Lebensdaten
1767 – 1811
Geburtsort
Sophiengroden bei Jever (Ostfriesland)
Sterbeort
bei Taiz (Jemen)
Beruf/Funktion
Forschungsreisender in Arabien ; Naturforscher
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119328593 | OGND | VIAF: 56791690
Namensvarianten
  • Seetzen, Ulrich Jasper
  • Seetzen, Jasper
  • Seetzen, Ulrich Jasper
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Seetzen, Jasper, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119328593.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ulrich Jasper (1739–91), wohlhabender Bauer in S., S d. Peter Ulrich (* 1705), Bauer, u. d. Elmerich Simons;
    M Trienke Otten; ledig.

  • Biographie

    S. besuchte mit seinen Brüdern die Lateinschule in Jever, nahm 1785 an der Georgia Augusta in Göttingen das Studium der Medizin auf und wurde 1789 mit einer Dissertation zum „Systematum de morbis plantarum brevis dijudicatio“ promoviert. Da er keine Neigung zur med. Praxis hatte, widmete er sich seinen Lieblingsfächern, der Naturwissenschaft und der Technologie. S. zählte mit Alexander v. Humboldt (1769–1859) zu den Gründern der „Göttingischen physikalischen Privatgesellschaft“ und war einer der ersten Vertreter der sich herausbildenden „comparativen Geographie“, Anthropologie und Völkerkunde. Johann Friedrich Blumenbach (1752–1840), der zu seinen Lehrern gehörte, empfahl S. Franz Xaver Frhr. v. Zach, Herausgeber der „Monatlichen Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde“. Dieser wiederum stellte den Kontakt zu Hzg. Ernst von Gotha her, welcher sich für S. Forschungs- und Reisepläne gewinnen ließ. Nach zahlreichen Veröffentlichungen wurde S. 1795 Mitglied der naturforschenden Gesellschaften zu Berlin und Jena. 1802 wurde er zum Kammer-Assessor von Jever ernannt, doch sein Traum war, über Westasien bis zur Westküste Afrikas vorzudringen. Für seine Orientreise erstellte er zunächst in dt. Landen einen detaillierten Forschungsplan („Reiseplan“), der von Carsten Niebuhr kommentiert wurde. Am 13.7.1802 trat er von Jever aus seine Reise an, gelangte über Gotha nach Wien, wo Erbprinz August von Gotha S. beauftragte, für 800 Taler jährlich oriental. „Merkwürdigkeiten“ zu erwerben. Über Konstantinopel, wo er sich von Hammer-Purgstall beraten ließ und mit dem Kauf von Manuskripten begann, erreichte er Aleppo, wo er 18 Monate verweilte, um Arabisch zu lernen. Nach einem Aufenthalt in Damaskus und dem Libanon gelangte er 1806 nach Jerusalem. Als erster europ. Forschungsreisender erkundete S. das Tote Meer, das er als „gradirte Soole“ beschrieb, und reiste weiter nach Suez und Kairo. Auf der Arabischen Halbinsel ließ er sich in die „Große Moschee“ in Mekka einschließen und zeichnete einen Plan von ihr; über Medina reiste er weiter in den Jemen, wo der berühmte Damm von Marib sein Ziel war, ebenso wie der Hadramaut. Im Sept. 1811 wollte er weiter in das Innere Afrikas, wie er in seinen letzten Briefen am 14. und 17.11.1810 aus der Hafenstadt Mokha schrieb. Von dort brach er jedoch erst im Sept. 1811 ins Landesinnere auf und wurde zwei Tage später bei Taiz tot aufgefunden.

    Einem Brief vom 17.3.1809 hatte er eine Aufstellung der von ihm erworbenen Objekte beigelegt: 1547 Handschriften, 3536 Antiquitäten, Schmuck, Hausgeräte, Mineralien und Pflanzen, vier vollständige Mumien, 40 Mumienköpfe und einbalsamierte Ibisse wurden in 16 Kisten über Triest nach Gotha versandt. Damit erhielt die dortige hzgl. Sammlung die erste systematisch angelegte Sammlung ägypt. Antiken. 17 Kamelladungen an Materialien, die S. mit sich führte, als er bei Taiz zu Tode kam, sind verschollen. Mit insgesamt ca. 2700 von S. erworbenen oriental. Handschriften ist die Sammlung der Forschungs- und Landesbibliothek Gotha damit die drittgrößte in Deutschland. Diese umfaßt Schriften theol. Inhalts, u. a. zahlreiche Koranfragmente, Historisches und Biographien, Poesie, Grammatik, Lexikographie, Jurisprudenz und Medizin. Da S.s Reisetagebücher erst 1854 von Friedrich Kruse herausgegeben wurden, war bei deren Veröffentlichung vieles durch die Berichte späterer Reisender bereits überholt. Die von ihm zusammengetragenen Handschriften bilden S.s wichtigstes Vermächtnis.

  • Werke

    F. Kruse, U. J. S.s Reisen durch Syrien, Palästina, Phönicien, d. Transjordan-Länder, Arabia Petraea u. Unter-Ägypten, 4 Bde., 1855–59, Nachdr. 2004;
    Unter Mönchen u. Beduinen, Reisen in Palästina u. angrenzenden Ländern 1805–1807, hg. v. A. Lichtenberger, 2002.

  • Literatur

    ADB 33;
    B. Schäbler, U. J. S. (1767–1811), Jeveraner Patriot, aufgeklärter Kosmopolit u. Orientreisender, in: U. J. S., Leben u. Werk, Die arab. Länder u. d. Nahostforsch. im napoleon. Za., Vortrr. d. Kolloquiums v. 23. u. 24. Sept. in d. Forsch.- u. Landesbibl. Gotha, 1995;
    H. Weippert, Unterwegs nach Afrika, U. J. S. (1767–1811), in: Meilenstein, Festgabe f. H. Donner, hg. v. M. Weippert u. St. Timm, 1995, erneut in: H. Weippert, Unter Olivenbäumen, 2006, S. 253–66;
    U. Wallenstein, Ägypt. Slg., Schloßmus. Gotha, 1996;
    Oriental. Buchkunst in Gotha, 1997;
    St. Horschitz, U. J. S. (1767–1811), Der aufgeklärte Patriot, in: Ferne Fürsten, Das Jeverland in Anhalt-Zerbster Zeit, hg. v. A. Sander, 2004, S. 267–74;
    Pogg. II;
    Enc. Jud. 1971;
    Lex. d. Afrikanistik, hg. v. H. Jungraithmayr u. W. J. G. Möhlig, 1983;
    W. R. Dawson u. E. P. Uphill, Who was Who in Egyptology, hg. v. M. L. Bierbrier, ³1995;
    Biogr. Hdb. Oldenburg (P);
    Henze, Entdecker.

  • Porträts

    Brustbild, Schabkunstbl., anon., Jever 1818 (Oldenburg, Stadtmus.).

  • Autor/in

    Birgit Schäbler
  • Zitierweise

    Schäbler, Birgit, "Seetzen, Jasper" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 155-156 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119328593.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Seetzen: Ulrich Jasper S. wurde am 30. Januar 1767 zu Sophiengroden, Kirchspiels Middoge in der Herrschaft Jever, als Sohn eines bemittelten Landmannes geboren, besuchte die Schule in Jever und bezog im Herbst 1785 die Universität Göttingen, um Medicin zu studiren. Neben seiner Fachwissenschaft widmete er sich eifrigst dem Studium der Naturwissenschaften, in denen namentlich Blumenbach sein Lehrer war, und der Technologie, erlangte 1789 durch eine Dissertation: „Systematum de morbis plantarum brevis dijudicatio“ die Doctorwürde, gründete um dieselbe Zeit mit mehreren gleichstrebenden Jünglingen, unter denen auch Alexander v. Humboldt sich befand, die „göttingische physikalische Privatgesellschaft“ und lieferte bis 1792 bereits zahlreiche Beiträge zu Meyer's Magazin für Thiergeschichte u. s. w., dem bergmännischen Journal, Gatter's technologischem Magazin, dem Journal für Fabriken u. s. w. Im J. 1790 machte er eine halbjährige Reise durch Westfalen und Westdeutschland, auf welcher er Pflanzen und Mineralien sammelte und Fabriken und Bergwerke besuchte, und ging 1791 über Kassel, Bamberg und Regensburg nach Wien, von wo er nach einjährigem Aufenthalt durch Böhmen und Sachsen in die Heimath nach siebenjähriger Abwesenheit 1792 zurückkehrte. Nachdem er 1793 Holland bereist hatte, kaufte er 1794 eine Windsägemühle und eine Muschelkalkbrennerei in Jever, setzte aber neben seiner praktischen Thätigkeit die litterarischen Arbeiten fort, welche er in zoologischen, botanischen und ökonomischen Zeitschriften, der allgemeinen Literaturzeitung, dem neuen teutschen Mercur, dem Genius der Zeit, Zach's monatlicher Correspondenz u. s. w. veröffentlichte. Seine wissenschaftlichen Bestrebungen wurden 1795 durch die Ernennung zum Mitgliede|der naturforschenden Gesellschaften in Berlin und Jena anerkannt; den Ruf seiner praktischen Befähigung bezeugt der ihm 1797 gewordene Auftrag des Reichsgrafen zu Münster-Meinhövel auf Königsbrück, über die Salinen Hollands zu berichten und Vorschläge zur Hebung der umfangreichen gräflichen Besitzungen zu machen; die Beherrscherin von Jeder suchte ihn 1802 durch die Ernennung zum Assessor bei der fürstlichen Kammer zu ehren und an die Heimath zu fesseln. Angeregt aber durch seine wissenschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu den zahlreichen bedeutenden Astronomen, Naturforschern und Reisenden, beschloß er, eine Reise nach dem Orient zu machen, deren letztes Ziel dahin ging, von Osten her quer durch Afrika zur Westküste zu gelangen. Von Blumenbach empfohlen, wandte er sich wegen Beschaffung der nöthigen Instrumente an Zach, auf dessen Anregung der Herzog Ernst von Gotha lebhaft für das Unternehmen sich interessirte und die sämmtlichen zu astronomischen und geographischen Ortsbestimmungen erforderlichen Instrumente bewilligte. Im September 1801 sandte S. seinen Reiseplan an Zach, der denselben in seiner monatlichen Correspondenz abdrucken ließ, und trat dann am 13. Juni 1802 von Jever aus die Reise an. Er begab sich zunächst nach Gotha, um sich unter Zach's Leitung Fertigkeit im Gebrauche der Instrumente zu erwerben, und darauf nach Wien, wo er durch den Auftrag des Erbprinzen August von Gotha erfreut wurde, jährlich für 800 Thaler orientalische Seltenheiten zu kaufen. Von Wien reiste er die Donau hinunter bis Galatz und dann über den Balkan nach Constantinopel, wo er sechs Monate blieb. Er ging dann durch Bithynien und Mysien nach Smyrna, von wo er Ephesus und Milet, Samos und Chios besuchte, im October 1803 weiter durch Kleinasien nach Aleppo, wo er sich 1½ Jahre aufhielt, um arabisch zu lernen, nach Damascus, wo er wiederum längere Zeit verweilte und von wo er Abstecher nach Phönicien, dem Libanon und Antilibanon machte, und kam am 7. April 1806 in Jerusalem an. Er besuchte Tyrus und durchforschte Palästina, wandte sich im März 1807 nach dem steinigen Arabien und dem Sinai, ging über Suez nach Cairo, wo er vom Mai 1807 bis zum März 1809 verweilte. Nach einem Ausflug nach Fayum kehrte er nach Suez zurück und begab sich von hier zu Schiff nach Dschidda und dann nach Mekka, wo er am 10. October 1809 ankam und sich in dem Tempel einschließen ließ, um heimlich einen genauen Plan desselben anzufertigen, nach Medina und Moccha. Von Moccha datiren seine letzten Briefe (14. und 17. November 1810). Im September 1811 wollte er von hier aus in das Innere von Afrika dringen, wurde aber zwei Tage nach seiner Abreise bei Taäs todt gefunden, wahrscheinlich auf Befehl des Iman von Sanaa vergiftet, weil er, als Mohamedaner reisend, für einen Betrüger und Zauberer gehalten wurde. — Während der Reise hatte S. mehrfache Sendungen nach Gotha gemacht, welche die Grundlage des dortigen orientalischen Museums gebildet haben, auch Aufsätze verfaßt, welche in Zach's monatlicher Correspondenz und anderen Journalen erschienen sind. Seine übrigen Sammlungen und Schriften sind zu Grunde gegangen, nur der größte Theil seiner Tagebücher, die er allmählich nach Europa sandte, ist gerettet worden. Dieselben zeigen, in welcher umfassenden Weise S. seine Reise für die Wissenschaft nutzbar zu machen gesucht hat; sie sind reich an Mittheilungen aus dem Gebiete der Zoologie, der Botanik, der Mineralogie, der Landwirthschaft, der Technologie, der Statistik, der Handelskunde, der mathematischen und physischen Geographie und der Alterthumskunde. Erst viele Jahre nach Seetzen's Tode ist die Herausgabe der Tagebücher, welche sich jetzt auf der großherzoglichen Bibliothek in Oldenburg befinden, erfolgt: „Ulrich Jasper Seetzen's Reisen durch Syrien. Palästina, Phönizien, die Transjordan-Länder, Arabia Peträa und Unter-Aegypten; herausgegeben und commentirt von Prof. Dr. Fr. Kruse|in Verbindung mit Prof. Dr. Hinrichs, Dr. G. Fr. Herm. Müller und mehreren anderen Gelehrten“. Bd. 1—4. Berlin 1854 fg. In dem ersten Bande finden sich als „Vorrede und Einleitung“ Mittheilungen über das Leben des Reisenden und Bemerkungen über die hinterlassenen und geretteten Schriften und Sammlungen, sowie über die Art der Bearbeitung der Tagebücher. Der 4. Bd. (1859) enthält die „Commentare, ausgearbeitet von Staatsrath Prof. Dr. Fr. Kruse und Prof. Dr. H. L. Fleischer, nebst sämmtlichen Original-Charten Seetzens, von ihm selbst auf seiner Reise gezeichnet und auf seinen Wunsch vervollständigt durch Hinzufügung mehrerer Ortsnamen nach seinen Tagebüchern, sowie der alten Namen der zu bestimmenden Orte“.

  • Autor/in

    Mutzenbecher.
  • Zitierweise

    Mutzenbecher, "Seetzen, Jasper" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 590-592 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119328593.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA