Philipp von Seitz
Philipp.
- Lebensdaten
- erwähnt vermutlich 1300 , gestorben 1345 oder 1346
- Sterbeort
- Kartause Mauerbach bei Wien
- Beruf/Funktion
- Kartäuser ; Dichter ; Verfasser eines Marienleben ; Schriftsteller ; Mönch
- Konfession
- katholisch
- Normdaten
- GND: 118791834 | OGND | VIAF: 3267019
- Namensvarianten
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- Bruder Philipp
- Philipp
- Philipp von Seitz
- Bruder Philipp
- Philipp
- Philipp, der Bruder
- Bruder, Philipp der
- Philipp, Bruder
- Philipp, der Carthäuser
- Philipp, der Karthäuser
- Philipp, von Seitz
- Philippe, le Chartreux
- Philippus, Frater
- Seitz, Philipp von
- Philippus, Frather
- mehr
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Thesaurus des Consortium of European Research Libraries (CERL)
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- * Deutsches Literaturarchiv Marbach - Kallías
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Manuscripta Mediaevalia
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Regesta Imperii
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Objekt/Werk(nachweise)
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Biographie
P. ist nur bekannt durch sein vermutlich um 1300 verfaßtes „Marienleben“; in dessen Epilog nennt er sich selbst und den Namen seiner Kartause, Seitz in der Südsteiermark (heute žiče, Slowenien). Er muß in engeren und langdauernden Beziehungen zum Deutschen Orden gestanden haben; denn Prolog und Epilog enthalten Widmungen des Werkes an die Ordensritter, mit denen die Kartäuser die besondere Verehrung Marias verband. P. gehörte vermutlich zu einer Gruppe von sieben Seitzer Mönchen, die 1316 die Kartause Mauerbach gründeten, in der P. hochangesehen in seinem Orden 1345 oder 1346 verstarb.
Das „Marienleben“ (über 10 000 Verse) war nach Ausweis der erhaltenen Überlieferung und Wirkung die erfolgreichste deutsche Reimpaardichtung des Mittelalters. Bis jetzt sind 111 Textzeugen der Versfassung bekannt. Es wurde im Laufe des 14. Jh. mit thematisch verwandten Werken kompiliert und in die „Weltchronik“ Heinrichs von München aufgenommen, deren neutestamentlicher Teil um 1400 in Prosa aufgelöst wurde. Dieser Teil wurde als „Neue Ee“ in zahlreichen Frühdrucken verbreitet und von den Laien bis zur Reformation als „Neues Testament“ gelesen. Ebenfalls um 1400 wurde die nicht kompilierte Versfassung in Prosa aufgelöst und aufgenommen in die z. T. reich illustrierten Historienbibeln, die zum Hauptangebot der Werkstatt Diebold Laubers in Hagenau gehörten.
Die Hauptquelle des Werkes war die um 1230 in Vagantenzeilen verfaßte „Vita beate virginis Marie et salvatoris rhythmica“, die vor und nach P. von Walther von Rheinau bzw. Wernher dem Schweizer in deutsche Verse übertragen wurde, allerdings ohne vergleichbaren Erfolg. Der von P. sehr frei behandelte Stoff der „Vita“ beruht zum großen Teil auf neutestamentlichen Apokryphen und reicht von der Geschichte der Eltern Marias, Joachim und Anna, bis zur Himmelfahrt Marias. Für das in das Marienleben eingebettete Leben Jesu folgt P. jedoch weitgehend den kanonischen Evangelien. Die sorglose Reimtechnik und Metrik haben den Erfolg des Werkes nicht behindert, doch entstanden noch zu P.s Lebzeiten reimbessernde Bearbeitungen. Der einfache, an der Bibel geschulte Stil und die prosanahe Sprache machen die literarischen Vorzüge der ursprünglichen Fassung des Werkes aus.
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Werke
H. Rückert, Bruder P. des Carthäusers „Marienleben“, 1853, Neudr. 1966;
Auszüge: F. Bobertag, Erzählende Dichtungen des späten MA, 1886, Neudr. 1973, S. 3-93;
Übers. ins Nhd.: W. Sommer, Bruder P.s „Marienleben“, 1859. -
Literatur
K. Reissenberger, in: PBB 41, 1916, S. 184-87;
A. Masser, Bibel- u. Legendenepik d. dt. MA, 1976, S. 107-11;
K. Gärtner, Die Überlfg.gesch. v. Bruder P.s Marienleben, 1978;
ders., P. v. S., Marienleben, in: Die Kartäuser in Österr., II, 1981, S. 117-29;
ders., Zur Neuausg. v. Bruder P.s Marienleben, in: Methoden u. Probleme d. Ed. ma. Texte, hg. v. A. Schwob, 1994, S. 33-41;
A. Rapp, bücher gar húbsch gemolt, Stud. z. Werkstatt Diebold Laubers am Beispiel d. Prosabearb. v. Bruder P.s „Marienleben“ in d. Historienbibeln IIa u. Ib, 1996;
LThK²;
|Vf.-Lex. d. MA;
Vf.-Lex. d. MA²;
Marienlex. V, S. 197 f.;
Lex. MA;
Killy;
BBKL. -
Autor/in
Kurt Gärtner -
Zitierweise
Gärtner, Kurt, "Philipp von Seitz" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 389-390 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118791834.html#ndbcontent
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Biographie
Philipp, ein Karthäusermönch, schrieb zu Anfang des 14. Jahrhunderts ein gereimtes Marienleben von mehr als 10 000 Versen, das in etwa 30 Handschriften und Fragmenten auf uns gekommen ist. Das Reimwerk ist den Deutschordensherren gewidmet und nach der Ueberlieferung der besten vollständigen Handschrift, der Jenaer, in der Karthause zu Seitz in Steiermark verfaßt. Diese Nachricht anzuzweifeln haben wir um so weniger Grund, als der einzige Schreiber, der sie unentstellt bewahrt hat, ein Mitteldeutscher ist. Freilich stellen die Reime unwiderleglich fest, daß der Dichter ein Rheinländer war: sein Heimathsdialect ist der mittelfränkische, nicht aber der niederfränkische oder gar der niederländische, wie J. Haupt wollte. Aber daneben finden sich auch deutliche Spuren bairisch-österreichischer Lautgebung und der Wortschatz weist eine stattliche Anzahl von Ausdrücken auf, die bei keinem mitteldeutschen, am wenigsten bei einem niederrheinischen Autor zu belegen sind, zum Theil aber nur bei Dichtern des bajuvarischen Sprachgebiets wiederkehren.
Die Quelle des Werkes ist eine als ganzes bisher noch ungedruckte Vita B. Mariae et Salvatoris metrica aus dem 13. Jahrhundert, die in endlosen Aufzählungen von Wundern schwelgt, bald dürre Referate, bald langathmige und schwülstige Beschreibungen bietet und mit Vorliebe Streitfragen der Ueberlieferung und Auslegung erörtert, nicht ohne Beigabe gelehrter Randglossen. Sie ist eines der geschmacklosesten Erzeugnisse der mittellateinischen Poesie: gleichwol ward sie oft ab- und ausgeschrieben und hat außer unserm P. noch zwei deutsche Bearbeiter gefunden, die schweizerischen Dichter Walther von Rheinau zu Anfang und Wernher um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Bei P. ist das Verhalten gegenüber dieser Quelle durchaus lobenswerth: er hat eine verständige Auswahl getroffen, den gelehrten Ballast fast ganz bei Seite gelassen, obwol er auch die Glossen kennt, und macht sich selten zum Mitschuldigen einer groben Geschmacksverirrung. An seiner Behandlung des überlieferten und seinen eigenen, wenig umfangreichen Zusätzen ist ein gemüthvoller Zug nicht zu verkennen, aber es fehlt ihm jeder höhere Schwung,|und seine Sprache entbehrt völlig des lyrischen Tones, der andern Mariendichtungen ihren Reiz verleiht und zu dem der Gegenstand geradezu auffordert. Er erzählt trocken und kunstlos, ja oft ungeschickt, in holprigen Versen und in schlechten, überdies grobdialektischen Reimen; sein Werk gehört jener Gattung von Klosterpoesie an, die, von der Einwirkung der höfischen Kunst fast unberührt, während der Blüthezeit der mittelalterlichen Dichtung ein ziemlich dunkeles Dasein geführt hat und erst mit dem Verfall derselben wieder ans Licht tritt. Immerhin ist der große Erfolg von Philipps Gedicht schwer begreiflich in einer Zeit und bei einem Publicum, das im Passional z. Th. die gleichen Gegenstände mit einer Anmuth und Kunst behandelt fand, welche die besten Traditionen der höfischen Periode noch lebendig zeigt. Bruder P. scheint dies Werk, das gleichfalls den Kreisen der Deutschordensherren nahe steht, noch nicht gekannt zu haben. Die Beliebtheit und Verbreitung seines Marienlebens übertrifft noch die des Passionals, es hat mehrfache Erweiterungen erfahren — zu denen der Dichter selbst ausdrücklich aufforderte —, ist ins Niederdeutsche übertragen und in Prosa aufgelöst worden.
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Literatur
Ausgabe von H. Rückert: Bruder Philipps des Carthäusers Marienleben, Quedlinburg und Leipzig 1853 (verfehlte Umschrift in ein normalisirtes Oberdeutsch); in den Anmerkungen auch Proben der Quelle, von der Dr. Voegtlin eine Ausgabe vorbereitet; ich tonnte Auszüge aus der Grazer Hs. von Dr. A. Haussen benutzen. — Die Handschriften verzeichnet vollständiger als Rückert Goedeke, Mittelalter S. 129 f. und Grundriß 1 2, 228 f. — Jos. Haupt, Wiener Sitzungsberichte Bd. 68 (1871) S. 157—218 (über den Dialekt und über verschiedene Gruppen von Mischhandschriften).
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Autor/in
Edward Schröder. -
Zitierweise
Schröder, Edward, "Philipp von Seitz" in: Allgemeine Deutsche Biographie 26 (1888), S. 71-72 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118791834.html#adbcontent