Klatt, Johannes
- Lebensdaten
- 1852 – 1903
- Geburtsort
- Filehne (heute Wieleń) bei Bromberg (Posen, heute Bydgoszcz, Polen)
- Sterbeort
- Bonn
- Beruf/Funktion
- Sanskritist ; Bibliothekar ; Bibliograf ; Jainologe
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 116206020 | OGND | VIAF
- Namensvarianten
-
- Klatt, Johannes Emil Otto
- Klatt, Johann
- Klatt, Johannes
- Klatt, Johannes Emil Otto
- Klatt, Johann
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- Albrecht Weber (1825–1901)
- Ernst Kuhn (1846–1920)
- Ernst Leumann (1859–1931)
- Friedrich Theodor Haarbrücker (1818–1880)
- Georg Bühler (1837–1898)
- Hermann Jacobi (1850–1937)
- Julius Cornelius Schaarwächter (1847–1904)
- Julius Heinrich Petermann (1801–1876)
- Otto von Böhtlingks (1815–1904)
- Robert Birwé
- Theodor Prümm
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Klatt, Johannes Emil Otto
1852 – 1903
Sanskritist, Bibliothekar, Bibliograf, Jainologe
Johannes Klatt, Bibliothekar für orientalische Handschriften an der Königlichen Bibliothek zu Berlin, leistete einen erheblichen Beitrag zu den von Albrecht Weber (1825–1901), Hermann Jacobi (1850–1937) und Ernst Leumann (1859–1931) begründeten Jainismus-Studien. Zeitlebens widmete sich Klatt der Erschließung der Jaina-Handschriften in Berlin und der weltweit publizierten Quellen zur Geschichte und Literatur Asiens. Sein Hauptwerk, das „Jaina-Onomasticon“, eine bio-bibliografische Enzyklopädie, wurde 2016 postum vollständig ediert.
Lebensdaten
Johannes Klatt, Staatsbibliothek zu Berlin (InC) -
Autor/in
→Peter Flügel (London)
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Zitierweise
Flügel, Peter, „Klatt, Johannes“ in: NDB-online, veröffentlicht am 1.10.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116206020.html#dbocontent
Klatt erhielt in der Kleinstadt Filehne (Posen, heute Wieleń, Polen) Privatunterricht durch Emil Grüning. Nach der Übersiedlung der Familie nach Bromberg (heute Bydgoszcz, Polen) besuchte er hier von 1862 bis zum Abitur 1868 das Königliche Gymnasium. Anschließend studierte er bis 1872 in Berlin Philologie, Sanskrit und Altertumskunde. Für seine von Albrecht Weber (1825–1901) angeregte und durch Otto von Böhtlingks (1815–1904) „Indische Sprüche“ (3 Bde., 1863–1865, 21870–1873) inspirierte Dissertation „De trecentis Cāṇakyae poetae indici sententiis“ (Dreihundert Maximen des indischen Poeten Cāṇakya) wurde Klatt 1873 an der Universität Wittenberg-Halle zum Dr. phil. promoviert. Im Sommer 1874 legte er das Gymnasiallehrer-Examen ab. Seinen Lebensunterhalt verdiente Klatt von 1870 bis 1876 als Stenograf am Herrenhaus des Preußischen Landtags. An der Königlichen Bibliothek zu Berlin war er 1872/73 Volontär und von 1873 bis 1880 Hilfsbibliothekar. 1880 wurde er zum Kustos für orientalische Handschriften befördert (seit 1888 Bibliothekar). Er arbeitete mit an den „Jahresberichten der Geschichtswissenschaft“ (1878–1881) der Historischen Gesellschaft, an den „Wissenschaftlichen Jahresberichten über die morgenländischen Studien“ (1880–1881) der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft sowie an Ernst Kuhns (1846–1920) „Literaturblatt für Orientalische Philologie“ (1883–1887) und schrieb für die „Allgemeine Deutsche Biographie“ Lexikonartikel über Indologen. 1891 exzerpierte Klatt an der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze bibliographische und historische Informationen aus Jaina-Manuskripten und erstellte Handlisten. 1892 erlitt er einen Nervenzusammenbruch und wurde 1893 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Den Rest seines Lebens verbrachte er in der Dr. Hertz’schen Privat-Heil- und Pflege-Anstalt in Bonn.
Bekannt wurde Klatt durch seine grundlegenden bibliografischen und historischen Beiträge zu den in Berlin von seinem Lehrer Weber mit den Kommilitonen Hermann Jacobi (1850–1937) und Ernst Leumann (1859–1931) mitbegründeten Jainismus-Studien zu der seit dem 6./5. Jahrhundert v. Chr. in Indien entstandenen transtheistischen Religion. Zwischen 1868 und 1881 erwarb die Königliche Bibliothek mehr als 500 von Georg Bühler (1837–1898) in Indien erworbene (Śvetāmbara) Jaina-Handschriften. Parallel zu Webers Darstellung des Śvetāmbara Kanons „Die Heiligen Schriften der Jaina“ (1883–1885),und dessen „Verzeichniss der Sanskṛit- und Prâkṛit-Handschriften der Königlichen Bibliothek zu Berlin“ (1891–1893) sowie den Textausgaben und Übersetzungen von Jacobi und Leumann arbeitete Klatt fast zehn Jahre am „Jaina-Onomasticon“, einer bio-bibliografischen Enzyklopädie der Namenswörter in dem gesamten damals zugänglichen Textkorpus. Durch seine Bibliografien „Die Jaina-Handschriften der K[öniglichen] Bibliothek zu Berlin“ (1879), „Indische Drucke“ (1881) und „Die Handschriften-Verzeichnisse der Königlichen Bibliothek zu Berlin“ (1890) sowie vielzitierte Artikel galt Klatt bereits vor der Fertigstellung des Onomastikons als profunder Kenner und Historiker der Jaina-Tradition.
Im Zentrum seines Interesses standen die monastischen Chroniken (paṭṭāvali) und Lehrerlisten (gurvāvali), durch deren Kenntnis die Autoren der umfangreichen Jaina-Literatur identifiziert sowie sozial und geografisch verortet werden können. Erstmals machte er die paṭṭāvalīs des Kharataragaccha, Añcalagaccha und anderer Śvetāṃbara-Orden bekannt. Zudem untersuchte er die historiografischen Methoden der Jaina-Überlieferung. Aufgrund seiner Erkrankung konnte Klatt sein 1892 in englischer Sprache verfasstes, nahezu fertiggestelltes monumentales Hauptwerk nicht mehr publizieren. Zwei Varianten eines Specimen brachten Weber und Leumann zum Druck. 2016 wurde das 5338 Seiten umfassende Manuskript des „Jaina-Onomasticon“, ein fast vollständiges Verzeichnis der seinerzeit zugänglichen Namen von Jaina-Autoren, Texten und Orten mit biografischen Informationen, publiziert. Wenngleich das Jaina-Onomasticon im Einzelnen heute überholt bzw. ergänzungsbedürftig ist, so stellt es allein die in den post-kanonischen Schriften der Jaina zu findenden historischen Namen systematisch dar. Zeitgenossen galt diese bis heute nicht übertroffene enzyklopädische Zusammenstellung als wissenschaftsgeschichtlicher Meilenstein in der Erforschung des Jainismus. Klatts bedeutende Rolle in der Orientalistik des 19. Jahrhunderts, als Bibliothekar, Bibliograf und Historiker der Jaina-Tradition, geriet nach seinem Tod in Vergessenheit. Seine bahnbrechende Arbeit an den Quellen wird seit einigen Jahren wieder gewürdigt.
1875–1901 | Mitglied der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft |
Nachlass:
nicht bekannt.
Weitere Archivalien:
Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 21/II, Nr. 117 [No. 44]. (Promotionsakte)
Staatsbibliothek zu Berlin, Acta I. 9d, S. 1–3. (autobiografische Skizze)
Staatsbibliothek zu Berlin, Sammlung Darmstaedter 2b 1879 (32). (Lebenslauf)
Gedruckte Quellen:
Peter Flügel, Johannes Emil Otto Klatt (1852–1903). Forgotten Chronicler of Jainism and Bibliographer of Oriental Literature: Letters to Albrecht Weber 1874–1882, Ernst Kuhn 1881–1889, Charles Rockwell Lanman 1889 and Ehrhardt Karras 1891, with Curricula Vitae, and a Complete Bibliography of Johannes Klatt’s Works, 2017, in: Berliner Indologische Studien 23 (2017), H. 1, S. 1–76. (P) (kommentierte Edition der oben genannten Dokumente und von Briefen Klatts; Onlineressource)
Monografie:
De trecentis Cāṇakyae poetae Indici sententiis, in quibus centum adhuc ignotae, nunc primum foras datae, 1873. (Diss. phil.)
Editionen:
Peter Flügel, Johannes Emil Otto Klatt (1852–1903). Forgotten Chronicler of Jainism and Bibliographer of Oriental Literature: Letters to Albrecht Weber 1874–1882, Ernst Kuhn 1881–1889, Charles Rockwell Lanman 1889 and Ehrhardt Karras 1891, with Curricula Vitae, and a Complete Bibliography of Johannes Klatt’s Works, 2017, in: Berliner Indologische Studien 23/1 (2017), S. 69–137. (P; kommentierte Edition v. Dokumenten u. Briefen Klatts; Onlineressource)
Jaina-Onomasticon, hg. v. Peter Flügel/Kornelius Krümpelmann, 2016.
Aufsätze und Artikel:
Dhanapâla’s Ṛishabhapañcâçikâ, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 33 (1879), S. 445–477.
Anhang. Die Jaina-Handschriften der K[öniglichen] Bibliothek zu Berlin, in: ebd. 33, S. 478–483.
Indien (Altertum), in: Jahresberichte der Geschichtswissenschaft 1, 1878 (1880), I. Abteilung, S. 1–8.
Indien (Mittelalter), in: Jahresberichte der Geschichtswissenschaft 2, 1879 (1881), S. 1–26.
Islam (Mittelalter), in: ebd., S. 330–334.
Indien (Neue Zeit), in: ebd., III. Abteilung, S. 236–241.
Indische Drucke, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 35 (1881), S. 189–206.
Extracts from the Historical Records of the Jains, in: Indian Antiquary 11 (1882), S. 245–256.
Śûrpâraka, in: ebd., S. 293 f.
Art. „Klaproth, Julius Heinrich“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 16, 1882, S. 51–60. (Onlineressource)
Art. „Lassen, Christian“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 17, 1883, S. 784–788. (Onlineressource)
Art. „Lenz, Robert“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 18, 1883, S. 279. (Onlineressource)
Indien (Altertum), in: Jahresberichte der Geschichtswissenschaft 3 1880 (1883), I. Abteilung, S. 1–35.
Islam, in: ebd., II. Abteilung, S. 222–238.
Indien (Neue Zeit), in: ebd., III. Abteilung, S. 216–226.
Vorderindien, in: Wissenschaftliche Jahresberichte über die morgenländischen Studien 1880 (1883), S. 13–43.
Bibliographie, in: Literatur-Blatt für Orientalische Philologie 1 (1884), S. 33–42, 72–116 u. 253–377.
Indien (Altertum), in: Jahresberichte der Geschichtswissenschaft 4, 1881 (1885), I. Abteilung, S. 37–60.
Indien (Neue Zeit), in: ebd., III. Abteilung, S. 221–228.
Vorderindien, in: Wissenschaftliche Jahresberichte über die morgenländischen Studien, 1881 (1885), S. 20–59.
Orientalische Bibliographie [bis Ende 1884], in: Literatur-Blatt für Orientalische Philologie 2 (1886), S. 97–371.
Orientalische Bibliographie für 1885, in: Literatur-Blatt für Orientalische Philologie 3 (1887), S. 1–261.
Orientalische Bibliographie für 1886, in: Literatur-Blatt für Orientalische Philologie 4 (1888), S. 1–192.
Eine apokryphe paṭṭâvalî der Jainas. Festgruss an Otto von Böhtlingk zum Doktor-Jubiläum 3. Februar 1888 von seinen Freunden, hg. v. Rudolf Roth, 1888, S. 54–59.
Art. „Röer, Hans Heinrich Eduard“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 29, 1889, S. 42–45. (Onlineressource)
Art. „Rosen, Friedrich August“, in: ebd., S. 192–195. (Onlineressource)
The Date of the Poet Mâgha, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 4 (1890), S. 61–71.
Die Handschriften–Verzeichnisse der Königlichen Bibliothek zu Berlin, in: Centralblatt für Bibliothekswesen 7/5 (1890), S. 177–196.
Specimen eines Jaina-Onomastikons (Vorgelegt von Hrn. Weber), in: Sitzungsberichte der Preussischen Akademie XXII/1 (Jan. – Mai), 1892, S. 349–362.
Specimen of a Literary-Bibliographical Jaina-Onomasticon, 1892.
The Samachari-Satakam of Samayasundara and Pattavalis of the Anchala-Gachchha and other Gachchhas, in: Indian Antiquary 23 (1894), S. 169–183.
Manuskripte:
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. Catal. A 464/1: Verzeichnis der in der Handschriftenabteilung aufgestellten Handschriftenkataloge, 1886 (angelegt von Joh[annes] Klatt, October 1886, ersetzt durch das von Dr. [Emil] Jacobs 1906 angelegte Verzeichnis).
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. Cat. A 557 (4), 1887: Verzeichnis der alten (ausser Gebrauch gesetzten) Kataloge der Königl[ichen] Bibliothek.
Universität Hamburg, Bibliothek des Instituts für Indologie und Tibetologie: Jaina Onomasticon, 8 Bde., 1893.
Werkverzeichnis:
Peter Flügel, Johannes Emil Otto Klatt (1852–1903). Forgotten Chronicler of Jainism and Bibliographer of Oriental Literature: Letters to Albrecht Weber 1874–1882, Ernst Kuhn 1881–1889, Charles Rockwell Lanman 1889 and Ehrhardt Karras 1891, with Curricula Vitae, and a Complete Bibliography of Johannes Klatt’s Works, 2017, in: Berliner Indologische Studien 23 (2017), H. 1, S. 69–137, hier S. 131 f.. (Onlineressource)
Ernst Leumann, in: Johannes Klatt, The Samachari-Satakam of Samayasundara and pattavalis of the Anchala-Gachchha and other Gachchhas (Revised with additions by Ernst Leumann), in: The Indian Antiquary 23 (1894), S. 169–183, bes. S. 169, n. 2. (Biografische Notiz)
Otto Harrassowitz, Buchhandlung und Antiquariat. Bücher-Catalog 272. Indische Philologie und Alterthumskunde enthaltend unter anderen die Bibliothek von Dr. Joh. Klatt in Berlin, 1903.
Fritz Klatt, Fürs Kindchen [5.6.1943], in: Fritz Klatt, Biographische Aufzeichnungen, 1965, S. 9–46.
Peter Flügel, Johannes Klatt's Jaina-Onomasticon, in: Jaina Studies – Newsletter of the Centre of Jaina Studies 6 (2011), S. 58–61. (P) (Onlineressource)
Peter Flügel, Historical Sources on the Loṅkāgaccha- and Sthānakavāsī-Traditions in Johannes Klatt’s Jaina-Onomasticon, in: Toshihiko Kimura (Hg.), Indian and Buddhist Studies in Honor of President Dr. Shouou (Kiyoaki) Okuda in Recognition of his Lifelong Scholarship, 2014, S. 314–333.
Peter Flügel, Life and Work of Johannes Klatt, in: Peter Flügel/Kornelius Krümpelmann (Hg.), Johannes Klatt, Jaina-Onomasticon, 2016, S. 9–164. (Onlineressource)
Peter Flügel, Johannes Emil Otto Klatt (1852–1903). Forgotten Chronicler of Jainism and Bibliographer of Oriental Literature, 2017. (Onlineressource)
Peter Flügel, Jaina-Prosopography I: Sociology of Jaina-Names, in: Nalini Balbir/Peter Flügel (Hg.), Jaina Studies. Select Papers Presented in the 'Jaina Studies' Section at the 16th World Sanskrit Conference Bangkok Thailand & the 14th World Sanskrit Conference, 2018, S. 187–267. (Onlineressource)
Peter Flügel, Johannes Klatt, Librarian for Oriental Manuscripts at the Royal Library in Berlin from 1872 to 1892, in: Sabine Mangold-Will/Christoph Rauch/Siegfried Schmitt (Hg.), Sammler – Bibliothekare – Forscher. Zur Geschichte der Orientalischen Sammlungen an der Staatsbibliothek zu Berlin, 2022, S. 151–208. (P) (Onlineressource)
Fotografie aus dem Besitz v. Robert Birwé (Leverkusen-Rheindorf), ohne Jahr, Abbildung in: Wilhelm Rau, Bilder 135 deutscher Indologen, 21982, S. 62. (Onlineressource).
Fotografie, Atelier v. Theodor Prümm (Berlin), 1880, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriften und Historische Drucke, Portr. Slg / Bibl. kl / Klatt, Johannes, Nr. 2. (Onlineressource).