Wittich, Paul
- Lebensdaten
- um 1546 – 1587
- Geburtsort
- Breslau
- Sterbeort
- Wien
- Beruf/Funktion
- Astronom ; Mathematiker
- Konfession
- lutherisch
- Normdaten
- GND: 12273646X | OGND | VIAF: 74742355
- Namensvarianten
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- Wittich, Paul
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Wittich, Paul
| Astronom, Mathematiker, * um 1546 Breslau, † 9.1.1587 (alten Stils) Wien. (lutherisch)
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Genealogie
V →Stenzel († 1572/74), Buchhändler in B.;
M Barbara Sch(n)eider (?);
Om →Balthasar Sartorius (Schneider[us]) (1524–74), Dr. med., studierte in Wittenberg, Königsberg, Leipzig u. Bologna, 1552 Arzt in B., später Stadtarzt, korrespondierte u. a. mit →Georg Joachim Rheticus, →Joachim Camerarius d. Ä. u. →Caspar Peucer (s. VD 16; RAG; Ärztebriefe; Opera Camerarii);
Schw Martha (⚭ Hans Retzke). -
Biographie
Über W.s Leben ist nur wenig bekannt. 1563 immatrikulierte sich W. an der Univ. Leipzig und 1566 an der Univ. Wittenberg, wo er vermutlich 1570 den dän. Astronomen →Tycho Brahe (1546–1601) kennenlernte und erste Ideen über die Prosthaphärese entwickelte.
Sie ermöglicht es, unter Benutzung von Beziehungen zwischen der Sinus- und der Kosinus-Funktion Multiplikationen und Divisionen auf Additionen und Subtraktionen zurückzuführen. Vor der praktischen Verwendung von Logarithmen seit 1614 war dies die einzige Methode, um komplizierte Rechnungen, v. a. in der Astronomie, zu vereinfachen.
Bei der Immatrikulation an der Univ. Frankfurt/Oder im Sommersemester 1576 wurde W. als „magister artium“ bezeichnet. Hier gab er seine Vorstellungen über die Prosthaphärese an →John Craig († 1620) weiter, der später Leibarzt des schott. Kg. →James VI. wurde.
W. war eine zentrale Figur in einem Netz von Wissenschaftlern, die sich hauptsächlich mit Astronomie beschäftigten. Er reiste viel und stand u. a. in Kontakt mit →Bartholomaeus Scultetus (1540–1614), →Thaddeus Hagecius (1525–1600), →Johannes Praetorius (1537–1616), →Andreas Dudith (1533–1589), →Duncan Liddel (1561–1613) und →Henry Savile (1549–1622).
Im Sommer 1580 hielt er sich vier Monate lang bei Brahe auf der Insel Ven auf und stellte mit ihm Beobachtungen an. Nach 1582 reiste W. zu Lgf. →Wilhelm IV. (1532–92) nach Kassel, das in den 1580er Jahren durch →Jost Bürgi (1552–1632) und →Christoph Rothmann († 1601) zu einem Zentrum astronomischer Forschung geworden war.
W. besaß eine umfangreiche Bibliothek. Er hatte über seinen →Onkel Zugang zu einer eigenhändigen Handschrift von →Copernicus’ Commentariolus, in dem dieser erstmals über sein neues Weltsystem berichtet, und besaß vier Exemplare von Copernicus’ Hauptwerk (De revolutionibus orbium coelestium), zwei von der Erstausgabe (1543) und zwei von der Ausgabe 1566; sie enthalten viele Anmerkungen W.s. Teile von W.s Bibliothek erwarb Tycho Brahe. 1581 verfaßte W. 24 Sätze über die Lehre von den Parallaxen, angepaßt an Copernicus’ Theorie, die nicht erhalten sind; auch sind keine gedruckten Schriften und zusammenhängenden Arbeiten W.s bekannt.
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Literatur
|ADB 43;
R. Wolf, Btrr. z. Gesch. d. Astronomie, 3. P. W. aus Breslau, in: Vjschr. d. Astronom. Ges. 17, 1882, S. 125–30;
H. Bahlow, Die Frühzeit d. Breslauer Buchhandels u. Buchgewerbes, in: Btrr. z. Gesch. d. Stadt Breslau 7, 1939, S. 48–92, hier S. 74 f.;
O. Gingerich u. R. S. Westman, A Reattribution of the Tychonic Annotations in Copies of Copernicus’s „De revolutionibus“, in: Journ. for the|Hist. of Astronomy 12, 1981, S. 53 f.;
dies., The W. Connection, Conflict and Priority in Late Sixteenth-Century Cosmology, in: Transactions of the American Philosophical Soc. 78, T. 7, 1988;
A. Morawiec, In Defense of P. W., † 9 January 1587, in: Sudhoffs Archiv 99, 2015, S. 235–39;
Complete DSB;
Lex. bed. Mathematiker. -
Autor/in
Menso Folkerts -
Zitierweise
Folkerts, Menso, "Wittich, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 344-345 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12273646X.html#ndbcontent
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Wittich, Paul
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Biographie
Wittich: Paul W., Astronom, lebte in der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts (genauere Daten unbekannt). Von W. weiß man nur so viel mit Sicherheit, daß er aus Breslau stammte, um 1580 bei Tycho Brahe auf der Insel Hveen sich aufhielt und das, was er dort in astronomischer Beobachtungskunst gelernt hatte, nachmals in Kassel als Beobachter des Landgrafen Wilhelm IV. verwerthete. Daß er späterhin Professor in Wittenberg geworden sei, wie Mädler andeutet, scheint sich nicht beweisen zu lassen. An seinen Namen knüpft sich eine für den astronomischen Kalkul nicht unwesentliche Neuerung, die der „Prosthophäresis“, welche vielleicht Tycho zuerst ausgedacht, W. aber jedenfalls bekannter gemacht hat. Seit Erfindung der Logarithmen rechnet man weit lieber mit Producten als mit Summen; vorher jedoch verhielt es sich gerade umgekehrt, und W. zeigte eben, auf welche Weise man das schwer auszuwerthende Product zweier Sinus durch eine Summe oder Differenz zweier anderer Sinus darstellen könne. Dahingestellt bleibt, ob er selbst, ob Tycho der Erfinder war, nach v. Braunmühl ist die Methode noch älter.
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Literatur
Wolf, Geschichte der Astronomie. München 1877, S. 348. —
Mädler, Geschichte der Himmelskunde von der ältesten bis auf die neueste Zeit, 1. Bd., Braunschweig 1873, S. 203. -
Autor/in
Günther. -
Zitierweise
Günther, "Wittich, Paul" in: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898), S. 637 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12273646X.html#adbcontent