Dates of Life
gestorben um 1400
Place of birth
Bremgarten (Aargau)
Occupation
geistlicher Dichter
Religious Denomination
katholisch
Authority Data
GND: 100964001 | OGND | VIAF: 262570894
Alternate Names
  • Rheinau, Walther von
  • Walther von Rheinau
  • Rheinau, Walther von
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Objekt/Werk(nachweise)

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Citation

Walther von Rheinau, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd100964001.html [26.04.2024].

CC0

  • Biographical Presentation

    W.s historische Existenz ist urkundlich nicht eindeutig zu belegen. Als wahrscheinlich kann seine Identität mit dem in einer Schaffhausener Stadturkunde vom 2. 9. 1278 (Corpus d. Altdt. Orig.urkk. Nr. 361, S. 337, Z. 9) unter mehreren bürgerlichen Zeugen genannten „Walter der rinower“ gelten. Im Epilog seines „Marienlebens“ nennt der Autor seinen Namen (Von Rînouwe Waltherus), informiert über seine Herkunft von Bremgarten/ Reuß im Kt. Aargau und weist auf seine Tätigkeit als Lohnschreiber zum Erwerb des Lebensunterhalts hin. Die alemann. Mundart (mit aargau. Merkmalen) seiner wohl auf das letzte Viertel des 13. Jh. zu datierenden Dichtung dokumentiert sich in phonologischen und morphologischen Eigenheiten, in Wortschatz und Reimgebrauch.

    Das mit 16 263 Versen umfangreichste „Marienleben“ in dt. Reimpaarversen ist eine weithin vorlagegetreue Übertragung der vor 1250 entstandenen, in 8032 lat. Vagantenzeilen verfaßten „Vita beate virginis Mariae et Salvatoris rhythmica“ eines unbekannten Autors. Gemäß der stofflich-inhaltlichen und formalen Disposition der „Vita“ bietet W.s „Marienleben“ eine umfassende Lebensgeschichte der Gottesmutter, die in vier durch Zwischenüberschriften in Abschnitte gegliederte Bücher eingeteilt ist. Da die rahmenden Bücher I und IV auf Maria als handlungstragende Hauptfigur konzentriert sind, in den Büchern II und III aber Jesus im Zentrum des Geschehens steht, schließt das Leben Marias auch eine komplette Jesus-Vita ein. Unabhängig von der Vorlage verfaßte W. einen Prolog (Christus- u. Marienanrufungen mit Bitte um Inspiration u. Beistand; Angaben zu Werkinhalt u. -intention) und einen Epilog (Marienanrufung mit Bitte um Sündenerkenntnis; Marienlob; autor- u. rezipientenbezogene Äußerungen). In einigen den „Vita“-Text etwas eigenständiger wiedergebenden Passagen zeigen sich W.s theol. Kenntnisse und seine Vertrautheit mit der biblischen Textgrundlage, die er verschiedentlich original übernimmt.

    W.s Werk steht in der Tradition der höfischen Bibelepik, die seit etwa 1200 neutestamentliche Stoffe, v. a. Jesus- und Marienleben, mit den narrativen Gestaltungsmitteln der höfischen Epik poetisiert. Die im südwestdt. Sprachraum zu lokalisierende Überlieferung des „Marienlebens“ in vier Handschriften (davon zwei Fragmenten) in der Zeit von ca. 1300 bis 1388 deutet auf eine begrenzte Verbreitung von W.s „Vita“-Adaptation hin.

  • Works

    | W.s v. R. Marienleben, hg. v. A. v. Keller, 1849;
    Das Marienleben W.s v. R., hg. v. E. Perjus, 1949;
    Qu Hs. S: Württ. Landesbibl. Stuttgart, Cod. theol. et phil. 8° 144, datiert 1388;
    Hs. C: Bad. Landesbibl. Karlsruhe, Cod. St. Georgen Perg. 35, um 1300 (unvollst.);
    Hs. Z: Zentralbibl. Zürich, Cod. C 79 c, Bl. 7–8, um 1300 (Fragment: 2 Bll.);
    Hs. P: Tiroler Landesmus. Ferdinandeum Innsbruck, Cod. FB 1519 / VI, Anf. 14. Jh. (Fragment: Doppelbl.).

  • Literature

    L ADB 28;
    A. Vögtlin, W. v. R. u. seine Marienlegende, 1886;
    Vita beate virginis Marie et Salvatoris rhythmica, hg. v. dems., 1888;
    A. Hauffen, W. v. R.s Marienleben, 1886;
    ders., W. v. R., Seine lat. Qu. u. sein dt. Vorbild, in: ZDA 32, 1888, S. 337–79;
    M. Päpke, Das Marienleben d. Schweizers Wernher, Mit Nachtrr. zu Vögtlins Ausg. d. Vita Marie Rhythmica, 1913;
    Corpus d. Altdt. Orig.urkk. bis z. J. 1300, Bd. 1, hg. v. F. Wilhelm, 1932;
    M. E. Gössmann, Die Verkündigung an Maria im dogmat. Verständnis d. MA, 1957;
    A. Masser, Bibel, Apokryphen u. Legenden, Geb. u. Kindheit Jesu in d. rel. Epik d. dt. MA, 1969;
    ders., Bibel- u. Legendenepik d. dt. MA, 1976;
    H. Herkommer, Die Schönheit d. Gottessohnes u. der Gottesmutter, Hist. Betrachtungen z. Ästhetik d. Heiligen, in: Schönheit u. Maß, hg. v. E. Hornung u. A. Schweizer, 2007, S. 43–89;
    R. Gay-Canton, Zw. Zensur u. Selbstzensur, Verbesserungsappelle in d. „Vita beate Marie et Salvatoris Rhythmica“ u. ihren mhdt. Bearbeitungen, in: Kulturtopographie d. dt.sprachigen Südwestens im späteren MA, hg. v. B. Fleith u. R. Wetzel, 2009, S. 41–60;
    Ch. Lechtermann, Textherstellung in d. Marienleben Philipps v. Seitz, W.s v. R. u. Wernhers d. Schweizers, in: Erzz. v. schrifttragenden Artefakten in d. alttestamentl. u. ma. Lit., hg. v. F.-E. Focken u. M. Ott, 2016, S. 335–65;
    Vf.-Lex. MA² (W, L);
    Marienlex.;
    Lit.-Lex. MA I, Sp. 863 f.;
    Killy¹⁺²;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Author

    Elke Ukena-Best
  • Citation

    Ukena-Best, Elke, "Walther von Rheinau" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 350-351 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100964001.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Rheinau: Walther v. R., geistlicher Dichter aus dem Aargau, der um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts ein nahezu 15 000 Verse umfassendes Marienleben auf Grund der damals sehr beliebten Vita beatae virginis et salvatoris metrica — vgl. über diese den Artikel Philipp der Karthäuser — dichtete. Der Dichter nennt sich am Schlusse dieses Werkes und gibt als seine|Heimath Bremgarten a. d. Reuß an; er lebte in dürftigen Verhältnissen und mußte sich mit Schreiberarbeit seinen Lebensunterhalt verdienen (289, 40 ff. nôtig gnuog nâch und vorn, des meistig aller bejag an schrîbens arbeit gelag). Er kann also nicht Mönch im Benedictinerkloster Rheinau gewesen sein, und der Zusatz von Rînouwe bei seinem Vornamen weist uns auf ein Geschlecht de Rinouwe, das sich in den seiner Heimath benachbarten Städten Zürich und Winterthur nachweisen läßt. Ein besitzloser Sprößling dieser angesehenen und begüterten Familie mag unser Walther gewesen sein. Die landläufige theologische Gelehrsamkeit kann er leicht in einer Klosterschule mit dem Latein erworden haben.

    Seine Sprache würde noch auf die Zeit vor 1300 passen. Da er aber bereits das Passional kennt, welches schwerlich vor dem letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts gedichtet ist, so dürfen wir sein Werk wol erst um den Anbruch des neuen Jahrhunderts ansetzen. Er steht seiner Quelle mit weniger Tact und Selbständigkeit gegenüber als andere Dichter und folgt ihr zuweilen auf Irrpfaden des Geschmackes, welche selbst der trockene und poesielose Karthäuser Philipp gemieden hatte. Aber er hat an den Personen der heiligen Geschichte mehr als das Interesse des frommen Herzens: in den Seelenschilderungen tritt das Streben nach psychologischer Vertiefung deutlich hervor. Der Mangel eigener Begabung und eines höheren Schwungs der Phantasie wird besser als etwa bei Bruder Philipp verdeckt durch eine gute litterarische Bildung. Auf Walther's Sprache ruht noch ein Abglanz der höfischen Blüthezeit, deren beste Traditionen ihm durch Konrad v. Würzburg und besonders durch den Dichter des Passionals vermittelt werden. Vielleicht stand auch er wie dieser Letztere in Beziehungen zu einer Commende des deutschen Ordens, in dessen Kreisen sich die lateinische Quelle und ihre Bearbeitungen besondern Ansehens erfreuten.

    • Literature

      Handschriften: in Stuttgart (Cod. theol. N. 22) und in Karlsruhe (Nr. 35, besser, aber am Schlusse defect), dazu ein Züricher Fragment. — Ausgabe der Stuttgarter Handschrift (mit theilweiser Heranziehung der Karlsruher) von A. v. Keller in vier Tübinger Fest- und Decanatsprogrammen 1849, 1852, 1853, 1855. —
      A. Voegtlin, W. v. R. und seine Marienlegende (Straßb. Diss.) Aarau 1886. — A. Haussen im Anzeiger f. deutsch. Alt. 14, 35 ff. und in der Zeitschrift für deutsches Alterthum 32, 337 ff.

  • Author

    Edward Schröder.
  • Citation

    Schröder, Edward, "Walther von Rheinau" in: Allgemeine Deutsche Biographie 28 (1889), S. 378-379 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd100964001.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA