Lebensdaten
1880 – 1960
Geburtsort
Herne (Westfalen)
Sterbeort
Karlsruhe
Beruf/Funktion
Hüttendirektor ; Luftfahrtindustrieller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 106133071 | OGND | VIAF: 37397331
Namensvarianten
  • Koppenberg, Heinrich
  • Coppenberg, Heinrich

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Koppenberg, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd106133071.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich (1855–1947), Bäcker in H., dann Werkmeister bei Krupp in Essen, S d. Landwirts Georg Wilhelm in H.;
    M Caroline Heisterkamp (1858–1940) aus H.;
    Köln-Mülheim 1917 Hedwig Feucht (1886–1942).

  • Biographie

    K. kam 12jährig nach Essen, wo er die Fortbildungsschule besuchte und eine Schlosserlehre bei Krupp durchmachte. Danach besuchte er die Maschinenbau-Hüttenschule in Duisburg und arbeitete dann bei Felten & Guilleaume und Mannesmann. Seinen ersten leitenden Posten erhielt er bei der Linke-Hofmann-Lauchhammer AG in Riesa, die 1926 zu den Mitteldeutschen Stahlwerken wurde und zur Gruppe von Friedrich Flick (1883–1972) gehörte. Sie produzierte Stahl, Transportanlagen und Bahnbedarf. In dieser Tätigkeit konnte K. 1924 in Zusammenarbeit mit Gottwalt Schaper (1873–1942) einen neuen Silizium-Baustahl bei der Reichsbahn einführen, durch den große Brücken wirtschaftlicher gebaut werden konnten; er wurde verwendet im Eisenhochbau, bei Autobahn-Vollwandbrücken und als Marine-Baustahl.

    1933 schlug Flick dem neuen Reichsluftfahrtministerium nach dem erzwungenen Ausscheiden von Hugo Junkers aus der Junkers Flugzeugwerke AG K. als dessen Nachfolger vor. Dieser wurde nun Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, das sich mehrheitlich im Besitz des Reiches befand. Kurz darauf sagte das Ministerium anläßlich der Wiedererlangung der deutschen Lufthoheit größere Aufträge zu. Vor allem von dem gerade fertig entwickelten dreimotorigen Verkehrsflugzeug Ju 52 sollte wegen der starken Nachfrage eine Großserie aufgelegt werden. Daher konnte K. viel Personal wieder einstellen; von 750 Beschäftigten steigerte er die Belegschaft bis 1941 auf 100 000. Damit machte er die Firma zum bedeutendsten und größten Entwicklungs- und Produktions-Unternehmen der deutschen Luftfahrt-Industrie. 1934 begann K. den Aufbau des Junkers-Konzerns, wobei er sich auf ein vielseitiges technisches Entwicklungsprogramm stützen konnte. Während das Stammwerk Dessau Entwicklungswerk wurde, ließ K. in zehn Monaten das neue Flugzeugwerk Dessau-Süd bauen, mit dessen Betriebsleitung er Richard Thiedemann betraute. Hier verwirklichte er erstmalig im deutschen Flugzeugbau eine Arbeitsvorbereitung, ein durchorganisiertes Prüfwesen und stellte neuartige Blechbearbeitungsmaschinen auf. Als Leiter des Motorenbaus setzte er Eberhard von Brauchitsch (1895–1937) ein, der ein neues Motorenwerk in Magdeburg baute. Mitte der 30er Jahre fertigte K. außer in diesen Werken noch in den Zweigbetrieben Aschersleben, Bernburg, Halberstadt, Köthen, Leopoldshall und Schönebeck und unterhielt Flugzeugwerften in Leipzig und Breslau. 1935 kaufte er die Maschinenbau-Abteilung der Linke-Hofmann-Busch AG in Breslau und gründete sie in die Tochtergesellschaft Fahrzeug- und Motorenwerke GmbH (Famo) um, die Raupen- und Radschlepper, den Junkers-Fahrzeugdiesel und Motorenprüfstände herstellte. K. kontrollierte ferner die Argus-Motoren GmbH Berlin, für die er noch einen Zweigbetrieb in Karlsruhe schuf, und die Arado-Flugzeugwerke GmbH Potsdam. Bei Argus ließ er 1939 durch Hermann Klaue die Scheibenbremse, ferner das Pulso-Strahlrohr nach Paul Schmidt für die V 1 entwickeln. Die Produktion der Junkers-Betriebe reichte bald nicht mehr aus, so daß K. für den Motorenbau Konzerne der Automobilindustrie einschaltete. Er gründete 1935 mit der Auto Union die Mitteldeutschen Motorenwerke in Taucha bei Leipzig. 1936 organisierte er den Junkers-Konzern um: die Junkers-Flugzeugwerke vereinigte er mit der Junkers-Motorenbau GmbH zur „Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG“ Dessau. 1938 faßte er sämtliche Junkers-Ausbildungsstätten zur modernsten deutschen Werkschule zusammen. Das Unternehmen erhielt natürlich auch Aufträge beim Aufbau der deutschen Luftwaffe. 1935 wurde die Ju 52 ihr erstes Bomben- und Transport-Flugzeug, das bei der Legion Condor 1936 erstmals eingesetzt wurde. 1936 gingen der Sturzkampfbomber Ju 87 und der Bomber Ju 88 mit Einziehfahrwerk in Serie.|K.s Konstrukteure waren Ernst Zindel (1897–1978) für Flugzeuge, Professor Otto Mader (1880–1944) und Johannes Gasterstädt (1888–1937) für die Diesel- und Otto-Flugmotoren. Im Wettbewerb mit Dornier, Focke-Wulf, Heinkel und Messerschmitt konnte K. für Junkers die Spitzenstellung sichern. 1937 hatte Junkers mit 256 Maschinen den größten Anteil am Verkehrsflugzeugpark in der Welt. K. ließ 1938 das zukunftweisende viermotorige Großverkehrsflugzeug Ju 90 bauen. Eindrucksvoll waren die sonstigen Leistungen: 1934 ließ K. den Erstflug eines Verkehrsflugzeugs mit Dieselmotoren ausführen (G 38 D), 1936 flog die Ju 86 mit zwei Dieselmotoren (Jumo 205), das damals wirtschaftlichste aller Verkehrsflugzeuge, in 20 Stunden nonstop nach Bathurst/Westafrika. 1939 flog die Ju 86 mit zwei Einspritz-Ottomotoren zu je 1 200 PS (Jumo 211) und 2 t Nutzlast einen Weltrekord über 1 000 km mit 517 km/h Geschwindigkeit.

    Die bedeutendste Entwicklung bei Junkers unter K. war das Strahltriebwerk für Flugzeuge, das den Kolbenmotor und die Luftschraube ablösen sollte. Für diesen, schon auf Junkers zurückgehenden Plan hielt K. 1934 die Zeit für reif. Er ließ erst Einzelaggregate (Verdichter, Brennkammer, Abgasturbolader) vorbereiten. 1935 bildete er im Motorenwerk Magdeburg die Abteilung „Düsenbau“. Als sich das Reich 1938 am Bau eines Strahltriebwerkes mit 600 kg Schub interessiert zeigte, setzte K. als Leiter der Vorentwicklung für Strömungsmaschinen Anselm Franz ein und verlegte die Abteilung in das Werk Dessau. Noch unter K.s Vorstandsvorsitz baute Dessau die ersten Triebwerke Junkers 004 A und bereitete auch die erste Serie von 80 Stück vor. Damit gehörte K. zu den Männern, die das Düsenzeitalter in der Luftfahrt einleiteten.

    Wegen der Autarkiebestrebungen in der deutschen Treibstoffversorgung ordnete Reichswirtschaftsminister Schacht 1934 eine Pflichtgemeinschaft der Braunkohlen-Industrie an, die die „Braunkohle-Benzin AG“ (Brabag) zur Herstellung von Treibstoffen zu gründen hatte. Hier wurde K. als Vertreter der Mitteldeutschen Stahlwerke AG (Flick-Gruppe) neben Alfred Vollard von Bokkelberg (1874–1945) in den Vorstand berufen; er übernahm die Bauvorhaben des neuen Unternehmens und projektierte sofort die ersten Hydrieranlagen in Böhlen bei Leipzig, Magdeburg und Schwarzheide-Ruhland bei Dresden, mit deren Bau er 1935 begann. Sein Partner für die Hydrierverfahren wurde als neues Vorstandsmitglied Carl Krauch (IG- Farben). Später gründete K. die Baudirektion der Brabag zur selbständigen Mineralölbau GmbH um; sie errichtete 9 weitere Treibstoff-Synthesewerke, darunter die heute noch bestehenden in Wesseling, Scholven und Gelsenkirchen. Diese Werke lieferten bis zu 3,5 Millionen Jahrestonnen und bildeten das Rückgrat der deutschen Treibstoffversorgung bis 1944. 1938 trat K. in den Aufsichtsrat der Brabag über, dem er bis 1943 angehörte.

    Als die deutsche Luftwaffe 1940 erstmals auf härteren Widerstand stieß und K. im Gegensatz zur deutschen Führung wiederholt an die leistungsstärkere Flugzeugproduktion Englands und der USA erinnerte, wurde er 1941 von seinem Posten bei Junkers abberufen. Er ging als Wehrwirtschaftsführer nach Norwegen, wo er die Aluminium-Produktion steigern sollte, was aber undurchführbar blieb. Nach 1945 leitete K. einen eigenen Betrieb in Baden-Oos und arbeitete in Aufsichtsrats- und Beirats-Gremien der Wirtschaft.|

  • Auszeichnungen

    Dr.-Ing. E. h., Dr. rer. techn. h. c., Ehrensenator d. TH Dresden u. d. Bergak. Freiberg.

  • Werke

    Eindrücke aus d. Eisenindustrie d. Vereinigten Staaten v. Nordamerika, 1926;
    Unfallverhütung u. Zusammenarbeit in d. amerikan. Hüttenindustrie, in: Stahl u. Eisen 45, 1925, S. 1071-75;
    Betriebskontrolle u. Betriebsstatistik, in: Maschinenbau 3, 1924, S. 1117-19;
    Junkers-Lehrschau, 1936;
    Die Sauerstoffmetallurgie d. Schachtofenprozesse, 1953 (mit W. Wenzel);
    Neujahrsworte 1934/35, in: Der Propeller (Junkers-Zs.) 3, 1935, H. 1, S. 1 f.;
    Geleitworte z. Eröffnung d. Junkers-Lehrschau, ebd. 4, 1936, H. ⅔, S. 1-3;
    Mineralölgewinnung aus Kohle, in: Der Vierjahresplan, 1937, S. 276.

  • Literatur

    F. A. Fischer v. Poturzyn (Hrsg.), Junkers u. d. Weltluftfahrt, 1935;
    C. W. Vogelsang, Die 2. Etappe, 1955;
    L. Gf. Schwerin v. Krosigk, Die große Zeit d. Feuers III, 1959, S. 62;
    D. J. Irving, Die Tragödie d. dt. Luftwaffe, 1972;
    G. Ogger, Friedrich Flick, 1971;
    G. Thomas, Gesch. d. dt. Wehr- u. Rüstungswirtsch., 1966, S. 247, 301;
    W. Birkenfeld, Der synthet. Treibstoff 1933–45, 1964, S. 37-43;
    Mitt. d. Braunkohle-Benzin AG u. v. Hans-Jürgen Koppenberg.

  • Porträts

    in: Der Propeller (Junkers-Zs.) 7, 1939, H. 1/2, S. 4;
    Junkers-Nachrr. 2, 1960, Nr. 2, S. 1-3 (P u. 2 Karikaturen v. E. Udet);
    E. Zindel, ebd., Nr. 6, S. 3.

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Koppenberg, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 12 (1980), S. 575-576 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd106133071.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA