Hörsing, Otto
- Lebensdaten
- 1874 – 1937
- Geburtsort
- Groß Schilleningken (Ostpreußen, heute Šilininkai, Litauen)
- Sterbeort
- Jüdisches Krankenhaus, Berlin
- Beruf/Funktion
- Bundesvorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold ; Politiker ; Gewerkschaftsfunktionär ; Abgeordneter
- Konfession
- evangelisch-lutherisch, später konfessionslos
- Normdaten
- GND: 116932929 | OGND | VIAF: 59848541
- Namensvarianten
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- Hörsing, Friedrich Otto
- Hörsing, Otto
- Hörsing, Friedrich Otto
- Hörsing, Friedrich Otto
- Hörsing, Otto
Vernetzte Angebote
- * Filmportal [2010-]
- * Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik online [2006-2007]
- Magdeburger Biografisches Lexikon [2002-2007]
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- Eugenio Pacelli - Nuntiaturberichte von 1917-1929
- * Kalliope-Verbund
- Archivportal-D
- Eugenio Pacelli - Nuntiaturberichte von 1917-1929
- Pressemappe 20. Jahrhundert
- * Datenbank der deutschen Parlamentsabgeordneten Basis: Parlamentsalmanache/Reichstagshandbücher 1867 - 1938 [1867-1938]
- * Historisches Lexikon Bayerns
- * Nachlassdatenbank beim Bundesarchiv
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Hörsing, Friedrich Otto
1874 – 1937
Bundesvorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, Politiker, Gewerkschaftsfunktionär
Otto Hörsing qualifizierte sich über seine Tätigkeit als Funktionär in der sozialdemokratischen Partei und Gewerkschaftsbewegung vor 1914 für hohe staatliche Ämter in der Weimarer Republik. Er war die treibende Kraft hinter der Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold 1924 und trug als dessen Bundesvorsitzender bis Dezember 1931 maßgeblich zur Stärkung des republikanischen Gedankens in der Weimarer Republik bei.
Lebensdaten
Otto Hörsing (Mitte), BArch / Bildarchiv (InC) -
Autor/in
→Benjamin Ziemann (Sheffield)
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Zitierweise
Ziemann, Benjamin, „Hörsing, Otto“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2025, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116932929.html#dbocontent

Aus einer proletarischen Familie stammend, besuchte Hörsing von 1880 bis 1888 die Volksschule in Groß Schilleningken (Ostpreußen, heute Šilininkai, Litauen), erlernte anschließend das Schmiedehandwerk und trat Ende 1894 der SPD bei. Seit 1896 arbeitete er u. a. als Schiffsheizer und Monteur und war seit 1900 als Kesselschmied auf der Germaniawerft in Kiel tätig. Nachdem er diese Stelle 1904 aufgrund seiner Mitgliedschaft im Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV) verloren hatte, schlug sich Hörsing u. a. als Versicherungsagent und Zigarrenhändler durch, ehe er 1906 zum hauptamtlichen Geschäftsführer des DMV für Oberschlesien nach Beuthen (Schlesien, heute Bytom, Polen) ernannt wurde. Von 1907 bis 1909 fungierte Hörsing in Beuthen zudem als Vorsitzender des Gewerkschaftskartells der Freien Gewerkschaften.
Hörsing diente von August 1914 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs an der Ostfront, leitete zeitweilig ein Kriegsgefangenenlager in Rumänien und wurde am 6. Januar 1919 zum Vorsitzenden des Zentral-Arbeiter- und Soldatenrats für Oberschlesien mit Sitz in Kattowitz (Schlesien, heute Katowice, Polen) gewählt. In dieser Funktion veranlasste er die schrittweise Auflösung der örtlichen Soldatenräte und der Volkswehreinheiten. Am 27. März 1919 zum Preußischen Staatskommissar für Oberschlesien ernannt, bekämpfte Hörsing die zunehmend militante Streikbewegung der oberschlesischen Bergarbeiterschaft. Am 23. Mai 1919 wurden seine Vollmachten auf das Gebiet des Armee-Oberkommandos Süd erweitert, zu dem auch der südliche Teil der Provinz Posen gehörte; am 6. Juni 1919 folgte seine Ernennung zum Reichskommissar. Hörsing, der damit zum ranghöchsten Vertreter des Reichs in Oberschlesien avancierte, nutzte seine Kompetenzen u. a. in der Pressezensur und bei der Einführung des Belagerungszustands zur Niederschlagung von Arbeiterstreiks. Er ging gezielt gegen nationalpolnische Bestrebungen vor, die auf eine Abtrennung Oberschlesiens vom Reich zielten.
Infolge der Kommunalwahlen in Oberschlesien am 9. November 1919, die Gewinne für nationalpolnisch orientierte Bewerber brachten, trat Hörsing zum 15. Dezember 1919 als Staatskommissar zurück. Im Februar 1920 wurde er kommissarisch, am 25. Juni 1920 ordnungsgemäß zum Oberpräsidenten der preußischen Provinz Sachsen ernannt. In der Folgezeit ging Hörsing – v. a. im Rahmen des Kapp-Putschs im März 1920 und des von der KPD initiierten Märzaufstands 1921 – konsequent gegen die politische Gewalt der radikalen Rechten und Linken vor. Im Frühjahr 1927 übte er scharfe öffentliche Kritik an Reichsministern der Deutschnationalen Volkspartei, v. a. an Justizminister Oskar Hergt (1869–1967), der in einer Rede in Beuthen Polen indirekt mit einem Revanchekrieg gedroht hatte. Als Reichskanzler Wilhelm Marx (1863–1946) daraufhin beim preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (1872–1955) Beschwerde einlegte, wurde Hörsings Position unhaltbar und er bat Braun im August 1927, ihn von seinem Amt zu entbinden.
Seit 1922 trieb Hörsing in Magdeburg den Aufbau einer republikanischen Notwehr für den Fall weiterer Putschversuche voran. Auf dieser Grundlage entwickelte er seit Ende 1923 mit anderen führenden Sozialdemokraten aus Magdeburg das Konzept eines reichsweit aktiven, von den Parteien der Weimarer Koalition getragenen republikanischen Selbstschutzverbands und initiierte damit die Gründung des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold am 20. Februar 1924. Als dessen Bundesvorsitzender war Hörsing maßgeblich verantwortlich für den erfolgreichen Ausbau des Verbands zu einer Massenorganisation mit ca. einer Million Mitgliedern. Durch seine Präsenz auf jährlichen Verfassungsfeiern, Gautreffen und örtlichen Veranstaltungen war Hörsing neben Berthold von Deimling (1853–1944), Karl Höltermann (1894–1955) und Hermann Schützinger (1888–1962) der wichtigste öffentliche Repräsentant des Reichsbanners.
Seit 1930 forderte Hörsing wiederholt ein staatsfinanziertes Arbeitsbeschaffungsprogramm zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. Als er 1931 diesen Vorschlag öffentlich erneuerte, reagierten die Vorstände der SPD und des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds (ADGB) scharf ablehnend. Aus ihrer Sicht widersprachen Hörsings Vorschläge der marxistischen Orthodoxie, nach der Wirtschaftskrisen auf der Funktionsweise des Kapitalismus basierten und nicht durch auf einer Geldschöpfung basierende Maßnahmen gemildert werden könnten. Auf Druck des SPD-Parteivorstands, dem sich der ADGB und die preußischen SPD-Minister anschlossen, übertrug Hörsing am 15. Dezember 1931 die kommissarische Leitung des Reichsbanners an Höltermann.
Als Hörsing Anfang Juli 1932 die Sozialrepublikanische Partei Deutschlands (SRPD) gründete, die als Plattform seiner Vorschläge zur Arbeitsbeschaffung dienen sollte und politisch erfolglos blieb, wurde er aus der SPD, im September 1932 auch aus dem Reichsbanner ausgeschlossen. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme rief Hörsing für die Reichstagswahl vom 5. März 1933 zur Wahl der Zentrumspartei auf, die nach seiner Auffassung mit der NSDAP koalieren sollte. Im April 1933 gab er in der kurzlebigen, von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Deutscher Volks-Kurier“ seiner Hoffnung Ausdruck, dass es der Regierung Adolf Hitlers (1889–1945) gelingen möge, die schwere Krise von Wirtschaft und Staat zu überwinden.
Hörsing, der 1927 als Oberpräsident der preußischen Provinz Sachsen in den einstweiligen Ruhestand getreten war, wurde mit Wirkung vom 29. Juli 1933 aus dem Staatsdienst entlassen. Erst seit Mai 1935 erhielt er unter Vorbehalt Ruhestandsbezüge in Höhe von einem Achtel seines letzten Gehalts. Laut Informationen der Gestapo wurde er zeitweise durch frühere Sozialdemokraten finanziell unterstützt; detaillierte Informationen zu Hörsings Werdegang seit 1933 liegen nicht vor.
1917 | Eisernes Kreuz II. Klasse |
1920 | Schlesischer Adlerorden (Schlesisches Bewährungsabzeichen) II. Klasse für „tatkräftige Unterstützung der Grenztruppen“ |
Nachlass:
Archiv der sozialen Demokratie, Bonn, 1/OHAB.
Weitere Archivmaterialien:
Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Magdeburg, C 20 I, Ib Nr. 585. (Personalakte)
Gedruckte Quelle:
Otto Hörsing als konspirativer Helfer Lenins. Ein Bericht Hörsings aus seinem Nachlaß. Kommentar von Hans H. Biegert, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 16 (1972), S. 40–49.
Gegen die Diktatur! Für Volk, Republik und soziale Demokratie!, 1925. (Onlineressource)
Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, in: Bernhard Harms (Hg.), Volk und Reich der Deutschen, Bd. 2, 1929, S. 178–194.
Arbeit oder Untergang! Hörsing-Plan für produktive Arbeitsbeschaffung, 1933. (im Nachlass überliefert)
Der Umschwung, in: Deutscher Volks-Kurier. Mitteilungsblatt der Sozial-Republikanischen Partei Deutschlands, April 1933, S. 1 f. (vorhanden in: Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 58/7 409)
Monografien:
Karl Rohe, Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Ein Beitrag zur Geschichte und Struktur der politischen Kampfverbände zur Zeit der Weimarer Republik, 1966.
Jun Nakata, Der Grenz- und Landesschutz in der Weimarer Republik 1918 bis 1933. Die geheime Aufrüstung und die deutsche Gesellschaft, 2002, S. 55–87.
Sebastian Elsbach, Das Reichsbanner Schwarz-Rot- Gold. Republikschutz und Gewalt in der Weimarer Republik, 2019.
Aufsätze und Artikel:
Franz Osterroth, Karl Höltermann (1894–1956) und Otto Hörsing (1874–1937), in: ders., Biographisches Lexikon des Sozialismus, Bd. 1, 1960, S. 138–140.
Gunter Krüschet, Der Nachlaß Otto Hörsing, in: Internationale wissenschaftliche Korrespondenz zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung 15 (1972), S. 48–51.
Walter F. Peterson, Art. „Hörsing, Friedrich Otto“, in: Wolfgang Benz/Hermann Graml (Hg.), Biographisches Lexikon zur Weimarer Republik, 1988, S. 155 f.
Martin Schumacher, Art. „Hörsing, Friedrich Otto“, in: ders. (Hg.), M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation, 31994, S. 213 f.
Jacob Toury, Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Stiefkind der Republik. Zur Gründungsgeschichte der republikanischen Wehren, in: ders., Deutschlands Stiefkinder. Ausgewählte Aufsätze zur deutschen und deutsch-jüdischen Geschichte, 1997, S. 11–92.
Manfred Wille, Friedrich Otto Hörsing (1871–1937), in: Matthias Tullner (Hg.), Persönlichkeiten der Geschichte Sachsen-Anhalts, 1998, S. 236–240.
Barbara von Hindenburg, Art. „Hörsing, Friedrich Otto“, in: Barbara von Hindenburg (Hg.), Biographisches Handbuch der Abgeordneten des Preußischen Landtags. Verfassunggebende Preußische Landesversammlung und Preußischer Landtag 1919–1933, 2017, S. 980–982.
Fotografie, ca. 1919, Abbildung in: Reichstags-Handbuch. I. Wahlperiode 1920, hg. v. Bureau des Reichstags, 1920, S. 407. (Onlineressource)
Fotografie, ca. 1932, Abbildung in: Handbuch für den Preußischen Landtag. Ausgabe für die 4. Wahlperiode (von 1932 ab), hg. v. E[rnst] Kienast, 1932, S. 557. (Onlineressource)