Witthoefft, Franz Heinrich
Witthoefft, Franz Heinrich
1863 – 1941
Kaufmann, Wirtschaftsvertreter, Politiker
- Lebensdaten
- 1863 – 1941
- Geburtsort
- Kirchwerder (heute Hamburg-Bergedorf)
- Sterbeort
- Lütjensee (Kreis Stormarn, Schleswig-Holstein)
- Beruf/Funktion
- Kaufmann ; Wirtschaftsvertreter ; Politiker ; Senator
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 130117358 | OGND | VIAF: 25702454
- Namensvarianten
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- Witthoefft, Franz Heinrich
- Witthoefft, F.H.
- Witthoefft, Heinrich Franz
- Witthoeft, Franz Heinrich
- Witthorst, Franz Heinrich
- mehr
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Franz Witthoefft war ab etwa 1900 die führende Persönlichkeit der Schwesterfirmen Behn, Meyer & Co. und Arnold Otto Meyer, die eine bedeutende Rolle im Ostasienhandel spielten. Er gründete Unternehmen wie die Hansa-Mühle und versuchte Mitte der 1920er Jahre, Teile des Stinnes-Konzerns zu retten. Witthoefft übte als langjähriges Mitglied der Deutschen Volkspartei zahlreiche Ämter in Wirtschaft und Politik aus. Er unterstützte 1932/33 die Machtübernahme der NSDAP, lehnt aber deren antijüdische Politik ab.
Franz Heinrich Witthoefft (InC) -
Lebensdaten
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Lebenslauf
19.·November 1863 - Kirchwerder (heute Hamburg-Bergedorf) -
Genealogie
Vater Peter Witthoefft 1819–1906 Kälber- und Kornhändler Großvater väterlicherseits Franz Witthoefft 1795–1852 Landwirt; Kälberhändler Großmutter väterlicherseits Ancke Timmann 1796–1879 Mutter Dorothea Wilhelmine Busch 1832–1908 Großvater mütterlicherseits Hermann Busch 1801–1850 Landwirt Großmutter mütterlicherseits Franziska Busch, geb. Kellinghusen 1804–1875 Schwester Anna Witthoefft 1857–1913 Schwester Maria Dorothea Witthoefft 1859–1885 Schwester Bertha Wilhelmine Witthoefft 1862–1918 Schwester Minna Franzisca Auguste Witthoefft 1868–1874 Heirat 24.3.1898 in Hamburg Ehefrau Erna Franzisca Elisabeth Witthoeft, geb. Kellinghusen 1877–1958 Schwiegervater Franz George Kellinghusen 1844–1887 Schwiegermutter Agathe Henriette Christine Kellinghusen 1849–1919 Sohn Peter Ernst Witthoefft geb. 1901 Sohn Franz Heinrich Witthoefft 1903–1995 Kaufmann Sohn Gerd Witthoefft 1906–1988 Sohn Otto Witthoefft geb. 1910 -
Biografie
Franz Heinrich Witthoefft (ganz links), BArch / Bildarchiv (InC) Witthoefft besuchte nach der Gemeindeschule seit 1876 die Handelsschule von Fritz Louis Nirrnheim (1830–1906) in Hamburg, die bei Kaufleuten einen guten Ruf hatte. 1881 begann er eine kaufmännische Lehre beim Hamburger Handelshaus Arnold Otto Meyer, dessen Schwesterfirma Behn, Meyer & Co. das älteste und größte deutsche Handelsunternehmen in Singapur war. Witthoefft entwickelte als Lehrling einen Ziffern-Code, durch den erhebliche Kosten im Telegrammverkehr eingespart werden konnten, worauf ihm das vierte Lehrjahr erlassen wurde. Nach einem dreimonatigen Volontariat bei der Speditions- und Schiffsagentur Mogin Straatmann & Co. in Antwerpen wechselte er 1885 zu Behn, Meyer & Co. in Singapur. Unter seiner Leitung wurden die Schifffahrtsverbindungen der Firma ausgebaut: Witthoefft akquirierte das Agenturgeschäft mehrerer Schiffslinien wie Norddeutscher Lloyd, HAPAG und Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft und erwarb für Behn, Meyer & Co. englische Dampfer für die Küstenschifffahrt; zudem entstanden in seiner Ägide neue Zweigniederlassungen von Behn, Meyer & Co. auf den Philippinen und Java sowie in Bangkok. Auf der Strait Homeward Conference 1897 führte er zwischen deutschen und englischen Reedereien einen Kompromiss über die Verteilung von Frachtraten herbei und schlichtete Streitigkeiten zwischen dem Norddeutschen Lloyd und der HAPAG.
Witthoefft war seit 1896 Teilhaber bei Behn, Meyer & Co., das 1905 in eine Aktiengesellschaft als Tochtergesellschaft von Arnold Otto Meyer umgegründet wurde. Seit 1900 zurück in Europa und Teilhaber bei Arnold Otto Meyer in Hamburg, gründete Witthoefft mit Emil Helfferich (1878–1972) 1910 die Straits und Sunda Syndikat GmbH, die sich zu einem bedeutenden Konzern von Tee-, Kautschuk- und Kaffeeplantagen sowie Ölmühlen in Südostasien entwickelte. Er regte in Hamburg die Gründung des Metallvereins (1907) und des Kautschukvereins (1912) an und übernahm jeweils den Vorsitz, mit dem Ziel, den Terminhandel einzuführen. Im Ersten Weltkrieg förderte Witthoefft die Gründung der Hansa-Mühle GmbH in Hamburg (1916), die erstmals Sojabohnen entbitterte und Öl, Mehl, Schrot sowie als Nebenprodukt Lecithin herstellte.
Der Erste Weltkrieg und die Revolution 1918/19 bewogen Witthoefft, politische Verantwortung zu übernehmen. Er trat für einen Verständigungsfrieden ein und verhandelte mit den Hamburger Arbeiter- und Soldatenräten, um die öffentliche Ordnung zu sichern und die Interessen des Handels zu vertreten. Dazu nahm Witthoefft zahlreiche öffentliche Ämter wahr: Er war 31 Jahre lang Mitglied der Handelskammer Hamburg, von 1919 bis 1922 deren Präses, Mitglied im Vorstand des Deutschen Industrie- und Handelstags und Stellvertreter des Präsidenten, leitete von 1918 bis 1928 den Wirtschaftsrat in Hamburg, war von 1919 bis 1924 Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft und von 1928 bis 1931 Senator für Handel, Schifffahrt und Gewerbe im Hamburger Senat. Er nahm ferner als Sachverständiger der deutschen Delegation an den Friedensverhandlungen in Spa und Versailles teil und wurde 1919 für die Deutsche Volkspartei als Abgeordneter in die Weimarer Nationalversammlung gewählt.
Die Besitzungen und das Vermögen von Behn, Meyer & Co. wurden im Ersten Weltkrieg von der britischen Regierung liquidiert. Um die Kapitalbasis der Behn-Meyer-Firmen zu stärken, schloss Witthoefft 1922 einen Gesellschaftervertrag mit Hugo Stinnes (1870–1924) über eine Kapitalbeteiligung. Nach dessen Tod wurde Witthoefft in den Exekutiv-Ausschuss im Stinnes-Konzern berufen. Unter seiner Vermittlung begab ein US-amerikanisches Banken-Konsortium eine Anleihe über 25 Millionen US-Dollar, um die Forderungen deutscher Banken abzulösen. Witthoeft erwarb ferner auf Rechnung von Arnold Otto Meyer das Überseegeschäft des Stinnes-Konzerns, wodurch neue Geschäftsmöglichkeiten in China, Südafrika und Lateinamerika entstanden.
In der Weltwirtschaftskrise 1929 gerieten die Behn-Meyer-Firmen erneut unter Druck und mussten durch Hilfen des Reichs, der Golddiskontbank und der Commerzbank gestützt werden; ab etwa 1935 verzeichnete das Unternehmen wieder steigende Gewinne.
Witthoefft war Vorsitzender des Aufsichtsrats der Commerzbank (Mitglied seit 1906, Vorsitzender 1915 bis 1934 und stellvertretender Vorsitzender 1934 bis 1941), der Cohrs & Ammé AG, Hamburg, und der Hanseatischen Mühlenwerke AG, Hamburg. Er war Aufsichtsratsmitglied der Chemischen Fabrik Harburg-Staßfurt, des Germanischen Lloyds, Berlin, der H. C. Meyer jr. AG, Hamburg, der Hamburgischen Electricitäts-Werke, der Industrie-Beteiligungs-AG, Berlin, der Liquidations-Kasse in Hamburg AG, der C. Lorenz AG, Berlin, der Schinag Schiffs-Installation AG, Bremen, der Triton-Werke AG, Hamburg, der Treuhandverwaltung für das deutsch-niederländische Finanzabkommen GmbH, Berlin, der Deutschen Werft, Hamburg, und der Waaren-Commissionsbank in Hamburg.
Über Helfferich lernte Witthoefft im Sommer 1932 Wilhelm Keppler (1882–1860) und Fritz Kranefuß (1900–1945) kennen, die für die NSDAP warben. Aufgrund des wirtschaftspolitischen Programms der Partei unterschrieb Witthoeft den Aufruf mehrerer Wirtschaftsführer an Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847–1934) im November 1932, Hitler mit der Regierungsbildung zu beauftragen, und trat der NSDAP am 1. Mai 1933 bei. Er protestierte jedoch gegen antijüdische Maßnahmen bei der Hamburger Wissenschaftlichen Stiftung und trat aus dem Hamburger Rotary-Club aus, als ein Ariernachweis verlangt wurde. Um 1939 schied er aus dem Berufsleben aus und zog sich auf seinen Landsitz in Lütjensee zurück.
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Auszeichnungen
1916 Mitglied des kaufmännischen Beirats des Hamburgischen Kolonial-Instituts 1922–1941 Mitglied im Kuratorium der Hamburger Wissenschaftlichen Stiftung 1923–1930 Präsident des Überseeklubs, Hamburg 1927 Goldene Denkmünze der Handelskammer Hamburg -
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Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivmaterialien:
Staatsarchiv Hamburg, Fa. Arnold Otto Meyer, Privatkorrespondenz Franz Heinrich Witthoefft.
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Werke
Lebenserinnerungen, Privatdruck, o. J. [1938]. (P)
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Literatur
N. N., Art. „Franz Heinrich Witthoefft“, in: Hamburg-Amerika-Post 1, 1929, S. 16–19.
Hermann Schween, Geschichte der Kirchwärder Familie Witthoefft, 1934.
Reinhard Behrens, Die Deutschnationalen in Hamburg 1918–1933, Diss. Hamburg 1973
Niall Ferguson, Paper and Iron. Hamburg Business and German Politics in the Era of Inflation, 1897–1927, 1995.
Frank Bajohr, „Arisierung“ in Hamburg. Die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933–1945, 1997.
Frank Bajohr, Die Zustimmungsdiktatur. Grundzüge nationalsozialistischer Herrschaft in Hamburg, in: Hamburg im „Dritten Reich“, hg. v. der Forschungsstelle für Zeitgeschichte, 2005, S. 69–121.
Felix Brahm, Art. „Witthoefft, Franz Heinrich“, in: Hamburgische Biografie, hg. v. Franklin Kopitzsch/Dirk Brietzke, Bd. 3, 2006, S. 413 f. (P)
Johannes Gerhardt, Die Begründer der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, 2007, S. 52 f. (P)
Anne Lena Meyer, Franz Heinrich Witthoefft, Kaufmann, in: Olaf Matthes/Ortwin Pelc, Menschen in der Revolution. Hamburger Porträts 1918/19, 2018, S. 195–197. (P)
Fritz Kleinsteuber, Merchants beyond the Seas. Die Geschichte des Handelshauses Behn Meyer, T. 1, 2018, insbes. S. 172–174. (P)
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Onlineressourcen
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Porträts
Gemälde (Öl/Leinwand) v. Heinrich Rüter (1877–1955), Hamburg, Stiftung Hanseatisches Wirtschaftsarchiv.
Gemälde (Öl/Leinwand) v. Heinrich Rüter (1877–1955), Frankfurt am Main, Historisches Archiv der Commerzbank.
Autor/in
→Detlef Krause (Frankfurt am Main)
Zitierweise
Krause, Detlef, „Witthoefft, Franz Heinrich“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.01.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/130117358.html#dbocontent.