Wirmer, Josef
- Lebensdaten
- 1901 – 1944
- Geburtsort
- Paderborn
- Sterbeort
- Berlin
- Beruf/Funktion
- Widerstandskämpfer ; Rechtsanwalt ; Widerstandskämpfer
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 11881818X | OGND | VIAF: 48432696
- Namensvarianten
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- Wirmer, Josef
- Wirmer, Joseph
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Wirmer, Josef
| Rechtsanwalt, * 19.3.1901 Paderborn, † (hingerichtet) 8.9.1944 Berlin-Plötzensee. (katholisch)
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Genealogie
V →Anton (1861–1932), aus Rheine/Ems, klass. Philol., 1893 am Gymn. Theodorianum in P., 1906–27 Dir. d. Gymn. Marianum Warburg, 1910–29 Stadtverordneter, 1927 Ehrenbürger v. Warburg, 1926 päpstl. Gregoriusorden (s. L);
M Maria Varnhagen (1877–1921), aus Brilon (Sauerland), T d. Friedrich Gottlieb Alexander Varnhagen (1848–1927) u. d. Maria Theresia Adolfine Florentine Schulte-Drasenbeck (1852-1913);
3 B Heinz ( ⚔1918), Otto, →Ernst (1910–1981), Jur., Mitarb. in W.s Kanzlei, 1937 Referent in d. Reichsumsiedlungsges., 1940 Leiter d. Verw.abt. d. Reichsges. f. Landbewirtschaftung, nach d. 20. Juli 1944 inhaftiert, 1945 Dezernent im Staatsmin. d. Innern in Oldenburg u. Abt.leiter b. Verw.präsidium ebd., 1948–49 MdL (CDU) in Niedersachsen u. Mitgl. d. Parlamentar. Rates, 1949 Persönl. Referent d. Bundeskanzlers K. Adenauer, 1950–75 b. Beauftragten d. Bundeskanzlers f. d. mit d. Vermehrung d. alliierten Truppen zus.hängen|den Fragen bzw. d. Dienststelle Blank bzw. ab 1955 d. Bundesmin. d. Verteidigung, 1950 Leiter d. Abt. I ebd., 1967–75 Hauptabt.leiter III, 1 Schw Antonia;
– ⚭ Paderborn (?) 1928 Hedwig Preckel (1903–1992), T e. Textilkaufm. in Düsseldorf;
2 S, 1 T Maria (⚭ →Peter Hermes, 1922–2015, Dipl., Staatssekr. im Ausw. Amt, Publ., s. Munzinger, S d. →Andreas Hermes, 1878–1964, Pol., Widerstandskämpfer, s. NDB VIII). -
Biographie
W. wuchs in einer bürgerlich-kath. Umgebung auf. Er legte 1920 das Abitur am Gymnasium Marianum in Warburg ab und studierte anschließend Rechtswissenschaften in Freiburg (Br.) und Berlin (1. jur. Staatsprüfung 1924, Assessorexamen 1927). 1928 nahm er eine Tätigkeit als Rechtsanwalt in Berlin auf.
W. gehörte seit 1927 der Zentrumspartei und deren linkem Flügel an. Er war in kath. Organisationen und Studentenverbindungen aktiv, übte jedoch nie ein öffentliches Mandat aus; 1932 kandidierte er vergeblich für den Preuß. Landtag, in den Reichstagswahlkämpfen 1932/33 hielt er Wahlreden für das Zentrum. W. war bekannt mit dem 1934 ermordeten Vorsitzenden der Kath. Aktion, →Erich Klausener (1885–1934), und dem Berliner Zeitungswissenschaftler→ Emil Dovifat (1890–1969).
Im Rahmen seiner politischen Tätigkeit agitierte W. bereits vor 1933 öffentlich gegen den Nationalsozialismus; ebenso lehnte er das 1933 geschlossene Reichskonkordat ab.
Mitte der 1930er Jahre knüpfte er Kontakte zu anderen oppositionellen Politikern aus dem gemäßigt-linken Lager, wie dem Zentrumspolitiker →Jakob Kaiser (1888–1961), dem SPD-Politiker und Gewerkschafter →Wilhelm Leuschner (1890–1944) und dem Gewerkschafter →Max Habermann (1885–1944). Als Rechtsanwalt vertrat W. Gegner und Verfolgte des NS-Regimes, u. a. den jüd. Bankier →Edgar v. Bleichröder(1897–1962), weshalb er 1943 zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. 1943 wurde er zur Arbeit bei den Leuna-Werken dienstverpflichtet. Seit Ende 1941 stand er in Verbindung mit →Carl Goerdeler (1884–1945) und hatte auch Kontakt zum militärischen Widerstand; die Attentatspläne von →Claus Gf. Schenk v. Stauffenberg (1907–44) unterstützte er, mehrere konspirative Treffen fanden in seiner Wohnung statt.
W.s wichtigster Antrieb für den Weg in den Widerstand waren sein tiefes Rechtsbewußtsein und seine Kenntnis über die Verbrechen des NS-Regimes. Seine Verbindungen sowohl in das bürgerliche Lager als auch in die Arbeiterschaft ließen ihn zu einer zentralen Gestalt in der Struktur der zivilen Umsturzplanung werden, er war als Justizminister einer Umsturzregierung vorgesehen. W. war wesentlich am Zustandekommen der Zusammenarbeit zwischen Politikern und Militärs im Widerstand beteiligt.
Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 am 4. Aug. 1944 verhaftet, wurde W. in dem Verfahren vor dem Volksgerichtshof am 7. und 8. Sept. 1944 von →Roland Freisler (1893–1945) in besonderer Weise beschimpft und gedemütigt, antwortete jedoch furchtlos. Er wurde zum Tod verurteilt und am 8. Sept. 1944 hingerichtet.
W. hatte als Kontrapunkt zur NS-Symbolik und als Zeichen eines neuen, nicht-nationalsozialistischen Deutschlands auf christlicher Grundlage eine dt. Fahne entworfen, die das asymmetrische Kreuz der skandinav. Fahnen mit den Nationalfarben der Weimarer Republik Schwarz-Rot-Gold kombinierte. Dieser Entwurf wurde nach 1945 in verschiedener Weise aufgegriffen, 1948/49 im Parlamentarischen Rat aber als neue Nationalflagge Deutschlands abgelehnt. Er wird in jüngerer Zeit von dt. rechtsextremen Kreisen genutzt, was in der historischen Forschung zum dt. Widerstand als Mißbrauch, weil gegen die Intentionen W.s gerichtet, angesehen wird.
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Literatur
|P. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, Der Kampf d. Opposition gegen Hitler, 1969, passim;
H. Stehkämper, Protest, Opposition u. Widerstand im Umfeld d. (untergegangenen) Zentrumspartei, T. I: Widerstand, in: Der Widerstand gegen d. NS, Die dt. Ges. u. d. Widerstand gegen Hitler, hg. v. J. Schmädeke u. P. Steinbach, 1985, S. 888–916;
M.-M. Hermes, J. W., d. Brückenbauer im Widerstand, in: „Weder überflüssig noch unterlegen“, Neue Forsch. z. Widerstand im „Dritten Reich“, hg. v. R. Hiemann u. Ch. Studt, 2016, S. 43–70;
L. v. Keyserlingk-Rehbein, Nur e. „ganz kleine Clique“ ?, Die NS-Ermittlungen über d. Netzwerk v. 20. Juli 1944, 2018, passim;
Zeugen f. Christus;
– Internet: Gedenkstätte Dt. Widerstand (L, P);
– zu Anton: H. Klein, Artes, virtus, pietas, A. W. aus Rheine (1861–1932), Vater d. Widerstandskämpfers J. W. (1901–1944), in: Rheine, gestern, heute, morgen, 33, 1994, S. 6–19. -
Autor/in
Winfried Heinemann -
Zitierweise
Heinemann, Winfried, "Wirmer, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 275-276 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11881818X.html#ndbcontent