Lebensdaten
1467 – 1532
Geburtsort
Eichstätt
Sterbeort
Nürnberg
Beruf/Funktion
Klarissin ; Äbtissin des Klosters in Nürnberg
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118594591 | OGND | VIAF: 41848634
Namensvarianten
  • Pirkheimer, Barbara (Taufname)
  • Pirkheimer, Charitas
  • Pirckheimer, Charitas
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Zitierweise

Pirkheimer, Caritas, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118594591.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus im 14. Jh. v. Lauingen/Donau nach N. übersiedelter Fam., d. dort 1386 mit Hans erstmals im Rat vertreten war;
    V Johannes (um 1440–1501), iur. utr. Dr., bfl. Sekr. in E., Consulent d. Reichsstadt N., 1478-88 Rat in Diensten d. Hzg. Albrecht IV. u. d. Hzg. Sigmund v. Tirol, Humanist, S d. Hans (1410/15-92), Ratsherr in N., Vf. d. „Liber de practica sive moralia sciencia“, beide Büchersammler (s. L);
    M Barbara Löffelholz ( 1488);
    Ur-Gvv Franz, 1430 an d. Univ. Köln immatr., 1448 Rat in Diensten d. Hzg. Albrecht III. v. Bayern, Johann III., Siegmunds u. Ludwigs d. Reichen;
    Gr-Ov Thomas (1417/18-73), seit 1448 Domherr in E., 1454 Dompropst ebd., 1457 Domherr in Regensburg u. 1464 in Augsburg, 1463-66 Kanzler Johanns III. u. Siegmunds, nahm 1459 als Gesandter Regensburgs u. Nürnbergs am Fürstenkongreß in Mantua teil (s. L); Gr-Tante-v Katharina ( 1484); 11 jüngere Geschw, u. a. Juliana ( Martin Geuder, Patrizier in N.), Katharina (* 1476), Priorin d. Klosters Geisenfeld, Clara (1480–1533), trat 1494 in d. Klarissenkloster in N. ein, 1532/33 Äbtissin ebd., Sabina (1481–1529), Benediktinerin, seit 1521 Äbtissin d. Klosters Hl. Kreuz in Bergen b. Neuburg/Donau, Euphemia (1486–1547), Benediktinerin, seit 1530 Äbtissin ebd. (s. LThK³), Caritas d. J., Benediktinerin ebd., Willibald (s. 2).

  • Biographie

    Zunächst von ihrer Großtante Katharina unterrichtet, trat P. zwölfjährig in das Nürnberger Klarissenkloster ein, welches vorzugsweise durch Töchter aus dem Patriziat besetzt wurde. Hier fiel sie durch ihre Begabung und ihre lat. Sprachkenntnis auf. Bald nach der Ausbildung wurde sie mit Erziehungsaufgaben als Novizenmeisterin sowie mit der Sorge für die Klosterbibliothek betraut. Seit 1503 leitete sie das etwa 60 Nonnen zählende Kloster als Äbtissin und reorganisierte das klösterliche Leben.

    P.s intellektuelles Profil wurde geprägt durch die Franzikanerpatres Heinrich Vigilis ( 1499) und Stephan Fridolin (um 1430–98), deren Predigten sie mitschrieb, durch das Gespräch mit dem Propst von St. Lorenz, Dr. Sixtus Tucher (1459–1507) und durch Lektüre der Kirchenväter, besonders des Hieronymus. P. beteiligte sich an der Abfassung der Chronik ihres Klosters und an der Zusammenstellung eines „Gebetbüchleins“ (z. T. hg. v. G. Deichstetter, 1959).

    Vermittelt durch ihren Bruder Willibald trat P. etwa seit 1500 in Kontakt zu dessen humanistischem Freundeskreis. Sie galt diesem als Inbegriff einer „virgo docta“ und „mulier egregie erudita“ (J. Butzbach), die Gelehrsamkeit, sensible Geistigkeit und Moralität mit wahrer Frömmigkeit in idealer Einheit verband. Conrad Celtis bezeichnete P. 1502 in einer ihr gewidmeten Ode als „höchste Zierde Deutschlands“ und stellte eine Beziehung her zwischen ihrem Namen und dem in seinen „Amores“ (1502) entwickelten Liebesbegriff. Auch Christoph Scheurl, Albrecht Dürer, Benedictus Chelidonius, Erasmus und ihr Bruder suchten das Gespräch mit P. und würdigten sie durch Widmungen. Ihre Briefe und Aufzeichnungen (ges. u. d. T. „Denkwürdigkeiten“, hg. v. J. Pfanner, 1962, hg. v. C. Höfler, 1852, hg. v. F. Renner, 1982, hg. v. G. Deichstetter, 1983) bilden eine herausragende Quelle zur Geschichte der Reformation. Sie dokumentieren P.s konfliktreiche Bemühungen 1524-28 um den Bestand des durch den Übertritt der Reichsstadt zur Reformation äußerst gefährdeten Klarissenklosters in Nürnberg. Aufgrund des solidarischen Widerstands ihrer Mitschwestern, durch die Vermittlung ihres Bruders und Philipp Melanchthons und dank P.s Beharrlichkeit bestand der Konvent bis 1596 weiter.

  • Werke

    W-Verz. VD 16;
    Edd.:
    C. P., Qu.slg., 4 Hb., hg. v. J. Pfanner u. A. Syndikus, 1961–67, Nachdr. 1982;
    Willibald P.s Briefwechsel, 4 Bde., hg. v. E. Reicke, D. Wuttke, H. Scheible, 1940-97;
    Briefe d. Äbtissin C. P. d. St. Klara-Klosters zu Nürnberg, hg. v. G. Deichstetter, 1984 (P).

  • Literatur

    ADB 26;
    G. Krabbel, C. P., 1940, ⁵1982;
    J. Pfanner, in: Fränk. Lb. II, 1968, S. 193-203;
    C. P. 1467-1532, hg. v. L. Kurras u. F. Machilek, 1982 (Ausst.kat., grundlegend; P);
    G. Deichstetter, C. P., Ordensfrau u. Humanistin, 1982;
    C. B. Ryan, C. P., A study of the impact of the clarine tradition in the process of reformation in Nuremberg 1525, 1983 (Diss. Columbus, Ohio, 1976);
    U. Hess, Oratrix humilis. Die Frau als Briefpartnerin v. Humanisten, am Beisp. d. C. P. in: Der Brief im Za. d. Renaissance, hg. v. F. J. Worstbrock, 1983, S. 173-203;
    dies., Lat. Dialog u. gel. Partnerschaft, in: Dt. Lit. v. Frauen, I, hg. v. G. Brinker-Gabler, 1988, S. 113-48;
    dies., in: Dt. Frauen d. Frühen Neuzeit, hg. v. K. Merkel u. H. Wunder, 2000, S. 19-38 (P);
    G. Honke, C. P, Ein Btr. gegen d. Heroisierung v. Frauen, in: Schwestern berühmter Männer, hg. v. L. F. Pusch, 1985, S. 5-22;
    M. Samuel, L'abbesse C. P., une figure féminine de l'humanisme allemand, in: Le texte et l'idée 1, 1986, S. 1-34;
    St. L. Wailes, The literary relationship of Conrad Celtis and C. R., in: Daphnis 17, 1988, S. 423-40;
    I. Hegele, in: Renaissance-Humanismus, hg. v. J. Ruhloff, 1989, S. 316-51;
    H. Wiegand, P. Stancic, Quadriga feminarum doctarum, in: Der Altsprachl. Unterricht 35, 1992, H. 6, S. 60-87;
    F. Machilek, Menschenwürde u. Gewissensfreiheit, C. P. u. d. Ref. in Nürnberg, in: In Würde leben, hg. v. R. Buchner, 1998, S. 49-71;
    ders., Sobald Lobmair (gest. 1525), Benefiziat b. St. Klara in Nürnberg u. Beichtvater in Pillenreuth, in: Jb. f. fränk. Landesforsch. 52, 1992, S. 381-400;
    M. H. Jung, Die Begegnung Philipp Melanchthons mit C. P. im|Nürnberger Klarissenkloster im Nov. 1525, ebd. 56, 1996, S. 235-57;
    E. Lippe-Weißenfeld, Virgo docta, virgo sacra, Unterss. z. Briefwechsel C. P.s, in: Wissen u. Ges. in Nürnberg um 1500, hg. v. M. Staub, Pirckheimer-Jb. 14, 1999, S. 121-54;
    Schottenloher, Nr. 17268-82 u. 57591-95;
    Vf.-Lex. d. MA²;
    BBKL;
    Dict. of. Literary Biogr. 179, 1993 (P): LThK³;
    Stadtlex. Nürnberg. – Zu Hans: H. Lieberich, Die gel. Räte, in: ZBLG 27, 1964, S. 158 f. (auch zu Thomas);
    F. Fuchs, „dem liecht der sunnen mit fackeln zu helfen …“, Zu H. P.s Gesandtschaftsberr. v. Hofe Ks. Friedrichs III. (1458/59), in: Wissen u. Ges. (s. o.), hg. v. M. Staub, 1999, S. 11-35. – Zu Thomas: F. Fuchs, T. P., Frühhumanist im Regensburger Domkap. (1417/18-73), in: Berühmte Regensburger, hg. v. K. Dietz u. G. H. Waldherr, 1997, S. 104-08. – Zur Fam.: G. Friedrich, Bibliogr. z. Patriziat d. Reichsstadt Nürnberg, 1994, S. 126-45.

  • Autor/in

    Bernhard Ebneth
  • Zitierweise

    Ebneth, Bernhard, "Pirkheimer, Caritas" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 474-475 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118594591.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Pirckheimer: Charitas P., die würdige Schwester des Vorigen, unter allen Geschwistern dem Bruder am meisten geistesverwandt, geb. am 21. März 1466, am 19. August 1532. Sie trat 1478 in das S. Clara-Kloster in Nürnberg ein, wo sie sich an Apollonia Tucher und den gelehrten Propst Sixtus Tucher anschloß, — letzterer starb 1507 und fand in Anton Kreß einen ebenbürtigen Nachfolger. Sie wurde am 20. December 1503 Aebtissin ihres Klosters, in welchem seit dem Jahre 1494 noch ihre jüngere Schwester Clara, geboren 1480, 1503, seit 1513 auch zwei Nichten, Bilibald's Töchter, Catharina und Crescentia sich befanden, Clara der älteren Schwester als Schreiberin, Stellvertreterin und Vermittlerin behilflich, als Lehrerin der Novizen thätig. Charitas hatte die Geschäfte des Klosters und die Vertretung nach außen zu besorgen, erfüllte mit Ernst die Pflichten ihres Berufes, hielt strenge|Klosterzucht, legte aber außer auf die sittliche Hauptnachdruck auf die geistige Ausbildung ihrer Untergebenen. Sie gehörte zu den gelehrten Frauen ihrer Zeit, so daß Erasmus sie mit den Töchtern des Thomas Morus in gleiche Linie stellte. Sie wurde zunächst als Schwester ihres Bruders mit einzelnen Wortführern des Humanismus bekannt, besonders nahe trat sie dem gelehrten Patricier Christoph Scheurl und dem berühmten Konrad Celtes. Letzterer übersandte ihr die von ihm herausgegebenen Werke der Nonne Hrotsuitha und seine lateinischen Gedichte, feierte sie wegen ihrer Frömmigkeit und Gelehrsamkeit und horte ohne zu zürnen, den ernstgemeinten Rath der Freundin an, er möge sich von der Poeterei zur heiligen Schrift wenden und die heidnischen Götter um Christi willen verlassen. In innigster Verbindung stand sie aber mit ihrem Bruder, der für sie Schriften der Kirchenväter übersetzte und auch sonst ihre geistige Förderung sich angelegen sein ließ. Nur einmal (1519) erlitt die Freundschaft einen kleinen Stoß, vermuthlich wegen Einmischung der Charitas in Familienangelegenheiten; P. hielt sich ein Jahr lang dem Kloster fern; durch Clara, welche in anmuthiger und verständiger Weise die Vermittlerin spielte, wurde die Differenz ausgeglichen. Das gute Verhältniß mit dem Bruder war um so nöthiger, als die religiösen Bedrängnisse begannen. Charitas, der reformatorischen Richtung durchaus abgeneigt, hatte dem H. Emser für sein Auftreten gegen Luther in einem Briefe ihre Sympathie ausgedrückt; dieser Brief, in Unrechte Hände gefallen, und mit anzüglichen Glossen veröffentlicht, hatte, ebenso wie Emser's darauf folgender Sendbrief, ihr persönliche Unannehmlichkeiten zugezogen und war auch ihrem Kloster widerwärtig geworden. Alle diese Schicksale ihres Klosters hat Charitas in ihren „Denkwürdigkeiten“ anschaulich und eindrucksvoll beschrieben. Der protestantische Rath Nürnbergs beschloß 1524, die Leitung des St. Clara-Klosters dem Barfüßerorden zu entziehen und den neuen Prädicanten zu übertragen; Charitas protestirte dagegen in Schreiben an die einflußreichen Rathsherren, erwirkte aber nur, daß der Rath die Sache „einstweilen in Ruhe stellen zu wollen“ erklärte. Die Ruhe dauerte jedoch nicht lange. Nach einer großen Disputation der beiden feindlichen Religionsparteien, wurde das Kloster aufgefordert, sich der neuen Lehre zu unterwerfen, demselben wurden trotz des Widerspruchs der Aebtissin, die Beichtväter genommen und protestantische Prediger bestellt. Diese eiferten gegen die alte Lehre, erschöpften sich in Belehrungsversuchen und in Drohungen, man werde das Kloster schließen. Nach einem Beschlusse des Rathes vom 6. Juni 1525, daß die Eltern das Recht haben sollten, ihre Töchter aus dem Kloster zu nehmen, wurden drei Nonnen von ihren Angehörigen gewaltsam entfernt; andere, die Ordensregel und Tracht betreffende Beschlüsse, wurden wol unter dem Einflusse des in Nürnberg weilenden Melanchthon, der seine Milde und seinen Einfluß für die Nonnen geltend machte, aufgehoben oder ihre Ausführung verschoben. Die Quälereien dauerten jedoch fort: Steuern wurden von dem Kloster erhoben, seine Einkünfte geschmälert, so daß die Nonnen oft große Noth litten, jede Nonne wurde in ein Einzelverhör genommen, um belastendes Material gegen das Kloster zu erlangen, aber nur eine einzige von 52 Nonnen erhob eine Klage und entfernte sich aus dem Kloster. Von den Zurückbleibenden, welche die Aebtissin wahrhaft als Mutter verehrten, wurde das 25jährige Aebtissin-Jubiläum der Charitas, zugleich das 50jährige ihres Eintritts ins Kloster, mit aller Innigkeit und Feierlichkeit begangen. B. P., obwol selbst tief gebeugt durch den Tod seiner 28jährigen Tochter Crescentia, wurde immer eifriger thätig für die Angelegenheiten seines Klosters, aber auch seine Schutzschrift half ebensowenig wie die Klagen der Aebtissin und der Widerstand ihrer Getreuen. So starb sie in dem bitteren Gefühl, ihr Lebenswerk vernichtet und die gegnerischen Anstrengungen|triumphiren zu sehen. Die Nonnen starben aus, das Kloster wurde geschlossen; erst 1857 wurde die restaurirte St. Clarakirche für den katholischen Gottesdienst wieder eröffnet. Der Name Ch. P. ist aber nicht bloß mit der Geschichte dieses Klosters eng verknüpft, sondern er verdient aufbewahrt und geehrt zu werden als der einer überzeugungstreuen, muthigen, geistbegabten Frau, welche unbeirrt von den Strömungen der Zeit ihren eigenen Weg ging und ihre Gesinnung nicht ändern wollte auf das Geheiß Anderer oder nach der Mode des Tages.

    • Literatur

      Denkwürdigkeiten hgg. von C. Höfler, Quellensammlung z. fränk. Gesch. 4. Band 1853. — W. Loose, Aus dem Leben der Ch. P. Dresden 1870. Eine von demselben beabsichtigte vollständige Briefsammlung ist nicht erschienen. — F. Binder, Ch. P. 1. Aufl. Freiburg i. B. 1873. 2. Aufl. daselbst 1878 (Sammlung hist. Bildnisse II, 2). Dort S. 213 fg. ist die Litteratur sehr sorgfältig verzeichnet.

  • Autor/in

    Ludwig Geiger.
  • Zitierweise

    Geiger, Ludwig, "Pirkheimer, Caritas" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 817-819 unter Pirckheimer, Charitas [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118594591.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA