Krelle, Wilhelm
- Dates of Life
- 1916 – 2004
- Place of birth
- Magdeburg
- Place of death
- Bonn
- Occupation
- Wirtschaftswissenschaftler ; Mathematiker ; Physiker
- Religious Denomination
- evangelisch-lutherisch
- Authority Data
- GND: 118566539 | OGND | VIAF: 54187040
- Alternate Names
-
- Krelle, Wilhelm Ernst
- Krelle, Wilhelm
- Krelle, Wilhelm Ernst
- Krelle, V.
- Krelle, Vilʹgelʹm
- Krelle, W.
- Krelle, Wilhelm E.
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Krelle, Wilhelm Ernst
1916 – 2004
Wirtschaftswissenschaftler
Wilhelm Krelle gilt als Nestor der westdeutschen Volkswirtschaftslehre der Nachkriegszeit. Er war maßgeblich an der zunehmenden Verbreitung der mathematischen Wirtschaftstheorie und Ökonometrie beteiligt. Als Berater z. B. der Bundesregierung beeinflusste er die Wirtschaftspolitik der 1960er Jahre. Seine SS-Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg wurde in seinen letzten Jahren kritisch diskutiert.
Dates of Life
Wilhelm Krelle (InC) -
Author
→Till Düppe (Montréal)
-
Citation
Düppe, Till, „Krelle, Wilhelm“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/118566539.html#dbocontent
Krelle, der in einer protestantisch geprägten Familie aufwuchs und zeitlebens seinem Glauben treu blieb, besuchte seit 1923 die Volksschule und das Humanistische Gymnasium in Magdeburg und legte 1935 am Gymnasium in Nordhausen am Harz die Abiturprüfung ab. Von 1931 bis 1934 war er, zuletzt als Gefolgschaftsführer, Mitglied in der Hitler-Jugend und trat 1935 in die Wehrmacht ein. Im Zweiten Weltkrieg nahm er am Polen- und Griechenlandfeldzug sowie als Hauptmann am Afrikafeldzug teil, wobei er mehrfach verwundet und ausgezeichnet wurde. Nach der Generalstabsausbildung 1944 wurde er als Generalstabsoffizier zum XXX. SS-Korps und im Januar 1945 zur SS-Panzerdivision Götz von Berlichingen versetzt. Diese übergab er bei Kreuth am Tegernsee an die US-amerikanische Armee, entkam aber der Kriegsgefangenschaft.
Im Herbst 1945 begann Krelle ein Studium der Physik, Mathematik und Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen, wurde jedoch nach dem ersten Semester aufgrund seines Militärrangs exmatrikuliert und wechselte an die Universität Freiburg im Breisgau. 1947 bei Walter Eucken (1891–1950) zum Dr. rer. pol. promoviert, wurde er 1948 Assistent Erich Preisers (1900–1967) in Heidelberg, bei dem er sich 1951 für Nationalökonomie habilitierte. Nach Forschungsaufenthalten als Rockefeller-Stipendiat in den USA am Massachusetts Institute of Technology sowie in Harvard, Boston, Chicago und Los Angeles wurde er 1956 als außerordentlicher Professor für theoretische Nationalökonomie und Ökonometrie an die Handelshochschule St. Gallen berufen. 1958 folgte der Ruf auf den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre der Universität Bonn, wo er über seine Emeritierung 1982 hinaus tätig blieb.
Unter Krelles Führung wandelte sich der wirtschaftswissenschaftliche Fachbereich der Universität Bonn hin zu einer modellbasierten Disziplin der Ökonometrie, des Operations Research und der neoklassischen Wirtschaftstheorie. Diesen Ansatz setzte er geschickt durch seine Netzwerke in den USA und im Theoretischen Ausschuss im Verein für Socialpolitik auch in mehreren Berufungsverfahren an seiner Universität durch. In seiner Forschung machte er sich mit mehreren Lehrbüchern und seiner neo-keynesianischen Forschung einen Namen. Sein makroökonomisches Bonner Modell diente dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung als Grundlage für die Bewertung der Wachstums- und Stabilitätspolitik und gewann internationale Aufmerksamkeit durch seine Zusammenarbeit (1968–1984) mit Lawrence Klein (1920–2013) im Rahmen des internationalen Projekts LINK, einem Modell der globalen Wirtschaft. Als Gründer und Sprecher des DFG-Sonderforschungsbereichs 21 machte Krelle die Universität Bonn zu einem Vorreiter in der westdeutschen Volkswirtschaftslehre und prägte sie damit nachhaltig.
Neben seiner akademischen Karriere setzte Krelle sich für eine soziale Marktwirtschaft ein. Er war Mitglied der Mitbestimmungskommission und der Wehrstrukturkommission der Bundesregierung sowie Berater im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums. Von 1963 bis 1985 war er Mitglied in der Sozialkammer und von 1973 bis 1985 der Synode der Evangelischen Kirche, von 1972 bis 1990 Aufsichtsratsmitglied der Fried. Krupp AG. 1995 wurde ihm als erstem Deutschen die Goldene Medaille des Kondratieff-Preises der Internationalen N. D. Kondratieff-Stiftung und der Russischen Akademie der Wissenschaften verliehen.
1991 wurde Krelle Leiter der Berufungs- und Strukturkommission der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Humboldt-Universität Berlin und war mitverantwortlich für die Neubesetzung der Lehrstühle, wobei er sich nahezu ausschließlich für westliche Ökonomen und gegen Bewerbungen der ehemaligen Professoren der DDR entschied. Die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität 1994 wurde zum Anlass für eine Diskussion um Krelles Kriegsvergangenheit, insbesondere die Frage der Freiwilligkeit seiner Versetzung in eine SS-Division und seine formale SS-Mitgliedschaft, was beides in einem Gutachten der Bundeswehr-Universität Hamburg verneint wurde, sowie um seine Verantwortung für Kriegsverbrechen, die von Teilen der Panzerdivision Götz von Berlichingen begangen wurden.
1939 | Dienstauszeichnung IV. Klasse |
1939 | Eisernes Kreuz II. Klasse (1941 I. Klasse) |
1940 | Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 mit Spange |
1941 | Verwundetenabzeichen in Schwarz (1943 in Silber) |
1943 | Nennung im Ehrenblatt des deutschen Heeres |
1943 | italienisch-deutsche Erinnerungsmedaille für den Afrika-Feldzug |
1943 | Silberne Tapferkeitsmedaille |
1962–1965 | Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Unternehmensforschung |
1963–1985 | Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der Sozialkammer der Evangelischen Kirche Deutschlands |
1963–1966 | Vorsitzender des Theoretischen Ausschusses im Verein für Socialpolitik |
1963 | Fellow der Econometric Society |
1965–1971 | Mitglied des Beirats der Fried. Krupp Hüttenwerke AG |
1966–1969 | Mitglied des Gründungsausschusses der Universität Bielefeld |
1970 | Dr. oec. h.c., Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften St. Gallen |
1970–1984 | Sprecher des Sonderforschungsbereichs 21 der DFG |
1971 | Dr. rer. soc. et oec. h. c., Universität Wien |
1971 | Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften |
1972–1990 | Mitglied des Aufsichtsrats der Fried. Krupp Hüttenwerke AG, ab 1980 Krupp Stahl AG |
1973–2003 | Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Wirtschaft |
1973–1985 | Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands |
1975–1979 | Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik |
1976 | Dr. rer. pol. h. c., Universität Karlsruhe |
1980 | korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften |
1980–1990 | Mitglied des Beirats beim Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen |
1981 | Dr. rer. pol. h. c., Universität Münster |
1983 | Dr. rer. pol. h. c., Universität Mannheim |
1985 | Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Operations Research |
1987 | Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland |
1994 | Dr. rer. pol. h.c., Humboldt-Universität Berlin |
1995 | Goldene Medaille des Kondratieff-Preises der Internationalen N.D. Kondratieff-Stiftung und der Russischen Akademie der Wissenschaften |
Nachlass:
Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, N 5009. (weiterführende Informationen)
Universitäts- und Landesbibliothek Bonn. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv, Freiburg im Breisgau, RW59/2070 u. RW59/2204, RS 8/52. (Heeresbeförderungskartei, SS-Führungshauptamt, Kommandeur-Stellenbesetzung, Kriegsauszeichnung)
Monografien:
Das Say’sche Theorem der Nationalökonomie, 1947. (ungedr. Diss. rer. pol.)
Mikroökonomische Grundlagen einer Allgemeinen Theorie, 1951. (Habilitationsschrift)
Militarismus, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 107 (1951), S. 698–722.
Theorie wirtschaftlicher Verhaltensweisen, 1953, 21959. (teilweise Habilitationsschrift)
Wilhelm Krelle/Hans Paul Künzi, Lineare Programmierung, 1958.
1959. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einschließlich Input-Output-Analyse mit Zahlen für die Bundesrepublik Deutschland, 1959, 21967, russ. 1964.
Wilhelm Krelle/Hans Paul Künzi, Nichtlineare Programmierung, 1962, Nachdr. 1975, 21979. (zugangsbeschränkte Onlineressource)
Preistheorie, 1961, 21969/76 in 2 Teilen, T. 1: Produktionstheorie, 1969, T. 2: Theorie des Polypols, des bilateralen Monopols (Aushandlungstheorie), Theorie mehrstufiger Märkte, gesamtwirtschaftliche Optimalitätsbedingungen; spieltheoretischer Anhang, 1976.
Verteilungstheorie, 1962. (zugangsbeschränkte Onlineressource)
Präferenz- und Entscheidungstheorie, 1968.
Wilhelm Krelle/Johann Schunck/Jürgen Siebke, Überbetriebliche Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer, 2 Bde., 1968.
Wilhelm Krelle/Günter Gabisch, Wachstumstheorie, 1972
Theorie des wirtschaftlichen Wachstums. Unter Berücksichtigung von erschöpfbaren Ressourcen, Geld und Aussenhandel, 1985, 21988. (zugangsbeschränkte Onlineressource).
Economics and Ethics I. The Microeconomic Basis, 2003.
Aufsätze und Artikel:
Wilhelm Krelle/Paul U. Weber, Der Kreislauf-Simulator der Handels-Hochschule St. Gallen, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik 170 (1958), S. 359–411.
20 Jahre Sachverständigenrat. War es der Mühe wert?, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 140 (1984), H. 2, S. 332–354. (zugangsbeschränkte Onlineressource)
Als ich den Youngplan erläutern musste. Vom „Kloster Unser Lieben Frauen“ zum Staatlichen Gymnasium, ein Schülerleben in Magdeburg und Nordhausen, in: Rudolf Pörtner (Hg.), Alltag in der Weimarer Republik. Kindheit und Jugend in unruhiger Zeit, 1993, S. 418–437.
Herausgeberschaften:
Ökonomische Prognose-, Entscheidungs- und Gleichgewichtsmodelle. Ergebnisse aus dem gleichnamigen Sonderforschungsbereiches der Universität Bonn, 1986.
The Future of the World Economy. Economic Growth and Structural Change, 1989.
Teilbibliografie:
Wulff Plinke (Hg.), Wirtschaftswissenschaft in christlicher Verantwortung. Ehrenpromotion von Wilhelm Krelle in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, 1997, S. 57–137.
Willi Bongard, Rationalist mit Herz, in: ders., Wer heute Wirtschaft lehrt. Porträts führender Nationalökonomen, 1969, S. 87–96.
Wulff Plinke (Hg.), Wirtschaftswissenschaft in christlicher Verantwortung. Ehrenpromotion von Wilhelm Krelle in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, 1997.
Bertram Schefold, Wissenschaft als Gegengabe. Neugründung und Aktivitäten des Theoretischen Ausschusses im Verein für Socialpolitik von 1949–1973, in: Schmollers Jahrbuch 124 (2004), H. 4, S. 579–608. (Onlineressource)
Andreas Förster, Grenzen der Erinnerung, in: Berliner Zeitung v. 15.5.2004, S. 3.
Knut Borchardt, Nachruf Wilhelm Krelle, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (2004), S. 315–317. (P)
Jan-Otmar Hesse, Wirtschaft als Wissenschaft. Die Volkswirtschaftslehre in der frühen Bundesrepublik, 2010.
Till Düppe, Der Bonner Wandel der deutschen Volkswirtschaftslehre, in: Thomas Becker/Philip Rosin (Hg.), Die Geschichte der Universität Bonn seit 1818, Bd. 4, 2018, S. 195–474.
Till Düppe, War after War. Wilhelm Krelle, 1916–2005, in: Journal of the History of Economic Thought 42 (2020), H. 3, S. 307–334.
Till Düppe, German Fears in Economic Modelling, A Cultural Genealogy, in: Oeconomia, History, Methodology, Philosophy 12 (2022), H. 1, S. 1–26.
Festschriften:
Horst Albach/Ernst Helmstädter/Rudolf Henn (Hg.), Quantitative Wirtschaftsforschung. Wilhelm Krelle zum 60. Geburtstag, 1977. (W, P)
Bernhard Korte (Hg.), Analysen und Prognosen wirtschaftlicher Entwicklungen. Vorträge des Festkolloquiums aus Anlaß des 70. Geburtstages von Wilhelm Krelle, 1987.
Fotografie, Bayerische Akademie der Wissenschaften, München. (Onlineressource)