Lebensdaten
1813 – 1872
Geburtsort
Neiße (Oberschlesien)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Journalist ; Agitator ; Politiker ; Historiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116681896 | OGND | VIAF: 40136205
Namensvarianten
  • Heldt, Friedrich Wilhelm
  • Held, Johann Friedrich Wilhelm Franz
  • Heldt, Johann Friedrich Wilhelm Franz
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Zitierweise

Held, Friedrich Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116681896.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Heldt, aus Raudnitz/Böhmen, preuß. Offz.;
    M Rosina Willrich, aus Karlsruhe b. Oels/Schlesien;
    N. N.;
    1 T überlebend.

  • Biographie

    H. hat in der Berliner Revolution von 1848 einige Monate lang eine Rolle als Herausgeber gemäßigt-liberaler Zeitschriften, als Verfasser auffälliger Plakate – publiziert zumeist in eigener Sache – und als wirkungsvoller Redner in den „Zelten“ vor Arbeitern und Studenten gespielt. Seiner Erziehung im Königlich Waisenhaus zu Potsdam folgten einige Jahre, die er als Offizier in Saarbrücken verbrachte. Doch nahm er frühzeitig seinen Abschied aufgrund persönlicher Schwierigkeiten. Er betätigte sich darauf zeitweilig an umherreisenden Theatern. 1841 ließ er in Erfurt 6 rasch zusammengeschriebene Bändchen „Preußens Helden“ erscheinen, derentwegen er in der Revolutionszeit unablässig als Renegat verschrien, verlacht und karikiert wurde, hatte er sie doch Prinz Wilhelm von Preußen gewidmet. – In der Tat wirkte H. in seinen Blättern und Plakaten zwielichtig. Er gebärdete sich revolutionär, predigte indessen nicht mehr als die „konstitutionelle Monarchie“. Im ganzen war er ein rhetorisch begabter Agitator.

    Als sein journalistisches Hauptwerk gilt die vom Oktober 1842 an zuerst in Leipzig publizierte „Locomotive, Allgemeine Intelligenz-Zeitung für Deutschland“. Sie wurde nicht zuletzt wegen der rasch erreichten Auflage von 12 000 Stück schon im Frühjahr 1843 verboten. Infolge dieser Unterdrückung sind H. und seine „Locomotive“ in der liberalen Geschichtsschreibung populär gewesen. Trotz Verhaftung und Gefängnis ließ H. ihr unter neuen Titeln verbesserte Ausgaben folgen. Für die ihm auferlegten Verfolgungen wußto er sich durch die wiederum zur Haft führenden Schriften „Censuriana oder Geheimnisse der Censur“ (1844) und „Dem deutschen Volke“ (1846) zu bedanken. – „Bei seinen wechselnden Agitationsmitteln ist es nicht möglich, wie bei einem handelnden Politiker größeren Stils Zweck und Mittel, Ernst und Laune zu unterscheiden.“ (Griewank)

    Von März bis Herbst 1848 hatte H. vergebens versucht, in Berlin eine politische Position von Bedeutung zu erringen. Weder halfen ihm seine am 1.4.1848 neugegründete „Locomotive, Zeitung für politische Bildung des Volkes“ noch die Zahl seiner riesengroß gedruckten, in demagogischer Sprache gehaltenen Plakate, noch seine an die Massen gehaltenen Reden. Wegen seiner schwankenden Gesinnung, seines martialischen Bartes, seiner Schauspielermähne und seines federgeschmückten Hecker-Hutes – sichtlich nach Schillers „Räubern“ konzipiert – verhöhnte man ihn in Schmähschriften mehr als jeden anderen Volkstribunen. Im Gegensatz zu anderen Revolutionsblättchen durfte die „Locomotive“ zunächst vom 14.12.1848 an, als das preußische Militär Berlin für die Reaktion zurückerobert hatte, abermals herausgegeben werden (bis 14.1.1849). Über die Wochen der härtesten Verfolgungen rettete H. sich mit Laterna-magica-Vorführungen und tagesgeschichtlichen Puppenkomödien hinweg. Die „Königlich privilegierte Berliner Zeitung“, die er so oft angegriffen und die ihn so häufig beschimpft hatte, behandelte ihn nicht unfreundlich. Doch hat H. nicht wie manche anderen 1848er in einem der preußischen Regierung nahestehenden Pressebüro, einer halbamtlichen Korrespondenz oder einer amtlich geförderten Zeitung irgendeines der Länder des deutschen Bundes Unterschlupf gesucht. Nach seinen Triumphen als Tribun verschwand er im Dunkel, er wurde bei Freienwalde königlicher Torfinspektor.

  • Werke

    Weitere W 1813, 1814, 1815, Vaterländ. Schausp., 1841;
    Liebe, Tragödie, 1841;
    Freundschaft, Tragödie, 1842;
    Aufruf zu e. Rev. d. dt. Rechtschreibung, 1844;
    Dtld., wie es fortschreitet u. einig - ißt, 1844;
    Ill. Weltgesch., 1844-52 (mit O. v. Corvin-Wiersbitzki);
    Volksvertreter, 1847;
    Die Justizmörder, 3 Bde., 1867.- Flugbll.: 1. Republik, 1848;
    Die Pariser Rev. v. Febr. 1848, 1848;
    Berlin v. d. Rev. b. z. Vfg. od. Gesch. d. Berliner Rev.-Epoche, 1849;
    Die Contre-Rev. od. d. Auflösung d. Nat.-Verslg., 1849;
    Die Portefeuille-Jagd od. Cabinetsfragen u. Min.krisen, 1849;
    Der Volksvertreter, s. notwendigen Eigenschaften u. Pflichten, 1849;
    Der Wahlkampf od. Volk, Vfg. u. Partei, 1849;
    Dtld.s Lehrj. 1848–60, 1859. - Hrsg.: Irrfahrten e. Comödianten, 1841;
    Das Buch d. Gesetzes f. d. Preuß. Volk, 1849.

  • Literatur

    ADB XI;
    R. Springer, Berlins Straßen, Kneipen u. Clubs im J. 1848, 1850;
    A. Wolff, Berliner Rev.-Chronik I, 1851;
    H. Wuttke, Die dt. Zss. u. d. Entstehung d. öff. Meinung, Ein Blr. z. Gesch. d. Ztg.Wesens, 1866, ³1875;
    O. v. Corvin-Wiersbitzki, Erinnerungen a. m. Leben III, ³1880;
    K. Griewank, F. W. H. u. d. vulgäre Liberalismus u. Radikalismus in Leipzig u. Berlin 1842–49, phil. Diss. Rostock 1922 (Bibliogr.) (ungedr.);
    K. Schottenloher, Flugbl. u. Ztg., Ein Wegweiser durch d. gedr. Tagesschrifttum, 1922;
    W. Haacke, Otto v. Corvin-Wiersbitzki, in: NDB III;
    J. Droz, Les Révolutions Allemandes de 1840, Paris 1957;
    K. Koszyk, Das Bild d. Demagogen im Berliner tollen J., F. W. H.s publizist. Tätigkeit während d. Märzrev., in: Publizistik 5, 1960, Nov.-Dez., = Festschr. f. Emil Dovifat (L);
    W. Haacke, Die pol. Zs. I-II, 1968 f.

  • Porträts

    in: H. H. Houben, Polizei u. Zensur, 1926, S. 89.

  • Autor/in

    Wilmont Haacke
  • Zitierweise

    Haacke, Wilmont, "Held, Friedrich Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 462-463 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116681896.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Held: Friedrich Wilhelm Alexander H., deutscher Publicist, populärer Historiker und Agitator, geboren 1813 in der schlesischen Stadt Neisse, am 26. März 1872 in Berlin. H. gedachte zuerst die Militärcarrière zu machen, und so gehörte er 1831 als Lieutenant dem 36. Infanterieregiment in Mainz an. Jedoch nahm er nach einigen Jahren seinen Abschied, versuchte sich hier und dort als Schauspieler, ließ sich dann in Erfurt nieder, wo er seine schriftstellerischen Erstlinge erscheinen ließ, und verlegte 1843 seinen Wohnsitz nach Leipzig, wo er bald durch eine radicale Zeitschrift, die „Locomotive“, von sich reden machte. Das Blatt wurde in Sachsen endlich verboten, H. versuchte es in Halle und später in Schkeuditz fortzusetzen und taufte es dann in Berlin zu einem „Volksblatt“ um, wo er nun an den revolutionären Bewegungen und Vorgängen von 1848 in hervorragendster Weise theilnahm. Er wurde einer der ersten und einflußreichsten Führer der Extremen in der Hauptstadt, doch wollte man schließlich eine Zweideutigkeit in seiner Haltung erblicken und entzog ihm das bisherige blinde Vertrauen. In der Folge muß es zwischen der gegnerischen Seite und ihm wirklich noch zu einer Art Pact gekommen sein: denn der Radicale und Revolutionär von 1848 erschien 1850 als königl. Torfinspector in Ryno bei Freienwalde. Nicht lange indessen blieb er das; er lebte zurückgezogen einige Jahre in Frankfurt a. M., sowie in Hamburg, und siedelte Mitte der Fünfzig zum zweiten Mal nach Berlin über, wo er anfangs, der Politik noch fern, in einer von ihm ins Leben gerufenen Wochenschrift „Theatralia" den Interessen der Bühne auf seine Weise zu dienen unternahm. 1863 erst lenkte er in die vormaligen Pfade wieder ein, als Redacteur an die Spitze der „Staatsbürger-Zeitung“, eines Organes der Arbeiterpartei und des der Bourgeoisie feindlich gesinnten kleinen Gewerbestandes, tretend. Er schuf das Blatt bald zu einer nicht zu verachtenden Macht innerhalb seiner Sphäre, ja wol auch vielfach noch über letztere hinaus, um. 1871 trennte er sich von dem Besitzer Daubitz und rief ein Concurrenzunternehmen „Staatsbürger-Zeitung (Alte Held’sche)“ ins Leben, welches Eigenthum einer Genossenschaft wurde, als deren Haupt und Seele natürlich er und kein Anderer figurirte. Als ihn im März folgenden Jahres der Tod abrief, war lange genug schon von Neuem der Verdacht rege geworden, daß H. seine demokratischen und socialistischen Agitationen doch vielleicht nur um sehr egoistischer Sonderbestrebungen willen ins Werk gesetzt habe. Jedenfalls war H. ein großes Talent und eine reichbegabte Persönlichkeit; es lag in ihm etwas von einem geborenen Volksmann und Führer der Massen, aber gewisse Schwächen der Individualität und Mängel im Charakter ließen keine vollkommene Entfaltung zu oder verhinderten den rechten edlen Gebrauch der bedeutenden Gaben. — Held's erstes schriftstellerisches Erzeugniß waren „Preußens Helden" (6 Bde., 1841). In den „Irrfahrten eines Comödianten" (1842) beschrieb er einen Theil seines eigenen Lebens. Seine Hauptleistung dürfte die in Gemeinschaft mit Corvin herausgegebene „Illustrirte Weltgeschichte“ sein (8 Bde., 1844 ff.). Außerdem verfaßte er eine „Geschichte des Revolutionszeitalters 1789—1850“ (1850 ff.), „Deutschlands Lehrjahre 1848—50“ (1859 ff.)|und noch mehr dergleichen, was Alles freilich nicht sowol einer objectiven, wissenschaftlichen Geschichtschreibung, als der parteiischen agitatorischen Broschürenschreibung beizuzählen ist.

  • Autor/in

    Kneschke.
  • Zitierweise

    Kneschke, "Held, Friedrich Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 679-680 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116681896.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA