Lebensdaten
um 1510 – 1557
Geburtsort
Kronstadt (Siebenbürgen)
Sterbeort
Kronstadt (Siebenbürgen)
Beruf/Funktion
Humanist ; theologischer Schriftsteller ; Drucker ; Verleger ; Reformator
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 121999661 | OGND | VIAF: 210401731
Namensvarianten
  • Wagner, Valentin
  • Vagner, Bálint
  • Vagner, Valentinus
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Wagner, Valentin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121999661.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Eltern unbek.;
    B Andreas, ksl. Rat, Geh.sekr. Ks. Ferdinands I.

  • Biographie

    W.s Schulbildung bei den Kronstädter Dominikanern und in Krakau, sein Studium in Wien und eine kriegsbedingte Flucht nach Regensburg zu Johannes Turmair, gen. Aventin (1477–1534), sind quellenmäßig nicht sicher belegbar. Seit 1540 / 41 war er nachweislich Lehrer am Kronstädter Gymnasium, das er seit 1544 als Rektor leitete. Vom 13. 4.|1542 bis mindestens Anfang 1543 studierte W. ein erstes Mal in Wittenberg u. a. bei Vitus Vinshemius (Oertel) (1501–70) und v. a. bei Philipp Melanchthon (1497–1560). Mit diesem entwickelte er wohl den Plan für einen griech. Katechismus. W. gehörte auch dem Kronstädter Stadtrat an (seit 1546 in der Hundertmannschaft, seit 1547 einer der zwölf Ratsherren). Er vertrat den Reformator Johannes Honter (1498–1549) bei der Nationsuniversität der Siebenbürger Sachsen und beteiligte sich an der Abfassung der Kirchenordnung aller Deutschen in Siebenbürgen 1547. Am 29. 1. 1549 zum Kronstädter Stadtpfarrer gewählt, hatte er als solcher seit 1551 mehrmals das Amt des Dechanten im Burzenland inne. Bei einem zweiten Aufenthalt in Wittenberg erlangte er 1554 den Magistergrad.

    W. unterhielt seitdem Briefkontakte nicht nur zu Melanchthon, sondern auch zu Caspar Peucer, Sigismund Gelous, Leonard Stöckel, Joachim Camerarius und Matthias Flacius Illyricus. Seit 1553 war W. als Verleger tätig, 1555 übernahm er die Honterusdruckerei in Kronstadt.

    W. kann neben Johannes Honter als wichtigster Reformator Siebenbürgens, der die eigentliche theol. Arbeit leistete, gelten. Anders als dieser verfaßte er gewichtige theol. Schriften, v. a. seine griechischsprachige „Katichisis“ (1550). W. verfügte über ein ausgedehntes Netzwerk auch in Siebenbürgen, so zu dem Hermannstädter Stadtpfarrer und vermeintlich ersten „Sachsenbischof“ Paul Wiener ( 1554). Ein Gutachten der Rostocker theol. Fakultät, das wohl auf David Chytraeus (1531–1600) zurückgeht, zeigt, daß W.s theol. Schriften bis zur Ostseeküste bekannt waren. Diese zeugen von seinem ausgeprägten humanistischen, philol. und theol. Interesse. Die erste Publikation bildet ein Gedicht in der Adagien-Epitome Honters von 1541, das eine pädagogisch angelegte Aufforderung zur Lektüre der Adagia des Erasmus enthält. Schulliteratur spielt in W.s Werk eine große Rolle. Einen päd. Zweck erfüllten auch die Katechismus-Drucke und Gesangbücher. Sein Interesse an der Jurisprudenz verdeutlicht die Distichenvorrede in Honters Edition des „Compendium iuris civilis“ (1544), jenes an der griech. Sprache die von ihm publizierten „Compendii grammatices Graecae libri tres“ (1549).

    W.s Hauptwerk bildet seine 205 Druckseiten umfassende griech. „Katichisis“. Diese richtete sich sowohl an Schüler in Siebenbürgen als auch an die Griechen im Osmanischen Reich. Sie repräsentiert das erste dezidiert theol. Dokument der siebenbürg.-sächs. Reformation. Der Katechismus ist stark an der Theologie Melanchthons orientiert. Er verbindet in bemerkenswerter Weise pagane und christl. Bildung, auch durch eine Fülle von Zitaten antiker Autoren. Er wurde symbolträchtig am 31. 10. 1550, also am soeben eingeführten Reformationstag, in der Honterus-Druckerei publiziert und durch Paul Wiener rezipiert.

    W. verfolgte mit seinen Schriften keine reine luth. Theologie. Seine „Praecepta vitae Christianae“ (1554) behandeln vielmehr Themen wie die Befolgung der göttlichen Gesetze oder die Umsetzung von natürlicher Tugendhaftigkeit. W. hebt noch stärker als Melanchthon die Bedeutung von Tugendhaftigkeit auch in der religiösen Praxis hervor und macht sogar den Weg zum Heil von ihr abhängig. Die etwa gleichzeitigen, für den Schulgebrauch edierten „Prima rudimenta Christianae religionis“ enthalten christliche Sentenzen. Ein Pendant dazu stellen die 2000 Seneca-Sentenzen dar, die W. 1555 mit einer ausführlichen Einleitung veröffentlichte.

    Kurz vor seinem Tod kommentierte W. mit seinen „Imagines mortis selectiores“ (1557) den Holbeinschen Totentanz. Auch dabei ermahnte er zu einer sittlichen Lebensführung. Für einen Reformator ungewöhnlich sind auch hier die Aussagen, daß menschliche Rechtschaffenheit zum Erlangen ewiger Verdienste unabdingbar sei. Dieses starke Beharren auf einem ethisch-sittlichen Leben läßt sich vor dem Hintergrund der Bedrohung Siebenbürgens durch die Osmanen verstehen, auf die W. immer wieder rekurriert. In der Orientierung an antik-christlichen Werten sah er eine wirksame Waffe gegenüber den „Türken“.

  • Auszeichnungen

    | W.-Str. in Bra¸sov (Kronstadt) (1989).

  • Werke

    W-Verz.: Müller, Humanistisch geprägte Ref. (s. L), S. 325–33.

  • Literatur

    |ADB 40;
    K. Reinerth, Die Gründung d. ev. Kirchen in Siebenbürgen, 1979;
    A. Müller, Humanistisch geprägte Ref. an d. Grenze v. östl. u. westl. Christentum, V. W.s griech. Katechismus v. 1550, 2000 (W, L);
    ders., in: Reformatorenlex. hg. v. I. Dingel u. V. Leppin, 2014, S. 273–76;
    U. A. Wien, Die Humanisten Johannes Honterus u. V. W. als Vertr. e. kons. Stadtref. in Kronstadt, in: Konfessionsbildung u. Konfessionskultur in Siebenbürgen in d. Frühen Neuzeit, hg. v. V. Leppin u. U. A. Wien, 2005, S. 89–104;
    ders., Siebenbürgen, Pionierregion d. Rel.freiheit, Luther, Honterus u. d. Wirkungen d. Ref., 2017, bes. S. 32–36;
    – J. Seiverth, Nachrr. v. siebenbürg. Gelehrten u. ihren Schrr., 1785;
    J. F. Trausch, Schriftst.-Lex. oder biogr.-lit. Denkbll. d. Siebenbürger Deutschen III, 1871, Nachdr. 1983;
    ders., F. Schuller u. H. A. Hienz, Schriftst.-Lex. d. Siebenbürger Deutschen IV, 1902, Nachdr. 1983;
    |Régi magyarországi nyomtatvávogok [Bibliogr. Alter Ungar. Drucke], Bd. 1: 1473–1600, 1971;
    G. Borsa (Hg.), Alte siebenbürg. Drucke (16. Jh.), 1996.

  • Autor/in

    Andreas Müller
  • Zitierweise

    Müller, Andreas, "Wagner, Valentin" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 251-253 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121999661.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Wagner: Valentin W., Humanist und Schulmann, ein Siebenb. Sachse, war um 1500 geboren, doch ist über seine Jugend nichts bekannt. Er wurde Lehrer an der Kronstädter Schule, 1544 Rector des durch Honterus gegründeten Gymnasiums und nach dem Tode Honterus' (s. A. D. B. XIII, 78) ev. Stadtpfarrer. Als solcher starb er am 2. September 1557. Er steht vollständig auf dem Boden des Humanismus und der Reformation und verbindet die beiden Richtungen, die in Deutschland so vielfach verschiedene Wege gingen, in schöner Weise. Schon als gereifter Mann zog er nach Wittenberg, dort sich umzusehen und sich Raths zu erholen. Da hatte er die persönlichen Beziehungen besonders zu Melanchthon angeknüpft, mit dem ihn das Interesse für die griechische Sprache verband. Und nun entwickelte sich nach seiner Heimkehr ein reger und ungemein freundlicher Verkehr zwischen den hiesigen und den Wittenberger Kreisen. Melanchthon ließ den griechischen Katechismus Wagner's eigens von einem Freund begutachten; das Buch erschien vielleicht schon 1544 in Kronstadt. Schon 1535 hatte W. eine griechische Grammatik herausgegeben und ihr folgte eine ganze Reihe Schulbücher, im Geist der Humanisten berechnet das Studium der griechischen und lateinischen Sprache zu fördern. W. handhabte die lateinischen Hexameter meisterlich. Die Verse, mit denen er den Todtentanz, die Bilder nach einer Ausgabe des Georgius Aemilius, begleitet, sind Geradezu prächtig und ebenso der Liedergruß, mit dem er das „Handbuch des bürgerlichen Rechts“ einleitet, das Honterus 1544 herausgegeben, in dem er „an die fürsichtigen und weisen Herrn Bürgermeister, Richter und geschworene Räthe der sächsischen Städte und Stühle, der Colonien des deutschen Reichs in Siebenbürgen“ das Wort richtet, das Recht preist und die bösen Folgen von Unrecht warnend den Zeitgenossen vor die Seele stellt. Als Herausgeber des griechischen Testaments, des lutherischen Katechismus, der „Geistl. Lieder und Psalmen durch D. M. Luther und andre gelehrte Leut gemacht“ (1535) im Dienst der evang. Kirche arbeitend, hat er wesentlich dazu beigetragen, die durch Honterus begründete Reformation zu festigen, die Waffen für die neue Schule und neue Kirche zu mehren. Und wenn sie nach seinem Aufenthalt in Wittenberg immer wieder „den frommen und gelehrten Mann", seine „Sittenreinheit", seine „außerordentliche Bildung und vorzügliche Gelehrsamkeit“, seine „wahre Frömmigkeit“ rühmen, so hat dazu mehr noch seine Gemeinde Kronstadt und seine evang. sächsische Kirche Recht und Pflicht. Das Kronstädter Gymnasium verdankt ihm auch die Anlage seiner ältesten Matrikel.

    • Literatur

      Trausch, Schriftstellerlexikon III, 469.

  • Autor/in

    Fr. Teutsch.
  • Zitierweise

    Teutsch, Fr., "Wagner, Valentin" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 584 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121999661.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA