Lebensdaten
1814 – 1881
Geburtsort
Pechtnersreuth bei Waldsassen (Oberpfalz)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 116250437 | OGND | VIAF: 40125183
Namensvarianten
  • Poezl, Joseph von
  • Pözl, Joseph von
  • Poezl, Josef von
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Zitierweise

Poezl, Joseph von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116250437.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joseph Anton (* 1789), Bauer in P., S d. Johann Kaspar ( n. 1813), Bauer ebd., u. d. Eva Grillmajer ( v. 1813);
    M Maria Katharina (* 1790), T d. Johann Georg Hartl, Bauer in P., u. d. Maria Anna Maenner;
    München 1846 Anna, vermutl. T d. Jakob Ludwig Reck (1784–1856), JR, Forstrat; kinderlos.

  • Biographie

    P. absolvierte das Gymnasium zu Amberg, nahm 1836 in München das juristische Studium auf und schloß dort 1843 mit der zweiten Prüfung die Vorbereitung auf den höheren Justiz- und Verwaltungsdienst ab. 1842 in München zum Dr. iur. promoviert, wurde er 1843 in Würzburg Privatdozent für Staatsrecht und Franz. Zivilrecht, 1845 ao. Professor des dt. und bayer. Staatsrechts. 1847 erhielt er in München als Nachfolger Ernst v. Moys den Lehrstuhl für bayer. Verfassungs- und Verwaltungsrecht, den er bis zum Lebensende innehatte; 1867 wurde er zusätzlich mit der Professur für Polizeiwissenschaft betraut, womit er auch Mitglied in der Staatswissenschaftlichen Fakultät war (seit 1854 Mitgl. d. Senats u. d. Verw.ausschusses d. Univ., 1862 Rektor). Nach 1868 hielt er auch Vorlesungen über bayer. Staatsrecht an der TU München. 1848 wurde P. in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, wo er sich dem „Augsburger Hof“ anschloß; im November 1848 war er zusammen mit Adolph X. Paur (1802–71) Reichskommissar in Wien und Kremsier zur Untersuchung der Umstände der Hinrichtung Robert Blums. 1858-69 für München gewähltes liberales Mitglied der Kammer der Abgeordneten, amtierte er 1863 als deren Vizepräsident, 1865 als Erster Präsident. 1872 wurde er zum lebenslänglichen Reichsrat Bayerns ernannt.

    P.s Arbeitsfeld war immer das bayer. Recht. In der Geschichte der bayer. Staatsrechtsliteratur beendet sein eher schmales Œuvre die Periode des umstandslosen Nebeneinanders von Staatsphilosophie und Gesetzeserläuterung. Nicht zufällig sind zwei kürzere Lehrbücher betont juristischen Charakters seine bekannteste Leistung: das beim erstmaligen Erscheinen 1847 nur als Leitfaden firmierende „Lehrbuch des bayer. Verfassungsrechts“ (1851; ⁵1877) und das als Ergänzung konzipierte „Lehrbuch des bayer. Verwaltungsrechts“ (1856; ³1870; ein Suppl.h. 1874), die erste ausschließliche Darstellung des Verwaltungsrechts eines deutschen Staates von wissenschaftlichem Rang. Die für die beiden Lehrbücher bezeichnende Abweisung der allgemeinen Staatsrechtslehre durchzieht P.s gesamtes Werk; er wollte nur das positive Recht bearbeiten. P. stand bereits fest auf dem Boden des im Staatsrecht von Carl Friedrich v. Gerber (1823–91) zum Durchbruch gebrachten systematischen Konstruktivismus, auch wenn sich mit seinem Namen kein bekannteres Verdienst an der Ausbildung eines signifikanten staatsrechtlichen Begriffs verbindet. Die Fragen des neuen Reichsstaatsrechts erörterte er 1872 nur in einem Nachtrag zu seinem Lehrbuch des Verfassungsrechts mit dem Titel „Das bayer. Verfassungsrecht auf der Grundlage des Reichsrechts“, der in die 5. Auflage von 1877 eingearbeitet ist.

  • Werke

    Weitere W Kommentar z. bayer. Wassergesetz v. 28. Mai 1852, 1859, ²1880;
    Über d. Rechtssinn (Rektoratsrede), 1862. Seit 1867 Fortführung d. v. C. F. v. Dollmann begonnenen Sammelwerks „Die Gesetzgebung d. Kgr. Bayern seit Maximilian II. mit Erll.“. Hg.: Krit. Überschau d. dt. Gesetzgebung u. Rechtswiss., 1859 ff. (mit L. Arndts u. J. C. Bluntschli;
    seit 1869 u. d. T.: Krit. Vj.schr. f. Gesetzgebung u. Rechtswiss.).

  • Literatur

    ADB 26;
    A. Brinz, in: Krit. Vj.schr. f. Gesetzgebung u. Rechtswiss. NF 5, 1882, S. 1-8;
    R. Piloty, Ein Jh. bayer. Staatsrechts-Lit., in: Staatsrechtl. Abhh., Festgabe f. P. Laband, I, 1908, S. 205 ff. (255-62);
    B. Dennewitz, Die Systeme d. Verw.-rechts, 1948, S. 63 ff.;
    M. Stolleis, Gesch. d. öff. Rechts in Dtld., II, 1992, S. 198 f., 286 f.;
    M. Friedrich, Gesch. d. dt. Staatsrechtswiss., 1997, S. 199 f., 309.

  • Autor/in

    Manfred Friedrich
  • Zitierweise

    Friedrich, Manfred, "Poezl, Joseph von" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 578 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116250437.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Poezl: Joseph v. P., bairischer Staatsrechtslehrer, geb. zu Pechtersreuth unweit Waldsassen am 5. November 1814, zu München am 9. Januar 1881. Der Sohn eines mit mäßigen Glücksgütern ausgestatteten Landwirthes, besuchte P. das Gymnasium zu Amberg, welches er — als der Erste in sämmtlichen Classen und Fächern — mit der goldnen Medaille ausgezeichnet verließ, woraus er 1836 die Münchner Hochschule bezog, und nach vierjährigem Rechtsstudium in die Vorbereitungspraxis trat. Am 26. November 1842 erwarb er an genannter Hochschule den Doctorgrad, wobei er in seiner Dissertationsschrift die gesetzliche Baupflicht des patronus erörterte. Am 31. October des folgenden Jahres wurde er als Privatdocent nach Würzburg berufen, am 7. November 1845 dortselbst zum außerordentlichen Professor des deutschen und bairischen Staatsrechtes ernannt, und am 15. Juli 1847 an Ernst v. Moy's Stelle mit dem ordentlichen Lehrstuhle des bairischen Verfassungs- und Verwaltungsrechtes in München betraut. Im nämlichen Jahre erschien sein „Leitfaden des baierischen Verfassungsrechts“, welchem 1851 das Lehrbuch desselben Gegenstandes folgte. Es wurde gegenüber den bisherigen Arbeiten auf diesem Gebiete als wesentlicher Fortschritt in der wissenschaftlichen Behandlung des heimischen Staatsrechtes begrüßt, und gebührt dem Verfasser das Verdienst, für das öffentliche Recht Baierns die richtigen Wege gewiesen zu haben. Das Werk erlebte fünf Auflagen, von welchen die letzte im J. 1877 ausgegeben wurde. Kurze Zeit nach der Anstellung als Extraordinarius — im Frühjahr 1846 — hatte sich P. mit Anna Reck, eines Forst- meisters Tochter in München, verehelicht. Mit dieser ging er auch 1848 nach Frankfurt a/M., als ihn das Vertrauen zweier oberpfälzischer Wahlbezirke in die deutsche Nationalversammlung berief. Er trat mit mehreren Landsleuten (Dr. Barth, Dr. Paur, Schlör, Zerzog etc.) der Partei des Augsburger Hofes bei, welche das eigentliche Centrum der Versammlung bildete, und zählte, obgleich er sich an den Debatten des Hauses als Redner nicht betheiligte, zu den angesehensten Mitgliedern des Clubs. Im November 1848 wurden er und Advocat Dr. Paur aus Augsburg vom Reichsministerium nach Oesterreich (Wien und Kremsier) abgeordnet, um über die Hinrichtung des Parlamentsmitgliedes Robert Blum und über die Absichten der kaiserlichen Regierung bezüglich der Verfassungsfrage verlässige Aufschlüsse zu erholen. Die Sendung bot kein nennenswerthes Resultat, hatte jedoch für P. selbst die traurigsten Folgen. Seine zärtlich liebende Gattin, welche die Septembergräuel und die wüsten Barrikadenkämpfe zu Frankfurt mit erlebt hatte, wurde während ihres Mannes Reise von unsäglicher Angst für dessen Leben und leibliches Wohl ergriffen, und diese Angst, genährt|durch krankhafte Reizbarkeit des Nervensystemes, führte in kurzer Zeit zu hochgradiger Geistesstörung, welche sich alsbald als unheilbar erwies! Poezl's weiches Gemüth empfand diesen jähen Zusammenbruch seines häuslichen Glückes schwer und schmerzlich. Doch trug er sein Geschick mit männlicher Würde. — Als die Nationalversammlung den vom Centrum gestellten Vertagungsantrag verwarf, schied P. mit seinen politischen Freunden Ende Mai 1849 aus der Paulskirche, und kehrte in die Heimath zurück; dort widmete er sich neben dem Lehrberufe schriftstellerischer Thätigkeit, und als Mitglied des sogen. Verwaltungsausschusses den administrativen Angelegenheiten der Hochschule. Eine neue, ebenso ehrenvolle wie einflußreiche Wirksamkeit gewann P. im J. 1858, in welchem er von der Hauptstadt des Landes als einer ihrer Vertreter in die bairische Abgeordnetenkammer gewählt wurde. Jeder extremen Richtung abgeneigt, verfocht P. die Grundsätze eines gemäßigten Liberalismus gegenüber dem Ministerium Pfordten-Reigersberg, und war mit dem Grafen v. Hegnenberg, den Freiherrn v. Lerchenseld und Pfetten, mit Schlör, Paur u. a. einer jener Männer, welche in den Tagen der Reaction das Banner besonnenen Fortschrittes hoch hielten. Hiedurch hat er sich um die Fortentwickelung des konstitutionellen Lebens in seinem Vaterlande unvergängliche Verdienste erworben; denn sein Name wird mit der bairischen Verfassung, die er gelehrt und vertheidigt, fortleben. P. war von 1858—1869 Mitglied der zweiten Kammer, deren zweiter Präsident er im J. 1868, deren erster Präsident er nach Hegnenbergs Ausscheiden 1865 wurde. Mit klarem Blicke und ruhiger unparteiischer Haltung wußte der geschäftsgewandte Parlamentarier die ihm gestellte schwierige Aufgabe zu lösen. Die Ereignisse des Jahres 1866 hatten in Baiern eine völlig veränderte Parteigruppirung zur Folge, und bei den Wahlen von 1869 sahen P. und seine Freunde ihre Sitze von Neulingen clerikaler Farbe eingenommen. Dagegen wurde er am 20. December 1872 von der Krone als lebenslänglicher Reichsrath in die erste Kammer berufen. Er war eine Zierde auch dieser hohen Körperschaft und hat derselben manch' wichtiges Referat geliefert. — Folgen wir den litterarischen Leistungen Poezl's, so begegnen wir nach dem Lehrbuche des bairischen Verfassungsrechts (1851) seinen Erläuterungen der wichtigen Ablösungsgesetze vom 28. Mai 1852. Im nächsten Jahre (1853) begründete er mit Dr. Arndts und Bluntschli die „Kritische Ueberschau", aus welcher 1859 die „Kritische Vierteljahrschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ hervorging. Er hat bis zu seinem Tode an ihrer Leitung mitgewirkt und sie mit vielen Beiträgen bereichert. Auch für andere juristische Zeitschriften war er ein geschätzter Mitarbeiter. 1856 erschien das „Lehrbuch des bair. Verwaltungsrechtes“, in dem der Verfasser einen äußerst spröden Stoff zum ersten Mal und zwar in befriedigendster Weise einer wissenschaftlichen Bearbeitung unterzog, und welches drei Auflagen erlebte. 1859 veröffentlichte unser Gelehrter eine seiner hervorragendsten Arbeiten, den Commentar zu den bayr. Wassergesetzen vom 28. Mai 1852, eine mustergiltige Arbeit, welche sich deßhalb sogar im Anstande volle Geltung verschaffte. — 1867 erhielt P. auch die Professur der Polizeiwissenschaft übertragen, wodurch er zugleich Mitglied der staatswirthschaftlichen Facultät wurde. In dasselbe Jahr fällt die Abfassung seines „Grundrißes zu Vorlesungen über Polizei“. 1868 übernahm er noch die Vorträge über bair. Staatsrecht an der technischen Hochschule, welche er 1880 wegen zunehmender Kränklichkeit abgab. Aber auch als Verwaltungsbeamter hat P. eine hervorragende Thätigkeit entfaltet. Die Chronik der Münchener Hochschule für 1880/81 bemerkt hierüber (S. 5 u. 6): „Die Hochschule hat in dem Heimgegangenen nicht bloß einen vielgeschätzten Collegen und Lehrer verloren. Für die Universität ist mit Dr. v. P. eine in den weitesten Kreisen hochangesehene Persönlichkeit, und ein gewichtiges Stück Geschichte und Tradition zu|Grabe getragen worden. P., dem viermal die Führung des Rectorats anvertraut worden, hat von 1854 an fortwährend die juristische und staatswissenschaftliche Facultät im Senate vertreten, und ist vom gleichen Jahre an ununterbrochen Mitglied des Verwaltungsausschusses der Universität gewesen. Rasch im Erfassen, sicher im Urtheile und praktisch gewandt verwaltete er die ihm übertragenen Aemter mit rastlosem Eifer und seltener Umsicht ..... In ihm standen strenge Rechtlichkeit mit großem Billigkeitsgefühl und maßvoller Gesinnung in harmonischem Ausgleich. Persönlich war er milde, mohlwollend und außerordentlich leicht zugänglich“. Mitte December 1880 erkrankte P. in gefährlicher Weise. Der Zerfall der Kräfte nahm rasch zu und P. verschied am späten Abend des 9. Jan. 1881. Am 12. dess. Monats wurde er bestattet, wobei der jüngstverstorbene Geheimrath Prof. Dr. v. Brinz die akademische Trauerrede hielt. Die „Kritische Vierteljahrsschrift“ hat in der Neuen Folge. Band V. (Jahrg. 1882) S. 1—8, ihrem verdienten Mitbegründer; die Ludwig-Maximilians-Universität in der Chronik für das Jahr 1880/81 ihrem vieljährigen Mitgliede (S. 5—7) ehrenvolle Nachrufe gewidmet. Die juristische Bibliothek des Verlebten ging legatarisch auf die Münchner Hochschule über.

    • Literatur

      Kritische Vierteljahrsschrift f. Gesetzgeb. u. R.-Wissenschaft a. a. O. — Chronik der Ldwg.-Max. Univ. f. d. J. 1880/81 a. a. O. —
      Mein Nekrolog in Hartmann's Ztschr. f. Gesetzgeb. etc. etc. Band VI (Jahrg. 1880), S. 571 bis 574. —
      Süddeutsche Presse. Jahrg. 1881 (Mitte Januar). — Prantl, Geschichte der Universität Ingolstadt-München, 2. Bd. S. 576.

  • Autor/in

    Eisenhart.
  • Zitierweise

    Eisenhart, August Ritter von, "Poezl, Joseph von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 495-497 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116250437.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA