• Biographical Presentation

    Chryseus schrieb den „Hofteufel“ in Allendorf in Hessen (welches Allendorf gemeint ist, ist nicht zu ermitteln). Weitere Nachrichten über sein Leben sind nicht bekannt. - Der „Hofteufel“ ist das erste und ansprechendste jener volkstümlichen Teufelsschauspiele der Reformationszeit, die von 1545 bis 1575 erschienen, wo sie dann von den Stücken der englischen Komödianten verdrängt wurden. Die Verfasser sind zumeist Pfarrer gewesen, die volkserzieherische Absichten verfolgten, wie man schon an den Titeln ihrer Dichtungen sieht (Sauf-, Wucher-, Gesinde-, Faulteufel und so weiter). Chryseus bringt ein Danieldrama in Versen und 5 Akten. Es ist reich an konfessioneller Zeitsatire. Der tiefe Verfall der Rechtspflege und der allgemeine Verderb der Sitten werden dargestellt und beklagt. Die Zueignung spielt auf die Gefangennahme und den Verlust der Kurwürde des Johann Friedrich von Sachsen an. Schuld an dem Elend sind „die boshaftigen und wütenden Papisten“. Der Hofteufel erscheint verkleidet in einer „Müncheskap'n“. Daniel dagegen tritt in der Rolle eines protestantischen Pfarrers auf, der auf die Staatsgeschäfte Einfluß hat. Er ist verheiratet, hat Kinder und kann Klöster reformieren. - Dem sozialen Empfinden des Chryseus entgeht es indessen nicht, daß auch die große Armut für die Not der Zeit verantwortlich ist. Darin könnte man den Reflex eines freien, inneren Seelenlebens erblicken. In erster Linie jedoch wird der Pfarrer Chryseus durch religiöse und ethische, nicht durch ästhetische Gesichtspunkte bestimmt.

  • Works

    Hoffteufel, Das Sechste Capitel Danielis, den Gottfürchtigen zu trost, den Gottlosen zur warnung, Spielweis gestellet, vnd in Reim verfast, Wittenberg 1545;
    Haman, Die schöne vnd seer tröstl. Histori Hester, Spielweis aus d. Latein in dt. Rheim gebracht, Durch J. Ch., ebenda 1546 (Übers. d. Schauspiels v. Th. Naogeorgus).

  • Literature

    ADB IV;
    Goedeke II, 1886, S. 335, 361 u. ö.

  • Author

    Gustav Falter
  • Citation

    Falter, Gustav, "Chryseus, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 251-252 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13200870X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Chryseus: Johannes Ch., deutscher Tendenzdramatiker der Reformationszeit, der zu Allendorf in Hessen lebte. Er steht, was die Form anlangt, unter dem Einflusse von Paul Rebhun; dem Gehalte nach übertrifft er ihn bei weitem und ist entschieden als ein Schüler des Naogeorg zu bezeichnen, dessen „Haman" er 1546 übersetzt hat. Sein „Hofteufel“ (1545, Vorrede vom 24. Juni 1544) steht an der Spitze der gesammten ausgebreiteten Teufelslitteratur des 16. Jahrhunderts, er ist der Ahnherr des Hosenteufels, Fluchteufels, Eheteufels, Saufteufels und anderer Specialteufel. Das Stück behandelt Daniel in der Löwengrube; der Hofteufel ist von Beelzebub abgesandt um den Gottesmann zu verderben. Er erscheint als ehrwürdiger Pater im Mönchsgewande. Die hohen Herren am Hofe, seine Verbündeten, sind zum Theil Cardinäle und Bischöfe. Die Beziehungen auf die Gegenwart treten überhaupt durchweg deutlich hervor, und das historische Costüm wird zu Gunsten der consessionellen Satire höchst unbefangen verletzt. Die Götzendiener sind „gut römisch“, der Papst heißt wie bei Naogeorg Pammachius. Daniel, der beim Könige Darius hoch in Ehren steht und die segensreichste Wirksamkeit entfaltet, die Klöster verbessert und die Parteilichkeit des Kammergerichtes bekämpft, wird von seinen Feinden für einen großen Ketzer erklärt und ist vom höchsten Bischof verbannt. Als Gegenbild aller Achselträger, die ihren Glauben nicht offen bekennen wollen, verrichtet er sein Gebet bei offenem Fenster, trotz dem königlichen Decret, das an alle Kurfürsten,|Fürsten etc. erging. Daniel ist als das Ideal eines protestantischen Geistlichen gedacht: darum sind ihm auch Frau und Kinder beigegeben, für deren Einmischung die Familienscenen bei Sixt Birk und Paul Rebhun das Muster gewährten. — Daniel und der König Darius, um welche das ganze Interesse des Stücks sich dreht, erscheinen erst im vierten Act auf der Scene, so viel auch vorher von ihnen die Rede ist. Der Hofteufel hat den Glanzpunkt seiner Rolle in dem Monolog des fünften Acts: er schildert mit völlig ungeschminkten Ausdrücken das Bacchanal, durch welches Daniels Gegner ihren Sieg am Abend vorher feierten: er hat daran theilgenommen und sich nun verschlafen. Ein Blick auf die Löwengrube und den unverletzten Daniel stört sein Frohlocken; er sieht das Spiel verloren, fürchtet sich vor Beelzebub, flucht auf die „Pfaffen, Papisten, das Schandgesind"; er möchte sich ersäufen, kann aber nicht und beschließt endlich, in eine Wüste zu fahren. Seine Genossen werden ergriffen und getödtet, obgleich sie mit dem Kirchenbanne drohen. Damit ja kein Zweifel über den Sinn des Dramas obwalten könne, vergleicht der Verfasser in der Widmung an die sächsischen Herzöge die protestantischen Fürsten, speciel Johann Friedrich mit Daniel: sie werden um ihres Gottesdienstes willen von den Hofteufeln bei dem Kaiser angeklagt. Aber „der, der Daniel errettete, lebt noch und wird den heutigen Hofteufeln gewiß auch die Backenzähne ausreißen und sie den rechten Löwen, dem Teufel, vorwerfen“.

    • Literature

      Vgl. Goedeke S. 297. 309. 333. 380; Palm, Rebhun S. 188.

  • Author

    Scherer.
  • Citation

    Scherer, Wilhelm, "Chryseus, Johannes" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 253-254 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd13200870X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA