Lebensdaten
1841 – 1893
Geburtsort
Tübingen
Sterbeort
Stuttgart
Beruf/Funktion
Maler
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 138124663 | OGND | VIAF: 14639479
Namensvarianten
  • Schaumann, Heinrich Wilhelm
  • Schaumann, Heinrich
  • Schaumann, Heinrich Wilhelm
  • mehr

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Schaumann, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd138124663.html [26.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Schaumann: Heinrich (Wilhelm) Sch., Genremaler, geboren am 2. Februar 1841 in Tübingen, am 6. Juli 1893 zu Stuttgart. Erhielt gründliche Bildung bei den Historienmalern H. v. Rustige, Bernhard Neher und dem Landschafter Heinrich Funk an der Stuttgarter Akademie; er erweiterte seine Kenntnisse durch eine Reise nach Belgien, Holland, England und Paris, ließ sich 1865 in München nieder, wo er eine große Thätigkeit mit meist seiner schwäbischen Heimath entnommenen Genrebildern begann. Mit Vorliebe schilderte er muntere Scenen aus dem Volkstreiben, wobei auch das Thierleben eine Rolle spielte, wozu die bezügliche Landschaft einen erquicklichen Hintergrund bot und auch die Architektur, gleichsam zur Beglaubigung der ganzen Physiognomie, mäßig hereingezogen wurde. Sch. brachte 1866 seine ersten unter dem Drucke des Kriegsjahres entstandenen Bilder in die Oeffentlichkeit: das „Wiedersehen auf dem Schlachtfelde“, „Zwangsremonte“, der „Letzte Freund und Kamerad". Dann gewann sein Humor die Oberhand mit einem „ertappten Liebespaar“ (1869) und dem lustigen „Kinderraub“ (1870): ein im vornehmen Wohnzimmer sehr gut situirter Affe hat aus einer zahlreichen Hundefamilie ein Junges als Spielzeug entführt; die rasende Mutter verbellt mit den harmlosen Geschwistern den auf einen Tisch geflüchteten Räuber, welcher allerlei kostbares Tafelgeräth als Wurfmaterial gegen die|wüthende Angreiferin verschleudert und den Greuel der Verwüstung aufs Höchste steigert. Das fein durchgeführte Bildchen fand in der neuen Pinakothek seine Aufnahme. Ihm folgten Scenen aus dem Treiben und Leben fahrender Vaganten, wie selbes Karl v. Holtei (s. A. D. B. XIII, 3) in seinen „Vagabunden“ und Emil Mario Vacano (s. A. D. B. XXXIX, 451) in der „Trödelbude" mit fascinirender Gloire abgeschildert haben: Seiltänzerwagen auf einer „Schwäbischen Kirchweihe" (1871), mit Einblicken in das Familienglück eines Clown hinter der Scene; Bärenführer auf dem Dorfe; ein „Frühstück" in der Menagerie und „Künstlerneid" mit zwei im Stalle einer Kunstreitergesellschaft um einen Kranz streitenden Affen (1872); „Gaukler in einer Scheune". Weitere Stoffe boten die Erinnerungen an heimathliche Dorfgeschichten: die aufregende Ankunft eines stolz berittenen „Hochzeitsladers" (1873), die „Preisvertheilung" auf einem Gaufest (1874), „Der fröhliche Prunk eines schwäbischen Hochzeitszuges“ (1877), „Eine ärztliche Consultation im Stalle“. Den glücklichsten Griff machte Sch. mit seinem „Volksfest zu Cannstadt“, auf welchem der Maler in beträchtlicher Ausdehnung (bei 4,50 m Breite und 2,20 m Höhe) mehr als dritthalb Hundert Personen in den malerischen Trachten der schwäbischen Landbevölkerung, wozu er jahrelange Vorstudien gesammelt hatte, vereinte (vgl. Lützow, Kunstchronik 1877, Bd. XII, S. 452 u. 498). König Wilhelm verlieh dem Künstler für diese artistischculturhistorische Leistung die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft am Bande des k. Ordens der württembergischen Krone. Gleichzeitig hatte Sch. zur 400jährigen Jubelfeier der Universität Tübingen das darauf bezügliche „Fest im kgl. Jagdschloß Bebenhausen“ (vgl. Nr. 51 „Ueber Land und Meer“ 1877, Bd. 38, S. 1036) beigesteuert. Vorübergehend verarbeitete Sch. die Erinnerungen einer Reise nach England in zwei „Sonntag“ und „Werktag in London" betitelten Straßenbildern (nachmals im „Daheim“ 1884), kehrte aber bald wieder mit einem „Schwäbischen Hahnentanz“ (im Costüm der Zeit Herzog Karl's von Württemberg) nach den heimathlichen Fluren zurück: Es gab wieder Wirthshausscenen, „Wahlagitatoren", amourösen „Brückenzoll", „Liebeserklärungen im Stalle" und „Am Brunnen“, abgeblitzte Bewerber. Aber auch Thierbilder mit satyrischer Tendenz. Dazu zählen die „Affen im Atelier“, womit Sch. — längst vor Gabriel Max — seinem Zorn über Kritik und Publicum die Zügel schießen ließ; auch die „Urahnen Darwin's" (1882) streifen diese Kategorie. Bald aber wendete er wieder, wie die „Zudringlichen Bettler im Zoologischen Garten" beweisen, wo ein genäschiger Affe und eine unersättliche Löffelgans ein neugieriges Bäuerlein belästigen, zu harmloseren Stoffen; die „Kleinen Säufer“ schildern fünf junge Hündchen, die aus einer Milchschüssel ihren Appetit stillen (1885), und der „Erste Ritt“ eines Knaben im Stalle zeigt die stolze Freude eines bäuerlichen Papa und das Vergnügen eines biederen Landwirths über das Gedeihen seiner schmatzenden Ferkeljugend und des gierig fressenden Geflügels. Dann verarbeitete der Maler seine Eindrücke von einem „Münchener Octoberfest": das Entrée vor einer Kunstreiterbude, mit dem musikalischen Spectakel der „Lockvögel", Löwenbändigerinnen, Tanzbären oder die „Musestunden reisender Künstler", auch die „Prämiirung auf einem Volksfest“, oder „Leben im Kurgarten“ — kurz: wahre, gemalte Culturgeschichte, die vielleicht erst in später Zeit als Spiegelbilder aus dem Ende des 19. Jahrhunderts wieder in Betracht kommen. Auch in vielen Kohlezeichnungen legte Sch. seine Erinnerungen nieder, während etliche Aquarelle, darunter ein „Amorettentanz“, Zeugniß geben, daß der Maler in höheren Regionen sich bewegen konnte und kein Fremdling der feineren Muse war. Im J. 1890 verlegte Sch. sein Atelier nach Stuttgart, wo er seine|gleichgestimmte Thätigkeit fortsetzte und beschloß. Die meisten seiner Arbeiten haben in Holzschnitt reproducirt, die Runde durch zahlreiche illustrirte Zeitschriften gemacht und tauchen zeitweise in dieser Form, immer noch gerne gesehen, wieder auf.

    • Literatur

      Vgl. Singer 1901, Nr. 186. — Fr. v. Bötticher II, 534, 1901.

  • Autor/in

    Hyac. Holland.
  • Zitierweise

    Holland, Hyacinth, "Schaumann, Heinrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 53 (1907), S. 735-737 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd138124663.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA