Lebensdaten
1807 – 1869
Geburtsort
Stainz (Steiermark)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Germanist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 116101873 | OGND | VIAF: 32739839
Namensvarianten
  • Diemer, Joseph
  • Diemer, Josef

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Diemer, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116101873.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Leonhard ( 1811), Kürschnermeister in Stainz, S des Lucas ( 1737), Seilermeister in Stainz, u. der Maria Anna Gsellmann;
    1) um 1830 Theresia Ohmeyer ( 1848), Bürgers-T aus Graz, 2) n. 1850; mehrere K aus 1).

  • Biographie

    Früh verwaist und in bitterster Armut herangewachsen, legte D. mit Hilfe eines Stipendiums und fleißigen Stundengebens die philosophischen und juridisch-politischen Studien an der Universität Graz zurück. Seine besondere Vorliebe galt aber von jeher der Geschichte und Philologie. Infolge vielseitiger Kenntnisse erhielt er, erst 18jährig, 1825 die Stelle eines Skriptors an der Johanneumsbibliothek, 1834 an der Universitätsbibliothek in Graz. 1842 übersiedelte er nach Wien, da man ihm eine Bibliothekarsstelle an der Wiener Universitätsbibliothek anbot. Die Berufung als Professor für deutsche Philologie an die Universität Wien lehnte der bescheidene D. dankend ab und erwirkte durch seinen Einfluß die Ernennung F. Pfeiffers. Er selbst widmete alle seine Kräfte weiterhin der Universitätsbibliothek Wien, zu deren Leiter er 1851 ernannt worden war und die er bis zu seinem Tode hervorragend verwaltete.

    Seine größten Erfolge erzielte D. jedoch als Germanist. Bereits während seiner Studienzeit, mehr noch in seinen späteren Urlaubsreisen, durchstreifte er die österreichischen Klosterbibliotheken, um nach altdeutschen Texten zu fahnden. Sein schönster Fund war die berühmte Vorauer Handschrift mit der Kaiserchronik, dem Alexanderlied und anderen bedeutenden Dichtungen des 11. und 12. Jahrhunderts, die er in mustergültigen Ausgaben zum Abdruck brachte. Eine Reihe kleinerer philologischer Arbeiten schloß sich an. Für seine Verdienste um die deutsche Literatur des 11. Jahrhunderts, „in welche dunkle Periode er“ - nach einem Wort Gervinus' - „erst Licht gezündet“ hatte, wählte die Akademie der Wissenschaften zu Wien D. 1848 zu ihrem wirklichen Mitglied. Er gehörte außerdem zahlreichen anderen gelehrten Gesellschaften an und war Ehrendoktor der Universitäten Tübingen und Wien.

  • Werke

    u. a. Dt. Gedichte d. XI. u. XII. Jh., aufgefunden im regulierten Chorherrenstifte Vorau …, Wien 1849;
    Die Kaiserchronik nach d. ältesten Hs. d. Stiftes Vorau, ebd. 1849;
    Kleine Btrr. z. älteren dt. Sprache u. Lit., T. 1-6, ebd. 1851-67;
    Genesis u. Exodus, nach d. Millstädter Hs. hrsg., ebd. 1862;
    ungedr.: Entwurf e. Dienstordnung f. d. öff. Staatsbibl. d. Monarchie, 1857;
    Alphabet. Repertorium d. theol. Lit. d. Univ.-Bibl., 1847-52.

  • Literatur

    ADB V;
    W. Scherer, in: Die Presse 12, 22.6.1869;
    L. F. Meißner, in: Wiener Ztg., 18.7.1869;
    K. Bartsch, in: Germania 15, 1870, S. 460-62 (W);
    |Alm. d. Kaiserl. Ak. d. Wiss. Wien, 1870, S. 110 bis 112;
    A. Jesinger, Kat. u. Aufstellung d. Univ.-Bibl. in ihrer gesch. Entwicklung, 1926, S. 49 f.;
    Wurzbach;
    ÖBL.

  • Porträts

    Lith. v. A. Dauthage, 1854 (Univ.-Bibl. Wien);
    Phot. (P-Slg. d. Österr. Nat.bibl. Wien).

  • Autor/in

    Hugo Alker
  • Zitierweise

    Alker, Hugo, "Diemer, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 647-648 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116101873.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Diemer: Joseph D., Bibliothekar, Germanist, geb. 1807 zu Stainz in Steiermark, 3. Juni 1869 in Wien. Früh verwaist errang er unter schwierigen äußeren Verhältnissen gelehrte Kenntnisse. Nach kurzem Besuche der Schule zu Graz war er meist auf Selbstunterricht angewiesen. Von 1825 an diente er 17 Jahre lang als Scriptor der Johanneumsbibliothek in Graz, eifrig fortarbeitend und in den Ferien Deutschland, die Schweiz und Italien zu Fuß durchstreifend. Er hatte neben den wichtigsten fremden Sprachen besonders das Altdeutsche studirt und benutzte nun seine Wanderungen zu Durchforschung österreichischer Klosterbibliotheken nach dieser Richtung. Sein bedeutendster Gewinn dabei war die 1841 gemachte Entdeckung der sogenannten Vorauer Handschrift, die Kaiserchronik, das Alexanderlied und andere wichtige Dichtungen des 11. und 12. Jahrhunderts enthaltend. Dieser Fund und seine Bearbeitung begründete seinen Namen. 1842 ward er Scriptor, 1851 Director der Universitätsbibliothek in Wien, 1848 Mitglied der kaiserlichen Akademie, 1865 erhielt er Ehrendiplome als Doctor der Philosophie von Tübingen und Wien Seine Hauptwerke sind Publicationen der von ihm aufgefundenen altdeutschen Texte: „Deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahrhunderts, aufgefunden im regulirten Chorherrenstift zu Vorau etc.“, Wien 1849; aus derselben Handschrift die „Kaiserchronik“, Wien 1849; „Genesis und Exodus der Milstäter Handschrift“, Wien 1862. Kleinere Stücke und Einzeluntersuchungen bringen die auch unter dem Titel „Kleine Beiträge“ (1851 ff.) und „Beiträge (1865 ff.) zur älteren deutschen Sprache und Litteratur“ erschienenen Abhandlungen in den Sitzungsberichten der Wiener Akademie, in Pfeiffer's Germania etc. Vgl. die Nekrologe von W. Scherer in der Wiener Presse, 22. Juni 1869 und von K. Bartsch in seiner Germania 15, 460 ff.

  • Autor/in

    v. Keller.
  • Zitierweise

    Keller, Adelbert von, "Diemer, Joseph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 129 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116101873.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA