Lebensdaten
gestorben 2. Hälfte 13. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Spruchdichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 115614338 | OGND | VIAF: 8625153532485448820002
Namensvarianten
  • Unverzagt
  • Der Unverzagte
  • Unverzagte, der
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Zitierweise

Unverzagte, der, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd115614338.html [16.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Zu Herkunft und Leben des U. gibt es nur wenige Anhaltspunkte. Der Name ist durch die Korpusüberschrift in der Jenaer Liederhandschrift (J) belegt. Zudem begegnet er in einer kunstpolemischen Spruchstrophe Rumelants (VIII, 3) gegen Singauf. Hier wird U. neben Höllefeuer, dem Meißner und Konrad von Würzburg ( 1287) für seine Kunst gerühmt und als (noch) lebend erwähnt. In den gleichen zeitlichen Rahmen weist eine Scheltstrophe des U. gegen Kg. Rudolf von Habsburg (1273–91). Die Sprache läßt neben mitteldt. auch niederdt. Spuren erkennen.

    Die Jenaer Liederhandschrift überliefert 22 Einzelstrophen in drei relativ einfach gebauten Tönen (mit Melodien). Die Sprache ist klar und einfach gehalten, verwendet gelegentlich drastische Bilder (Vergleich eines Geldverleihers mit einem Mastschwein, die beide erst nach dem Tod von Nutzen seien, III, 9); Priamel, Wortspiel, Sprichwörtliches kommen vor. Die beiden Hauptthemen sind schlichte Tugendkataloge, die sich an junge Menschen, Reiche, Ritter oder Fürsten richten, sowie die nachdrückliche Forderung des Sängers nach Freigebigkeit als Gegenleistung für gespendetes Lob. Neben der unerschrockenen Schelte geiziger Herren findet sich der Vergleich eines freigebigen Gönners mit einem Heiligen (III, 6). Der als Herrscherlob beginnende Spruch auf Kg. Rudolf wird durch die Kritik an dessen Geiz in der Schlußpointe ironisiert (III, 1). Geistliche Thematik erscheint beim U. stets in Verbindung mit den beiden Hauptthemen. Einzelne Sprüche warnen vor schlechten Ratgebern am Hof (II, 3; II, 4) oder rügen geistliche Fürsten (I, 8); Rivalität mit Sängerkollegen oder Instrumentalmusikern kommt vor (I, 4. II, 1), ebenso Sprüche, die sich mit den Kollegen solidarisieren (III, 1. III, 7). Der Sänger gibt sich insgesamt als Fahrender mit dem Anspruch, die Zustände im Land zu kennen und beurteilen zu können.

  • Werke

    W F. H. v. der Hagen, Minnesinger, T. 3, 1838, S. 43–46; E. Collmann-Weiß (Hg.), Kleinere Spruchdichter d. 13. Jh., Der Hardegger, Höllefeuer, Der Litschauer, Singauf, Der U., 2005 (Ed. u. Komm., L).

  • Literatur

    L ADB 39;
    Repert. d. Sangsprüche u. Meisterlieder d. 12. bis 18. Jh., hg. v. H. Brunner u. B. Wachinger, Bd. 5, 1991, 450–53;
    B. Krause, Die milte-Thematik in d. mhdt. Sangspruchdichtung, Darst.weisen u. Argumentationsstrategien, 2005, S. 82 f., 126, 184 u. ö.;
    Killy1†2;
    Kosch, Lit.-Lex.³; Vf.-Lex. MA² (W, L)

  • Autor/in

    Esther Collmann-Weiß
  • Zitierweise

    Collmann-Weiß, Esther, "Unverzagte, der" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 658 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115614338.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Unverzagte: Der U., ein begabter Spruchdichter aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, dessen Sprüche nur in der Jenaer Handschrift auf uns gekommen sind. Obgleich seiner Sprache nach Mitteldeutscher, verräth er doch in|seiner äußerst leichten und gewandten Technik oberdeutsche Anregungen. So handhabt er in seinen drei Strophenformen den Auftact mit seltner Consequenz; so zeigt er Neigung zu geregelterer Verwendung des anaphorischen Schmucks. Gleichfalls auf ein oberdeutsches Vorbild, die bekannte Schelte des Eßlinger Schulmeisters, würde des U. geistreicheres Scheltlob des geizigen Königs Rudolf hinweisen, wenn nicht auch eine verwandte Strophe Stolle's die Vermittlung hergeben könnte. Der U. macht seinem Beinamen Ehre. Er ist nicht blöde. Kaum ein zweiter hat so unverschämt die gehrenden Leute zum höchsten Tribunal über Tugend und Laster gemacht wie er. Und diese Gehrenden schätzen nur eine Tugend, die Freigebigkeit. Das ist nicht neu. Aber der U. versteht es, das alte bittre Lied mit neuen Pointen auszustaffiren. Dem Geizigen, der nicht Kleider schenkt, wünscht er, daß er in seinem Ehebett eines fremden Mannes Kleider finde: dann ist er reich an Kleidern und an Schande. Oder er vergleicht in einem Bilde, das wie bei Hugo v. Trimberg, so noch bei Hans Sachs und Logau wiederkehrt, den kargen Wucherer dem Mastschweine: beide nützen erst mit dem Tode. Nicht nur zehrend, auch spähend und prüfend zieht er von Hof zu Hofe; er legt Werth darauf, daß der reiche Wirth dem armen Gast gegenüber streng die höfliche Etiquette von Gruß und Frage beobachtet und sitzt ingrimmig über die unmilden Herren zu Gerichte. Die Milden aber die sind ihm lebende Heilige, zu denen er lieber pilgert, als zu irgend einem todten Heiligen in der Ferne! — Sein zweites stehendes Thema sind die Angriffe auf die Concurrenten. Glimpflich kommen noch die Geiger fort, die Vertreter der neuen Instrumentalmusik, über die sich der des Meistersanges Kundige hoch erhebt. Viel schlimmer aber scheinen ihm die ganz Kunstlosen, die 'Bierlotter', die törichte Herren bevorzugen, weil sie billig sind. Die ungeschulten Anfänger mahnt er derb, in Anlehnung an ein bekanntes Sprüchwort, sie sollten im Neste bleiben, bis ihnen die Flügel gewachsen seien. Am meisten aber verdrießen ihn die Schälke, die Kerle am Hofe, die zu Unrecht des Herrn Ohren haben: er möchte der Zwergenkönig Antiloie der Alexanderlage sein, um sie nach Herzensluft Prügeln zu können. — In diesen Angriffen geht des U. poetische Individualität auf. Was er sonst gedichtet hat, ist sehr wenig und bleibt ganz in den begangensten Bahnen mhd. Lehrdichtung; höchstens sei ein Ausfall gegen die unheilige Kampflust der gelehrten, d. h. geistlichen Fürsten erwähnt. Der U. wird, wo er sich nicht der Haut wehrte und für die Nahrhaftigkeit seines Berufes streiten mußte, Dichtungen Anderer auf seinem Repertoire gehabt haben. Immerhin war er ein recht namhafter Sänger: Raumsland hält ihn dem übermüthigen Singauf als 'spaehen meister' entgegen neben Konrad von Würzburg und dem Meißner, also in recht rühmlicher Gesellschaft.

    • Literatur

      Minnesänger, hsg. von v. d. Hagen, III, 43—46; IV, 713 f.

  • Autor/in

    Roethe.
  • Zitierweise

    Roethe, Gustav, "Unverzagte, der" in: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 322-323 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115614338.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA