Drewes, Heinz
Drewes, Heinz
1903 – 1980
NS-Kulturfunktionär, Generalintendant, Dirigent
- Lebensdaten
- 1903 – 1980
- Geburtsort
- Gelsenkirchen
- Sterbeort
- Nürnberg
- Beruf/Funktion
- NS-Kulturfunktionär ; Generalintendant ; Dirigent ; Musikwissenschaftler ; Generalmusikdirektor
- Konfession
- evangelisch-lutherisch
- Normdaten
- GND: 116219092 | OGND | VIAF: 40124391
- Namensvarianten
-
- Drewes, Heinz
Quellen(nachweise)
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- * musiconn - Für vernetzte Musikwissenschaft
- Personen im Fachinformationsdienst Darstellende Kunst
- * Internationales Quellenlexikon der Musik (RISM)
- Personen im Auftrittsarchiv der Wiener Philharmoniker
Objekt/Werk(nachweise)
Verknüpfungen
Von der Person ausgehende Verknüpfungen
Personen im NDB Artikel
- Carl Orff (1895–1982)
- Curt Sachs (1881–1959)
- Ernst Praetorius (1880–1946)
- Hans Severus Ziegler (1893–1978)
- Heinz Tiessen (1887–1971)
- Hermann Abert (1871–1927)
- Johannes Wolf (1869–1947)
- Joseph Goebbels (1897–1945)
- Maria Antonia Walpurga (1724–1780)
- Norbert Schultze (1911–2002)
- Ottmar Gerster (1897–1969)
- Peter Raabes (1872–1945)
- Rainer Schlösser (1899–1945)
- Rudolf Krasselt (1879–1954)
- Theodor Kroyer (1873–1945)
- Wilhelm Klatte (1870–1930)
- Wolfgang Fortner (1907–1987)
Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.
Orte
Symbole auf der Karte
Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.
-
Seit 1931 Mitglied der NSDAP, avancierte Heinz Drewes zu einem zentralen Funktionär der Musikpolitik des „Dritten Reichs“. Von 1937 bis 1944 leitete er unter Joseph Goebbels (1897–1945) die Musikabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkte Drewes als Musikkritiker und Lehrkraft am Städtischen Konservatorium in Nürnberg.
Lebensdaten
Geboren am 24. Oktober 1903 in Gelsenkirchen Gestorben am 16. Juni 1980 in Nürnberg Grabstätte Friedhof (Abt./R. F/- Nr. 0018) in Nürnberg-Mögeldorf Konfession evangelisch-lutherisch -
Lebenslauf
24. Oktober 1903 - Gelsenkirchen -
Genealogie
Vater Heinrich Drewes evangelisch-lutherisch; Rektor Mutter Alwine Drewes, geb. Vöcklinghaus geb. 4.3.1882 Schwester Else Vahldieck, geb. Drewes geb. 5.1.1909 Fachärztin für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten Heirat Ehefrau Ilse Stapff-Drewes geb. 3.1.1900 Sprecherin; Professorin für Sprecherziehung an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, ca. 1946 Entzug des Professorinnentitels, danach weiter Lehrkraft an der Hochschule Kinder keine Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Drewes, Heinz (1903 – 1980)
-
Vater
Heinrich Drewes
evangelisch-lutherisch; Rektor
-
-
Mutter
Alwine Drewes
geb. 4.3.1882
-
-
Schwester
Else Vahldieck
geb. 5.1.1909
Fachärztin für Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten
-
Heirat
-
Ehefrau
Ilse Stapff-Drewes
geb. 3.1.1900
Sprecherin; Professorin für Sprecherziehung an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar, ca. 1946 Entzug des Professorinnentitels, danach weiter Lehrkraft an der Hochschule
-
-
-
-
Biografie
Nach dem Abitur auf dem Realgymnasium Gelsenkirchen im März 1922 begann Drewes ein Studium mit Schwerpunkt Musikwissenschaft an der Universität Berlin, wo u. a. Hermann Abert (1871–1927), Curt Sachs (1881–1959) und Johannes Wolf (1869–1947) zu seinen akademischen Lehrern zählten. Daneben erhielt er Tonsatzunterricht bei Wilhelm Klatte (1870–1930) und Heinz Tiessen (1887–1971) und war Kapellmeisterschüler von Rudolf Krasselt (1879–1954) und Ernst Praetorius (1880–1946). Seit 1924 an den Opernhäusern in Liegnitz (Niederschlesien, heute Legnica, Polen), Leipzig und Weimar tätig, setzte Drewes 1925 sein Studium in Leipzig v. a. bei Theodor Kroyer (1873–1945) fort, der ihn im Juli 1933 an der Universität Köln mit einer Dissertation über die Kompositionen der sächsischen Kurfürstin Maria Antonia Walpurga (1724–1780) zum Dr. phil. promovierte. Neben seinem Studium arbeitete Drewes seit 1930 als 1. Kapellmeister, 1932/33 als Generalmusikdirektor des Altenburger Landestheaters.
Während seiner Weimarer Jahre kam Drewes in Kontakt mit völkisch-antisemitischen Kreisen um den stellvertretenden thüringischen NSDAP-Gauleiter und Funktionär des Kampfbunds für deutsche Kultur (KfdK), Hans Severus Ziegler (1893–1978). Seit ca. 1929 betätigte er sich als Mitarbeiter der NS-Blätter „Völkischer Beobachter“ und „Der Nationalsozialist“, gründete 1930 eine KfdK-Ortsgruppe in Altenburg und trat im Dezember 1931 der NSDAP bei. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wirkte Drewes von 1933 bis 1937 als Generalintendant des Landestheaters in Altenburg sowie 1936/37 als städtischer Musikbeauftragter und überwachte in dieser Funktion das örtliche Musikleben.
Mit der Ernennung zum Leiter der Musikabteilung im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) durch Joseph Goebbels (1897–1945) rückte Drewes im Februar 1937 in das Zentrum der NS-Musikpolitik. Das Aufgabenspektrum seiner Abteilung umfasste v. a. die Einflussnahme auf die Programmgestaltung und die Besetzung von Spitzenpositionen im Musikbetrieb, die Kontrolle musikalischer Vereine, Ensembles und Wettbewerbe sowie die Aufsicht über die Musikwissenschaft und -industrie. Darüber hinaus leitete Drewes nachgeordnete Dienststellen, so seit 1937 das Amt für Konzertwesen und die Auslandsstelle für Musik sowie seit 1938 die auf seine Initiative gegründete Reichsmusikprüfstelle, die v. a. im Unterhaltungsbereich Aufführungs- und Vertriebsverbote für Werke jüdischer und regimekritischer Künstler aussprach. 1940 kam die Reichsstelle für Musikbearbeitungen hinzu, deren Mitarbeiter unter der Leitung von Drewes ältere Musikwerke gemäß der NS-Ideologie umarbeiteten, indem z. B. jüdische Figuren gestrichen und Handlungsschauplätze mit Bezug zu Kriegsgegnern verlegt wurden.
Infolge der für den NS-Staat typischen Kompetenzüberschneidungen konkurrierte Drewes mit anderen kulturpolitischen Institutionen des „Dritten Reichs“, darunter mit der von Rainer Schlösser (1899–1945) geleiteten Theaterabteilung im RMVP, mit dem Reichserziehungsministerium sowie v. a. mit der Reichsmusikkammer unter der Leitung Peter Raabes (1872–1945). Drewes verfolgte kulturpolitisch eine stark antimoderne Linie, wirkte 1938 an der Düsseldorfer Ausstellung „Entartete Musik“ mit und positionierte sich u. a. gegen die Komponisten Wolfgang Fortner (1907–1987) und Carl Orff (1895–1982), wobei seine Vorstöße an der Intervention Goebbels’ scheiterten und ohne nachweisbare Konsequenzen blieben. Zu den durch Drewes geförderten Komponisten zählen u. a. Ottmar Gerster (1897–1969) und Norbert Schultze (1911–2002). Da sich Drewes’ Aktivitäten vorwiegend auf den Bereich der Hochkultur konzentrierten, kam es v. a. seit Beginn des Zweiten Weltkriegs zu Richtungsstreitigkeiten mit Goebbels, der eine verstärkte Förderung der Unterhaltungsmusik forderte.
Nachdem die RMVP-Abteilungen für Musik und Theater im Herbst 1944 zusammengelegt worden waren, bat Drewes um seine Entlassung, meldete sich zur Wehrmacht und war als Kanonier in Berlin, später vermutlich im Raum Österreich und Ungarn eingesetzt. Seit Mai 1945 in einem Internierungslager in Kornwestheim bei Ludwigsburg inhaftiert, betätigte er sich hier als Sachbearbeiter für das Musikwesen und ließ sich nach seiner Entlassung im Juni 1946 bei seiner Mutter und Schwester in Nürnberg nieder. In seinem Spruchkammerverfahren relativierte Drewes erfolgreich seine Involvierung in die NS-Politik und wurde 1947 als „Mitläufer“ eingestuft. Anschließend verdiente er seinen Lebensunterhalt als Musikkritiker sowie seit 1962 als Lehrkraft einer Opernklasse des städtischen Konservatoriums in Nürnberg.
-
Auszeichnungen
1942 Grand’Ufficiale dell’Ordine della Corona d’Italia -
Quellen
Teilnachlass:
Privatbesitz. (Erinnerungsalbum mit Zeitungsausschnitten und Fotografien, ca. 1933–1941)
Weitere Archivmaterialien:
Archiv Prieberg am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Kiel, v. a. AP IV 3 Dr-Go. (Korrespondenzen zwischen Drewes und Fred K. Prieberg)
Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde, R 55/23 100, R 55/23 805, R 55/33 497 (Personal- und Sachakten aus den Beständen des Reichspropagandaministeriums); R 9 361-II/181 607, R 9 361-V/7 8645, R 9 361-V/154 941 (Personalakten, Bestand BDC).
Bayerische Staatsbibliothek, München, Fasc.germ.92. (vereinzelte Briefe von und an Drewes, Fotografien, Redemanuskripte, Druckexemplar der Dissertation, ca. 1922–1969)
Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München, Bestand Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, MK 5 1378. (Städtisches Konservatorium Nürnberg)
Staatsarchiv Nürnberg, Spruchkammer Nbg V-Nr D-118_0077. (Entnazifizierungsverfahren)
Stadtarchiv Nürnberg, C 18/I Nr. 843 (Personallisten des Städtischen Konservatoriums Nürnberg); E 10/94 Nr. 54 (Jahresberichte des Städtischen Konservatoriums), E 10/94 Nr. 66 (vereinzelte Musikkritiken von Drewes).
Gedruckte Quellen:
Hans Hinkel (Hg.), Handbuch der Reichskulturkammer, 1937.
Bernd Lürgen, Chronik des Theaters in Altenburg, 1937.
Erich Roeder, Heinz Drewes. Zum 40. Geburtstag am 24. Oktober 1943, in: Hellmuth von Hasse/Albert Dreetz (Hg.) im Auftrage der Abteilung Musik des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, Jahrbuch der deutschen Musik 1944, 1944, S. 104 f.
Elke Fröhlich (Hg.), Die Tagebücher von Joseph Goebbels, Teil I–III, 1993–2008.
-
Werke
Maria Antonia Walpurgis als Komponistin, 1934. (Diss. phil.) (Onlineressource)
Die Musik im nationalsozialistischen Staat, in: Ulf Dietrich (Hg.), Gaumusikwoche Magdeburg-Anhalt 1938, 1938, S. 2.
Die Faustidee in der Musik, 1942. (Sonderdruck aus der Wochenzeitung „Das Reich“)
Die Reichsstelle für Musikbearbeitungen, in: Allgemeine Musikzeitung 70 (1943), S. 25–27.
Das deutsche Musikleben an der Schwelle des fünften Kriegsjahres, in: Jahrbuch der deutschen Musik 2 (1944), S. 39–41. (Onlineressource)
-
Literatur
Hans Joachim Moser, Art. „Drewes, Heinz“, in: ders., Musiklexikon, 31951, S. 265. (Onlineressource)
N. N., Art. „Drewes, Heinz“, in: Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Schauspiel, Oper, Film, Rundfunk. Deutschland – Österreich – Schweiz, hg. v. Herbert Frenzel/Hans Joachim Moser, 1956, S. 131. (Onlineressource)
Fred K. Prieberg, Musik im NS-Staat, 1982, S. 298 u. 355 f.
Fred K. Prieberg, Handbuch deutsche Musiker 1933–1945, CD-ROM, 2004, S. 1237–1249.
Nina Okrassa, Peter Raabe. Dirigent, Musikschriftsteller und Präsident der Reichsmusikkammer (1872–1945), 2004.
Ernst Klee, Art. „Drewes, Heinz“, in: ders., Das Kulturlexikon zum Dritten Reich, 2007, S. 121.
Martin Thrun, Führung und Verwaltung. Heinz Drewes als Leiter der Musikabteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda, in: Albrecht Riethmüller/Michael Custodis (Hg.), Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur, 2015, S. 101–145.
Oliver Rathkolb, Carl Orff und der Nationalsozialismus, 2021, S. 40 f. 63 u. 103 f.
-
Onlineressourcen
-
Autor/in
→Tobias Reichard (München)
-
Zitierweise
Reichard, Tobias, „Drewes, Heinz“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.10.2023, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116219092.html#dbocontent