Lebensdaten
1601 – 1667
Beruf/Funktion
Glasschneider ; Glashändler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 129250929 | OGND | VIAF: 295919815
Namensvarianten
  • Schwanhard, Georg der Ältere
  • Schwanhardt, Jörg
  • Schwanhardt, Georg
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Zitierweise

Schwanhardt, Georg, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129250929.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans ( 1612), aus Insingen b. Rothenburg/Tauber, Kunsttischler, Büchsenschäfter in N.;
    M Apollonia Fritz ( 1613);
    B Johann Heinrich (* 1603);
    1) Nürnberg 1624 Susanna Keller ( 1653), 2) Nürnberg 1657 Maria Magdalena, verw. Ammon;|3 S aus 1) Heinrich (s. 2), Georg d. J. (1640–76), Glasschneider in N., Casparus Abrahamus (* 1646, früh †), 2 T aus 1) Sophia (* 1628), Susanna (* 1631), beide Glasschneiderinnen in N.

  • Biographie

    S. erfuhr seine vielseitige künstlerische Ausbildung zunächst in seiner Heimatstadt. Nach dem Zeugnis Sandrarts arbeitete er in der väterlichen Schreinerwerkstatt und lernte danach bei dem Elfenbeinschnitzer Christoph Harrich (1572-n. 1630), bevor er 1618 in das damals führende Kunstzentrum Prag übersiedelte. Doppelmayr überliefert, S. habe noch in Nürnberg bei dem Kupferstecher Johann Philipp Walch Zeichenunterricht erhalten. Für sein zukünftiges Wirken entscheidend war der Eintritt in die Werkstatt Caspar Lehmanns (1570–1622) in Prag, wo er mit der Kunst des Kristall- und Glasschneidens mittels rotierender Räder vertraut wurde. S. arbeitete dort bis zu Lehmanns Tod und kehrte anschließend nach Nürnberg zurück.

    Das von Lehmann geerbte ksl. Privileg zur Ausübung des Glasschnitts erleichterte S. sicher die erste wirtschaftliche Konsolidierung, die auch in den Zeiten des 30jährigen Krieges und der Folgejahre anhielt. Seine aufwendig verzierten Glasbecher und -pokale fanden im städtischen Patriziat, zunehmend auch an den weltlichen und geistlichen Höfen Abnehmer. Eine Reihe von Arbeiten verweisen durch Wappen oder Bildnisse auf den ksl., württ., bad. oder hess. Hof als Auftraggeber sowie auf weitere weltliche und geistliche Fürsten, 1652 wurde S. von Ks. Ferdinand III. (1608–57) kurzfristig nach Prag berufen. In seinem erhaltenen Werk dominieren Wappen- und Porträtgläser sowie Arbeiten mit emblematischen Darstellungen, oft dekoriert mit einer für seine Werkstatt charakteristischen Ranken-Groteske. Wirkungsvoll kombinierte er den Glasschnitt mit Diamantnadelriß.

    S. führte nach seiner Rückkehr aus Prag die Bearbeitung des empfindlichen Glases zur Perfektion; sein außergewöhnlich feiner Stil des Glasschnitts verdrängte schließlich den bis dahin in Deutschland vorherrschenden Emailfarbendekor. Vor allem gelang es ihm, die relativ dünnwandigen Hohlgläser seiner Zeit großflächig mit Glasschnitt zu dekorieren und als Bildträger zu nutzen. Damit erschloß er den lukrativen Markt des repräsentativen Trinkgeschirrs. Zur Ausübung seiner Kunst entwickelte er auch die Werkzeuge weiter; die Technik des Blänkens, die dem ursprünglich matten Schnitt akzentuierend Brillianz verleiht, ist zuerst an seinen Arbeiten zu beobachten. Nürnberg wurde v. a. durch sein Wirken zum wichtigsten europ. Zentrum der jungen Kunst und verlor diese Stellung erst an der Wende zum 18. Jh. Die nachfolgenden Generationen der Nürnberger Glasschneider, sein Sohn Heinrich, v. a. aber Hermann Schwinger (1640–83) bis hin zu Georg Friedrich Killinger (1694–1726), stehen in der Tradition seiner Werkstatt.

  • Werke

    in d. meisten Museen mit bed. Slgg. v. europ. Glas, u. a. in Berlin (Kunstgewerbemus.), Coburg (Veste), Düsseldorf (museum kunst palast), Hamburg (Mus. f. Kunst u. Gewerbe). Kassel (Hess. Landesmus.), Kopenhagen (Kunstindustrimuseet), London (Victoria and Albert Mus.), München (Bayer. Nat.mus.), New York (Metropolitan Mus.), Nürnberg (German. Nat.mus.), Pommersfelden, Stuttgart (Württ. Landesmus.), Wien (Kunsthist. Mus. u. Mus. f. Angewandte Kunst).

  • Literatur

    ADB 33;
    Sandrart, Teutsche Ac. d. Bau- Bild- u. Mahlerey-Künste, 1675, hg. v. R. A. Peltzer, 1925, S. 228;
    J. G. Doppelmayr, Hist. Nachr. v. d. Nürnberg. Mathematicis u. Künstlern, 1730 (Teilabdr. b. E. Meyer-Heisig unter Verwendung e. v. Vf. handschriftl. erweiterten Durchschußexemplars in d. Bibl. d. German. Nat.mus.);
    Robert Schmidt. Glas, in: FS z. 50-j. Bestehen d. Kunstgewerbemus. Frankfurt/M., 1927, S. 114-29;
    L. F. Fuchs, Geschnittene Glasbilder v. G. S., in: Weltkunst 26, 1956, S. 10 f.;
    E. Meyer-Heisig. Der Nürnberger Glasschnitt d. 17. Jh., 1963, bes. S. 26-49 u. 74-82 (W-Verz., L);
    K. Pechstein, Bildnisse u. Lebensdaten d. Nürnberger Glasschneiderfarn. S., in: Anz. d. German. Nat.mus. 1978, S. 123-26 (P);
    Glas d. 16. bis 19. Jh., Hohlgläser aus d. Bes. d. Bayer. Nat.mus., Begleith. z. Ausst. im Bayer. Nat.mus. München, mit Text v. R. Rückert, 1992;
    A. Finke, Die Schwanhardt-Gläser, Beschreibender Kat. d. Hohlgläser d. Fam. S. im 17. Jh. in Nürnberg aus d. Bundesrep. Dtld., Diss. München 1994 (W-Verz., L);
    ThB;
    Berühmte Nürnberger;
    Stadtlex. Nürnberg;
    M. Grieb (Hg.), Nürnberger Künstlerlex. (in Vorbereitung).

  • Porträts

    Kupf. v. J. C. Sartorius, 1693, nach e. verlorenen Gem. (zwei Exemplare in Nürnberg, German. Nat.mus.), Abb. in: Pechstein (s. L), S. 125.

  • Autor/in

    Ralf Schürer
  • Zitierweise

    Schürer, Ralf, "Schwanhardt, Georg" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 785-786 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129250929.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schwanhard: Georg S., der ältere, geb. 1601 zu Nürnberg, daselbst am 3. April 1667, zeigte von Jugend auf eine große Neigung zum Zeichnen, worin ihn sein Vater, der 1600 von Rothenburg nach Nürnberg gewanderte Kunstschreiner und Büchsenschifter Hans S., wegen seiner schönen mit Perlmutter eingelegten Arbeiten und als Erfinder des geflammten Hobelns bemerkenswerth, bei Philipp Walch unterrichten ließ. Für die Kunstrichtung, die er später einschlug, war es von großer Wichtigkeit, daß er bei dem geschickten Elfenbeinschneider Christoph Harrich in Nürnberg das Bildschneiden erlernte. 1618 wandte er sich nach Prag, wo er das sog. Sammetschneiden, das damals in Brauch war, trieb. In Prag war durch Kaspar Lehmann, den Kristall- und Kammeredelsteinschneider Kaiser Rudolf's II., das Glasschneiden wieder erfunden und in Aufnahme gekommen. Bei ihm nun lernte S. in kurzer Zeit das Glasschneiden wie das Diamantreißen. In solchem Maße wußte er sich das Vertrauen und die Zuneigung seines Meisters zu erwerben, daß dieser, als er 1622 ledigen Standes starb, ihn zum Erben einsetzte und ihm auch das von Kaiser Rudolf erhaltene Privileg, oder, wie wir sagen würden, Patent wegen der Ausübung des Glasschneidens übertrug.

    S., der die Kunst des Glasschneidens trotz der Unvollkommenheit der Instrumente auf eine höhere Stufe brachte, wandte sich wieder nach Nürnberg, wo er Embleme, Landschaften, Blumen- und Groteskenwerk und ganze Acte sehr hübsch auf Gläser schnitt, im Hell- oder Blankschneiden aber noch Vorzüglicheres leistete. Sein Ruf verbreitete sich weit über die Mauern der Stadt hinaus. So arbeitete er für den Kurfürsten von Mainz und Bischof von Würzburg Johann Philipp und den Bischof von Bamberg Melchior Otto. Auf Wunsch Kaiser Ferdinand's III. begab er sich 1652 wieder nach Prag, um Zeichnungen zu Gläsern zu entwerfen, und im folgenden Jahre nach Regensburg, wo sich der Kaiser von ihm im Diamantschneiden unterrichten ließ. Er entledigte sich dieses hohen Auftrags zu des Kaisers ganz besonderem Wohlgefallen, der ihn zu seinem Kunstfactor ernannte und auch anderweitig auszeichnete.

    Heinrich Schwanhard, des Vorigen Sohn. Sein Geburtsjahr ist unbekannt, er starb am 2. October 1693. Zunächst wandte er sich dem Studium der Philosophie und „Poesie“ zu. dann aber zog es ihn mit unwiderstehlicher Gewalt zur Kunst, in der er bei seinem Vaterden Grund gelegt hatte. Besonders kam es ihm hier zu statten, daß er auf der Malerakademie in Nürnberg und anderswo sich im Zeichnen nach dem Nackten und sonst geübt hatte. Er schnitt Landschaften, ja ganze Städte, unter andern auch die Stadt Nürnberg unter genauer Beobachtung der Proportion und Perspective auf Glas. In der Schönheit der Schrift, die er in der italienischen Manier in schönen Zügen auf Glas schnitt, wetteiferte er mit den Schreibkünstlern. Hochbedeutsam war seine Erfindung, mit „Scheidewasser“, worunter hier wohl Flußspathsäure zu verstehen, das Glas zu ätzen. Sandrart berichtet, daß er von dieser Kunst die vollkommensten Proben abgelegt, vielerlei Zierlichkeiten und Schriften überaus rein und sauber ins Glas geätzt habe, so daß es fast unmöglich scheine, auf diesem Gebiete noch Vollkommneres zu erreichen, wenn|nicht sein emsiges Nachsinnen und sein schöner Geist noch weitere Subtilitäten ergründe, wie er denn schon vollkommene Menschenbilder theils nackt, theils bekleidet, allerlei Thiere, Blumen und Kräuter ganz natürlich gebildet und es im Erhabenen sehr weit gebracht habe.

    Sein Bruder Georg war gleichfalls im Glasschneiden tüchtig. Aber eine schmerzhafte Gliederkrankheit hinderte ihn an der Ausübung seiner Kunst und ließ ihn nicht zur höchsten Ausbildung gelangen.

    Die Kunst lag bei der Schwanhardschen Familie, wie es scheint, im Blute. Auch die Töchter des älteren Georg Schwanhard, Sophia, die den Goldarbeiter Caspar Paulus geheirathet hatte, Susanna, zuerst Georg Marbach's, dann des Juweliers Albrecht Pimmel Hausfrau, endlich Maria, welche der Bildhauer Johann Jakob Kern ehelichte, brachten es im Schneiden von schönen Blumen und Laubwerk so weit, daß ihre Arbeiten sogar im Ausland begehrt waren. Auch die Magd des jüngeren Georg Schwanhard, welche dieser später heirathete, lernte die Kunst des Glasschneidens.

    • Literatur

      Johann Neudörfers Nachrichten etc., herausgegeben von Lochner in den Quellenschriften für Kunstgeschichte von R. Eitelberger v. Edelberg. X. — Joachim v. Sandrart, Teutsche Akademie. — Doppelmayr, Historische Nachricht von den Nürnbergischen Mathematicis und Künstlern.

  • Autor/in

    Mummenhoff.
  • Zitierweise

    Mummenhoff, Ernst, "Schwanhardt, Georg" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 186-187 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129250929.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA