1917 unter Staatssekretär R. von Kühlmann eine Art Kabinettschef, nahm er an den Friedensverhandlungen von Brest-Litowsk und Bukarest teil. 1918 ging er als Gesandtschaftsrat nach Kristiania (Oslo), 1919 als Geschäftsträger nach Madrid und im Juni 1921 als Botschaftsrat nach Paris. Hier begann seine eigentliche große Tätigkeit.

    Als der deutsche Botschafter wegen des Ruhr-Einbruchs der Franzosen abberufen wurde, fiel H. im Januar 1923 mit dem Posten des Geschäftsträgers in Paris wohl die dornenvollste Aufgabe zu, die ein Diplomat in der Weimarer Republik zu bewältigen hatte. Stresemann erkannte bald, daß H. sich eine sehr gute Stellung geschaffen und vornehmlich während und nach der Zeit des passiven Widerstandes „den deutschen Standpunkt mit einer großen Energie und Entschiedenheit“ vertreten hatte. Trotz der starken politischen Differenzen zwischen Frankreich und Deutschland war er persönlich wohlgelitten bei Poincaré, der sogar diskret zu verstehen gab, daß er H.s Ernennung zum Botschafter begrüßen würde. Sie erfolgte am 2.2.1924 auf Vorschlag Stresemanns. Mit diesem stets in enger Fühlung, machte H. sich Stresemanns Konzeption einer Normalisierung der zerrütteten deutsch-französischen Beziehungen zu eigen und trug wesentlich zur Verbesserung des politischen Klimas bei. Seine diplomatischen Fähigkeiten wirkten sich ebenso günstig bei den Vorverhandlungen des Locarnoabkommens (1925) aus wie auch im Sommer 1926 bei der Frage des deutschen Ratssitzes im Völkerbund. Mit Nachdruck setzte er sich für eine befriedigende Lösung der Reparationsfrage ein, war beteiligt an den vorbereitenden Arbeiten der Sachverständigenausschüsse, die zum Dawes- und Young-Plan führten, und rang vor allem um die Freigabe der besetzten deutschen Westgebiete. „Das Rheinland ist nicht geräumt, es ist wiedergewonnen worden“, erklärte er am 30.6.1930, als die alliierten Truppen, nicht zuletzt dank seiner hartnäckigen und geschmeidigen Verhandlungsführung, vorzeitig die letzte Zone verließen. H.s letzte Jahre in Paris waren überschattet durch den Tod Stresemanns, den abnehmenden Einfluß Briands, mit dem er Jahre hindurch auf vertraulichem Fuße gestanden hatte, und durch die deutsch.-französischen Auseinandersetzung wegen einer Zollunion zwischen Deutschland und Österreich. Im Herbst 1932 als Botschafter nach London versetzt, gewann er auch hier bald Vertrauen, wobei ihm seine Loyalität und die Suggestivkraft, die er auf Gesprächspartner ausübte, sehr zustatten kamen. Bald jedoch wurden die außenpolitischen Wirkungen der Machtergreifung Hitlers in England spürbar. Bereits im Mai 1933 zog H. eine „kalte, leidenschaftslose Bilanz“. Die nationalsozialistischen Anfangserfolge|gerade auch auf außenpolitischem Gebiet (deutsch-englisches Flottenabkommen) machten ihn nicht schwankend in seinem frühen vernichtenden Urteil über das rechtbrechende und kriegbringende neue Regime. In London trieb Ribbentrop sein Unwesen, ohne daß H. es hindern konnte. Hatte er unter und mit Stresemann im Westen ein Vertrauenskapital für die deutsche Politik geschaffen, so sah er dies mit der Kündigung des Locarnovertrags und dem Einmarsch der deutschen Truppen in die entmilitarisierte Rheinzone derart geschwunden, daß er diese Aktion als den ersten Schritt zum 2. Weltkrieg bezeichnete. In dieser Krise ist er in London einem Herzschlag erlegen. Die britische Regierung bekundete dem Toten ihre Hochschätzung durch außergewöhnliche Ehrenbezeugung; die Überführung nach Deutschland erfolgte durch ein britisches Kriegsschiff.

  • Literatur

    G. Stresemann, Vermächtnis, Der Nachlaß in 3 Bdn., 1932-34 (P);
    R. v. Kühlmann, Erinnerungen, 1948;
    L. Zimmermann, Dt. Außenpol. in d. Ära d. Weimarer Republik, 1958;
    H. Gf. Keßler, Tagebücher 1918–37, hrsg. v. W. Pfeiffer-Belli, 1961;
    H. E. Rießer, Von Versailles z. UNO, 1962;
    E. Geigenmüller, Botschafter v. H. u. d. dt.-österr. Zollunionsplan v. 1931, in: HZ 195, 1962;
    ders., Botschafter v. H. u. d. Räumungsfrage, ebd. 200, 1965;
    H. G. Sasse, 100 J. Botschaft in London, 1963 (P);
    K. D. Erdmann, Adenauer in d. Rheinlandpol, nach d. 1. Weltkrieg, 1966;
    K. Carstens, Gedenkansprache f. Botschafter L. v. H., 1966;
    G. Henle, Als Diplomat, Industrieller, Politiker u. Freund d. Musik, 1968. -
    Eigene Archivstud.

  • Autor/in

    Ekkhard Verchau
  • Zitierweise

    Verchau, Ekkhard, "Hoesch, Leopold von" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 367-368 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116933062.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA