Lebensdaten
1903 – 1980
Geburtsort
Gelsenkirchen
Sterbeort
Nürnberg
Beruf/Funktion
NS-Kulturfunktionär ; Generalintendant ; Dirigent ; Musikwissenschaftler ; Generalmusikdirektor
Konfession
evangelisch-lutherisch
Normdaten
GND: 116219092 | OGND | VIAF: 40124391
Namensvarianten
  • Drewes, Heinz

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Drewes, Heinz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116219092.html [07.10.2024].

CC0

  • Seit 1931 Mitglied der NSDAP, avancierte Heinz Drewes zu einem zentralen Funktionär der Musikpolitik des „Dritten Reichs“. Von 1937 bis 1944 leitete er unter Joseph Goebbels (1897–1945) die Musikabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte Drewes als Musikkritiker und Lehrkraft am Städtischen Konservatorium in Nürnberg.

    Lebensdaten

    Geboren am 24. Oktober 1903 in Gelsenkirchen
    Gestorben am 16. Juni 1980 in Nürnberg
    Grabstätte Friedhof (Abt./R. F/- Nr. 0018) in Nürnberg-Mögeldorf
    Konfession evangelisch-lutherisch
    Heinz Drewes (InC)
    Heinz Drewes (InC)
  • Lebenslauf

    24. Oktober 1903 - Gelsenkirchen

    ca. 1913 - März 1922 - Gelsenkirchen

    Schulbesuch (Abschluss: Abitur)

    Realgymnasium

    1922 - 1924 - Berlin

    Studium der Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie

    Universität

    1924 - 1925 - Liegnitz (Niederschlesien, heute Legnica, Polen)

    Mitarbeiter

    Stadttheater

    1925 - 1926 - Leipzig

    Assistent

    Oper

    1925 - 1933 - Leipzig; seit 1932 Köln

    Doktorand der Musikwissenschaft

    Universität

    1926 - 1930 - Weimar

    Kapellmeister

    Deutsches Nationaltheater

    1929 - Weimar

    Mitarbeiter

    Der Nationalsozialist (Zeitung); Völkischer Beobachter

    1930 - Altenburg (Thüringen)

    Mitglied; Ortsgruppengründer

    Kampfbund für deutsche Kultur

    1930 - 1932 - Altenburg

    1. Kapellmeister

    Landestheater

    1.12.1931 - 1945

    Mitglied

    NSDAP

    1932 - 1933 - Altenburg

    Generalmusikdirektor

    Landestheater

    29.7.1933 - Köln

    Promotion (Dr. phil.)

    Universität

    1.12.1933 - 1937 - Altenburg

    Generalintendant

    Landestheater

    1936 - 1937 - Altenburg

    Städtischer Musikbeauftragter

    1.2.1937 - Herbst 1944 - Berlin

    Leiter der Musikabteilung

    Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda

    1937

    Reichskultursenator

    Reichskulturkammer

    1937 - 1938

    Vizepräsident

    Reichsmusikkammer

    1944 - 1945 - Berlin-Lankwitz

    Kriegsdienst als Kanonier

    Luftwaffe, Flak Ersatz-Abteilung 12

    Mai 1945 - 3.6.1946 - Thüringen; Kornwestheim bei Ludwigsburg

    Internierung

    Internierungslager 75

    1947 - Nürnberg

    Einstufung als „Mitläufer“

    Spruchkammer

    1962 - ca. 1970 - Nürnberg

    Lehrkraft (Opernklasse)

    Städtisches Konservatorium

    16. Juni 1980 - Nürnberg
  • Genealogie

    Vater Heinrich Drewes evangelisch-lutherisch; Rektor
    Mutter Alwine Drewes, geb. Vöcklinghaus geb. 4.3.1882
    Schwester Else Vahldieck, geb. Drewes geb. 5.1.1909 Fachärztin für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten
    Heirat
    Ehefrau Ilse Stapff-Drewes geb. 3.1.1900 Sprecherin; Professorin für Sprecherziehung an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, ca. 1946 Entzug des Professorinnentitels, danach weiter Lehrkraft an der Hochschule
    Kinder keine
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Drewes, Heinz (1903 – 1980)

    • Vater

      Heinrich Drewes

      evangelisch-lutherisch; Rektor

    • Mutter

      Alwine Drewes

      geb. 4.3.1882

    • Schwester

      Else Vahldieck

      geb. 5.1.1909

      Fachärztin für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten

    • Heirat

      • Ehefrau

        Ilse Stapff-Drewes

        geb. 3.1.1900

        Sprecherin; Professorin für Sprecherziehung an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, ca. 1946 Entzug des Professorinnentitels, danach weiter Lehrkraft an der Hochschule

  • Biografie

    Nach dem Abitur auf dem Realgymnasium Gelsenkirchen im März 1922 begann Drewes ein Studium mit Schwerpunkt Musikwissenschaft an der Universität Berlin, wo u. a. Hermann Abert (1871–1927), Curt Sachs (1881–1959) und Johannes Wolf (1869–1947) zu seinen akademischen Lehrern zählten. Daneben erhielt er Tonsatzunterricht bei Wilhelm Klatte (1870–1930) und Heinz Tiessen (1887–1971) und war Kapellmeisterschüler von Rudolf Krasselt (1879–1954) und Ernst Praetorius (1880–1946). Seit 1924 an den Opernhäusern in Liegnitz (Niederschlesien, heute Legnica, Polen), Leipzig und Weimar tätig, setzte Drewes 1925 sein Studium in Leipzig v. a. bei Theodor Kroyer (1873–1945) fort, der ihn im Juli 1933 an der Universität Köln mit einer Dissertation über die Kompositionen der sächsischen Kurfürstin Maria Antonia Walpurga (1724–1780) zum Dr. phil. promovierte. Neben seinem Studium arbeitete Drewes seit 1930 als 1. Kapellmeister, 1932/33 als Generalmusikdirektor des Altenburger Landestheaters.

    Während seiner Weimarer Jahre kam Drewes in Kontakt mit völkisch-antisemitischen Kreisen um den stellvertretenden thüringischen NSDAP-Gauleiter und Funktionär des Kampfbunds für deutsche Kultur (KfdK), Hans Severus Ziegler (1893–1978). Seit ca. 1929 betätigte er sich als Mitarbeiter der NS-Blätter „Völkischer Beobachter“ und „Der Nationalsozialist“, gründete 1930 eine KfdK-Ortsgruppe in Altenburg und trat im Dezember 1931 der NSDAP bei. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wirkte Drewes von 1933 bis 1937 als Generalintendant des Landestheaters in Altenburg sowie 1936/37 als städtischer Musikbeauftragter und überwachte in dieser Funktion das örtliche Musikleben.

    Mit der Ernennung zum Leiter der Musikabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) durch Joseph Goebbels (1897–1945) rückte Drewes im Februar 1937 in das Zentrum der NS-Musikpolitik. Das Aufgabenspektrum seiner Abteilung umfasste v. a. die Einflussnahme auf die Programmgestaltung und die Besetzung von Spitzenpositionen im Musikbetrieb, die Kontrolle musikalischer Vereine, Ensembles und Wettbewerbe sowie die Aufsicht über die Musikwissenschaft und -industrie. Darüber hinaus leitete Drewes nachgeordnete Dienststellen, so seit 1937 das Amt für Konzertwesen und die Auslandsstelle für Musik sowie seit 1938 die auf seine Initiative gegründete Reichsmusikprüfstelle, die v. a. im Unterhaltungsbereich Aufführungs- und Vertriebsverbote für Werke jüdischer und regimekritischer Künstler aussprach. 1940 kam die Reichsstelle für Musikbearbeitungen hinzu, deren Mitarbeiter unter der Leitung von Drewes ältere Musikwerke gemäß der NS-Ideologie umarbeiteten, indem z. B. jüdische Figuren gestrichen und Handlungsschauplätze mit Bezug zu Kriegsgegnern verlegt wurden.

    Infolge der für den NS-Staat typischen Kompetenzüberschneidungen konkurrierte Drewes mit anderen kulturpolitischen Institutionen des „Dritten Reichs“, darunter mit der von Rainer Schlösser (1899–1945) geleiteten Theaterabteilung im RMVP, mit dem Reichserziehungsministerium sowie v. a. mit der Reichsmusikkammer unter der Leitung Peter Raabes (1872–1945). Drewes verfolgte kulturpolitisch eine stark antimoderne Linie, wirkte 1938 an der Düsseldorfer Ausstellung „Entartete Musik“ mit und positionierte sich u. a. gegen die Komponisten Wolfgang Fortner (1907–1987) und Carl Orff (1895–1982), wobei seine Vorstöße an der Intervention Goebbels’ scheiterten und ohne nachweisbare Konsequenzen blieben. Zu den durch Drewes geförderten Komponisten zählen u. a. Ottmar Gerster (1897–1969) und Norbert Schultze (1911–2002). Da sich Drewes’ Aktivitäten vorwiegend auf den Bereich der Hochkultur konzentrierten, kam es v. a. seit Beginn des Zweiten Weltkriegs zu Richtungsstreitigkeiten mit Goebbels, der eine verstärkte Förderung der Unterhaltungsmusik forderte.

    Nachdem die RMVP-Abteilungen für Musik und Theater im Herbst 1944 zusammengelegt worden waren, bat Drewes um seine Entlassung, meldete sich zur Wehrmacht und war als Kanonier in Berlin, später vermutlich im Raum Österreich und Ungarn eingesetzt. Seit Mai 1945 in einem Internierungslager in Kornwestheim bei Ludwigsburg inhaftiert, betätigte er sich hier als Sachbearbeiter für das Musikwesen und ließ sich nach seiner Entlassung im Juni 1946 bei seiner Mutter und Schwester in Nürnberg nieder. In seinem Spruchkammerverfahren relativierte Drewes erfolgreich seine Involvierung in die NS-Politik und wurde 1947 als „Mitläufer“ eingestuft. Anschließend verdiente er seinen Lebensunterhalt als Musikkritiker sowie seit 1962 als Lehrkraft einer Opernklasse des städtischen Konservatoriums in Nürnberg.

  • Auszeichnungen

    1942 Grand’Ufficiale dell’Ordine della Corona d’Italia
  • Quellen

    Teilnachlass:

    Privatbesitz. (Erinnerungsalbum mit Zeitungsausschnitten und Fotografien, ca. 1933–1941)

    Weitere Archivmaterialien:

    Archiv Prieberg am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Kiel, v. a. AP IV 3 Dr-Go. (Korrespondenzen zwischen Drewes und Fred K. Prieberg)

    Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 55/23 100, R 55/23 805, R 55/33 497 (Personal- und Sachakten aus den Beständen des Reichspropagandaministeriums); R 9 361-II/181 607, R 9 361-V/7 8645, R 9 361-V/154 941 (Personalakten, Bestand BDC).

    Bayerische Staatsbibliothek, München, Fasc.germ.92. (vereinzelte Briefe von und an Drewes, Fotografien, Redemanuskripte, Druckexemplar der Dissertation, ca. 1922–1969)

    Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Bestand Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, MK 5 1378. (Städtisches Konservatorium Nürnberg)

    Staatsarchiv Nürnberg, Spruchkammer Nbg V-Nr D-118_0077. (Entnazifizierungsverfahren)

    Stadtarchiv Nürnberg, C 18/I Nr. 843 (Personallisten des Städtischen Konservatoriums Nürnberg); E 10/94 Nr. 54 (Jahresberichte des Städtischen Konservatoriums), E 10/94 Nr. 66 (vereinzelte Musikkritiken von Drewes).

    Gedruckte Quellen:

    Hans Hinkel (Hg.), Handbuch der Reichskulturkammer, 1937.

    Bernd Lürgen, Chronik des Theaters in Altenburg, 1937.

    Erich Roeder, Heinz Drewes. Zum 40. Geburtstag am 24. Oktober 1943, in: Hellmuth von Hasse/Albert Dreetz (Hg.) im Auftrage der Abteilung Musik des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, Jahrbuch der deutschen Musik 1944, 1944, S. 104 f.

    Elke Fröhlich (Hg.), Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil I–III, 1993–2008.

  • Werke

    Maria Antonia Walpurgis als Komponistin, 1934. (Diss. phil.) (Onlineressource)

    Die Musik im nationalsozialistischen Staat, in: Ulf Dietrich (Hg.), Gaumusikwoche Magdeburg-Anhalt 1938, 1938, S. 2.

    Die Faustidee in der Musik, 1942. (Sonderdruck aus der Wochenzeitung „Das Reich“)

    Die Reichsstelle für Musikbearbeitungen, in: Allgemeine Musikzeitung 70 (1943), S. 25–27.

    Das deutsche Musikleben an der Schwelle des fünften Kriegsjahres, in: Jahrbuch der deutschen Musik 2 (1944), S. 39–41. (Onlineressource)

  • Literatur

    Hans Joachim Moser, Art. „Drewes, Heinz“, in: ders., Musiklexikon, 31951, S. 265. (Onlineressource)

    N. N., Art. „Drewes, Heinz“, in: Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Schauspiel, Oper, Film, Rundfunk. Deutschland – Österreich – Schweiz, hg. v. Herbert Frenzel/Hans Joachim Moser, 1956, S. 131. (Onlineressource)

    Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, 1982, S. 298 u. 355 f.

    Fred K. Prieberg, Handbuch deutsche Musiker 1933–1945, CD-ROM, 2004, S. 1237–1249.

    Nina Okrassa, Peter Raabe. Dirigent, Musikschriftsteller und Präsident der Reichsmusikkammer (1872–1945), 2004.

    Ernst Klee, Art. „Drewes, Heinz“, in: ders., Das Kulturlexikon zum Dritten Reich, 2007, S. 121.

    Martin Thrun, Führung und Verwaltung. Heinz Drewes als Leiter der Musikabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, in: Albrecht Riethmüller/Michael Custodis (Hg.), Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur, 2015, S. 101–145.

    Oliver Rathkolb, Carl Orff und der Nationalsozialismus, 2021, S. 40 f. 63 u. 103 f.

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Tobias Reichard (München)

  • Zitierweise

    Reichard, Tobias, „Drewes, Heinz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116219092.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA