Lebensdaten
1917 – 2006
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
keine Angabe
Namensvarianten
  • Rosenblatt, Fritz (eigentlich bis 1947)
  • Wander, Fred
  • Rosenblatt, Fritz (eigentlich bis 1947)
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Zitierweise

Wander, Fred, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138924.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jakob (Jankel) Rosenblatt (1877–1942 KZ Auschwitz), Handelsreisender f. e. Hutmacherfa. in Czernowitz, W. u. Amsterdam, S d. Jizchok, Händler in Iwanow (Galizien);
    M Berta (1881 / 82–1942 KZ Auschwitz), Näherin in W., T d. Isaak Hoffmann ( 1927), aus Bolechow, Schneider in W.;
    B Otto Rosenblatt (1905–77), aus Czernowitz, Schw Renée Resch, geb. Rosenblatt (1915–42 KZ Auschwitz);
    1) Wien 1946 1955 Ottilie Resch, geb. Barta (* 1922), Schneiderin u. Arzthelferin in W., 2) Wien 1956 Elfriede (Maxie) Brunner (s. 2; W), 3) Berlin 1982 Susanne Wedekind (* 1954), Buchhändlerin u. Lit.wiss. in W.;
    1 T aus 1) Evelin Renée (* 1953, Harald Motyka, * 1949, Retoucheur in W.), Künstlerin in Utah (USA), 1 S aus 2) Daniel (* 1966), Kameramann, 1 T aus 2) Marion Caterine (Kitty) (1957–68), 1 Adoptiv-S aus 2) Roberto (Berti) (* 1959);
    E Michael Motyka (* 1977), Untern. in Utah (USA).

  • Biographie

    Nach Volks- und Hauptschulbesuch in Wien war W. seit 1933 Lehrjunge in einer Kleiderfabrik und absolvierte einen Kurs in Schaufensterdekoration. 1937 war er einige Monate in Amsterdam beschäftigt. Nach dem „Anschluß“ Österreichs 1938 floh er über die Schweiz nach Frankreich. Verschiedene Beschäftigungen führten ihn durch ganz Frankreich; das Land, seine Sprache und Kultur wurden für ihn prägend. Versuche, ein Visum für die USA zu erlangen, blieben erfolglos. Nach Kriegsbeginn war W. in mehreren franz. Lagern interniert, bevor er 1942 erneut in die Schweiz flüchtete, aber von den schweizer. Behörden nach Frankreich ausgeliefert wurde. Nach Haft im Lager Rivesaltes und dem Durchgangslager Drancy wurde W. nach Auschwitz deportiert. W. überlebte zahlreiche Lager und wurde am Ende des Kriegs, lebensgefährlich erkrankt, aus Buchenwald befreit.

    Im Sept. 1945 kehrte W. nach Wien zurück, begann mit ersten literarischen Versuchen und arbeitete als Redakteur bei der kommunistischen Presse, für die er Beiträge aus dem Milieu des proletarischen Wiens lieferte (Mitgl. d. KPÖ 1947–68). 1955 wurde er Stipendiat im ersten Jahrgang des neugegründeten Literaturinstituts „Johannes R. Becher“ (heute Dt. Lit.inst.) in Leipzig. 1958 siedelte er als freier Schriftsteller mit seiner zweiten Frau Maxie, die er 1952 kennengelernt hatte, dauerhaft nach Kleinmachnow bei Berlin in die DDR über. Aufenthalte in Frankreich und den Niederlanden (u. a. 1956 Korsika, 1962 Paris, mehrmals in der Provence) dienten der Recherche für sozial- und kulturkritische Rei|sebücher mit Photographien von ihm selbst und seiner Frau. Seit der Verleihung des Fontane-Preises (1967) und des Heinrich-Mann-Preises (1971) zählte W. zu den bekanntesten Schriftstellern der DDR. Nach dem tödlichen Unfall seiner Tochter Kitty 1968 und dem Tod Maxies 1977 verstärkte sich sein Wunsch, die DDR zu verlassen; nach mehrjährigem Aufenthalt in einem Bauernhaus in Koppelow (Mecklenburg) kehrte er mit seiner dritten Frau Susanne 1983 nach Wien zurück, wo er einen Roman über sein Exil in Frankreich (Hôtel Baalbek, 1991, Neuausg. 2007) und seine Autobiographie (Das gute Leben, 1996, überarb. Neuausg. 2006, P) schrieb.

    W. verarbeitete seine Biographie in seinem vielfältigen schriftstellerischen Schaffen, das für ihn eine Vergewisserung seiner Existenz darstellte. Sein zentrales Werk, „Der siebente Brunnen“ (1971, Neuausg. u. Hörbuch 2005), über ein Vierteljahrhundert nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager verfaßt, ist einer der wichtigsten fiktionalen Texte über den Holocaust. Der Versuch, ermordeten Lagerkollegen Stimmen zu geben und sie damit der Vergessenheit zu entreißen, ist kreativer Ausdruck von W.s Unfähigkeit und Unwillen, mental dem Lagerdasein zu entkommen. W., der seit 1947 programmatisch den Namen „Wander“ führte, interpretierte sein Judentum und seine unruhige Biographie existentialistisch als Versuch der Überwindung kleinbürgerlicher Beschränktheit und als Symbol der existentiellen und politischen Ausgesetztheit des Menschen. Gleichzeitig schaffen seine Bücher über seine Erfahrungen im Exilmilieu Frankreichs vor seiner Internierung und seine Reisebücher auch Räume eines idealen Lebens, für die die u. a. Henry David Thoreau nachempfundene Einfachheit menschlicher Existenz prägend ist. Aus seiner komplexen Identität als Schriftsteller Österreichs und der DDR, Reise-, Jugendbuch- und Holocaustautor ergibt sich ein Werk, das auch nach W.s Tod intensiv gelesen und in seiner Vielschichtigkeit immer wieder neu entdeckt wird. Diese Rezeption verschränkt sich mit der Popularität des Werks und der Person seiner Frau Maxie, zu deren eigener Bedeutung er durch die Herausgabe ihrer Briefe und Tagebücher, insbesondere aus der Zeit ihrer Krebskrankheit, entscheidend beigetragen hat.

  • Auszeichnungen

    |Österr. Würdigungspreis f. Lit. (1996);
    Sonderpreis d. Österr. Kinder- u. Jugendbuchpreises (1998);
    Theodor-Kramer-Preis (2003);
    Lit.preis d. Stadt Wien (2006);
    Wingate Literary Prize (2009);
    Mitgl. d. Schriftst.verbands d. DDR (bis 1983) u. d. PEN-Zentrums d. Bundesrep. Dtld.

  • Werke

    Weitere W u. a. Ein Zimmer in Paris, 1975, ⁵1985, Neuausg. 1995;
    Kinderbücher: Taifun über d. Inseln, 1958;
    Bandidos, 1963;
    Nicole, 1971;
    Reisebücher: Korsika, Noch nicht entdeckt, 1958;
    Doppeltes Antlitz, Pariser Impressionen, 1966;
    Holland auf d. ersten Blick, 1972;
    Provenzal. Reise, 1978 (mit Maxie Wander);
    W-Verz.: F. W., Leben u. Werk, 2005 (s. L), S. 144–51 (Bibliogr. d. journ. Arbb. inDer Abendu.Stimme d. Frau“) u. S. 236–43 (Auswahlbibliogr.);
    Nachlaß: Ak. d. Künste, Berlin.

  • Literatur

    | W. Grünzweig u. U. Seeber (Hg.), F. W., Leben u. Werk, 2005 (W, L);
    H. Höller, Erzählen als Erinnern u. Widerstand, F. W.s „Der siebente Brunnen“ im Kontext d. Lit. über d. Shoah, in: Judentum u. Antisemitismus, hg. v. A. Betten u. K. Fliedl, 2003, S. 109–19;
    Karl Müller, „Es ist eine Welt u. ich lebe weiter im Exil“, Zur Erinnerungs-Prosa F. W.s, in: Dt. Bücher (Berlin) 33, 2003, H. 3, S. 179–91;
    U. Schneider, Jean Améry u. F. W., Erinnerung u. Poetol. in d. dt.-dt. Nachkriegszeit, 2012;
    W. Trampe, Gespräch mit F. W., in: neue dt. lit. 44, 1996, H. 4, S. 62–75;
    S. Yowa, Eine Poetik d. Widerstands, Exil, Sprache u. Identitätsproblematik b. F. W. u. Ruth Klüger, 2014;
    W. Grünzweig, U. Gerhard u. H. Krauss (Hg.), Erzählen z. Überleben, Ein Fred W. Hdb., 2019;
    Wer war wer DDR;
    Biogr. Hdb. SBZ/ DDR;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    KLG;
    Metzler Lex. DDR-Lit.;
    Metzler Lex. d. dt.-jüd. Lit. (P);
    Munzinger.

  • Zitierweise

    Grünzweig, Walter, "Wander, Fred" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 395-396 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138924.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA