Lebensdaten
1871 – 1942
Geburtsort
Neutomischel (Provinz Posen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Technikhistoriker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116838523 | OGND | VIAF: 47523669
Namensvarianten
  • Matschoß, Conrad
  • Matschoss, Conrad
  • Matschoss, C.
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Zitierweise

Matschoß, Conrad, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116838523.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1844–1920), Pfarrer in N., dann Sup. in Bunzlau;
    M Anna (1848–1918), T d. Kaufm. u.|Dampfmühlenbes. Maennel in N.; 8 Geschw.;
    1) 1898 Helene Schwender (1875–1902), 2) 1909 Wilhelmine Haake (1877–1943);
    1 S (jung †), 1 T aus 1).

  • Biographie

    M. besuchte die Gymnasien in Guben und Bunzlau, wo er 1890 mit der Primareife abging. Da er sich für einen technischen Beruf entschieden hatte, verbrachte er 1890/91 eine Volontärszeit bei der Maschinenfabrik Raupach in Görlitz. Sein 1891 begonnenes Studium des Maschinenbaus an der TH Hannover schloß er 1895 mit dem Diplom ab. Anschließend trat er in die Maschinenfabrik Gebr. Körting in Hannover ein und ging 1897 als Lehrer für Maschinenbau und Elektrotechnik an das Technikum Hildburghausen, eine der Lehranstalten zur Ausbildung von sogenannten „mittleren Technikern“. 1898 arbeitete er kurzzeitig bei Siemens & Halske in Berlin und wurde im selben Jahr Lehrer an den Staatlichen Maschinenbauschulen in Köln. Bereits in dieser Zeit beschäftigte sich M. mit technikgeschichtlichen Fragestellungen und trat 1906, nachdem er 1904/05 für diese Arbeiten beurlaubt worden war, in die Dienste der bei weitem größten deutschen Ingenieurorganisation, des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), dessen Mitglied er seit 1896 war und der ihn bei seinen technikgeschichtlichen Forschungen finanziell unterstützt hatte. 1913 wurde M. stellvertretender Direktor des VDI, 1916 Direktor. Dieses Amt übte er bis 1934 und nochmals 1936/37 aus. 1934-36 und seit 1938 gehörte er dem VDI-Vorstand an. Im 1. Weltkrieg war er Mitarbeiter im Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt, später im Kriegsamt. Bis zu seinem Tod 1942 arbeitete er als Privatgelehrter, übte aber noch zahlreiche ehrenamtliche Funktionen in technischen und wissenschaftlichen Vereinigungen aus.

    Die Hauptbedeutung M.s liegt auf dem Gebiet der Technikgeschichte, deren Begründung als wissenschaftliche Disziplin er wesentlich bestimmte. Mit seiner 1908 erschienenen zweibändigen „Entwicklung der Dampfmaschine“ schuf M. eine der ersten aus den Quellen gearbeiteten großen technikgeschichtlichen Monographien. Bereits 1901 hatte er eine eher populärwissenschaftlich ausgerichtete „Geschichte der Dampfmaschine“ veröffentlicht. Mit finanzieller Unterstützung durch den VDI erweiterte er 1902-06 seine Materialbasis durch zahlreiche Auslandsreisen, Nachforschungen in Firmenarchiven und die Befragung von Dampfmaschinenpionieren. Besonders die konstruktionsgeschichtlichen Teile des Werkes sind auch heute noch wertvoll. Die „Entwicklung der Dampfmaschine“ blieb die einzige Forschungsarbeit von M., die eine umfassende Quellenauswertung anstrebte. Seine berufliche Entwicklung ließ ihm für weitere grundlegende Arbeiten keine Zeit mehr. In zahlreichen weiteren technikgeschichtlichen Arbeiten behandelte er vor allem Firmengeschichten und Biographien von Erfinder- oder Unternehmerpersönlichkeiten.

    In knappen programmatischen Stellungnahmen charakterisierte M. die Technikgeschichte als historische Teildisziplin mit besonders engen Beziehungen zur Wirtschaftsgeschichte. Auffassungen von Technik als angewandter Naturwissenschaft stand er ablehnend gegenüber, weil die Technik älter als die Naturwissenschaft sei und diese überdies in mindestens dem gleichen Maß befruchtet habe wie umgekehrt die Naturwissenschaft die Technik. Gegen eine an Kuriositäten orientierte Erfindungsgeschichte betonte er wirtschaftlichen Erfolg und massenhafte Verbreitung technischer Erzeugnisse als Relevanzkriterien der technischen Entwicklung. In der Technikgeschichte sah er in erster Linie ein allgemeines Bildungsmittel, das die Nichttechniker an die Technik und die Techniker an andere kulturelle Bereiche heranführen könne. Technikgeschichte, wie M. sie propagierte, schloß die Ursachen wie die Auswirkungen technischer Entwicklungen ein. Seine eigene historiographische Praxis wurde diesen hochgesteckten Ansprüchen höchstens in Ansätzen gerecht. In seinen Arbeiten, die er bescheiden als Bausteine für eine später zu schreibende große allgemeine Technikgeschichte verstand, dominierten die Darstellungen technischer Geräte und Verfahren und die Lebensbeschreibungen großer Ingenieure. M. bemühte sich auch um die Dokumentation technischer Denkmäler. 1932 erschien ein von ihm gemeinsam mit W. Lindner herausgegebenes programmatisches Werk „Technische Kulturdenkmale“.

    M.s Bedeutung für die Technikgeschichte liegt vor allem in seinen Leistungen für deren Institutionalisierung als wissenschaftliche Disziplin. 1909 erhielt er den ersten Lehrauftrag an einer deutschen Hochschule für „Geschichte der Maschinentechnik“ an der Maschinenbaufakultät der TH Berlin-Charlottenburg. 1912 wurde er zum Prädikats-, 1929 zum Honorarprofessor ernannt. 1935 wurde ein Seminar für Geschichte der Technik an der Fakultät für Maschinenwesen der TH Berlin eingerichtet, dessen geplanter Ausbau wegen des Kriegsausbruches aber unterblieb. M. las bis zu seiner Entpflichtung 1939 über Geschichte der Technik.

    1909 gründete M. das Jahrbuch „Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie“ (seit 1933 u. d. T. „Technikgeschichte“), das in den folgenden Jahrzehnten zu einem Kristallisationspunkt der technikgeschichtlichen Forschung wurde. Wesentlichen Anteil hatte M. an der Gründung einer Fachgruppe für Technikgeschichte beim VDI 1930 und an der Erweiterung der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaft um die Technik (1931) sowie an der Gründung von Gesellschaften zur finanziellen Förderung der Technikgeschichte.

    Besondere Verdienste erwarb sich M. bei der Pflege internationaler Kontakte zwischen den verschiedenen Ingenieurorganisationen. Er unternahm in diesem Zusammenhang zahlreiche Auslandsreisen und wirkte maßgeblich bei der Vorbereitung und Durchführung der 2. Weltkraftkonferenz mit, die 1930 in Berlin stattfand. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeit war das Gebiet der Ingenieurausbildung, wobei er sich vor allem im 1908 gegründeten „Deutschen Ausschuß für das technische Schulwesen“ für die Sicherung der Qualität und den Praxisbezug der Ingenieurausbildung einsetzte.|

  • Auszeichnungen

    Dr.-Ing. E.h. (Hannover 1921), Dr. phil. h. c. (Münster 1931).

  • Werke

    Weitere W u. a. Gesch. d. Dampfmaschine, Ihre kulturelle Bedeutung, techn. Entwicklung u. ihre gr. Männer, 1901, Neudr. 1982;
    Die Entwicklung d. Dampfmaschine, Eine Gesch. d. ortsfesten Dampfmaschine u. d. Lokomobile, d. Schiffsmaschine u. Lokomotive, 2 Bde., 1908, Neudr. 1983 f. u. 1987;
    Werner Siemens, Ein kurzgefaßtes Lb. nebst e. Ausw. s. Briefe, 2 Bde., 1916;
    Ein Jh. dt. Maschinenbau, Von d. mechan. Werkstätte b. z. dt. Maschinenfabrik 1819-1919, 1919;
    Preußens Gewerbeförderung u. ihre gr. Männer, dargest. im Rahmen d. Gesch. d. Ver. z. Beförderung d. Gewerbfleißes 1821-1921, 1921;
    Das Dt. Mus., Gesch., Aufgaben, Ziele, 1925;
    Große Ingenieure, Lebensbeschreibungen aus d. Gesch. d. Technik, ²1938;
    Gesch. d. Zahnrades, 1940. -
    Hrsg.: Techn. Kulturdenkmale, 1932 (mit W. Lindner), Neudr. 1985;
    Männer d. Technik, Ein biogr. Hdb., 1925, Neudr. 1985.

  • Literatur

    A. Bihl, in: Mitt. z. Gesch. d. Med., d. Naturwiss. u. d. Technik 40, 1941/42, S. 193-99 (W-Verz.);
    H. Ude, C. M., Ein Leben f. d. Technik u. ihre Gesch., 1942 (W-Verz., P);
    F. Haßler, C. M.s Weg z. Technikgesch., in: Sudhoffs Archiv f. Gesch. d. Med. u. d. Naturwiss. 42, 1958, S. 16-26;
    U. Troitzsch u. G. Wohlauf, Technik-Gesch., Hist. Btrr. u. neuere Ansätze, 1980, S. 81-91 (W);
    K.-H. Ludwig u. W. König (Hrsg.), Technik, Ingenieure u. Ges., Gesch. d. Ver. Dt. Ingenieure 1856-1981, 1981 (P);
    W. König, Der Technikhistoriker C. M. u. s. „Entwicklung d. Dampfmaschine“, Einl. zu: C. M., Entwicklung d. Dampfmaschine, Neudr. 1987 (P);
    ders., Programmatik, Theorie u. Methodol. d. Technikgesch. b. C. M., in: Technikgesch. 50, 1983, S. 306-36 (W);
    ders., Zur Gesch. d. Erhaltung techn. Kulturdenkmale in Dtld., Einl. zu: C. M. u. W. Lindner (Hrsg.), Techn. Kulturdenkmale, Neudr. 1985, S. XXIII-XXVII;
    ders., Männer machen Technikgesch., Die „Matschoß-Feldhaus-Kontroverse“ als Exempel früher Technikgesch. zw. Wiss., Kommerz u. Rivalität, Einl. zu: C. M., Männer d. Technik, Neudr. 1985, S. V-XIV;
    ders., Auffassungen v. d. Aufgaben d. Faches Technikgesch. zw. 1900 u. 1945 in d. Ing.welt, in: Humanismus u. Technik, Jb. 29, 1986, S. 23-45;
    Rhdb. (P);
    Pogg. VI, VIIa. – Eigene Forschungen.

  • Autor/in

    Wolfgang König
  • Zitierweise

    König, Wolfgang, "Matschoß, Conrad" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 385-387 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116838523.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA