Lebensdaten
erwähnt 1214, gestorben 1. Hälfte 13. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Dichter ; Autor der ältesten deutschen Bearbeitung des Lanzelot-Stoffs
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118625349 | OGND | VIAF: 57407875
Namensvarianten
  • Zatzikhofen, Ulrich von
  • Ulrich von Zazikhoven
  • Zazikhoven, Ulrich von
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Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Ulrich von Zatzikhofen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118625349.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Als Autor des 9144 Verse umfassenden, in zwei Handschriften und drei Fragmenten des 13.–15. Jh. überlieferten Romans „Lanzelet“, dessen Sprachstand ins Hochalemannische verweist, nennt sich in Vers 9344 ein „von zatzichoven uolrich“. Die Forschung identifizierte ihn entweder mit „Uolricus de Cecinchouin“, 1214 urkundlich bezeugter Leutpriester von Lommis bei Zezikon im Thurgau, oder erwog seine Herkunft aus dem zur Gemeinde Auggen bei Neuenburg/Rhein gehörigen Weiler Zizingen und vermutete Berthold V. von Zähringen, den Mäzen Hartmanns von Aue, als seinen Gönner.

    Die Textvorlage, so U., das „welsche buoch von Lanzelete“ (V. 9341), habe ein Huc von Morville mitgebracht, eine der Geiseln, die Richard Löwenherz für die Freilassung aus der Gefangenschaft Heinrichs VI. stellen mußte. Struktur und Episodenbestand schließen die Identität dieser Quelle mit Chrétiens de Troyes „Lancelot“ aus, auch fehlen die für den Stoff sonst so zentrale Minnekonstellation, das Ehebruchsverhältnis des Protagonisten mit Kgn. Ginover und die daraus resultierenden Verwicklungen. Doch ist nicht auszuschließen, daß U.s Vorlage Romane Chrétiens kannte und auf dessen Erzählmodell variierend und mit Gegenkonzepten reagierte.|

    Die Handlung weicht bei U. in vielem von der späteren Entwicklung des Lanzelotstoffs ab. Deshalb wirft die literarhistorische Verortung des Romans zahlreiche Fragen auf. Möglicherweise reflektierte U. eine verlorene rhein.-dt. Artustradition vor Hartmann von Aue, scheint aber Hartmanns „Erec“ und auch die älteren Abschnitte von Wolframs „Parzival“ gekannt zu haben und wirkte umgekehrt auf den späten Wolfram und auf Wirnts von Grafenberg „Wigalois“ ein.

  • Werke

    W Lanzelet, hg. v. K. A. Hahn, 1845, Neudr. 1965.

  • Literatur

    L ADB 44;
    M. Huby, Remarques sur la structure du „Lanzelet“, in: Mélanges pour Jean Fourquet, hg. v. P. Valentin u. G. Zink, 1969, S. 147–56;
    W. Haug, „Das Land, v. welchem niemand wiederkehrt“, 1978, S. 52–61;
    R. Pérennec, Artusroman u. Fam., Das welsche buoch v. Lanzelete, in: Acta germanica 11, 1979, S. 1–51;
    K. Ruh, Höf. Epik d. dt. MA II, 1980, S. 34–49;
    J. A. Schultz, „Lanzelet“, A Flawless Hero in a Symmetrical World, in: PBB 102, 1980, S. 160–88;
    B. Thoran, Zur Struktur d. „Lanzelet“ U.s v. Z., in ZDP 103, 1984, S. 52–77;
    K. Grubmüller, Die Konzeption d. Artusfigur b. Chrestien u. in U.s „Lanzelet“, Mißverständnis, Kritik oder Selbständigkeit?, in: Arthurian Studies 26, 1993, S. 137–49;
    E. Feistner, „er nimpt ez allez zeime spil“, in: Herrigs Archiv 232, 1995, S. 241–54;
    U. Zellmann, Lanzelet, 1996;
    Vf.-Lex. MA² (L);
    LexMA;
    Killy; Kosch, Lit.-Lex.³.

  • Autor/in

    Norbert H. Ott
  • Zitierweise

    Ott, Norbert H., "Ulrich von Zatzikhofen" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 612-613 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118625349.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Zazikhoven: Ulrich von Z., 1214 urkundlich nachgewiesen als Leutpriester in dem Dorfe Lommis, das eine Viertelstunde von seinem Heimathsorte Zezikon im Thurgau entfernt liegt; dichtete gegen 1210 im Auftrage eines unbekannten Herrn nach einer verlorenen französischen Quelle, die 1194 durch Hugo von Morville, einen Edelmann im Gefolge des englischen Königs Richard Löwenherz, nach Deutschland gebracht worden war, einen Lanzelotroman. Diese Quelle erweist sich durch das Fehlen des Liebesverhältnisses zwischen dem Helden und Ginover, sowie durch die Namensform Artur, als älter als Chrestien de Trotzes, scheint aber in der Geschichte von Iblis wie in dem Zug der Einrichtung einer förmlichen cour d'amour (8034—40) anderswoher Zusätze erfahren zu haben. Doch scheinen nicht alle Zusätze, die der mhd. Lanzelot gegenüber dem nächstverwandten französischen Prosaroman ausweist, auf diese Quelle zurückzuführen zu sein, vielmehr hat wol Ulrich, der hauptsächlich stoffliche Interessen zu befriedigen suchte, den Inhalt bereichert durch Einflechtung von Episoden und Zügen aus Wolfram's Parzival und Hartmann's Erec. Dem Einfluß des letzteren ist wol auch die hervorragende Rolle zuzuschreiben, die Erec in unserem Gedichte spielt, wie vielleicht die analoge Tristan's dem Gedichte des Eilhart von Oberge, das ebenso wie der Erec, die Eneide des Heinrich von Veldeke und auch der Parzival nebenher formellen Einfluß auf unsern Autor geübt hat, zu verdanken ist. Daneben laufen uncontrollirbare Beeinflussungen durch Spielmannsepen, auf welche allerhand „unhöfische“ und alterthümliche Wendungen zurückzuführen sind, durch deren Mischung mit den erwähnten höfischen Entlehnungen der Stil ein eigenthümlich buntscheckiges Gepräge bekommt. Das erklärt sich genügend aus der Lebensstellung des von den höfischen Centren entfernten Mannes, für den charakteristisch ist, daß er, wie erwähnt, den Erec und den Parzival, aber nicht das dazwischen liegende, Epoche machende zweite Epos Hartmann's, den Iwein, gekannt zu haben scheint. Er ist einer unserer schlichtesten mhd. Erzähler: abgesehn von einigen Sprichwörtern, die seinen Umgang mit dem Volke, und Sentenzen, die seine Gelehrsamkeit beweisen, fließt seine Rede schmucklos dahin, wenn man etwa von der humoristischen Beschreibung eines schönen Pferdes durch Negationen absieht. Auf feinere technische Ausführung wie auf psychologische Detailschilderung legte er offenbar gar keinen Werth, ja er hat seine Quelle wol an mehr als einer Stelle (4170 f.) in diesen Richtungen gekürzt und dadurch deren Inconcinnitäten nur mehr hervortreten lassen. Dennoch hat das Gedicht einen gewissen Beifall gefunden: Rudolf von Ems, Ulrich Füetrer und Püterich von Reichertshausen nennen es, der jüngere Titurel (1975. 1997) und der Garel (17 199. 20 195. 20 198) haben es benutzt. Die Anspielung Hermann's von Sachsenheim im Spiegel (Altswert 185, 13) ist unklar. Ausgabe: Hahn, Franks. a. M. 1845. Uebersetzung mit Auszug: Hofstäter, Altd. Gedichte I. Wien 1811.

    • Literatur

      Bächtold, Der Lanzelot des U. v. Z. 1870. — G. Paris, Romania X, 465—96. —
      Bächtold, Gesch. d. deutsch. Litt, in der Schweiz 1892, S. 87—91. Anmerkungen S. 27 f. und daselbst angegebene Litteratur. —|Gervinus, Gesch. d. d. Dicht., 5. Aufl. S. 443—52. —
      Lachmann, Anmerkg. zu Iwein 5426. —
      Haupt, Lieder u. Büchlein u. d. arme Heinrich S. XI f. —
      Wackernagel-Toischer, D. arme Heinrich, S. 8. 12. — Singer, Bemerk. zu Wolfr. Parzival. Halle 1898, S. 77—84 (SA. aus Festschr. f. Heinzel).

  • Autor/in

    S. Singer.
  • Zitierweise

    Singer, S., "Ulrich von Zatzikhofen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), S. 733-734 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118625349.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA